In der dritten Ausgabe mit meinem Spryker Co-CEO Boris Lokschin, besprechen wir was in den letzten Monaten, insbesondere nach der Finanzierungsrunde im Januar alles bei Spryker passiert ist. Was gibt es für neue Kunden, Industrien, Produktupdates und natürlich alles rund um die Themen „Headless“, „API First“ und zur Spryker Plaza nächste Woche in Köln auf der DMEXCO. In den ersten beiden Ausgaben vor einigen Monaten haben wir viel rund um die Ideen von Spryker gesprochen und warum es aus unserer Sicht nicht mehr darum geht bessere Produkte zu verkaufen (Standardsoftware Case), sondern Produkte besser zu verkaufen (Spryker Case). Wie erreiche ich meine Kunden besser, schneller, effektiver? Wie kann ich mein Angebot besser steuern? Alles Themen rund um „besser verkaufen“ und in fast 100% aller Fälle führt das besser verkaufen zu Software Projekten und nicht mehr dazu neue Bodenbeläge in stationären Geschäften einzuführen.

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Zu dem Thema passt auch der neuen Digitalkompakt Podcast hervorragend in dem Boris erklärt wie man seine IT Organisation heutzutage aufstellen muss, um „besser zu verkaufen“.

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Was macht eigentlich Spryker? (Teil 3) mit Boris Lokschin

Boris Lokschin ist der CEO von Spryker und erzählt in diesem Podcast, wie sich das Unternehmen in den zwölf Monaten seit dem letzten Kassenzone-Update entwickelt hat und inwieweit sich der Spryker-Slogan „Beyond Desktop, Beyond Shop“ bewährt hat..

 „Wir sehen alles ‚von bis‘“

2:40

Alex: Für diejenigen, die die ersten beiden Ausgaben noch nicht gehört haben: Erklär bitte erstmal, wer du bist und was du machst.

Boris: Ich bin Boris. Ich bin einer der Geschäftsführer bei Spryker Systems. Wir sind ein Commerce-Technologie-Unternehmen mit Sitz in Berlin und Hamburg und bauen das, was wir Spryker Commerce OS nennen, also ein Betriebssystem für Commerce. Am Ende des Tages ist es ein System, das unabhängig davon ist, wo der Kunde sich befindet, also was der eigentliche Touchpoint oder das Interface ist, also ob das jetzt ein normaler Shop ist oder irgendwas Eingebettetes in eine corporate Website oder vielleicht neuere Touchpoints wie Devices, mobile Anwendungen, Voice, Bots oder auch so klassische Cases im Bereich Internet of Things, wo Hardware smart gemacht wird. Das ist für uns komplett egal.

Inzwischen hat das Spryker Commerce OS knapp 400 Bausteine – wir nennen sie „Capabilities” –, darunter PIM, Order Management, Preislogik, Discounts und CRM. Diese funktionieren über APIs, müssen das Frontend also nicht kennen, und können frei kombiniert werden. Damit ermöglicht Spryker schnelle, schlanke Projekte mit viel Lernpotenzial und starkem Fokus auf Daten, um digitales Neu- oder Transformationsgeschäft aufzubauen.

(Alex erzählt daraufhin, dass Boris nun einen eigenen Podcast bei digital kompakt hat, wo er auf solche agile IT-Projekte und zeitgemäßes Projektmanagement eingeht und darauf, wie die Risiken eines Refactorings reduziert werden können. Er führt dann aus, dass zum Zeitpunkt des letzten Spryker-Podcasts vor knapp einem Jahr die aktuelle Finanzierungsrunde noch gar nicht angedacht war, über die inzwischen jedoch 22 Millionen Dollar in das Unternehmen geflossen seien.)

5:10

Alex: Kannst du uns ein Update geben, was sich seitdem im Bereich Märkte getan hat?

Boris: Ja, sehr gern. Wie du gesagt hast, haben wir Ende Januar eine Finanzierungsrunde abgeschlossen. Wir haben zu dem Kreis der Investoren, die wir bis dahin schon hatten, noch einen klassischen Wachstums-Investor, einen Wachstums-Fonds, und zwar One Peak Capital mit Sitz in London aufgenommen. Sie sind ein sehr gutes Team, über dessen Unterstützung wir uns sehr freuen – beim Recruiting, in der Skalierung und im Bereich Sales und Marketing unterstützen sie uns hervorragend.

Die Idee hinter der Finanzierungsrunde war ein bisschen, dass wir eigentlich in drei Kernthemen investieren wollten. Das erste Thema hast du grade kurz angeschnitten. Das ist Internationalisierung. Wir konnten in den letzten zweieinhalb, drei Jahren sehr gut nachweisen und beweisen, dass wir in unseren Kernmärkten, also in der D-A-CH-Region sehr erfolgreich sein können. Sehr viele namhafte Kunden, die meisten von denen mit acht- oder neunstelligen Umsätzen, haben auf Spryker gesetzt. Die relevante Agenturszene in Deutschland und die Systemintegrator-Beraterszene sind auch mit an Bord. Viele Technologiepartner, die mit uns gegangen sind, haben uns da auch unterstützt.

Und jetzt sehen wir als nächsten sinnvollen Schritt eben, im zentraleuropäischen Ausland zu expandieren. Da sind jetzt im ersten Schritt solche Märkte wie zum Beispiel UK als Kernmarkt für uns dabei. Dann sind Benelux und auch die Nordics die nächsten spannenden Märkte, in die wir investieren müssen und das auch gerne tun, um sicherzustellen, dass wir auch dort mit Spryker erfolgreich sein können.

Der zweite wesentliche Block ist das Thema Product. Spryker ist ja nach wie vor ein sehr produktbezogenes Technologie-Unternehmen. Und für die Ideen, die für dieses Jahr geplant seien, brauchen wir Investitionen, um schnell auf die richtigen Trends und auf gestiegene Nachfrage reagieren und auch auf gewagtere zukunftsträchtige Themen setzen zu können – also ein paar Wetten einzugehen.

Und das dritte Thema ist einfach Skalierung der Organisation. Ich glaube, als wir letztes Jahr gesprochen haben, waren wir so 40, 50 Leute. Ich weiß die Zahl von vor zwölf Monaten gar nicht mehr genau. Wir sind jetzt 140 oder 145. Es kommen im Tagestakt Leute dazu. Wir werden Ende des Jahres über 200 sein. So verstärken wir uns in allen relevanten Bereichen wie Engineering, Product, Sales, Marketing und im Backoffice. Jeder, der sich interessiert und vielleicht einen Tipp hat, kann sich auf der Jobs-Seite von Spryker eintragen.

7:45

Alex: Gibt es schon Cases außerhalb von D-A-CH?

Boris: Ja, wir haben mit Hilti, einer bekannten B2B-Brand, im arabischen und afrikanischen Raum gelauncht. Und die rollen dort jetzt weitere Länder aus und expandieren und nutzen die Plattform genau, wie sie gedacht war: in kurzen Iterationen, mit sehr schnellen Rollouts, sehr guter RoI, sehr guter Time to Market und geringem Total Cost of Ownership. Das sind die Kernargumente für die.

Es laufen auch einige Projekte in den USA. Da sind wir sehr begeistert davon, dass es, ohne dass wir dort bisher sehr aktiv waren, sehr viel Nachfrage gibt. Ein Projekt ist jetzt live. Das ist Sourceability. Das ist der weltgrößte Marktplatz für electronic access components. Das sind Elektrobauteile, wie zum Beispiel RAM oder andere Chips. Das ist ein sehr spannender Case, weil es ein großer Marktplatz mit 600 Millionen einzelnen Artikeln in der Datenbank ist. Das ist auch eine häufig gestellte Frage: Ob Spryker mit so vielen Artikeln umgehen kann. Es gibt bei Sourceability mehrere Milliarden Preiskombinationen und kundenindividuelle Preise.

Neben diesen gibt es auch Cases im asiatischen Raum und natürlich auch im europäischen Ausland.

(Alex wirft ein, dass Sourceability angeblich alles verkaufe, was Foxconn je hergestellt habe, und Boris ergänzt, dass die Komponenten aus Restbeständen von großen Herstellern wie Apple und Samsung stammten, welche, sobald ein neues Mobiltelefon auf den Markt gebracht werde, nicht mehr gebraucht und weiterverkauft würden. Alex erzählt daraufhin, dass Spryker inzwischen mehrere Kunden-Cases auf seiner Website veröffentlich hat, und dass zum Beispiel auch Tom Tailor und FOND OF BAGS mit Spryker online erfolgreich seien, wobei letzteres Unternehmen von Magento auf Spryker umgesattelt hätte, um Kunden individueller ansprechen zu können. Es gäbe aber auch viele Cases aus dem Food-Bereich wie Getnow. Boris fügt hinzu, das Getnow auch auf der K5 präsentiert worden sei und dass auch der Mobile-First-Marktplatz Durst.shop zu den Spryker-Kunden gehöre, genau wie Mytheresa aus dem Fashion-Bereich.)

10:30

Boris: Es laufen wirklich sehr viele Projekte. Interessanterweise vor allem im B2B-Umfeld. Das ist für uns momentan auch ein wichtiger Schwerpunkt, auch produktseitig. Aus diesem Segment haben wir unendlich viel Nachfrage, weil dort jetzt natürlich viele Händler und Hersteller anfangen, Gas zu geben, zu investieren, aufzuholen und ihre Transformations- oder Greenfield-Projekte auf- und umzubauen.

Hier greift auch dasselbe Argument wie bei B2C, nämlich: Man heutzutage keine zwei- oder dreijährigen Projekte mit siebenstelligen Investitionen mehr durchführen, in denen man nur eine Anforderungsliste abarbeitet. Man muss eher sicherstellen, dass man 20 oder 30 Projekte mit schnellen Zyklen nebeneinander laufen haben kann. Dabei ist das Einkaufsverhalten im B2B-Bereich risikogetriebener und es geht hier verstärkt um Integration in Backendsysteme, Security, Performance, Schnittstellen und ERPs. Aufgrund der daraus resultierenden funktionellen Anforderungen an unser Commerce OS wollen wir noch vor der dmexco mehrere neue Features ankündigen: schaut vorbei, es wird ein paar interessante Überraschungen für B2B-Kunden geben!

12:30

Alex: Ab wann kann man es sich leisten, wie Lekkerland, Hilti, Tom Taylor, aber auch FOND OF – eins der coolsten Unternehmen im E-Commerce-Bereich – mit Spryker an den Markt zu gehen?

Boris: Es ist nach wie vor vom Preismodell so, dass es keinen künstlichen Threshold gibt, den wir einziehen. Wir lizensieren immer noch auf Basis der sogenannten Developer Seats, also je mehr Entwickler ich auf diesen Projekten habe, desto teurer ist es. Es ist uns egal, wie viel Umsatz jemand macht oder wie viele Webserver genutzt werden oder wie viele Länder ausgerollt werden. Wir halten uns raus aus den klassischen Business-Verticals und wollen da keinen benachteiligen.

Wir sehen alles „von bis“: Es gibt Firmen, die mit einem PoC oder MVP starten und mit zwei oder drei Lizenzen für 30.000-40.000 Euro im Jahr arbeiten. Sie wollen einen Case verstesten: Eine Lizenz kostet bei monatlicher Zahlung 1900 pro Monat und ist monatlich kündbar (wobei man aber auch quartalsweise zahlen kann). Die ideale Durchschnittsgröße für ein agiles Team liegt ja bei sechs bis acht Leuten, was ca. 100.000 Euro pro Jahr für Lizenzen entspricht. Es gibt aber auch Cases, in denen nach der Due-Diligence-Prüfung die gesamte IT von 20-50 Leuten auf Spryker umgestellt wird und das Produkt im vollen Umfang genutzt wird.

Alex: Wir gucken uns ja nach internationalen Partnern um. Wie kann man heute bei Spryker Partner werden?

Boris: Als Partner bewerben kann man sich relativ leicht. Wir haben eine Partnerseite. Wir nennen die Partner, die sich im Bereich Agenturen, Systemintegratoren und Beratungspartner bewegen, „Solution Partner“. Da gibt es ein Formular. Unser Partner-Management-Team wird dann in Kontakt treten und versuchen, gemeinsam zu evaluieren, ob das sinnvoll ist, was der Ansatz ist, wie man gemeinsam erfolgreich sein kann, Geschäfte machen kann und was es an Unterstützung und Investitionen unsererseits braucht.

(Er führt aus, dass das Partner Ökosystem sehr gut funktioniere und eigentlich jeder Partner sinnvoll eingebunden werden könne. Es gäbe hier große, global agierende Systemintegratoren wie Deloitte, CGI, Altran oder Arvato, aber auch kleinere deutsche Agenturen mit 100-200 Mitarbeitern. Manche seien auf bestimmte Themen spezialisiert, andere hätten ein Portfolio wie Tech, Design, Betrieb oder Strategie. Hier könne man für jeden Kunden flexibel kombinieren.)

15:50

Boris: Was also momentan für uns in dem Bereich spannend ist, sind internationale Partner in den besagten Märkten, also UK, Nordics, Benelux, oder Partner, die dort Dependancen oder Standorte haben. Und was natürlich immer spannend ist, sind spezialisierte Partner.

Die Cases werden zunehmend komplexer und spezieller – niemand baut mehr einen einfachen Ersatzteilshop oder 0815 Fashion-Shop. Darum suchen wir Partner mit speziellem Branchen-Know-how in Bereichen wie Automotive, Banking, Versicherungen, Retail oder Wholesale. Partner mit methodischer und strategischer Kompetenz brauchen wir ebenfalls. Wir merken, dass Kunden digital affiner werden und das digitale Produkt zum Teil in Kooperation mit den Agenturen entwickeln wollen. Es ist aber nicht damit getan, dass sie drei Developer einstellen. Sie müssen dann lernen, wie sie ihre neuen Developer auch richtig einsetzen, wie sie agil vorgehen und wie sie Scope, Timeline, Business-Metriken, KPIs und RoI verwalten und auswerten. Partner, die methodisch und strategisch ihre Kunden an die Hand nehmen können, sind daher sehr gefragt gerade. Dafür geht die Nachfrage nach der reinen Vermietung von Entwicklungsressourcen immer stärker zurück.

18:35

Alex: Letzte Frage: Ist das wirklich so, dass weniger Shops gebaut und dafür mehr neue Interfaces (Stichwörter: Voice, Bots, IoT) umgesetzt werden?

Boris: Ja, grundsätzlich ist das so. Es kommt ein bisschen auf das Geschäftsmodell an und auch auf den „digitalen Reifegrad“, sage ich mal. Viele verstehen, dass das nach vorne raus zunehmend sinnvoll ist. Entweder, weil der Kunde sich an diesen Touchpoints aufhalten wird oder es schon tut, oder weil das einfach Kanäle sind, die heute noch außergewöhnlich günstig beworben und eingekauft werden können. Wenn ich an Customer Acquisition und Retention denke: Da ist die Kundenerwartung gering, der Wettbewerb macht dort noch nicht viel. Advertising Dollars fließen noch nicht so stark in diese Kanäle rein wie vielleicht mittlerweile in mobile Kanäle. Das heißt, das ist eigentlich ein guter Customer-Acquisition- und Customer-Retention-Kanal. Das verstehen die Leute schon.

Ob das jetzt für die Unternehmen heute schon ein signifikanter Prozentsatz ihres Traffics ist? Das sicherlich noch nicht. Für die meisten ist das schon heute mobile. Ich glaube, bei den meisten hat das schon die 50-Prozent-Marke geknackt und verdrängt Desktop zunehmend in den Edge-Case-Bereich.

(Boris führt aus, dass Unternehmen wie der Mobile-only-Case durst.shop sehr bewusst neue Touchpoints und Interfaces planen, da es ohne sie gar nicht gehe. Andere fingen hingegen geschäftsmodellseitig an und würden dabei eben nicht mehr auf responsive Ersatzteileshops setzen, sondern auf smarte Geschäftsmodelle. Besonders im B2B-Bereich, wo es weniger um Wachstum und Umsatz gehe, sondern darum, Kunden zu halten, Wertschöpfungs- und Lieferketten zu optimieren und mehr Benutzerfreundlichkeit und damit höhere Login-Raten zu erzeugen, böten sich IoT und Smarter Devices an. So könnten sich zum Beispiel Regale von Handwerkern oder Kioskbesitzern selbständig auffüllen, es könnte per Drohne ausgeliefert werden oder Erklärvideos für Bohrer könnten statt auf YouTube per Sprachinterface abrufbar sein. In allen Ausschreibungen seien diese Themen inzwischen mit mehr oder weniger starker Gewichtung vertreten.)

21:45

Boris: Wir nutzen das ja auch ein bisschen für uns als Slogan: „Beyond Desktop, Beyond Shop“, also „Jenseits des Desktops, jenseits des Shops“. Es ist schon allen klar, dass transaktionales Geschäft nicht mehr zwangsläufig in einem Onlineshop eingebettet sein muss. Und ich glaube, der große Vorteil, oder das, was die Leute sehr schätzen – zumindest ist das das Feedback – ist: Wenn man auf das Spryker Commerce OS setzt, ist das keine Entweder-oder-Entscheidung. Sondern de facto ist die Architektur ja so gebaut, dass ich, wenn ich das Spryker Commerce OS habe – dieses Betriebssystem, auf dem meine Frontends laufen – sehr schnell, günstig und lean weitere Touchpoints hinzufügen und ausprobieren kann. Das heißt, das ist kein komplett neues Projekt mit noch mal 300.000 Euro und noch mal sechs Monaten, sondern das sind einfach wenige Tage oder wenige Wochen.

(Boris erzählt , dass Spryker auf der diesjährigen code.talks in Berlin einen Case demonstriert hat, in dem es einen B2C-Foodshop gab, der komplette Verkaufszyklen wie die Bestellung von Popcorn inklusive Lieferung in den Kinosaal per Sprachsteuerung durchführen wollte. Für die Implementierung waren 90 Minuten angesetzt, der erste Developer sei aber nach 24 Minuten fertig gewesen. Boris freut sich, dass der Trend wirklich in diese Richtung geht, da Spryker genau das ermöglichen wolle.

Alex fügt abschließend hinzu, dass man sich Spryker vom 12.-13. September auf der dmexco ansehen könne, bedankt sich für das Interview – und verspricht das nächste Update innerhalb der nächsten 12 Monate.)

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