150 Millionen Euro Umsatz mit Matratzen. EMMA CEO Dennis Schmoltzi

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2016 und 2017 gab es einen Run auf das Geschäftsmodell rund um die Matratze. Caspar hat dieses Rennen, trotz Börsengangs, in Deutschland nun beendet und überlässt das Feld den Anbietern mit einem solideren Geschäftsmodell. Eines davon, wenn nicht sogar DAS Modell ist Emma Matratzen, die über jahrehinweg sehr kapitaleffizient gewirtschaftet haben und auch (leider) ohne Podcastwerbung bis auf 150 Millionen Euro Umsatz in 2019 gewachsen sind und mittlerweile ein profitables Geschäft in vielen Ländern betreiben. Eine faszinierende Erfolgsgeschichte aus Deutschland! Im E-Commerce Crossover Podcast, haben wir 2018 noch deutlich pessimistischer auf das Geschäftsmodell geschaut.

Alexander Graf

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Matratzen online mit Dennis Schmoltzi, Gründer und Geschäftsführer von Emma

Tendenziell ist Alex dem Modell „Matratzen online“ skeptisch eingestellt: Den rasanten Aufstieg und noch rasanteren Fall von Casper & Co. hat er vorhergesagt. Zu hoch die Kundenakquisitionskosten, zu eingeschränkt die Wiederkaufsmöglichkeiten. Doch mit 150 Millionen Euro Umsatz und jetzt Haniel als Anteilseigner läuft es bei Emma – und Alex will verstehen, warum. Mit Gründer Dennis Schmoltzi, der inzwischen vor sieben Jahren zusammen mit Manuel Müller die Firma gründete, spricht Alex über die Schlafindustrie online.

„Ist das Corona? Ist das unser normales Wachstum? Schwierig zu unterscheiden!“

6:15

Alex: Matratzen haben wir bei Kassenzone schon mehrmals gehabt. Casper war mal sogar Werbepartner und ich durfte eingangs etwas über die „innovativen Eigenschaften“ der Casper-Matratze ins Mikro sagen. Ob man mir das nach dem Podcast mit Joel Kaczmarek und Jochen Krisch abgekauft hat, wage ich zu bezweifeln! Da war vor einigen Jahren um Casper so viel Hype und so viele wollten auf den Zug mit aufspringen… Und neuerdings erfahren wir, dass sich Casper aus dem deutschen Markt zurückzieht.

Da ist eine Menge passiert und die Meinungen über die Gründe dafür gehen auseinander: „Damit kann man eh nie Geld verdienen!“ sagen die einen. Die Zahlen von bett1 besagen aber, dass man das wohl schafft. Erzähl erstmal deine Geschichte: Warum habt ihr damals angefangen, wie funktioniert euer Geschäftsmodell und wie seht ihr den Markt?

Dennis: Wir sind schon 2013 – also noch vorm Hype um 2016 herum – gestartet. Mein Hintergrund war als Unternehmensberater im Banking: Der Weg zur Matratze war also etwas weiter. Das Produkt kam durch meinen Mitgründer Manuel, der eine Firma für medizinische Matratzen hatte. Er überlegte sich, wie er das weiterentwickeln konnte. Damals gingen alle mit allen denkbaren Modellen online, also haben wir mit dem Online-Verkauf von Matratzen angefangen.

Unser Anspruch war es damals, aus einem breiten Sortiment von verschiedensten Herstellern die richtige Matratze für den Kunden zu finden. Wir haben Kunden online, per Telefon und über Chat beraten; wir hatten auch ein Online-Tool. Das haben wir dann letztes Jahr eingestellt, weil das nicht mehr umsatztechnisch oder strategisch relevant war. 2015 haben wir dann Emma entwickelt – mit dem Ansatz „eine Matratze, die möglichst für jeden passt“. Ende des Jahres kamen wir damit auf den Markt und skalierten es schnell.

Die Überlegung war: „Warum nutzen wir immer die Matratzen von anderen? Wir könnten das deutlich einfacher machen.“ Da gab es einige solche Modelle in USA – Tuft&Needle, Leesa, Casper und wie sie alle hießen. Das funktionierte auch damals extrem gut. So fokussierten wir uns darauf, eigene Produkte zu entwickeln und das Kauferlebnis einfacher zu machen.

2016 haben wir zudem die Marke Dunlopillo akquiriert. Das ist eine große Traditionsmarke in Deutschland, die es seit Jahrzehnten gibt. Als sie Insolvenz anmelden mussten, haben wir uns die Markenrechte gesichert und sind seitdem damit im stationären Handel unterwegs.

10:00

Alex: Also dein Geschäftspartner Manuel kommt aus dem medizinischen Bereich. Wie passt das zusammen mit dem „Eine Matratze für alle!“-Ansatz, der ja sehr oft kritisiert wird an euren Modellen? Ich meine, ich und meine Frau schlafen auf einer bett1-Matratze trotz deutlichen Gewichtsunterschiedes sehr gut, aber es heißt ja immer, Matratzen müssten auf Gewicht, Körperform usw. abgestimmt sein…

Dennis: Medizinische Matratzen sind ja auch so ziemlich einheitlich. Das ist ein Standardprodukt. Und es ist gar nicht so schwierig, eine Matratze zu entwickeln, die zu jedem passt – solange beim Kunden keine Besonderheiten vorhanden sind. Im Endeffekt geht es darum, dass man Matratzen progressiv aufbaut: Von oben nach unten hin werden sie fester. In drei Schichten geht es von weich bis fest. Wer leicht ist, wird schon von der weichen Schicht oben aufgefangen; wer etwas schwerer ist, sinkt ein, bis er von den unteren Schichten gestützt wird. Damit funktioniert das sehr gut. Die Stiftung Warentest hat uns 2019 dafür ausgezeichnet, dass eine unserer Matratzen wirklich zu jedem Körpertyp passt.

Wo es Unterschiede gibt, ist in den Präferenzen einerseits – „Das ist mir zu weich! Das ist mir zu fest!“ – und Spezialfällen andererseits: Es gibt nämlich Leute, die handfeste Beschwerden haben. Aber für das Gros der Kunden funktioniert die Einheitsmatratze bestens – was man unter anderen an den niedrigen Retourenquoten sieht.

Alex: Mit was für Retourenquoten rechnet man denn im Matratzengeschäft? Die kommen ja auch so zusammengerollt, wie man sie nie wieder hinbekommt!

Dennis: In einigen Ländern sind wir unter 5%. Im Schnitt und mit Kissen, Bettwäsche & Co. liegen wir immer noch bei unter 10%. Und: Das Produkt kommt vakuumverpackt zum Kunden, um es handlicher und günstiger im Versand zu machen. Wenn der Kunde die Matratze aber nicht mag, kommt eine Spedition und holt sie ab.

14:20

Alex: Ihr wurdet ja gerade von Haniel gekauft. Kannst du uns ein paar Zahlen verraten und was über eure Struktur sagen?

Dennis: Wir sind letztes Jahr auf 150 Millionen Euro gewachsen – von 80 Millionen Euro im Jahr vorher. Dieses Jahr wollen wir auf über 200 Millionen Euro wachsen. Es ist zwar Corona-Krise, wir stellen aber fest, dass der Online-Handel nicht so hart davon betroffen ist. Deswegen halten wir an der Prognose fest.

Inzwischen sind wir 350 Leute in der Firma – 320 am Hauptstandort in Frankfurt und 30 in Manila. Die philippinische Dependance haben wir vor rund einem Jahr aufgemacht, um Schwierigkeiten beim Recruiting zu umgehen. In bestimmten Berufsfeldern ist es sehr schwierig geworden, in Frankfurt Leute einzustellen – bei Software-Developern etwa, aber eben auch in der Buchführung!

Alex: Warum nicht Lissabon wie alle anderen?

Dennis: Wir haben uns mehrere Standorte angeguckt und hatten zwei aufgemacht: Kroatien war auch dabei. Mit Manila hatten wir Respekt vor der Zeitdifferenz, aber es ergab sich der glückliche Umstand, dass einer unserer Mitarbeiter privat dahin wollte und ein anderer das spannend fand, dort am Aufbau des Standorts mitzuarbeiten. Das würde ich auch als Erkenntnis herausarbeiten: So ein Auslandsbüro funktioniert dann am besten, wenn man eigene Leute rüberschickt. In Kroatien haben wir den Fehler gemacht, jemanden vor Ort einzustellen.

(Wenn das Geschäft so schnell wachse, fragt Alex, warum haben die Gründer Emma jetzt verkauft? Dennis antwortet, er würde den Einstieg von Haniel als „Verkauf“ gar nicht bezeichnen: Durch vielen kleineren Finanzierungsrunden habe Emma bis zu 50 Anteilseigner gehabt. Mit Haniel bot sich – eher zufällig – einen starken Partner an, der diese Struktur konsolidieren konnte und dessen Vorstellungen gut zum Management-Credo von Dennis und Manuel passten. Bedingung von Haniel: 50,1% Anteil. Die Gründer hielten noch 60%, waren aber bereit auf 49,9% runterzugehen, solange sie operativ noch leitend tätig sein konnten.)

19:30

Alex: Im Bereich Home/Garten höre ich von vielen im Markt, dass sich der durch die Corona-Krise verursachte Trend zu cocooning auf die Umsätze positiv auswirkt. So nach dem Motto: Wir können die nächsten 12 Monate nicht in den Urlaub fahren, also bauen wir unser Zuhause zur ultimativen Burg aus! Gilt das auch für Matratzen?

Dennis: Was wir festgestellt haben: In den ersten Wochen nach Einführung der Kontaktverbote und Ausgangsbeschränkungen gingen die Umsätze runter. Auf Google Trends lässt sich auch nachsehen, dass das Suchvolumen für „Matratze“ um bis zu 40% einbrach. Je nach Land – wir sind in 21 weltweit vertreten – gab es im Frühling rund zwei Wochen, in dem wir eher geschwächelt haben.

Danach hat sich das aber wieder gefangen. Derzeit liegen wir im Plan – teilweise sogar deutlich drüber. Ist das Corona? Ist das unser normales Wachstum? Schwierig zu unterscheiden! Feststellbar ist jedenfalls, dass der Online-Umsatz mit Matratzen nicht zurückgegangen ist. Zudem ist es ja so, dass – im Gegensatz etwa zu einem Kinobesuch, dass während des lockdowns ersatzlos gestrichen wird – die Leute am Ende doch die neue Matratze haben wollen. Das heißt: Die Umsätze sind aufgeschoben und werden dann nachgeholt.

Alex: Sagt sich auch der Autohandel gerade. Ist dem aber wirklich so? Oder sagen die Leute in der Krise nicht einfach: „Da ist zwar so eine Kuhle darin, ein bisschen geht das aber noch…“ und halten das Geld zusammen?

Dennis: Die Anlässe, warum sich die Leute eine neue Matratze holen, sind meines Erachtens: Sie schlafen schlecht, sie ziehen um, oder sie wechseln den Partner…

Alex: Partnerwechsel?

Dennis: Ja! Oft sagt der neue Partner: „Ich möchte jetzt gern eine neue Matratze!“

Alex: Das will ich aber durch unsere Hörer verifiziert haben! Bitte kommentiert das bei Soundcloud, ob das wirklich so ist! Ich hatte noch nicht so viele Partnerwechsel…

Dennis: Da bin ich gespannt, was die Zuhörer so schreiben! Jedenfalls sind das alles Gründe, die dazu führen, dass man doch eine neue Matratze kaufen will. Zwar finden Umzüge derzeit nicht so häufig statt, aber wenn du schlecht schläfst, dann schläfst du halt schlecht. Dann möchtest du einfach was ändern. Unsere Analysen aus vorigen Krisen bestätigen, dass der Matratzen kauf schlimmstenfalls aufgeschoben, aber nicht aufgehoben wird.

23:45

Alex: Daran knüpfe ich mit den Kassenzone-Kernfragen an: Woher kommen die Kunden, was verdient man an ihnen und wie treu sind sie? Im Markt ist gerade auch einiges in Bewegung. Matratzen-Concord hat für 500 Millionen Euro den Besitzer gewechselt: Viele Hunderte Läden für einen Abschreibungspreis. Dabei war der Markt 2013, als ich loslegten, rein stationär. Wie sieht der Markt heute aus und wie gewinnt ihr Kunden?

Dennis: 2013 war schätzungsweise 3% des Marktes online. Heute würde ich 25% schätzen. Wo kommt der Kunde her? Wir haben zwei wichtige Kanäle: einerseits online (AdWords, Facebook, Social Media, Display-Werbung/Retargeting) und andererseits TV. Danach hast du die Leute auf der Webseite und versuchst die je zu konvertieren. Dann musst du zusehen, dass du mit dem Kunden schon beim ersten Kauf Geld verdienst, weil er erst in acht bis dreizehn Jahren wieder eine Matratze kauft.

Alex: 2012-2013 gingen viele Modelle online und schalteten TV-Werbung. Dabei merkten sie aber, dass man damit immer nur zum Teil die Zielgruppe anspricht. Tirendo etwa: Es kaufen eher Männer Reifen und das auch nur alle acht Jahre. Also ist durchschnittlich immer nur einer von 100 Zuschauern potenzieller Kunde. Riesiger Streuverlust, höchstens ein Branding-Effekt. Ist dieser Effekt so hoch, dass es sich für euch lohnt? Oder schafft ihr es, übers Fernsehen einen Erstkäufer profitabel anzusprechen?

Dennis: Gretchenfrage! Ich formuliere das so: Wir glauben an einen Langfristeffekt, der mangelnde Rentabilität relativiert. Seit 2018 schreiben wir schwarze Zahlen und können uns das TV-Investment daher auch erlauben. Wichtig ist aber auch, vorsichtig ranzugehen. Man muss wissen „Wie? Wo? Wann?“, um nicht sinnlos sehr viel Geld zu verbrennen. Denn – da bin ich bei dir – Fernsehwerbung ist ein teures Investment.

(Alex bittet um einen Vergleich mit Wettbewerber bett1, dessen hervorragende Zahlen Furore machen: 2017 allein 30 Millionen Euro Gewinn bei 120 Millionen Umsatz! 2018 vermutlich noch mehr! Wie das möglich sei, will Alex wissen. Dennis hebt die Bedeutung von Stiftung Warentest beim Matratzenkauf in Deutschland hervor. Da wurde bett1 2015 prämiert. Als Emma ebenfalls ausgezeichnet wurde, so Dennis weiter, sei der Umsatz in Deutschland auch sprunghaft angestiegen.

Wie wichtig der deutsche Markt ist, will Alex im Anschluss wissen. Konkrete Zahlen nenne man keine, antwortet Dennis. Neben Deutschland seien UK, Frankreich und die Niederlande die für Emma bedeutendsten Länder: In einigen davon habe die Firma die meistverkaufte Matratze inklusive stationärem Umsatz. Andere Märkte: USA, Kanada, Mexico, Australien…)

30:00

Alex: Ihr seid in 21 Ländern vertreten. So eine Internationalisierung schaffen oft große Konzerne nicht! Wie seid ihr rangegangen? „Oh, in UK macht das noch keiner. Wir schalten ein bisschen SEO/SEA und gucken, ob sich das verkauft?“

Dennis: Interessanterweise ist UK der Markt, von dem ich am wenigsten glaubte, dass wir uns so stark entwickeln. Da waren nämlich große Wettbewerber mit sehr viel Finanzierung unterwegs. Das fing also als Testballon an. Viel hängt aber daran, was du für Produkte baust und in welcher Qualität – und ob du die customer journey verstehst. Ich glaube, dass wir das besser tun als der Wettbewerb. Das zeigt sich daran, dass wir keine einzige Person in UK haben, dort aber größer sind, als die Wettbewerber, die zu einer ähnlichen Zeit starteten – mit dem 10- bis 20-fachem an Kapital ausgestattet!

Alex: Aber 2015-2016 wäre mit all dem Hype nicht der ideale Zeitpunkt gewesen, um in den Markt zu starten?

Dennis: Die Zeit davor war auf jeden Fall nützlich: Sie konnten wir nutzen, um die Customer-Journey zu verstehen. Auch essenziell: Was für eine Organisation baust du? Ich verbringe viel meiner Zeit mit Themen wie: Wie machen wir Recruiting? Wie bewerten und entwickeln wir unsere Leute? Wie gehen damit um, dass wir in neuen Ländern starten, dass aber alle hier sitzen? Ich glaube sehr fest daran, dass die execution deutlich wichtiger ist das funding.

(Emma lasse durch ein strategische Partner an rund 15 Standorten in Europa die Matratzen herstellen, erklärt Dennis auf Alex‘ Nachfrage – was sich gerade in der Corona-Krise als hilfreich herausstelle. Eine Fabrik in Frankreich musste beispielsweise Corona-bedingt schließen, aber eine andere konnte einspringen.)

34:20

Alex: Wenn ich heute auf eure Webseite gehe und eine Matratze kaufe, was zahle ich dann? Und was verdient ihr an mir? Das wäre ja die zweite Kassenzone-Frage.

Dennis: Du zahlst 199 Euro für unsere Emma One. Minus Mehrwehrsteuer & Co. sowie Wareneinsatz bleibt dann natürlich etwas bei uns hängen, wovon wir Marketing, unsere Leute usw. bezahlen. Aber du hättest das wohl gern konkreter, oder?

Alex: Die Frage stelle ich immer aus einer Online-Marketing-Perspektive. Sagen wir mal, du zahlst 50 Cent für jeden Klick auf deiner Webseite und dann konvertierst du jeden 20. von diesen Klicks… Dann muss dieser Neukunde mehr einbringen, also die 10 Euro, die es im Schnitt gekostet hat, ihn dorthin zu bringen und zum Kauf zu bewegen.

Nun: 199 Euro ist – verglichen mit den Matratzen, die die Generation unserer Eltern für über 500 DM gekauft hat – sehr wenig (und viel weniger als das, was eine Casper-Matratze kostet). Ich tippe aber mal, dass bei euch mehr als 10 Euro hängen bleiben…

Dennis: Es muss auch mehr hängen bleiben, damit wir break-even sind. Du kannst es aus den Zahlen von unseren Wettbewerbern herausrechnen, dass der Wareneinsatz bei rund 50% liegt. Marketing kann dann 30% oder mehr sein – je nachdem, wie effizient du arbeitest. Und selbst nach Büroräumlichkeiten, Gehältern und Retouren bleibt da auf jeden Fall genug, dass man ein profitables Geschäftsmodell fahren kann.

36:50

Alex: Ihr habt aber neben den Matratzen noch das Emma-Bett und den Lattenrost sowie Matratzenbezüge, Bettwäsche, Nackenstützkissen… Wie wichtig sind diese Produkte? Wie viele Kunden kommen nach dem Matratzenkauf nochmal zu euch?

Dennis: Wir versuchen, über CRM weitere Produkte abzusetzen – und das muss jeder, um profitabel zu sein. Ich glaube aber, dass ich kein Branchengeheimnis verrate, wenn ich sage, dass es nicht so ist, dass 80% aller Kunden noch etwas kaufen. Nichtdestotrotz sind das relevante Produkte. Zumal es Kunden gibt, die nur ein Kissen oder ein Bett suchen. So bedienst du neben dem Cross-Selling auch andere Zielgruppen.

Alex: Ich sehe auf eurer Seite, dass ich bei Matratzen-Concord probeliegen kann. Wie wichtig ist dieser Cross-Channel-Aspekt?

Dennis: Nicht ganz unbedeutend im Sinne der customer journey. Es gibt Kunden, die gern das Produkt anfassen und probeliegen wollen, bevor sie kaufen. Das ist also komplementär – und deswegen machen wir das viel. Über ganz Europa kann man mittlerweile in rund 1.000 Filialen die Emma-Matratze ausprobieren.

Alex: Was will denn Matratzen-Concord dafür haben? Verkaufsprovision?

Dennis: Das funktioniert wie im normalen Handel: Wir verkaufen ihnen das zum Einkaufspreis und partizipieren dann nur über diesen Verkauf. Da wir glauben, dass das unsere Umsätze nicht kannibalisiert, machen wir das gern.

(Alex verweist auf das Gespräch mit Luxusmöbelhersteller Pickawood , für den Omnichannel ebenfalls gut funktioniert. Das Start-up verkaufe über ein Partnernetzwerk in Pop-up-Stores oder Store-in-store-Konzepten: Ein denkbares Modell für Emma, falls es Matratzen Concord bald nicht mehr gibt? Solche Versuche habe es schon gegeben, so Dennis, und Emma sei offen dafür. In UK arbeite die Firma gerade mit einem Teppich- und einem Sofahändler zusammen. Dort fokussiere man sich gerade auf Kaufhauskette John Lewis, während man in Spanien über ein Netzwerk von kleineren Unternehmen den stationären Kanal bespiele. Das komme aufs Land an.)

41:30

Alex: Welche Rolle spielt denn euer Zukauf Dunlopillo?

Dennis: Damit bedienen wir ein anderes Kundensegment. Das, worüber wir heute bislang gesprochen haben, sind convenience-Kunden, die eine neue Matratze brauchen, ein begrenztes Budget haben und sich nicht ewig damit beschäftigen wollen. Zu Dunlopillo kommt die Zielgruppe, die darauf Wert legt, dass das Produkt zu ihr passt: Es gibt Kunden, die lieben Matratzen mit Federkern, weil sie ein bisschen nachschwingen; oder – wie vorhin erwähnt – gibt es Kunden, die sehr weich oder sehr fest schlafen wollen.

Das sind die Leute, die eher in den Handel gehen. Oft brauchen sie eine Beratung, weil sie ein konkretes Problem haben: Nackenschmerzen, einen Arm, der nachts einschläft, usw. Das muss nicht zwangsläufig an der Matratze liegen – vielleicht ist es einfach nur ein schlechtes Kissen! Für diesen Kunden sind wir im Handel mit Dunlopillo präsent.

Was wir gemacht haben, ist die Sortiment etwas zu vereinfachen. Als wir die Marke übernahmen, hatten sie über 200 Produkte in allen Farben, Größen und Härtegraden. Wir haben das auf viermal drei Kernprodukte heruntergedampft. Auswählen kann man aus weich, mittel, hart und dynamisch. Das ist simpler – und funktioniert extrem gut!

43:45

Alex: Dritte Kassenzone-Frage: Loyalität. Die Kundentreue ist ja dadurch begrenzt, dass es sich um Produkte handelt, die man nicht so oft kauft. Das war ja bei Casper das Problem: Die haben irgendwann angefangen, Hundebetten und anderen abgefahrenen Kram zu verkaufen… Nun kommen die ersten Anbieter mit technologischen Lösungen um die Ecke. Wollt ihr in die Richtung gehen, dass ihr Produkte anbietet, die Puls, Schweiß usw. messen, um einen besseren Schlaf zu ermöglichen?

Dennis: Tatsächlich ist es unsere Mission, Schlaf zu verbessern. Daher gehen wir weiter, als nur über die Matratze zu denken. Die bleibt zwar unser Brot- und Buttergeschäft. Schlaf ist aber viel mehr, als ergonomisch auf einer Unterlage zu liegen. Da geht es viel darum, was in Körper und Kopf passiert. Schlaf ist ja superwichtig, um Informationen zu verarbeiten, Emotionen handzuhaben und – gerade jetzt – das Immunsystem zu stärken. Da gibt es eine Menge, was man tun kann, um den Schlaf zu verbessern. Derzeit verkaufen wir eher klassische Produkte, haben aber in Frankfurt ein Team von rund 20 Leute in der Forschung und Entwicklung, die an neuen Technologien und Produkten arbeiten.

(Abschließend fragt Alex, was sonst noch an Innovationen und Wachstumsbestrebungen in den kommenden Monaten ansteht. Ziele: In den Märkten, in den man schon vertreten ist, weitere Marktanteile dazugewinnen; in anderen Produktkategorien – z. B. Boxspringbetten – wachsen; und in weiteren Ländern anfangen – wie etwa letztens zum 22. Mal in Südkorea. Derzeit stehen alle Indikatoren auf Expansion: Pro Monat führe Emma gerade 120 bis 150 Vorstellungsgespräche und stelle 20 Leute ein. Wer in Frankfurt eine spannende Aufgabe suche, so Dennis, solle sich melden! Geradezu euphorisch fasst Alex die beeindruckende Erfolgsgeschichte von Emma für sich zusammen.)


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