Oft besprochen, meistens kritisiert und nun für läppische „500 Millionen“ an den nächstbesten Bieter verkauft. Was können wir aus der Farfetch Geschichte lernen?
Im letzten Monthly Heinemann habe ich mit Florian Heinemann besprochen, woran Farfetch gescheitert ist. Wie kann ein Unternehmen, dass vor Kurzem an der Börse mit über 20. Milliarden Dollar bewertet wurde so schnell unter die Räder kommen? Unser Podcast Supporter Julian hat zu diesem Thema eine Menge Material gefunden, das ich gerne in hier wiedergeben würde.
Bei Kassenzone war ich zum Börsengang sehr skeptisch in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit von Farfetch und einige der damals aufgeführten Argumenten haben leider (für die Mitarbeiter und Investoren) ihre Gültigkeit behalten. Als Asset-light Modell waren sie allerdings der Liebling der Investoren und konnten zudem eine Menge Kunden begeistern:
Allerdings war auch Farfetch schon vor sieben Jahren klar, dass es nicht ausreichen würde als Boutique-Inventar-Aggregator zu fungieren. Aus diesem Grund hat sich Farfetch als „Partner“ der Marken positioniert, die „damals“ noch recht wenig mit dem Thema DTC E-Commerce zu tun hatten. Die Euphorie am Markt war also verständlich. Ich war trotzdem nicht begeistert.
Obwohl ich auch nach den ersten Zahlen an der Börsen enorm skeptisch war, konnten mich die beteiligten Stakeholder zum Teil beruhigen. In einem Podcast von 2018, hat mir ein Österreichischer Betreiber von „Luxus“ Boutiqen davon berichtet, dass er mit der Performance von Farfetch für sein Geschäft sehr zufrieden ist.
Warum hat das alles nicht funktioniert am Ende, hat Julian in einigen Punkten gut zusammengefasst:
- Das Marktplatzmodell, stark angetrieben durch „niedrige“ Preise, steht im Konflikt mit den wichtigsten Partnern – den Marken. Luxusmarken schreddern lieber die eigene Ware, als niedrige Preise im Markt zu akzeptieren.
- Die Marken haben mittlerweile einen eigenen Endkundenzugang aufgebaut. Statt auf die Händlersuche zu verweisen, kann bei vielen Marken nun direkt gekauft werden. Die Begehrlichkeit der Produkt ist groß genug, um einen eigenen Kundenaccount pro Marke zu rechtfertigen.
- Die technischen Dienstleistungen, die Farfetch und später YNAP erbracht haben, erfüllen nicht mehr heutige Marktstandards. Nebenbei eine E-Commerce Plattform zu bauen ist für die allermeisten Händler dann doch zu kompliziert und widerspricht dem heute populären „Composable“ Architekturmodell.
- Die operative Exzellenz bei Farfetch, gemessen am Headcount, war schlecht und konnte nur in Zeiten niedriger Zinsen überdeckt werden.
- Die M&A Entscheidungen waren schlecht, weil sie nicht den Regeln der Plattformökonomie gefolgt sind. Farfetch wollte selber „Marke“ sein und hat sich vom ursprünglichen Asset Light Ansatz meilenweit entfernt.
Die Übernahme durch Coupang, dem Superstar aus Korea sieht erst einmal sinnvoll aus auf dem Papier, weil zumindest laut letzter verfügbarer Daten ca. 4 Millionen Kunden Farfetch vertrauen.
Die Performance der Luxuskleidungs Markplätze sieht in der Tat nicht gut aus, während die Kurse der großen Luxus Marken durch die Decke gehen. Die Zeit der Luxusretailer „online“ scheint vorbei zu sein.
Die Luxusmarken sind weiterhin sehr klassisch auf die Offline Experience konzentriert, in die weiterhin viel Geld investiert wird. Ob das ausreichen wird, ist offen. Die nächste Generation begehrter Luxusmarken entsteht eher im rein digitalen Raum und weniger hinter einer von 9-19 Uhr geöffneten Tür am Hamburger Jungfernstieg.
Aus meiner Sicht ist Farfetch eher an den eigenen Ambitionen und dem Wachstumsdruck gescheitert. Als Asset-Light Modell wäre es wahrscheinlich langfristig besser gefahren. Damit hätte man allerdings nicht die hohen Erwartungen der Börse befriedigen können.
Dieser Podcast wird unterstützt von Husqvarna Forst & Garten.
Seit 1689 am Markt, fertigt Husqvarna hochwertige Garten- &
Forstprodukte und steht für bahnbrechende Innovationen wie den
weltweit ersten kommerziellen Mähroboter, den Automower®. Mehr unter husqvarna..