Woom – die besten Bikes für Kids? Marcus Ihlenfeld

52:45

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Fast alle Eltern dürften von Woom, der aufstrebenden Marke aus Österreich gehört haben. Sie dürfte auf nicht wenigen Wunschzetteln für Weihnachten ganz oben stehen. Warum das so ist, woher das Wachstum kommt und wie die Reise weitergeht verrät der Gründer und CEO im Podcast. Sehr spannend an dem Modell ist die Einbindung klassischer Fahrradhändler in die Vertriebsstrategie. Das würde man aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahr nicht so erwarten, macht für Woom aber durchaus Sinn und lohnt sich. Wenn man sich die Fahhräder von Woom anschaut und diese mit klassischen Kinderrädern vergleicht muss man sich schon fragen, warum das vorher niemand so gemacht hat. Woom erinnert mich ein klein wenig an Ollo Bikes, deren Case wir auch schon im Podcast besprochen haben.

Alexander Graf

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Kinderfahrräder mit Marcus Ihlenfeld, Gründer CEO von Woom

Wie viele Fahrräder dieses Jahr weltweit auf Wunschzetteln standen, wissen wohl nur der Weihnachtsmann und seine Helferlein. Aber gäbe es ein Woom-Fahrrad für Erwachsene, würde der seinen Schlitten sicher auch mir nichts, dir nichts in die Ecke stellen und das Gefährt wechseln. Woom begann 2013 in Wien als Garagenservice von Marcus Ihlenfeld und Christian Bezdeka, beide Väter, beide radvernarrt. Und während Freunde und Bekannte warteten, bekamen sie Kuchen. Wie es danach weiterging, warum Woom Amazon im Regen stehen lässt und wieso es mehr als praktisch ist, dass die Anzahl des Nachwuchses in der Firma die Anzahl der Mitarbeiter übersteigt, erläutert der heutige CEO Marcus in dieser Folge.

Sonst: Spryker stellt ein! Und zwar massenhaft. Derzeit wird insbesondere im Bereich Payroll gesucht. Von 2:10 bis 4:00 des Podcasts beschreibt Elise Müller das Stellenprofil und erklärt, welche Kompetenzen und Kenntnisse sie dafür sucht. Neugierig? Hört rein!

„Nicht Zuckerberg ist der Schlüssel zum Erfolg.“

6:05

Alex: Kannst du mir zuerst etwas über die Größe eures Geschäfts erzählen? Ihr bietet ja nicht länger eine kleine Nischenlösung aus Wien an, sondern seid inzwischen ein globaler Player im Bereich Kinderfahrräder, oder?

Marcus: Ja. Wir haben 2013 mit 300 Rädern angefangen, 100.000 Euro Umsatz gemacht und 40.000 Euro Verlust, und haben uns gefreut, dass es so gut läuft. Heute, acht Jahre später, sind wir bei 100 Millionen Euro Umsatz und wachsen jährlich zwischen 50 und 100 Prozent.

Alex: Du bist tatsächlich nicht der erste „Fahrradgast“ bei Kassenzone: Der erste war My-Boo, dann war vor ein paar Jahren mal René Köhler von Fahrrad.de zu Gast und vor Kurzem Marcus Diekmann von Rose. Und Thema Räder für die Kleinen: Stefan Klostermann, der Ollo-Bikes gegründet hat, ist da, glaube ich, nicht mehr, aber die Marke gibt es noch. Wie groß ist denn der Markt für Kinderfahrräder?

Marcus: Du, das wissen wir gar nicht so wirklich. Es gibt keine aussagekräftigen Daten darüber, und auch keine Importdaten. Es ist also schwierig zu sagen. Wir schätzen zwischen 10 und 15 Prozent des Gesamtmarkts sind so die Stückzahlen, die den Kinderradmarkt ausmachen.

Alex: Und der Gesamtradmarkt, wie groß ist der?

Marcus: Ich glaube, das sind so 500.000 in Deutschland. Aber wir haben uns eben kein Ziel in Zahlen gesetzt, sondern wollen so viele Kinder wie möglich zum Fahrradfahren bringen. Das ist unser Auftrag.

Alex: : Ihr habt Fahrräder für Kinder ab eineinhalb Jahren bis hin zum Alter von 14, 15 Jahren, und die Begehrlichkeit eurer Produkte lässt sich sehr gut am jeweiligen Lieferstatus in eurem Shop ablesen. Es gibt so ein paar Produkte, die sind ziemlich schwer zu bekommen. Wie würdest du euren Status quo auf dem Markt beschreiben? Der Marcus von Rose hat letztes Jahr erzählt, es sei wirklich nicht einfach, an Schaltwerke zu kommen, und dann fehlt hier mal eine Gabel und da ein kleines Teil, und prompt müssen Kunden auch mal ein halbes Jahr warten. Wie ist das bei euch?

Marcus: Das ist bei uns genau das Gleiche, und natürlich ist es eine Katastrophe: Wenn auch nur eine Komponente fehlt – und das sind oft die Schaltwerke und Reifen – dann kann das Rad nicht verkauft werden. Deswegen ist es gerade schwierig, obwohl wir noch in einer guten Situation sind. Wir haben ein relativ überschaubares Produktportfolio statt tausend Varianten, und können damit eben ein bisschen besser planen als viele große, die drei Rahmengrößen haben und vier verschiedene Ausstattungsvarianten pro Fahrrad. Aber klar, wenn man eine Wartezeit von 600 Tagen hat, kann man nichts mehr wirklich planen oder gewährleisten. Dieses ganze Lieferketten-Thema, das ist für uns eigentlich nur noch „von der Hand in den Mund“, weil da aktuell alles so kurzfristig passiert.

(So bedeuten 600 Tage Vorlauf für eine Schaltgruppe eben auch schnell, dass Woom jetzt schon für 2024 planen muss. „Überleg mal, wie weit du dich da aus dem Fenster lehnst“, betont Marcus. Umso wichtiger sind partnerschaftliche, robuste Beziehungen zu den Werken, und das nicht erst jetzt in der Pandemie. Einige Lieferantenwerke lastet Woom dank seiner aktuellen Stückzahlen sogar ganz aus, und sichert sich auf diese Weise einen hohen Stellenwert in der Lieferkette.)

13:40

Alex: Würdest du mal für die Leute, die Woom als Fahrrad noch nicht kennen, auf eure USP eingehen?

Marcus: Gerne. Hinter unseren Rädern stecken drei Dinge: Das einfachste ist natürlich immer das Gewicht. Das ist objektiv und kann in Zahlen ausgedrückt werden. Wir bauen sehr, sehr leichte Räder, wovon uns am Anfang merkwürdigerweise viele abgeraten haben. Aber es ist wichtig, dass Kinderfahrräder leicht sind. Angenommen, ein Kind wiegt 15 Kilogramm und sein Fahrrad zehn. Das wäre so, also würden wir 60-Kilogramm-Räder fahren. Da käme man über keine Wurzel und hätte auch irgendwann keinen Spaß mehr. Und das ist bei den Kleinen eben noch wichtiger. Und weil das Gewicht ja nicht nur durch den Rahmen entsteht, sondern sich aus dem Gewicht aller Komponenten ergibt, haben wir mit viel Fleiß an deren Optimierung gearbeitet.

Das Zweite spiegelt sich auch in unserem Slogan wider. Der lautet „Think like a child and act like a pro“. Wir haben ein sehr kindgerechtes Engineering und Design. Das heißt, wir fragen uns nicht etwa, ob die Eltern unsere Fahrräder schön finden, sondern wir schauen uns jedes Detail, jede Komponente mit Kinderaugen an. Auch wenn wir sie nicht selbst produzieren, sind alle Teile selbst entwickelt. Wir entwerfen und testen sie und geben sie dann in Auftrag. Außerdem verbessern wir sie kontinuierlich. Deshalb haben wir heute auch nicht mehr die gleichen Fahrräder im Angebot wie noch 2013. Unsere Räder wandeln sich praktisch alle zwei Jahre komplett.

Und als Drittes spielt die Geometrie eine große Rolle. Unsere Geometrie ist speziell auf Kinder ausgerichtet. Wie du bereits erwähnt hast, bieten wir ein Fahrrad für jedes Alter und jede Größe an. Wir haben sicher alle schon einmal Fahrräder gesehen, auf denen Kinder hängen wie Affen auf einem Schleifstein. Das wollen wir vermeiden, denn wir glauben, dass diese Geometrie wichtig ist, auch wenn man sie auf den ersten Blick nicht sieht und auch nicht unbedingt spürt. Aber sie wird spürbar in der Laufruhe und der Agilität des Fahrrads. Ein, zwei Grad Einstellwinkel der Gabel machen in Sachen Laufruhe schon einen Unterschied.

17:10

Alex: Ich habe noch folgende Wissenslücke: Ihr wart ja nicht die ersten mit dem Spezialthema Kinderfahrräder auf dem Markt. 2013, als ihr losgelegt habt, gab’s auch noch ganz, ganz viele andere Anbieter. Im Hinblick auf Laufräder erinnern sich wahrscheinlich noch viele an das Puky. Und nun vollbringt ihr auch nicht zwangsläufig Wunder – eure Fahrräder haben auch nur zwei Räder. Was hat eure Wettbewerber gehindert, auf den Stand zu kommen, auf dem ihr heute seid?

Marcus: Das ist eine gute Frage! Die müsstest du am besten unseren Wettbewerbern selbst stellen… Aber ich glaube, es ist das Gesamtpaket, das wir bieten. Wir haben ein sehr gutes, durchdachtes Produkt – und schließlich ist das der Schlüssel für alles. Manche Leute behaupten, das sei alles Marketing-Schmäh, dass wir eine Marketingfirma wären. Das ist natürlich Unsinn. Was wir jetzt gemacht haben, erreicht man nicht nur mit Marketing. Das Produkt ist die Basis. Das muss gut sein. Bei uns steht die Marke an oberster Stelle. Der ordnen wir alles unter: Vertriebskanäle, wir hantieren nicht mit Rabatten … Wir tun also sehr, sehr viel um die Marke zu schützen und sie positiv aufzubauen. Und auch die Wichtigkeit des Fahrradfahrens an den Endkunden zu kommunizieren.

Was natürlich noch dazu kommt ist der Servicegedanke. Wir haben eine Kundenzufriedenheit von 97 Prozent, und im net promoter score liegen wir permanent bei über 80. Das schafft man auch nicht, indem man nur eine Person hinsetzt, die E-Mails beantwortet, sondern das sind entsprechend ausgebildete Leute, und es steht eine Strategie dahinter.

Alex: Ich glaube, ich habe noch eine eurer Produktkategorien vergessen. Natürlich habt ihr ebenso Zubehör wie Ständer, Licht und Schutzbleche. Aber ich meine, auch gelesen zu haben, dass ihr euch jetzt am Thema Kinder-E-Bike versucht. Trifft das zu?

Marcus: Ja, unser E-Bike mit Fazua-Antrieb haben wir vor zwei Jahren auf der Eurobike in Frankfurt vorgestellt. Das ist ein superschönes Fahrrad, das auch ein paar Design-Auszeichnungen gewonnen hat und in ziemlich vielen Tests sehr gut abschneidet. Leider kostet es an die 3.000 Euro. Das ist sehr teuer, und es war uns auch bewusst, dass das weit nördlich von jeglicher Schmerzgrenze ist. Aber wir wollten uns einfach mit dem Thema beschäftigen und schauen, wie das so ist, auch als Direktvertrieb ein E-Bike zu verschicken. Wie läuft das mit Software-Updates, wie gehen die Garantiefälle auf, was passiert im Sekundärmarkt? An dem Thema haben wir uns also mal die Hände dreckig gemacht, und es hat eigentlich ganz gut funktioniert. Es ist für Kinder ab acht Jahren gedacht, und natürlich arbeiten wir jetzt schon an einem 2.0.

22:45

Alex: Welchen Anwendungsfall verfolgt ihr mit Elektrofahrrädern für Kinder?

Marcus: Du und ich, wir haben ja beide Kinder. Jetzt arbeitest du die ganze Woche über und bist am Wochenende zuhause. Da wäre es doch schön, wenn ihr euch am Samstag gemeinsam von neun bis eins aufs Rad schwingen könntet. Davon haben alle etwas. Das ist so der Standardfall.

Der zweite Anwendungsfall ist, wenn man bemerkt, dass alle Erwachsenen E-Räder haben – warum erwarten wir dann, dass sich unsere Kinder an der Donau 100 Meter irgendwo hinter uns gegen den Wind abmühen? Dann können die Kinder ja auch Elektroräder haben. Gerade hier in Wien gibt es immer mehr Leute, die gar kein Auto mehr haben, sondern viele Wege mit dem Fahrrad zurücklegen.

Viele denken, dass wir mit unseren Kinderelektrorädern faule Kinder großziehen wollen,  die von der PlayStation aufstehen, um dann mit dem Elektrorad zum Eiswagen oder zur Pizzeria und wieder zurückzufahren. Da werden wir oft missverstanden. Zu diesem Zweck kauft doch keiner seinem Kind ein Elektrorad.

Alex: Die gibt’s bestimmt auch, aber es gibt bestimmt auch viele dicke Erwachsene, die ein Elektrorad fahren. Das ist ja genau das gleiche. Aber bleiben wir kurz mal bei der Marke: Ihr habt ja 2013 begonnen. Wann kam der große Durchbruch und was waren so die Dinge, die dazu geführt haben, dass Woom mittlerweile die globale Kinderradmarke unserer Zeit ist?

Marcus: Da muss ich dich leider enttäuschen. Viele sind immer ganz gespannt auf die silver bullet. Und ja, auch wir haben am Anfang noch gehofft, dass vielleicht mal eine Angelina Jolie mit einem Woom-Fahrrad auf dem Cover der InStyle oder der Gala zu sehen sein wird – das passierte aber nicht. Und deshalb vielleicht auch ein Ratschlag an junge Leute, die meinen, sie müssten jetzt irgendwann den einen großen Coup landen: Das ist es nicht. Es ist ein Mosaik von Tausenden und Tausenden kleinen Dingen, die zu tun sind, die am Ende zum Erfolg führen und die Marke zu dem machen, was sie ist.

Man muss aber dazu sagen: Ein Kinderprodukt ist einfach und schwierig zugleich. Wenn man ein gutes Produkt hat, ist es, glaube ich, einfach, in diese Welt der Eltern einzutauchen. Du kennst das ja auch: Hat man Kinder, hat man immer weniger mit Kinderlosen zu tun. Stattdessen umgibt man sich nur noch mit anderen Eltern. Und dann ist man samstags, sonntags nur noch auf Kindergeburtstagen unterwegs, holt seine Kinder dort ab, trinkt vielleicht noch ein Bier – und über was redet man? Wahrscheinlich nicht über irgendwelche Autos, sondern über Kinderprodukte. So wird man zum Experten für Kinderwagen, Rosshaarmatratzen, Wickelkommoden … Und wenn man sich da einmal in ein Thema eingearbeitet hat, lässt sich, meines Erachtens, relativ einfach eine Marke aufbauen.

Alex: So wie der Bugaboo-Kinderwagen.

Marcus: Bugaboo, Toniebox, all diese Dinge.

Alex: Das kommt durch das gute Produkt. Okay, das verstehe ich. Aber macht es nicht trotzdem Sinn oder hat es nicht in der Vergangenheit trotzdem Sinn gemacht, starke Influencer…

Marcus: Ja, klar! Sicher! Und selbstredend braucht man auch einen super Service. Da kann man noch so ein tolles Produkt haben. Wenn jemand anruft und keiner hebt ab, dann ist das alles für die Fisch‘ – so sagen wir in Österreich. Das Gesamtpaket muss da sein, und man darf sich wenig Fehltritte erlauben, damit die Leute Lust auf die Marke haben. Aber wenn man einmal in dieser Bubble ist, wenn die Leute einmal Kenntnis von der Marke gewonnen haben, ist es eigentlich ganz einfach. Und das ist auch der Schlüssel zum Erfolg, nach dem fragst: Das ist nicht der Zuckerberg oder ein anderes bekanntes Gesicht, sondern dass wir die ersten 200, 300 Kunden alle persönlich gekannt haben.

(Wer sich schließlich mit einem Woom-Fahrrad abbilden ließ, war nicht Angelina Jolie, sondern Priscilla Chan, die Gattin von Mark Zuckerberg, wie auch Kevin Systrom, seines Zeichens Gründer von Instagram. „Und: Auch Priscilla musste drei Monate auf ihr Fahrrad warten!“, räumt Marcus ein. Doch Alex ist baff: Der Push für das Geschäft blieb aus. Trotzdem liebäugelt das Unternehmen mit einer Kooperation mit Swarovski und führt eine Liste von Influencern, mit denen es eng zusammenarbeitet. Doch auch hier kommt es auf die Beziehungen an, so Marcus: „Wir überweisen denen nicht eben mal 100.000 Euro und dann machen die schnell mal ein Bild.“)

33:15

Alex: Kommen wir zur Vertriebsstrategie. Ihr seid ja eine direct-to-consumer-Marke und folgt damit ganz dem Theorem dieses Podcasts: Am Ende des Tages müsst ihr den Zugang zum Kunden kontrollieren. Das heißt, man kann kein Woom-Fahrrad bei OTTO oder bei Amazon kaufen, korrekt?

Marcus: Ja, das ist korrekt. Wir sind auf keinen fremden Plattformen vertreten. Unsere Plattform ist unser Webshop. Zudem findet man unsere Fahrräder bei einigen ausgewählten Händlern.

Alex: Im Fahrradfachhandel?

Marcus: Genau. In Deutschland haben wir so um die 200, insgesamt sind es ungefähr 400 Händler. Aber auf Plattformen wie Amazon sind wir nicht etwa aus Gründen der Gier nicht vertreten. Viel wichtiger als das front end ist uns, dass wir gewährleisten können, am Ende des Tages 100 Prozent Kundenzufriedenheit zu generieren. Das kann keine andere Plattform für uns bewerkstelligen. Amazon zu nutzen könnte ich mir höchstens im Rahmen einer Markteintrittsstrategie vorstellen, aber nicht darüber hinaus. Warum sollte man auch mit Amazon in Konkurrenz zu seinem eigenen Shop treten?

Und die Margen für die Händler sind mittlerweile ebenfalls konkurrenzfähig. Aber es ist wirklich so: Über welchen Kanal der Kunde ein Fahrrad bekommt, ist uns egal. Hauptsache, er bekommt eines. Hauptsache, er kann sein Bedürfnis bestmöglich befriedigen.

Alex: Aber was passiert, wenn der Fahrradmarkt einmal nicht boomt? Wenn die Händler eure Fahrräder über eBay und Amazon abverkaufen müssen? Dann hättest du eben nicht mehr die Kontrolle über die Marke, das Preiserlebnis… Hättest du davor nicht Respekt?

Marcus: Doch. Das wäre tatsächlich unser worst case. Deshalb erwähnte ich vorhin auch, dass wir der Marke alles unterordnen. Wir gehen nur zu Händlern, bei denen wir eine geordnete pre-order- oder order-Situation haben. Darauf achten wir immer ganz genau, und deshalb kann uns dieses Szenario, das du eben beschrieben hast, nicht passieren.

37:45

Alex: Wenn man online nach „Woom Bike“ sucht, haben Plattformen wie Amazon ja die unangenehme Eigenschaft, Alternativmarken aufzulisten. Was ist diesbezüglich in den letzten Jahren so passiert? Haben viele versucht, eure Bikes nachzumachen?

Marcus: Ach, das funktioniert ganz wunderbar! Zum Beispiel hat S’COOL Bikes unser Rad mit seiner Academy-Serie 1:1 kopiert. Am Anfang fanden wir das natürlich überhaupt nicht lustig. Also sind wir zu einem Patentanwalt gegangen und haben den gefragt, was wir machen können. Und der sagte: „Machen Sie sich keine Sorgen – Leute, die Dinge kopieren, sind faule Menschen. Die werden nie so hart für ihr Geschäft kämpfen wie Sie“.

Alex: Das verstehe ich, und auch deine Haltung gegenüber Amazon. Aber schafft ihr es denn mit eurem eigenen Shop auch, für „longtailige“ Suchbegriffe wie zum Beispiel „Kinderfahrrad leicht“ einen profitablen Kauf darzustellen – insbesondere trotz der hohen Klickpreise, die es inzwischen ja auch bei Google gibt?

Marcus: Ja, schon. Bei Verkäufen im Webshop haben wir schon eine relativ hohe Marge. Das muss ein Wettbewerber auch erst einmal mitstemmen – und da gibt es wirklich wenig Powerhouses, über die wir uns Sorgen machen müssten. Unsere Konkurrenz sind eher die Kinderräder von Erwachsenenrad-Marken, wie ein Specialized Bicycle oder ein KTM, bei denen das Kinderrad eigentlich nur eine Komponente des Portfolios ist.

(Nimmt man es genau, gibt es auch wirklich wenig Kinderradmarken. Gemeinsam kommen Marcus und Alex noch auf Puky, Kettler und Kokua – doch darüber hinaus wird es eng. Woom unterhält indes drei Werke weltweit, jeweils eines in Kambodscha, Bangladesch und Polen. Doch die Idee ist, in Zukunft dort zu produzieren, wo auch der Absatzmarkt ist, um so nachhaltig wie möglich zu sein.)

44:00

Alex: In welchen Märkten seid ihr bisher aktiv?

Marcus: Online verkaufen wir in alle europäischen Märkte, das sind 27, und dann haben wir noch zwei, drei außerhalb. Sehr prominent sind wir natürlich in der DACH-Region, mit den Blogs und den Tests in deutscher Sprache, das haben wir alles hier. Unser stärkster Markt ist derzeit Deutschland, dann kommen die USA. Nächstes Jahr werden die beiden aber die Plätze tauschen. Dann kommen Österreich, Tschechien, Polen und die Schweiz.

Alex: Wie sieht eure Organisation in den USA aus? Habt ihr dort inzwischen auch ein großes Team und dupliziert nun das österreichische Set-up?

Marcus: In den USA sitzen 50 unserer Leute und 150, 160 in Österreich, in der Nähe von Wien. Wir sind aber eine Organisation und haben dieses Jahr die Standorte unter dem Schlagwort „one Woom“ zusammengeführt. Zuerst haben wir nämlich verschiedene Kompetenzzentren angeschaut, und man muss einfach zugeben, dass die USA uns in Sachen E-Commerce locker fünf Jahre voraus sind. Ebenso läuft aus den USA heraus alles, was mit dem Kundenkontakt zu tun hat. Im Grunde unterhalten wir weltweit also so eine Art Soft-Matrix-Organisation.

Alex: Seid ihr denn, wie andere in eurem Bereich auch, auf Komponentenhersteller wie Shimano angewiesen?

Marcus: Teils, teils. Es gibt Teile, da will man gar nicht erst versuchen, die selbst zu konzipieren – wie Schaltgruppen und Reifen. Anders als beim Erwachsenen-Rad muss bei den Kinderrädern aber nicht überall Shimano draufstehen, da sind wir also eh ein bisschen flexibler.

(Außer der Absatzplanung für 2024 stehen im kommenden Jahr die Internationalisierung, der Ausbau der Lieferketten und die weiterführende Digitalisierung von Woom ganz oben auf Marcus‘ To-do-Liste. Außerdem verdoppelt das Unternehmen bis 2022 seine Belegschaft. Da kann man die Weihnachtspause zum Krafttanken verwenden…)

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