In den letzten fünf Jahren gab es einige Folgen bei Kassenzone mit Herstellern von Fahrrädern, mal abgesehen von Internetstores. Das ist aber auch schon Jahre her und in fast jeder Folge kam der stationäre Fahrradhandel nicht gut weg – zu langsam, zu teuer, nicht spezialisiert. Diese Sicht konnte Robert im Podcast ordentlich geraderücken, weil er u.a. sehr erfolgreich wächst und die aktuelle Marktphase für sich nutzen kann. Ich habe vor der Podcast Aufnahme noch nicht von Little John Bikes gehört, aber das lag lediglich an meinem Wohnort. Es dürfte nicht mehr allzu lange dauern, bis ich auch vor meiner Tür die ersten Filialen von Robert finde.
Wieder Fahrrad, wieder Sachsen: Erst im Herbst sprach Alex mit Bike24 aus Dresden, heute steht ebenda ein Gespräch mit dem CEO von Little John Bikes (LJB). Ja, die sächsische Landeshauptstadt scheint so etwas wie ein Zweirad-Eldorado zu sein! Aus einem kleinen Zuliefererbetrieb in der damaligen DDR-Fahrradhochburg Neukirch wurde ab 1997 ein stark expandierender Fahrradfachhandel mit derzeit 56 Filialen und knappen 100 Millionen Euro Umsatz. Wie die Kette die Expansion angeht, wie ihre Position im sich rapide verändernden Fahrradmarkt ist und warum man andere Räder in Berlin als in Güstrow oder Plauen verkauft – darum geht es in diesem Podcast.
02:40 Alex listet auf, wer alles aus der Fahrradbranche schon bei Kassenzone war. In einem Punkt waren sie sich alle ziemlich einig: der stationäre Fahrradhandel in Deutschland ist nicht besonders gut. Vor allem selbständige Läden – „die Schrauber“ – kamen dabei schlecht weg.
„Mit Schmunzeln“ hat Robert die Diagnosen seiner Vorgänger zur Kenntnis genommen. Diplomatisch verklausuliert gibt er zu bedenken, dass nur wenige der zwischen 3.500 und 5.000 kleineren und Kleinst-Händler im Markt über betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Kundenservice-Kompetenzen verfügen, die so stark ausgeprägt sind, wie ihr technisches Verständnis vom Fahrrad…
06:50 Wie ist derzeit die Stimmung in der Fahrradbranche? Nach dem Corona-Boom komme jetzt eine schwierige Phase, so Roberts Einschätzung. Denn viele der in volkswirtschaftlichen Grundsätzen eben nicht besonders bewanderten Händler hätten so bestellt, als ob ein „unendliches Wachstum über viele, viele Jahre“ eingetreten sei. Robert denkt aber in Zyklen – sprich: langfristiges Wachstum schon noch, aber erst nach kurzfristiger Konsolidierung.
09:00 Wie man als stationäre Fahrradhändler denn ein Alleinstellungsmerkmal aufbaut, will Alex wissen. „Es ist unheimlich schwer, sich zu differenzieren,“ gibt Robert unumwunden zu: In Nischen gelinge es besser – wie Radsport (z. B. Rose) oder Kinderfahrräder (Woom). Wesentlicher Punkt bei LJB: Kunden wünschten sich – gerade beim E-Bike – einen örtlichen Serviceanbieter. Mit der Treuekarte „VeloCard“ bekommen Kunden zudem im Winter eine kostenlose Inspektion und vergünstigte Werkstattleistungen. Nähe, also, und Mehrwert für Stammkunden.
13:30 Wie verteilt sich der Umsatz bei LJB auf Fahrradverkauf, Teileverkauf und Werkstattleistungen? Das variiere stark zwischen Großstädten und ländlichen Gebieten: In Berlin etwa sei die Fahrradflotte im Schnitt älter und weniger elektrisiert – und die Kunden auch im Winter unterwegs. Das führe zu einer höheren Nachfrage nach Reparatur als anderswo.
Im Ertrag sei die Werkstatt übrigens interessant: Während die Margen im reinen Verkauf von Neuware dünn seien, werden dort Arbeitsstunden abgerechnet. Zudem brauche man ohnehin eine Werkstatt, um Räder zum Verkauf zusammenzubauen: Reparaturen erhöhten die Auslastung – und so die Rentabilität. Weiterer Profitabilitätsschlüssel: viele E-Bikes verkaufen! Die Preispunkte sind höher, sodass man mit weniger Arbeitsstunden denselben Umsatz erwirtschaftet.
17:15 Wie akquiriert LJB Herstellermarken als Lieferanten? Anfangs war das Unternehmen ein Restpostenhändler, sodass erst mit den Jahren bekannte Marken aus den mittel- und höherpreisigen Segmenten wie Cannondale, Focus und Diamant bereit gewesen sind, Lieferantenbeziehungen einzugehen. Jetzt aber sei angesichts der zum Teil deutlichen Überbestände ein guter Zeitpunkt, um neue Partnerschaften einzugehen. Diese gestaltet LJB am liebsten langfristig.
21:15 Merkt LJB den Trend zum Lastenfahrrad? In den Läden in und um Großstädte wie Berlin: ja. In den Filialen Güstrow, Dessau-Roßlau oder Frankfurt-Oder: nein. Fahrräder werden in kleineren Städten als individueller Zusatz zum PKW benutzt, nicht als Hauptmobilitätsträger. So bestellen generell die örtlichen Filialleiter das, was in ihrer Region nachgefragt wird (Fixies nur in Berlin, Mountainbikes eher in Plauen).
24:00 Bietet LJB Fahrradflottenservice oder Vermietung an – etwa für Hotels oder Firmen? „Das sind einige von den Sachen, die wir zum Glück vor sieben Jahren abgeschafft haben!“ Sie stellten nämlich eine Ablenkung von den Kernkompetenzen stationäre Handel und Reparatur dar.
Eine neue Kooperation allerdings ist LJB eingegangen: In Berlin fungiert die Kette als Pick-up-Store für Fahrrad.de. Vorteil für den Kunden: Er bekommt sein Fahrrad gegen Aufpreis zusammengebaut (vor allem für jüngere, handwerklich unerfahrene und convenience-orientierte Käufer ein Argument). Vorteil für Fahrrad.de: eine insbesondere für den Vertrieb von teuren, bei Rentnern beliebten E-Bikes wichtige stationäre Präsenz – ohne die Schwierigkeiten eigener Infrastruktur.
31:00 Sind Ketten wie LJB auf dem Vormarsch? Ja, die Filiaisierung gehe voran – und bringe Standards in eine unübersichtliche Branche. Jetzt, da Fahrräder bis zu 15.000 Euro kosten und technische kompliziert sein können, steigen Kundenansprüche jenseits dessen, was einzelunternehmergeführte Fahrradläden anbieten können.
34:30 Kauft LJB denn strauchelnde Händler für die eigene Expansion auf? Das komme vor. Man übernehme in solchen Fällen dann oft den Inhaber als Filialleiter und sein Personal – und zieht mit ihnen zuweilen in neue, bessere Räumlichkeiten.
Thesen bei LJB, wenn es um die Standortswahl und die Dimensionierung der Werkstatt geht:
1. Nähe siegt: Der Fahrradkunde ist maximal immobil (vor allem wenn sein Rad gerade kaputt ist).
2. Kapazität ist wichtig: Oft wird Reparaturbedarf kurzfristig festgestellt (Am ersten Frühlingstag will man in die Eisdiele, holt nach sechs Monaten das Rad wieder raus und hat einen Platten…).
3. Kein Auftrag ist zu klein: Handwerkliche Fähigkeiten sowie Zeitaufwandstoleranz nehmen ab (will heißen: Platten machen Kunden selten noch selber wieder heile).
38:50 Wie viele der von LJB verkauften Räder sind E-Bikes? Der Anteil kann von 15% in Berlin bis auf 85% in ländlichen Gebieten steigen. Der Trend zum Elektroantrieb macht kleineren Anbietern das Leben schwer: Bosch, Shimano, Yamaha und paar andere Hersteller haben nämlich alle eigene Systeme mit unterschiedlichen Komponenten (Anzeigen, Diagnosesysteme…).
41:20 Spielen Discounter mit ihren „Hollandrad für nur 120 Euro!“-Aktionen im Fahrradhandel eine Rolle? Durchaus, erklärt Robert, obwohl es mittlerweile eher „E-Bike für nur 2.500 Euro!“ heißt – allerdings wehrt er sich gegen Anfragen, Servicepartner zu werden. Zu groß sei der Unterschied zu den Qualitätsmaßstäben, die LJB als Fahrradfachhändler setzen will.
43:45 Gibt es viel echte Innovation beim Fahrrad? Ja, aber wichtiger beim klassischen Fahrrad seien eher Qualität sowie Passform (richtige Rahmengröße, richtige Einstellungen). Vor allem Letzteres mache eine Probefahrt samt Fachberatung immer unerlässlich.
47:50 Zurück zum Thema Expansion: LJB ist in Ostdeutschland stark vertreten und baut ums nordrheinwestfälische Duisburg herum im Westen einen weiteren cluster an Filialen auf. Auch denkbar: Niedersachsen, Schleswig-Holstein, und Bayern. Wenn innerhalb einer solchen geografischen Gruppierung ein Händler verkaufen will, eruiert Robert: Passt der Laden zu LJB? Ist er eher auf Radsport spezialisiert oder etwa an eine Herstellermarke gebunden, die nicht mit LJB zusammenarbeiten würde, winkt er ab. Andere Möglichkeit: eigene Neuröffnungen.
50:25 Sind geeignete Einzelhandelsflächen gerade leicht zu finden, wo sich die Hiobsbotschaften aus den Fußgängerzonen der Republik häufen? Unter 500m² und über 1.000m², so Robert, sei viel auf dem Markt. Allerdings ist Innenstadtlage für LJB nicht entscheidend: Lieber ein ehemaliger ALDI oder Lidl, dessen 800m² bis 900m² dem Discounter zu klein geworden ist. Also ändern die Schwierigkeiten von P&C, Karstadt & Co. nicht viel für LJB.
52:50 Wie gestaltet sich die Mitarbeitersuche im derzeit angespannten Arbeitsmarkt? „Es ist nicht so, dass wir in qualifizierten Fahrradmechaniker ertrinken. Aber wir haben null Probleme, irgendwo in den Markt zu treten und die Filiale zu besetzen,“ so Robert. LJB lege nämlich Wert auf vernünftig bezahlte, unbefristete Arbeitsverträge und Komfort für Mitarbeiter. Zudem werden Weiterbildungen angeboten und Arbeitssicherheit ernst genommen. Alles keine Selbstverständlichkeiten bei den Kleinsthändlern – und daher ein Wucherpfund im Wettbewerb um Arbeitskräfte in der Branche.
56:30 Wie sieht LJB im Jahr 2025 aus? Über 100 Filialen – und damit mit noch mehr Abstand vor B.O.C. der größte Fahrradfilialist Deutschlands!
Dieser Podcast wird unterstützt von Husqvarna Forst & Garten.
Seit 1689 am Markt, fertigt Husqvarna hochwertige Garten- &
Forstprodukte und steht für bahnbrechende Innovationen wie den
weltweit ersten kommerziellen Mähroboter, den Automower®. Mehr unter husqvarna..