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Krisengewinner, Gründerprofile, DTC vs. VC, Geiz, Klarna – monthly Heinemann

In dieser monthly Heinemann Folge, mit Starinvestor Florian Heinemann, geht es nicht im einzelne Aktien, sondern um ein paar Makrothemen. Wann und wie sollte man sich wirklich diversifizieren? Was würde er heute gründen? Steht es wirklich schlecht um Deutschland und Europa? Wer sind echte Krisengewinner?

Heinemann Monthly: Reich werden und bleiben, D2C-Modelle finanzieren, Auswandern ja/nein?

Im ihm zur Ehre getauften „Monthly Heinemann“ ordnet Florian Heinemann von Project-A-Ventures in (ebenfalls dem Namen entsprechend) lose monatlichen Abständen das generelle Marktgeschehen und die Aussichten für einzelne E-Commerce- und Tech-Werte ein. Dabei spricht Florian mit Alex immer aus seiner fachmännischen Sicht als Investor (Achtung: keine Anlageberatung!). In dieser Folge geht es allerdings mal ausnahmsweise nicht um Einzelwerte, sondern um Große Themen: Gründen und Investieren in Zeiten von Krieg und Krise, Gier, Reichtum und Konsumkredite sowie der vermeintliche Abstieg des Abendlandes

01:00     Letztens war „Deutschlands erfolgreichster ehemaliger Finanzbeamter“ – der CEO von Kassenzone-Sponsor Taxdoo, Roger Gothmann – im Podcast. Daher die Frage an Florian, was aus Investorensicht attraktiver ist: eine Firma, die von jemandem mit tiefem Fachwissen und Branchenerfahrung aufgebaut wird, oder eine mit einen jungen, ambitionierten Gründer, der mit unbändiger Energie die Welt verändern will?

Florian weist darauf hin, dass in Silicon Valley das durchschnittliche Gründungsalter mittlerweile bei 40 liegt – was allerdings noch nichts über die Erfolgswahrscheinlichkeit aussage! Und Project A sehe schon eine Tendenz dazu, dass Gründer immer häufiger einen technischen Hintergrund mitbringen. So hat Project A in Vaeridion investiert – eine Firma, die Elektroflugzeuge herstellen will. Hier kamen die Gründer von Herstellern wie Boeing und Airbus.

Solche Projekte mit älteren, erfahreneren Gründern kämen allerdings öfter in USA vor, wo der Markt einfach weiter sei. Das werde sich aber auch in Europa so entwickeln. Voraussetzung: Man wird der unbewussten Unterstellung los, das ein Fünfzigjähriger nicht mit derselben Energie zu Werke geht, wie ein Zwanzigjähriger. Es sei gut, wenn mehr Menschen mit Erfahrung und Fachwissen gründen.

10:05     Eine große Frage: Im OMR-Podcast sagte Florian letztens, wer reich werden will, dürfe nicht zu gierig sein und auch nicht zu viel diversifizieren. Wie wird man also reich, Florian?

Zum Thema Diversifizierung: Sie sei sinnvoll, um Kapital zu schützen, helfe aber nicht dabei, welches aufzubauen. Wer also reich werden möchte, müsse mit seinem Einsatz Risiken eingehen. Oder auch in anderen Bereichen mal alles auf eine Karte setzen – etwa indem er bei einer vielversprechenden Firma etwas Gehalt gegen Optionen eintauscht oder als Gründer seine Ersparnisse mitreinbringt. Wer jung ist, hat die Chance, so ein Geld zurückzuverdienen, wenn der Erfolg ausbleibt.

Und zu Gier: Wer es zu einem Vermögen im siebenstelligen Bereich aufwärts gebracht hat, dürfe nicht dem häufigen Fehler unterliegen, sein eigenes volkwirtschaftliches Verständnis und Gespür für Geldanlagen zu überbewerten. Es sei kein realistisches Ziel, überall zu investieren und dadurch Überrendite abzuschöpfen. Der Anspruch müsse nur sein, in dem Bereich, in dem man sich gut auskennt und seinen zeitlichen Hauptaugenmerk hat, schlauer zu sein als der Durchschnitt – und das dort verdiente Geld dann so breit gestreut anzulegen, dass man mit dem Markt mitgeht.

Diversifizierung also doch – aber erst nachdem man reich geworden ist.

16:40     Deswegen hat sich Florian vor geraumer Zeit von Einzelaktien verabschiedet. Er habe zwar mal in der Vergangenheit mit einzelnen Tech-Werten gut verdient. Aber da, wo er sich am kompetentesten fühlt, ist eben in der Auswahl von vielversprechenden frühphasigen Start-ups. Darauf konzentriert er sich also.

Das private Heinemannsche Anlagemodell sieht so aus: ein Drittel unternehmerische Beteiligungen, ein Drittel Immobilien und ein Drittel Aktienmarkt. Und dieses letzte Drittel ist hauptsächlich auf die Abbildung der gesamten Anlageklasse Aktie ausgerichtet – also nicht nur Tech-Werte. So hat sich Florian in den letzten Jahren zwar hin und wieder mal geärgert, als Tech alles andere schlug, sieht sich aber jetzt in der breiten Streuung bestätigt, wo die Kurse in diesem Sektor eingesackt sind.

19:55     Themenwechsel: Florian hat – ebenfalls bei OMR – direct-to-consumer als eher uninteressant für VCs bezeichnet. Warum?

Florian relativiert: Es gibt schon Beispiele von DTC-Marken, die für VCs spannend gewesen wären. Aber für jeden Gymshark oder Lululemon komme ein Casper. Der Kern des Problems: Wagniskapitalgeber bringen Wachstumserwartungen mit, die nicht immer mit sinnvollen Marketingausgaben erfüllt werden können. Wichtig sind also aus Florians Sicht: product-market fit mit der Zielgruppe und ausreichende customer lifetime value. Ist das nicht gegeben, ist VC wahrscheinlich nicht das richtige Modell: Dann lieber private Investoren (z. B. Family-Offices), die sich für den Bereich langfristig interessieren. Den sinnvollen Einsatzbereich für Wagniskapital würde Florian ohnehin viel enger definieren, als zuletzt am Markt der Fall war.

25:25     Es heißt immer: „Krisen haben auch Gewinner.“ Welche Art von Gründer gewinnt in der jetzigen Krisensituation? Ganz klar für Florian: Jeder, der was mit Energieeffizienz und erneuerbaren Energien aufbauen will und das notwendige technische Verständnis mitbringt. Zum Beispiel: Die Facharbeiter und Handwerker fehlen, um die überall benötigten Wärmepumpen und Solarmodule einzubauen. Wer kann hier Modelle entwickeln, die wirklich Beschleunigung in die Sache reinbringen? Ein möglicher Ansatz: Automatisierung.

Oder: Wer hat Konzepte, die die Attraktivität von Deutschland als Produktionsstandort erhöhen, wo doch die Verteuerung der Energie Industrieunternehmen mindestens zweimal nachdenken lassen dürfte, ob sie hierzulande wieder Großinvestitionen tätigen? Noch grundsätzlicher gedacht: Wie kann man unser Wirtschaftsmodell vom Schema Produktion-Konsum loslösen?

Für all diejenigen, die übrigens die unternehmerischen Herausforderungen und Chancen der Energiewende besser verstehen wollen, hat Alex einen Hör- und Lesetipp: #404 mit Ove Petersen von GP Joule.

33:05     Wenn Florian wieder am Anfang seiner Laufbahn stehen würde: Was würde er denn gründen? Etwas, was bei der Transformation von bestehenden Geschäftsmodelle ins Digitale hilft. So in etwa: Wie unterstützt man Hersteller darin, direkte Transaktionen mit Endkunden zu erzielen? Dafür gebe es auf Jahrzehnte hinaus einen Markt.

Und wenn Florian jetzt eine Million Euro in die Hand bekommen würde, mit der Vorgabe, sie möglichst gewinnbringend zu investieren? „Da muss man schon noch ernsthaften Vermögensaufbau betreiben.“ Denn das sei viel Geld, aber noch nicht ausreichend viel: also Hälfe/Hälfte in diversifizierten Private-Equity-Funds einerseits und breit gestreuten Venture-Funds andererseits. Wichtig: nicht nur branchentechnische, sondern auch geographische Diversifizierung. Lieber global anlegen und Europa nicht übergewichten.

36:35     Ist der derzeitige Bärenmarkt für Techwerte, in dem selbst solide E-Commerce-Unternehmen wie Zalando über die Maßen abgestraft worden sind, nicht ein gefundenes Fressen für strategische denkende Investoren à la René Benko? Ja, sagt Florian: Wer starke Nerven, Zugang zu Kapital und mittel- bis langfristig Zeit mitbringe, für ihn gebe es gerade eine ganze Reihe an fundamental unterbewerteten Assets zu holen.

40:55     Stichwort Tech-Bewertungen: Klarna hat in letzter Zeit rund 40 Milliarden Euro eingebüßt: Alex schlägt zwei Lesarten vor. 1) Die verbleibende Bewertung von 6 Milliarden ist immer noch enorm und in FinTech steckt immer noch eine Menge Innovationspotenzial. 2) Es ist der Anfang einer Spirale nach unten.

Nach vorne raus mutet für Florian die Klarna-Strategie, sich als Shopping-Portal zwischen Händler und Endkunden zu positionieren, schon etwas verwegen: „Hat Klarna die Machtposition, das durchzusetzen?“ Das sei noch offen. Wenn das nicht gelinge, fehle Klarna – wie vielen anderen Zahlungsanbietern – die Möglichkeit zur Differenzierung. Zudem: „Buy now, pay later“ ist in den letzten Jahren sehr beliebt geworden, aber… Verschuldung der Konsumenten als Geschäftsmodell? „Ethisch kann man darüber streiten.“

46:00     Gegen Ende eine große Frage aus der Community: Wird der Standort Deutschland im Zuge der gegenwärtigen Krisen weniger lebenswert? Die Medien sind voller Hiobsbotschaften: Kein einziges deutsches Unternehmen mehr unter den Top-100! SAP: nicht mehr dabei. Linde: ausgewandert… Wie sieht Florian das? Müssen ehrgeizige junge Gründer eher nach Israel oder weiter nach Asien auswandern? Oder alles in Wirklichkeit nur halb so schlimm…?

Florian betont die Bedeutung des Netzwerkeffekts in der digitalen Welt. Deswegen legen GAFAs überproportionale Wertentwicklungen der Sorte hin, zu der deutsche Mittelständler nicht in der Lage sind. Und wenn das so erzeugte Geld dann in Modelle investiert wird, die die Substanz der hiesigen Wirtschaft angreifen, haben wir, so Florian, ein Problem. Deswegen müsse Deutschland digital wettbewerbsfähig werden. Sonst wanderten die schlauesten Köpfe irgendwann ab.

Aber gerade Unternehmen wie Spryker zeigten, so Florian etwas optimistischer weiter, was hier möglich sei. Es müsste nur eine Menge mehr passieren, damit nicht im digitalen B2B-Bereich dieselbe Dominanz der US-Konzerne entsteht, die im B2C herrsche. Wiederhole sich das, werde die Attraktivität von Deutschland zwangsläufig abnehmen.

50:10    Empfiehlt Florian seinen Kindern also eine Auswanderung? Nicht unbedingt. Seinen Kindern sagt er lediglich, dass es dynamischere Gesellschaften als Deutschland gebe, die ganz andere Opportunitäten böten. Das sollen sie dann sich für sich selber abwägen. Zumal wir in Deutschland „sehr realistische Chancen haben, das Blatt nochmal zu drehen.“ Gute Unis, gut ausgebildete Leute, mittlerweile sogar genügend Kapital – und ein relativ gering verschuldeter Staat, der Investitionen zugunsten der Digitalwirtschaft vornehmen könnte. Man müsste es nur tun!

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