Als ich im November 2014 Spryker gegründet habe, war klar, dass wir das operative Geschäft von Etribes in gute Hände geben müssen. Vier Jahre nach der Übergabe ist daraus mittlerweile eine der führenden Digitalberatungen mit Umsetzungsarm entstanden, die 2018 bereits achtstellige Umsätze erwirtschaftet. Vor einigen Wochen ist Etribes mit der Umsetzungsagentur netshops.de „gemerged“ und das daraus entstandene Gesamtunternehmen ist in dutzenden Digitalprojekten in Deutschland eingespannt. Im Interview erzählen Fabian Fischer und Stefan Tobel wie Digitalberatung + Umsetzung heute aussieht. Ausnahmesweise möchte ich auch auf den Podcastsponsor dieser Folge hinweisen, weil dieser versprochen hat Mettbrötchen fürs Team zu schmieren, wenn sein Produkt nicht funktioniert und ich tue ja alles, um den Mettigel vor dem Aussterben zu schützen. Mehr Infos direkt bei Uptain.

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Digitalberatung und -umsetzung mit Fabian Fischer und Stefan Tobel von eTribes

Nach dem Erfolg von Netimpact in einem Großprojekt mit der OTTO-Gruppe, aus der AboutYou hervorging, baute Alex mit Nils Seebach eTribes auf. Die Beratung arbeitete mit zahlreichen namenhaften Händlern, Herstellern aber auch Versicherungen sowie Pharma-Unternehmen an digitalen Projekten. Seit der Gründung von Spryker hat sich Alex aus dem operativen Geschäft von eTribes verabschiedet. Die digitale Agentur wird seitdem von vier geschäftsführenden Gesellschafter geleitet. Anlässlich der Fusion mit der Umsetzungsagentur netshops Alex lässt sich von Fabian Fischer, einer der Gesellschafter, und Stefan Tobel, Partner und Leiter der Execution & Comptence Unit, die Entwicklung der Beratungsagentur und des Geschäftsumfelds in den letzten Jahre schildern.

 „Man muss einfach mal anfangen zu kicken!“

4:20

Alex: Fabian, was hast du eigentlich gemacht, bevor du 2015 bei eTribes angefangen hast?

Fabian: Nach meinem Studium hatte ich die große Chance, für einen Damen-Luxusmode-Händler den Online-Bereich aufzubauen. Das war 2005 und damals hat nicht jeder daran geglaubt, dass Menschen bereit sein würden, Handtaschen für 2000 Euro übers Internet zu bestellen: Fünf Jahre später waren wir ein Team von 30 Leuten und hatten einen zweistelligen Millionenumsatz! Ich habe in dieser Zeit sehr viel gelernt. Nach einer kurzen Zwischenstation in der Schweiz bei einem Family-Office bin ich zurückgekehrt und habe eigene Sachen gegründet – unter anderem eine Firma, die auch im Beratungsgeschäft tätig war. So bin ich dann eines Tages in die Fänge von Graf, Seebach & Müller geraten… Da habe ich dann 2015 mein Beratungsgeschäft und ein paar Mitarbeiter hier eingebracht.

Damals fand ich unter eTribes Connect ein Netzwerk an Experten und Digitalunternehmern vor. Dieses Netzwerk ist heute noch unser USP. Seitdem haben wir aber verstärkt eigene Ressourcen aufgebaut und gute Leute am Markt mit starker Praxiserfahrung angeheuert: Jetzt haben wir 30 fest angestellte Berater. Dann sind wir aber zur Erkenntnis gekommen, dass die Beratung allein nicht funktioniert und man den Unternehmen bei der Umsetzung auch längerfristig begleiten muss. So haben wir uns entschieden, unsere Umsetzungseinheit aufzubauen. Uns fiel da auf, dass es viel mehr Sinn ergab, mit einer auf Implementierung spezialisierte Firma zu fusionieren, die uns eh nahestand: Netshops. Im Juli waren wir dann beim Notar und die Pressemitteilung ging raus. Damit sind wir nunmehr 70 Leute und können Unternehmen über alle Disziplinen hinweg dabei helfen, digitale Geschäftsmodelle aufzubauen.

Alex: Damals sind wir relativ blauäugig ins Beratungsgeschäft reingelaufen. Wir dachten: „Komm, da übertragen wir jetzt mal erfolgreiche Konzepte aus dem Handel auf Versicherungskonzerne. Wird schon alles gut!“ Es gestaltet sich aber etwas komplizierter… Stefan, du hast die letzten Jahre AboutYou begleitet. Vielleicht kannst du uns aus der anderen Sicht erzählen: Ist so einfach, wie es von außen manchmal aussieht, ein großes E-Commerce-Unternehmen aufzubauen?

Stefan: Nein, das ist nicht so einfach! Es braucht einen starken Willen zum Erfolg und es muss sehr viel Arbeitszeit und gelegentlich auch sehr viel Geld investiert werden – Letzteres passierte ja dann bei AboutYou. Von der Wertschöpfung her verhält sich das allerdings sehr positiv. Das ist gar kein so schlechter Case…

Alex: Ich finde das etwas tiefgestapelt: AboutYou ist nach Zalando der Case schlechthin im europäischen Markt!

Stefan: Ja, und wie bei Zalando gibt es auch die ganzen Bedenkenträger: „Das wird ja nie funktionieren! Und diese App-Konzept – hätte ich gleich am Anfang sagen können – wird ja auch scheitern! UX total doof! Und und und…“ Dabei ist die UX zu Beginn eben meistens Schrott, das verstehen aber nur die wenigsten.

Und damit kommen wir zum Kern. Viele aus der Offline-Welt betrachten den Gang online wie den Autokauf: Ich entscheide mich für ein Modell, hole es und bin dann damit 10 Jahre lang glücklich. Die digitale Welt ist aber eher wie Kinderkriegen: Schon die Geburt ist anstrengend – und danach wird aber auch lange und intensiv geheult!

(Die Stichhaltigkeit des Vergleichs wird kurz geprüft.)

10:00

Alex: Ein Großteil der Industrie in Deutschland hat in den letzten zehn Jahren das Thema Digital finanzschonend ausgesessen. Jetzt werden die Ressourcen aber angesichts der Bedrohung durch vor allem Amazon freigemacht. Das Unternehmen gibt in vielen Branchen jetzt richtig Gas und zwingt viele hierzulande dazu, ihre Vertriebsmodelle zu überdenken. Kann man sich das so vorstellen, dass jetzt deswegen ein Maschinenbauer zu euch kommt und ihr baut dem dann ein neues AboutYou?

Stefan: Es ist sicherlich wahr, dass hier und da gespart worden ist oder wichtige Investitionen nicht getätigt worden sind. Dabei muss man zwischen Greenfield-Cases wie Zalando auf der einen und der Transformation von Bestandsorganisationen auf der anderen Seite. Und dabei haben einzelne Kunden auch die verschiedensten Bedürfnisse, die erst einmal artikuliert werden wollen.

Einige kommen und sagen: „Okay, das Internet geht nicht mehr weg. Was mache ich denn jetzt?“ Da wenden wir den von uns entwickelten Digital-Fitness-Check, um die ganzen Themen für den Kunden erst einmal nachvollziehbar zu machen. Bei anderen drückt irgendwo ganz konkret der Schuh: Sie haben einen Online-Shop, der nicht funktioniert. Dann sagen sie: „Macht mal einen neuen oder optimiert mir den bitte mal.“ Oft kommen dann andere Themen auf den Tisch: „Könnt ihr nicht auch hier und da mal gucken…?“ So kommt es, dass der Kunde, der am Anfang gesagt hat, das er nur rein operativ dieses eine Thema beleuchten möchte, dann doch noch mit uns über Strategie nachdenken möchte.

Fabian: Ganz wichtig ist es am Anfang festzustellen, wo der Kunde vom Reifegrad her steht und wo er mit seinen Überlegungen daran ist. Oft ist es alles noch recht durcheinander – und als Nicht-Digitaler wird man auch heutzutage mit Buzzwords und verhängnisvollen Zeitungsartikeln überschüttet…

Alex: Auch als Digitaler!

Fabian: Und deswegen ist es wichtig, alles am Anfang einzuordnen: Worum geht’s? Optimierung eines Bestandsgeschäfts oder digitales Neugeschäft (wird ja häufig miteinander vermischt. Dann muss man nicht bloß einen digitale Strategie definieren, die abgekapselt vom Rest bleibt, sondern vielmehr die richtige Strategie in einer digitalen Welt entwickeln. Das Thema Strategie ist also immer noch relevant. Was wir aber festgestellt haben: Wenn wir uns darauf beschränken, werden diese Strategien sehr oft nicht – oder nicht im notwendigen Tempo – umgesetzt

13:00

(Alex hebt die Bedeutung vom Tempo hervor: Im heutigen Markt gewinne der Schnellste. Daher sei es für Unternehmen, die in den letzten 10 Jahren noch keine digitalen Erfahrungswerte angehäuft hätten, besser einfach mal etwas auszuprobieren, statt an Strategiekonzepten zu feilen. Fabian hält auch wenig von einer zu langfristigen Planung – „Das ist Quatsch“ – weil eben so wenig langfristig planbar sei. Allerdings seien mindestens verschriftlichte digitale Leitfäden oft notwendig, um Vorstände zu überzeugen und alle auf eine Linie zu bringen. So arbeite eTribes oft zweigleisig: Einerseits werden strategische Fragen geklärt: Wo will ich hin? Grüne Wiese ja/nein? Andererseits würden Erkenntnisse, die dabei abfielen, sofort umgesetzt. Es habe bei vielen Sachen keinen Sinn, noch sechs Monate bis zum Abschluss der Strategiephase abzuwarten. Dabei würden die Kunden darauf eingeschworen, auch mit einer 80%-Lösung zufrieden zu sein: Hauptsache Bewegung! Und solche Neuprojekte sollten etwas kleiner gehalten werden, damit nicht zu viel Geld aufs Spiel gesetzt wird: Das abschreckende Beispiel von Lidl wird erwähnt.

Stefan verteidigt insofern die strategische Planung, als die Devise „einfach mal machen“ nichts helfe, wenn die Leute nicht wissen, in welche Richtung sie loslegen sollen. Alex beharrt auf seinen Standpunkt: Tempo sei wichtiger. Nicht nur Lidl habe zu lange gewartet auf eine SAP-Lösung und dabei Zeit und Geld verbrannt. Es setze ein Umdenken ein: Viele am Markt wüssten mittlerweile, was zu tun sei. Es müsse dann halt schnell getan werden.

Wo eine Strategie doch vonnöten sei: Im Handel. Dort hätten Unternehmen insofern ein Geschäftsmodellproblem, als es Alex‘ kontrovers diskutierten These zufolge den Handel als solchen nach vorne nicht mehr geben wird. Nur vom Rohertrag werde in Zukunft kein Händler mehr leben können, egal in welcher Branche. Da sollte man sich schon strategische überlegen, was das alternative Geschäftsmodell sein könnte.)

19:00

Alex: Das größte Problem, dass viele Unternehmen haben, ist dabei nicht Strategie, sondern Personal. Klar, die Strategieerstellung kann ein guter Lernprozess sein und man kann dann alle im darauf einschwören. Aber viele sagen: „Alex, ich habe das alles verstanden. Nur: Ich habe keine CTO!“ Wie geht ihr da vor?

Florian: Ein gutes Beispiel ist Hapag-Lloyd, die wir (im Logistik-, nicht Touristikgeschäft) fast zwei Jahre begleitet haben. Das ist eine Aktiengesellschaft, in der viele Entscheidungen auch viele Schleifen drehen. Da geht für die Freigabe von Budgets und Ressourcen nicht anders, als das man ein Strategie-Papier erstellt.

Für Hapag-Lloyd haben wir zu Beginn das Thema aufgerollt, was Digitalisierung für die Firma eigentlich heißt. Vielleicht ist nämlich eines Tages Amazon bei ihnen im Logistik-Bereich unterwegs – oder es kommen andere Player, die genau dasselbe tun, nämlich Angebot und Nachfrage auf einer Plattform zusammenzubringen. Dabei ist der Margendruck im Containergeschäft genau wie im Handel mächtig gestiegen: Hapag-Lloyd verdient rein mit dieser Marge kein Geld mehr. Um weiterhin profitabel zu sein, müssen sie neue Services dazu erfinden – und da ist die Digitalisierung der Lieferketten eine Riesenchance.

Das schaffen sie aber nicht, weil ihnen die Geschwindigkeit fehlt, weil sie sich mit Legacy-Systemen rumplagen, und und und. So hat man sich dort entschieden, das Thema in einer Digitaleinheit aufzubauen. Da haben wir erst einmal sortiert: Was soll denn alles in dieser Unit stattfinden? Geht es nur um Vertriebskanäle? Oder managen wir dort auch Beteiligungen an Start-ups? Ich habe erst einmal das Interimsmandat für diese neue Einheit übernommen und sehr eng mit dem Vorstand gearbeitet, auch um die richtigen Leute an Bord zu holen.

Denn das ist tatsächlich Thema Nummer Eins: Wie finde ich die richtigen Leute? Wie kann ich überhaupt beurteilen, ob sie die richtigen für ein bestimmtes Thema sind? Mittlerweile gibt es dort ein sehr großes Team, das diese Digitaleinheit vorantreibt. Es wird auch demnächst Ankündigungen geben für Produkte, die bereits erfolgreich gelauncht worden sind. Nur inhaltlich darf ich da nicht viel erzählen…

Man muss sich auf jeden Fall individuell immer wieder in jedes Unternehmen reindenken. Und ich glaube, du hast das richtig gesagt, Alex: Das Schwierigste ist es, zu erkennen, dass sich durch die Digitalisierung auch das Geschäftsmodell ändert. Im Handel werden viele Firmen obsolet. Aber da denken viele noch: „Wenn ich mein Handelsgeschäftsmodell nur digital mit einem Online-Shop gut abbilde, dann bin ich digitalisiert…“ Zu verstehen, dass für einen nach vorne raus so kein Platz mehr sein wird und entsprechend mutige Maßnahmen einzuleiten, fehlt vielen schwer – verständlicherweise auch, wenn man sich seit 30 Jahren erfolgreich am Markt behauptet. Da ist das Thema Strategie dann sehr wichtig, wenn man sich etwa vom Händler zum Hersteller oder Softwareunternehmen weiterentwickeln möchte. Aber ich gebe dir wieder recht, Alex: Die Umsetzung muss von Tag Eins an angegangen werden.

(Nicht nur der Händler, auch der Hersteller sei in Gefahr, sagt Alex, und müsse zusätzliches Geschäft auf der Basis von Daten und vernetzten Produkten aufbauen. Insofern wird auch ein großer Maschinenhersteller in Zukunft ein Software-Unternehmen sein. Das sei vor allem für Mittelständler mit Belegschaften unter 500 Leuten ein sehr großer Schritt.)

25:20

Alex: Wie bringst du das den Leuten rüber, Stefan? „Ulli, du musst halt ein Softwareunternehmen werden!“

Stefan: Nein, das sage ich nicht. Lustigerweise trete oft ich auf die Bremse und sage: „Leute, Software ist nicht die Lösung für alles!“ Für vieles braucht man auch kein Machine-Learning oder Algorithmen, weil es noch nicht so komplex ist, dass man es nicht in Excel lösen könnte. Es besteht also Gefahr, dass die ganze Nummer „Transformation hin zu einem Software-Unternehmen“ überdreht wird.

Klar, es gibt einige Probleme, die man exzellent durch Software lösen kann – insbesondere wenn so viele Daten und viel Komplexität vorhanden sind, dass das menschliche Gehirn das nicht mehr auf die Kette kriegt. Aber auch das schaffe ich viel besser, wenn ich die Vorstufen genommen habe. Und da sehe ich den Strategie-Prozess als notwendiges Übel. Ich gebe dir recht, Alex: Es ist wie Fußball lernen. Man muss einfach mal anfangen zu kicken! Aber der Strategie-Prozess ist das Abstechen des Spielfeldes. Und das muss man in diesen Organisationen machen, weil sie weder die digitale DANN von Amazon, Zalando & Co. haben noch 100 Millionen Euro, womit man das, was man braucht, einfach dahinbauen kann.

Man darf nicht zu viel zu schnell wollen. Kaum hat man die ersten Leuchtturmprojekte aufgebaut, kommen Leute in der Organisation einem schon mit Predictive-Analytics. Wenn man fragt, wie deren Tracking ist, heißt es aber: „Tracking ist bei uns schwierig. Die Daten sind… äh… nicht so gut.“ Da sage ich: „Vielleicht fangen wir eher damit an, ne?“ So ist auch unser Digital-Fitness-Check aufgebaut: Unten die Basics: Daten, Tech-Infrastruktur, Operations. Für die meisten Unternehmen, die hier starten, passiert in den ersten zwei-drei Jahren noch keine Magic.

(Alex erfragt Details dazu, wie die ersten paar Jahre aussehen bei so einem Mittelständler, der ganz vorne anfängt. Recruiting sei das allererste: Früh genug könne man mit der Anwerbung von Developern nicht anfangen, so Stefan. Sie seien am Markt so rar, dass ein Jahr vergehen könne, bis ein Team sitzt. Auch wichtig: Sich die Frage zu beantworten: „Warum sollten die Leute zu uns kommen?“ Zweite Priorität: Daten – vor allem Kunden- und Produktdaten.

Auf Alex‘ Frage, ob Mittelständler, die Probleme haben, in der Provinz gute Developer zu finden, ihre Performance-Marketing-Experten und ähnliche Kräfte umschulen könnten, folgt erst einmal ein ausdrucksstarkes Schweigen. Fabian schlägt in dem Fall eher vor, eine Präsenz in Hamburg oder Berlin aufzumachen.)

32:00

Alex: Aber – wie eine sehr beliebte Folge dieses Podcasts heißt – „auch in Essen findet man Entwickler!“ Wie helft ihr euren Kunden dann in der Personalfrage? Das Budget ist ja in der Regel da – den Firmen geht es oft wirtschaftlich sehr gut.

Fabian: Idealerweise würden wir in einem gemischten Team mit Mitarbeitern von uns und vom Kunden – bestenfalls bei uns in Hamburg – an die Frage herangehen und die Projekte hochzufahren. Hapag-Lloyd hat für die Digital-Unit zum Beispiel in der HafenCity einen neuen Standort aufgemacht…

(Stefan stellt mit Entsetzen fest, dass Alex nicht weiß, wo Hapag Lloyd in Hamburg eigentlich sitzt.)

Fabian: Aber wenn mein Standort dermaßen schlecht ist, bleibt mir keine andere Möglichkeit, als es irgendwo anders zu versuchen. Was wir bei eTribes sonst noch haben: Unser Netzwerk aus Experten und Gründern, das wir immer weiter ausbauen. Das unterscheidet uns von anderen Beratungen, bei denen – nebenbei bemerkt – die Ergebnisse, die abgeliefert werden, teilweise echt hanebüchen sind. Denn sie werden von Leuten erarbeitet, die noch nie in ihrem Leben Praxiserfahrung im digitalen Umfeld gesammelt haben.

So sind Berater-Frameworks und das branchenübliche Vorgehen wichtig, nützen aber nichts, wenn keine Leute im Team hat, die das schon einmal in der Praxis umgesetzt haben. Da merken wir, dass wir eine Art Faustpfand haben, das viele Unternehmen sehr dankbar entgegennehmen: Unsere Experte mit in der Strategieberatung, in den Workshops zu haben.

Alex: Wie wichtig ist beim Kunden Unternehmensgröße und die Branche? Sind die Herausforderungen überall gleich? Wir haben schon über ein Logistikunternehmen gesprochen. Das ist relativ weit weg vom Handel. Würdet ihr aber etwa bei einem Pharmahersteller oder Versicherungsunternehmen genauso vorgehen?

Fabian: In fast allen Branchen, die ich bisher kennengelernt habe, sind die Herangehensweisen eigentlich die gleichen. Der Unterschied liegt darin, dass die Branchen selber teilweise nicht so weit entwickelt sind. Vieles, was wir etwa aus dem B2C-Fashion-Segment schon kennen, ist anderswo noch nicht angekommen. Beispielsweise im B2B-Schraubenhandel: Da gibt es zwar schon Online-Shops, aber der Digitalhandle insgesamt ist noch nicht so weit.

Alex: Aber sind die Konzepte zwischen Mode- und Schraubenhandel denn vergleichbar?

Fabian: Sehr vergleichbar. Allerdings finden die Entwicklungen in anderen Branchen jetzt viel schneller statt. Der Modehandel hat für einige Sachen 10 Jahre gebraucht, was ja unter anderem an der Technologie lag, die dort zuerst entwickelt werden musste. Im B2B-Handel geht es jetzt in meinen Augen sehr schnell.

Stefan: Allerdings merkt man: Selbst wenn die Themen gleich sind, befinden sich die Branchen in anderen Lebenszyklen. Im Mode und Lifestyle wollen die Leute über Personalisierung und CRM mit mir sprechen. Im B2B-Industrieumfeld werde ich noch nach Produktdaten gefragt. Oder: „Wie mache ich Tracking überhaupt?“ Da geht es noch darum, seinen Vertrieb zu digitalisieren.

37:30

Alex: Meine These wäre, dass sich B2B-Unternehmen ohnehin schon in einem sehr personalisierten Umfeld befinden. Viele haben nur 500 Kunden überhaupt, von denen jeder einzelne ein anderes Angebot – und andere Preise – bekommt. Aber sie müssen jetzt zügig von oft 0% Online-Umsatz auf das gleiche Niveau wie einem Modehändler mit 12%. Sie können nicht diese ganzen E-Commerce-Entwicklungsstufen durchlaufen.

Stefan: Ja, B2B-Unternehmen müssen zügiger vorankommen, weil sich alles beschleunigt. Aber ich glaube schon noch, dass sie durch die Entwicklungsstufen durchmüssen. Sie können dabei vielleicht zwei Stufen auf einmal nehmen. Aber Quantensprünge funktionieren nicht. Sicher: Der Markt ist zwar erwachsener geworden. Vor fünf Jahren jemanden wie eTribes zu finden, das wäre schon schwierig gewesen. Und die großen Managementberatungen waren auch nicht auf dem Thema darauf. Von 0 auf 100 gehen und sofort dicke Bretter bohren zu wollen, wird aber nicht möglich sein.

So muss der B2B vermutlich erst einmal mit so kleinen Schritten anfangen wie einer App, mit der seine Außendienstmitarbeiter die wichtigsten Sachen erledigen können. Oder wie letztens: Da haben wir für einen Kunden eine App gebaut, damit sie im Zuge der neuen Datenschutzrichtlinie die notwendig gewordenen DOI-Einwilligungen einsammeln und weiterhin mit ihren Kunden kommunizieren konnten…

(Fabian erklärt auf Anfrage DOI und die durch die Datenschutzrichtlinie entstandenen Probleme im B2B-Umfeld. Im Anschluss geht es wieder um das Zuvielaufeinmalwollen: Kunden, die ja nicht mal Produktdaten hätten, würden in Meetings nach Predictive-Analytics fragen.)

41:00

Alex: Was ist bei den meisten Kunden der Auslöser, dass sie zu euch kommen: Angst vor Amazon oder Lust auf die neuen Möglichkeiten?

Fabian: Wir versuchen zwar nicht mit der Angstkeule zu kommen, zumal wir für viele Branche in der Digitalisierung Chancen sehen. Wenn sich aber die Unternehmen bei uns melden, steckt oft der Druck dahinter. Ihnen brechen die Ergebnisse weg, die Margen schwinden. Neue Player wie Start-ups nehmen ihnen merkbar Geschäft weg oder die Logik des Geschäftsmodells ändert sich – etwa dadurch, dass plötzlich unpassenderweise Preistransparenz auf dem Markt herrscht.

Stefan: Bei 80% ist es Angst, bei 20% Ambition. Dabei fällt mir auf, dass Unternehmen, die noch inhabergeführt sind, oft mehr Willen zeigen, an die Schmerzgrenze zu gehen und radikaler zu agieren.

Alex: Unabhängig von der Branche?

Stefan: Ja. Branche hin oder her: Es ist schon ein Unterschied, ob da Unternehmer in der vierten Generation sitzen, denen es angst und bange um ihr Familienunternehmen geworden ist, oder man einen Manager spricht, der sagt: „Ich muss irgendwie von 7% auf 10% Online-Anteil kommen.“

Fabian: Und die Familienunternehmen machen uns eigentlich auch mehr Spaß. Klar, alles macht irgendwie Spaß. Aber mit einem Unternehmer zu arbeiten, der bereit ist, ein vielleicht etwas größeres unternehmerisches Risiko einzugehen, ist definitiv spannender, als mit jemanden zu arbeiten, der sehr auf seinen Ruf bedacht ist und sich genau überlegt, wieviel Risiko er eigentlich mittragen will. Der wechselt dann vielleicht eh bald zum nächsten Unternehmen. Da kann es schwieriger sein, einen Horizont aufzureißen.

43:50

Alex: Wie entwickelt sich das Beratungsgeschäft weiter? Ein nächster logischer Schritt könnte sein, gemeinsam mit Kunden zu investieren im Sinne es Corporate Incubator. Ist das eine Option oder sagt ihr: Hat gar keinen Sinn, sich das Risiko des Kunden aufzubürden?

Fabian: Den Auftrag, neue Ventures für Kunden aufzubauen, ist der, den wir am liebsten bekommen. Das haben wir auch ein paar Mal in der Vergangenheit schon sehr erfolgreich gemacht: Stichwort About You, aber auch andere Sachen – etwa für Gruner&Jahr, oder im B2B-Umfeld. Aber Corporate Venturing ist für uns ein Service. Wir würden uns nie wie andere Beratungen daran beteiligen.

Alex: Aber warum denn nicht? Das sind doch eure Ideen. Glaubt ihr etwa nicht daran?

Fabian: Doch, an die Ideen schon – aber nicht ans Modell Beteiligung. In unseren Augen funktioniert das nicht. Da sind zu viele Interessenskonflikte. Und was hat das Unternehmen davon, wenn das gut läuft?

(Stefan erklärt, dass viele Kunden es mittlerweile nicht verstünden, dass eTribes ihnen beim Aufbau, bei der Anwerbung von Fachkräften usw. mit Herzblut unterstützt und dafür keine Anteile einfordert. Und wolle eTribes nicht auch selber das tolle Personal, das es vermittele? Dabei gebe es, so Stefan, kaum Überschneidungen: Viele wollten eher in Agenturen und nicht bei Corporates arbeiten. Bei anderen sei es genau umgekehrt. Letztendlich könnten Kunden nur in der digitalen Welt erfolgreich sein, wenn sie intern Kompetenzen aufbauten. Dazu stehe eTribes – und zufriedene Kunden seien ja die beste Werbung. Fabian pflichtet bei: Performance-abhängige Vergütung, damit man voll dabei ist? Gern. Aber keine Anteile.

Als Letztes fragt will Alex nach anderen Erfolgsmodellen – abgesehen von AboutYou und Zalando. Worauf würden Fabian und Stefan als beispielhafte Blaupausen hinweisen? Über das Hamburger Unternehmen MyTaxi, findet Stefan, werde nicht genug geredet: sehr disruptives Geschäftsmodell und hohe Umsetzungsgeschwindigkeit. Alex verspricht, sie einzuladen. Fabian hebt Logistik-Start-up Flexport hervor. Auch das deutsche Pendant Freighthub sei interessant.

Zum Schluss stellt Stefan die Doch-alles-irgendwie-Legacy-Frage, die er letztens mit Nils „Digitalkaufmann“ Seebach diskutiert hat, ab wann Unternehmen darüber nachdenken sollten, lieber verbleibende Renditen aus längerfristig todgeweihten Geschäftsmodellen in neue Grüne-Wiese-Projekte zu pumpen und dem Bestand seinem Verfall zu überlassen.)

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