Stefan Klostermann von Ollo-Bikes hat 2016 den Versuch gewagt moderne Kinderfahrräder zu produzieren und in den Handel zu bringen. Im Podcast erzählt er, was er seit der Gründung gelernt hat, wie viel Marge auf so einem Rad ist und warum er sich auch vorstellen kann bald Fahrradanhänger zu produzieren. Eine sehr ehrliche Reflexion über den Aufbau eine neuen Produktmarke aus eigenen Mitteln. Nach dem Interview myboo (Fahrräder aus Bambus), dem legendären (weil meistgehört) Interview des Fahrrad.de Gründers René Köhler, ist das bereits der dritte Fahrrad Podcast bei Kassenzone und es werden noch mehr kommen! 

Wenn ihr Fragen und/oder Ideen für Stefan habt, erreicht ihr ihn direkt unter [email protected]. Viel Spass beim Interview.

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Kinderfahrräder mit Stefan Klostermann, Gründer und Geschäftsführer von OlloBikes

Im dritten Podcast zum Thema Fahrräder nach fahrrad.de mit René Köhler letzten Sommer und einer Ausgabe von 2014 zu Bambusfahrraädern erzählt Stefan Klostermann von OlloBikes, wie er eine neue Kinderfahrradmarke auf den Markt bringt. Außerdem geht es sehr offen um Themen wie Umsatz und Marge sowie die Herausforderungen des Markenaufbaus.

 „Warum kann so ein Kinderfahrrad kein Raketentriebwerk haben?“

2:00

Alex: Bevor wir auf Kinderfahrräder insbesondere eingehen, kannst du ein bisschen was zum Fahrradmarkt in Deutschland im Allgemeinen erzählen? Wie ist der Umsatz, gibt es ein starkes Wachstum und wie geht es dem Fachhandel in dem Bereich?

Stefan: Spannendes Thema! Ausgangspunkt für meine Idee, was im Fahrradmarkt zu machen, war ja, dass ich der Meinung war, Deutschland wäre eigentlich in diesem Segment sehr onlineaffin, aber zur Zeit wegen der bestehenden Strukturen in der Entwicklung hinterherhinkt. Wir haben einerseits eine fragmentierte Händlerszene mit wenig Konzentration und wenig großen Playern. Die kleinen können aber online nicht so viel auf die Beine stellen. Andererseits haben die Hersteller ein Problem, weil sie in diesen Handelsstrukturen stecken und sich nur selten in den Direktvertrieb trauen…

Alex: Diese ganzen Fahrradladen-Ketten dominieren also gar nicht?

Stefan: Nein. Die allermeisten Fahrradhändler sind unabhängige kleine Schrauber mit einer Werkstatt, von der sie übrigens hauptsächlich leben. Zum Frühjahr schieben sie ihr gesamtes Kapital in Neubestand und versuchen dann zum Jahresende zu hohen Rabatten alles wieder leer zu räumen. So ist es für Marken sehr schwer, ihre Qualitätsansprüche durchzusetzen. Einigen großen Marken wie Canyon gelingt es, die Wertschöpfung zu vertiefen…

Alex: Auch ein Spryker-Kunde!

Stefan: Machen die richtig! Dann gibt es Große wie fahrrad.de, die sehr stark versuchen, gute Marken zu akquirieren. Aber da sind die Markenhersteller sehr vorsichtig – und Preis ist ein starkes Thema. Da tun sich Hersteller schwer. Insofern glaube ich, dass der Markt eine Menge Potenzial hat.

Alex: Und was ist mit E-Bikes?

Stefan: Bei E-Bikes ist die Entwicklung blasenartig verlaufen: Sie haben Durchschnittsverkaufspreise von 2.000 bis 2.500 Euro, was früher bei Fahrrädern undenkbar gewesen wäre. Entsprechend sind viele draufgesprungen und es gab starkes Wachstum. Dieses Jahr stagnieren – nach alldem, was ich höre – die Verkaufszahlen aber zum ersten Mal. Das Wachstum der letzten Jahre lässt sich eben nicht fortschreiben und da sind nun viele Hersteller auf ihrem Bestand sitzen geblieben. Da Wiederkaufszyklen sind auch nicht so, dass man jedes zweites Jahr ein Neues braucht.

(Es gebe auch E-Bikes im Kindersegment, wofür Stefan aber nur ein begrenztes Anwendungsfeld sieht. Außerdem sollten Kinder seiner Meinung nach am Fahrrad die eigene Körperlichkeit erfahren, nicht elektrisch angetrieben werden. Generell aber hülfen E-Bikes auch nicht so sportlichen Leuten, sich dem ungebrochenen Trend zum Fahrrad anzuschließen, und trügen insofern zur Dynamik im Fahrradmarkt insgesamt bei.)

6:45

Alex: Und du hast dir gedacht: „Hm, so richtig coole Kinderfahrräder gibt es noch nicht im Markt!“ Oder wie war der Gedankengang?

Stefan: Das ging so: Ich bin selber leidenschaftlicher Fahrradfahrer und schraube meine eigenen Räder zusammen. Als dann der erste Fahrradkauf für mein Sohn anstand, habe ich mich das erste Mal mit Kinderfahrrädern beschäftigt und habe festgestellt, dass es einen Mangel an attraktiven Angeboten gab. Meine Fahrräder wiegen nämlich sieben Kilo und das Kinderfahrrad, das ich dann gekauft hab, brachte schon 12 Kilo auf die Waage. Ich dachte: Das muss irgendwie besser gehen.

Über anderthalb-zwei Jahre ist die Idee dann gereift, bis ich mich damit intensiver beschäftigt und die Chancen im Markt erörtert habe. Dann habe ich das mit Digital in Verbindung gebracht. Denn aus meinen Erfahrungen wusste ich, dass man bei Kinderprodukten einerseits einen enormen Informationsbedarf und andererseits Zeitmangel hat. So ist der Kauf stark online getrieben.

Ich kam zum Schluss: Warum keine Premium-Fahrrad für Kinder, das ein paar Design-Ansprüche genügt und über eine moderne Plattform vertrieben wird? Das war OlloBikes.

Alex: Ich war heute bei euch auf der Seite: Ihr vertreibt verschiedene Rahmengrößen, aber die Optik ist immer sehr ähnlich – sehr verspielt und schick. Und ihr habt gute Bewertungen auf Amazon!

Stefan: Wir sind seit zwei Jahren auf dem Markt und haben immer sehr viel in Kundenzufriedenheit investiert. Das Feedback, das wir kriegen, ist vorwiegend sehr positiv: meistens fünf Sterne! Das Fahrrad selber ist eigentlich ein kleines Mountainbike. Dabei haben wir sehr stark auf Robustheit und Gewichtsersparnis gesetzt – und da sind Mountainbike-Teile ideal.

(Während Alex ein Exemplar in Beschau nimmt, geht Stefan näher auf Details wie Bremsen und Sattel ein. Der Anspruch dabei: Es soll nicht nur ein Kind überstehen, sondern mehrere Generationen und einen hohen Wiederverkaufswert bieten. Alex überlegt, wie viele Räder er schon für seine Kinder gekauft hat – und stellt fest, dass sie fast alle gebraucht waren.)

10:55

Alex: Wie viele neuen Fahrräder werden im Kindersegment in Deutschland im Jahr überhaupt gebraucht?

Stefan: Es gibt keine verlässliche Studien, aber wir haben ein jährliches Marktvolumen von rund 300 Millionen Euro ermittelt. Das sind dann rund 1-1,5 Millionen Kinderfahrräder im Jahr. Dabei begrenzen wir den Markt auf Fahrräder für Kinder bis acht Jahre. Natürlich gibt es mehr Kaufsituationen, wenn man Gebrauchte dazu nimmt.

Alex: Und weiß man, wie man diesen Markt in stationär vs. online aufteilt?

Stefan: Es ist schwierig zu sagen. Wir haben das zwischen der Online-Affinität für Spielwaren und für Fahrräder gemittelt und kommen dann auf geschätzt 30% Marktanteil bis 2025. Heute sind wir vermutlich bei ungefähr 20%.

Alex: Ist Amazon im Bereich Kinderfahrräder stark?

Stefan: Schon. Zwar scheuen sich die Hersteller, Amazon direkt zu benutzen. Aber da sieht man viele Fahrradhändler, die das was reinstellen – vor allem, um Überhänge loszuwerden.

13:00

(Alex erfragt nähere Details zur Produktion von den Fahrrädern: Wie viele Produktreihen gibt es? Wie werden sie hergestellt? Worauf wird da geachtet? Angefangen beim ersten 12-Zoll Laufrad geht es über drei weitere Größen bis 20 Zoll. Wettbewerber würden nicht denselben Leichtbau – unter 12 Kilo – bei einer ähnlichen Qualität anbieten.)

14:50

Alex: Man muss es so sagen: Eure Räder sehen deutlich geiler aus, als das, was bei uns in der Garage stehen. Damit habt ihr wohl schon 2016 die ersten Kunden überzeugt, oder?

Stefan: Ja, das Thema Design spielt eine ganz große Rolle. Auch, wenn wir hier in Klischees denken: Wir unterscheiden zwischen dem männlichen und weiblichen Käufer. Bei Vätern steht Design und Qualität eine bedeutendere Rolle; Müttern ist die Sicherheit eher ein Anliegen. Uns ist es wichtig, beides bedienen zu können. Interessant ist allerdings, dass nicht eindeutig zugeordnet kann, welcher Elternteil das Fahrrad am meisten kauft: Das ist 50/50.

Anfangs haben wir auch noch ein Konfigurator gehabt, in dem man die Farbe einstellen konnte. Als wir aber gewachsen sind und die Lieferkette komplizierter wurde, mussten wir den abschalten. Ich glaube nach wie vor, dass ein Konfigurator sinnvoll ist, aber es passt nicht zur handwerklichen Fertigung, die wir gerade betreiben.

Alex: Was konnte man das alles konfigurieren?

Stefan: Das war tatsächlich nur die Farbe, wobei der Konfigurator das so dargestellt hat, dass aus den sechs Varianten, die wir auf Lager hatten, 900 kaufbare Alternativen wurden. Die Rahmen- und Reifenfarbe hatten wir alles, aber der Eindruck entstand, dass es viel mehr Varianten gab, als es eigentlich der Fall war.

(Stefan geht auf Nachfrage kurz auf die verschiedenen Teile ein, die farblich konfigurierbar waren. Danach geht es um die vier Größen: Die Aufteilung sei schon auf dem Markt bewährt gewesen. Derzeit überlege Stefan, ob ein 24-Zoll-Fahrrad für ab acht Jahren dazukommen soll, oder ob dann der Wechsel in eine andere Markenwelt anstehen müsste.

Alex fragt, ob es noch Stützräder gibt, oder ob Kinder dank den Laufrädern heutzutage schneller Fahrradfahren lernen. Aus fahrradpädagogischer Sicht seien sie überholt, antwortet Stefan, und seien seltener geworden. Für OlloBikes könne man welche auf Amazon kaufen, die passen, aber die selber produzieren tue Stefan nicht.)

20:05

Alex: Jetzt zu Vertriebsfragen: Ihr sagt, Online wird schlussendlich gewinnen. Da informieren sich ja Eltern und da muss man vertreten sein. Wo kann ich denn eure Fahrräder heute kaufen?

Stefan: Erst einmal sind unsere Fahrräder im eigenen Shop verfügbar. Das ist unser Basispfeiler, weil dort unsere Markensprache ungefiltert durchkommt. Zudem verkaufen wir auf Amazon. Das war zwar ursprünglich aus der Not geboren, aber inzwischen haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Mittlerweile machen wir dort 40% der Umsätze. Dort sind wir im Seller-Model. Wir haben mal FBA getestet, aber das lohnt sich nicht, wenn man parallel eine eigene Logistik unterhält.

Wir haben auch einige ausgesuchte Fahrradhändler in großen Städten, die so ein bisschen als Flagship-Stores fungieren. Allerdings sehen wir das eher als Marketing- denn als Vertriebskanal. Wir tauschen uns aber intensiv mit ihnen aus und haben so ein Ohr für Kundenwünsche. So können wir auch Kunden, die es unbedingt benötigen, die Möglichkeit einer Testfahrt bieten.

Alex: Und wie viele Kunden, die in Berlin oder Hamburg die Möglichkeit haben, nehmen das auch wahr?

Stefan: Das müsste so in der Größenordnung 10-15% liegen, wenn ich von Anfragen an uns ausgehe. Aber wir wissen nicht, wer von denjenigen, die bei uns Shop kaufen, vorher im Laden war. Oder wer bei uns Shop war und dann beim Einzelhändler kauft.

Alex: Klassisches Omnichannel-Problem…

Stefan: Nichtdestotrotz merken wir, dass in den Städten, in denen wir so einen stationären Partner haben, der Online-Umsatz deutlich stärker ist. So ist es unser Ziel, 15 bis 20 solche Flagship-Stores zu haben, damit wir in den großen Zentren präsent sind – nicht mit eigenen Läden, aber Flächen, in denen wir das Fahrrad auch angemessen präsentieren können und es nicht zwischen dreißig anderen verstaubt in der Ecke hängt. Das gewährleistet zu bekommen in einem Umfeld, das nicht von uns betrieben wird, ist natürlich eine Herausforderung.

23:00

Alex: Ihr habt wahrscheinlich das Glück, dass die Leute bei Amazon oft direkt nach einem OlloBIke suchen und ich vermute, ihr rankt bei Google für Begriffe wie „sicheres Kinderfahrrad“ ziemlich hoch. Über welche Suchbegriffe kommen denn die Leute auf euren eigenen Online-Shop? Und benutzt ihr eigentlich so Kinder-Influencer…?

Stefan: Naja, denk an die Zielgruppe: Werbung für Kinder ist ein schwieriges Thema. So versuchen wir die Eltern in einer Suchsituation anzusprechen und da ist klassisches Google-Performance-Marketing der mit Abstand wichtigste Kanal, weil da die Suche startet.

Alex: Aber denkst du nicht, dass so Sechs- oder Siebenjährige – von denen erstaunlich viele schon Handys haben – so eine Kaufentscheidung mitbeinflussen: „Mama, Papa, ich möchte unbedingt ein Otto-Bike haben!“

Stefan: Ich glaube, dass die Markenaffinität bei Kindern in dem Alter noch nicht so ausgeprägt ist: Wir reden eher über Drei- bis Sechsjährige. Achtjährige sind ja schon am Ende unserer Zielgruppe.

Alex: Also mein Sohn kauft nur noch Lego Ninja und meine Tochter will nur noch Lego Friends…

Stefan: Ich nehme das zwar als Anregung mit, stehe aber dem Thema Kinderwerbung grundsätzlich etwas kritisch gegenüber. Mir geht es eher darum, Eltern zu ermöglichen, informierte Entscheidungen zu fällen.

(Alex spielt noch einmal des Teufels Advokat. Danach geht es darum, wie effektiv verschiedene Marketingkanäle eigentlich sind. Auf Facebook kämen nicht so viele Kaufentscheidungen zustande, sagt Stefan, weswegen er nach einigen Tests den Eindruck habe, dass sich dort Werbung wenig lohne. Influencer-Marketing auf Instagram funktioniere hingegen sehr gut. Alex erfragt nähere Details zur Vorgehensweise.)

26:55

Alex: Und ihr seid vermutlich noch nicht lange genug am Markt gewesen, um zu wissen, ob ihr Marketplace-Anteil tendenziell steigt und ob andere Marktplätze interessant sein könnten.

Stefan: Wir haben bislang nur Amazon gemacht, werden aber im nächsten Schritt auch andere austesten. Das Potential ist ja da. Wobei eBay hatten wir ganz am Anfang getestet, aber es passte nicht zur Markensprache. Jetzt werden wir es wieder aufbauen, um gebrauchte Räder, Retouren und Musterware abzuschleusen. Dafür ist die Plattform ideal.

Alex: Okay, jetzt wissen wir, wo die Kunden herkommen. Dann einer andere Kassenzone-Fragen: Wie treu sind denn eure Kunden?

Stefan: Wir kriegen Wiederholungskäufe – etwa dann, wenn die nächste Größe ansteht. Das erfahren wir jetzt erstmals, weil wir erst vor zwei Jahren angefangen haben und wir reden von einem Wiederkaufszyklus von alle 18 Monate. Da wir in letzter Zeit gut gewachsen sind, merken wir auch eine erhöhte Nachfrage von Wiederkäufern.

Alex: Und wie viele seid ihr im Team?

Stefan: Im Kernteam sind wir zu zweit, haben aber ein erweitertes Team von sechs Leuten. Designer brauchen wir ja nicht laufend. So bringen wir die immer dann rein, wenn wir Sortimentserweiterungen oder Ähnliches haben. Unsere Produktion ist ausgelagert. Wir haben einen Produzenten in Taichung, Taiwan – im „Fahrradzentrum der Welt“. Das ist historisch so gewachsen: Dort sind die Lohnkosten nicht mal besonders attraktiv, aber es gab irgendwann einen Agglomerationseffekt. Die Fahrräder kommen also per Container hierher und haben entsprechende Produktionsvorläufe..

Alex: Wie lange muss da warten?

Stefan: Wenn man Glück hat und nicht in ein Produktionshoch hineinbestellt: zweieinhalb Monate für die Herstellung und dann zwei bis drei Wochen auf See. Schlimmstenfalls dauert die Produktion aber dreieinhalb Monate. Da muss man also gut planen und das ist in einer Wachstumsphase nicht immer ganz leicht.

(Es geht zurück zum Vertrieb: Ein anderer Wiederkaufsfall, so Stefan, seien Geschwisterkinder. Daraufhin fragt Alex, welche Möglichkeiten sich in puncto Cross-Selling ergeben. Abgesehen vom derzeitigen Basiszubehör wie Helme und Beleuchtung, so Stefan, habe er nach vorne raus viele Ideen im Köcher, wie ein Kinderfahrradführerschein zum Beispiel.

Ein weiterer Vertriebseffekt sei Mundpropaganda. An einen Bekannten mit Kleinkind in Prenzlauer Berg habe Stefan anfangs einen Prototypen geschenkt. Am selben Kindergarten seien nun vier OlloBikes gezählt worden.)

33:20

Alex: Jetzt zum Thema Marge. Ich kann es schlecht einschätzen, aber 299 Euro für so ein Rad kommt mir wie ein fairer Preis vor, vorausgesetzt, dass ihr direkt verkauft. Aber wie viel bleibt nach Abzug der Produktion hängen? Oder ist das wegen der Qualität der Räder knapper?

Stefan: Wir unterscheiden zwischen drei Deckungsbeiträgen: Warenrohertrag, abzüglich Lager- und abzüglich Vertriebs- und Marketingkosten. In den Mengen, in denen wir gerade produzieren und bei der Lernkurve, die wir gerade im Sales-&-Marketing hinlegen, ist die Marge noch nicht so signifikant. Unser Ziel ist dabei, bei 35% bis 40% Mark-up rauszukommen. Das wäre in der heutigen Branche überdurchschnittlich, weil sich sehr viele den Kuchen teilen müssen.

Alex: Weil derjenige, der nicht im Direktvertrieb aktiv ist, Teile der Marge an Zwischenhandelsstufen abgibt?

Stefan: Genau: Importeure, Großhändler und der Einzelhändler nehmen alle ihren Anteil. Die Strukturen sind schon sehr mehrstufig – und unterschiedlich in verschiedenen Bereichen.

Alex: Dabei kann ich auch außerhalb der Saisonsschlussverkäufe zum Schrauber gehen und vermutlich schon für 199 Euro ein Erwachsenenfahrrad bekommen. Wie funktioniert das? Verdient der überhaupt Geld daran?

Stefan: Mit einem geschulten Auge sieht man, wo an Qualität gespart werden kann. Und so „Baumarktfahrräder“, wie ich die immer nenne, werden irgendwo unter fragwürdigen Umständen für einen Appel und ein Ei zusammengeschraubt. Nicht, dass alles, was mal beim Baumarkt oder Discounter landet schlechte Qualität sein muss. Aber bei einem UVP von 199 Euro wird es schwierig, das Rad irgendwo anständig zu produzieren.

Alex: Und in dem Segment verdient keiner so richtig Geld?

Stefan: Das geht ganz klassisch über Masse. Wenn ich 100.000 Räder importiere, braucht pro Stück nicht so viel hängen zu bleiben und ich mache trotzdem einen Schnitt.

(Auf Alex‘ Bemerkung, 100.000 Fahrräder würden vermutlich jährlich in Berlin geklaut, folgt ein kurzes Intermezzo zu Fahrraddiebstahl, bevor es wieder um Einzelheiten der Produktion geht. Stefan erklärt warum es gar nicht mal so viel weniger koste, ein kleines Fahrrad zu produzieren, als ein Erwachsenenrad bauen zu lassen.)

37:30

Alex: Letztens hatten wir einen Podcast mit Fond of. Bei den Kinderrucksäcken arbeiten sie mit mehreren Marken, um verschiedene Altersgruppen abzudecken. Müsstet ihr denn, um höhere Altersstufen zu gewinnen, mit einem anderen Design und einer anderen Marke arbeiten? Oder auch eine andere Marke für junge Mädchen?

Stefan: Ab einer gewissen Altersklasse wünschen sich Mädchen tatsächlich was anderes. Das werden wir noch stärker rausarbeiten müssen, wenn wir in die nächsten Altersgruppen kommen. Und generell gewinnt ab acht oder neun Jahren das Thema Coolness gegenüber Niedlichkeit und Verspieltheit an Bedeutung, weshalb da unser Markenansprache eine andere wird sein müssen. Da wird auch die Kaufentscheidung viel stärker vom Kind mitgetragen.

Alex: Und würde eurer USPs Sicherheit und Leichtbau auch bei 12-14-Jährigen zu einem überzeugenden Angebot führen?

Stefan: Wir haben schon unsere Lieferanten, von denen wir beste Qualität bekommen. Also glaube ich schon, dass wir mit unserem Designer was Tolles entwickeln könnten. Die Frage ist dann eher: Zu welchem Zeitpunkt machen wir das? Und: Müssen wir dann tatsächlich mit einer anderen Marke arbeiten? Letztlich kommt dann auch die Frage nach dem Vertriebsansatz: Bleibt der einheitlich?

Alex: Könnt ihr gut internationalisieren? Schweiz, Österreich…?

Stefan: Ja, wir haben schon viele Kunden EU-weit: Richtung Schweiz wird es schwieriger. Aber eine stärkere Internationalisierung haben wir uns für nächstes Jahr auf die Fahne geschrieben. Das heißt: ein englischsprachiger Shop. Zudem wollen wir in vielversprechende Länder wie Frankreich, die Niederlande, Skandinavien – eben auch mit Landessprachenshops.

(Alex fragt, wo mit einem hypothetischen Geschenk von einer Million Euro der größte Hebel wäre: Skalierung, Strukturierung und Automatisierung der Prozesse, antwortet Stefan. Er geht dann näher auf die Prozesse im Unternehmen ein, die teilweise sehr arbeitsintensiv sein: Retouren und Reparatur – auch vor Ort bei einem lokalen Händler auf Kosten von OlloBikes – verursachten beispielsweise viel Aufwand. Da brauchte er Entlastung. Zudem würde er in spielerischen aber pädagogischen Content investieren – Stichwort: Kinderfahrradführerschein. Darüber unterhält er sich noch einmal eingehend mit Alex. Ebenfalls wird noch einmal das Thema Marketing an Kinder aufgegriffen.)

44:45

Alex: Haben eigentlich auch andere Hersteller wie Canyon & Co. unterschiedliche Marken, um mehrere Altersklassen zu bedienen?

Stefan: Wenn man sich so die großen Konzerne wie Accell oder Pon anguckt, sie unterhalten eine breite Palette an Marken, die sie zusammengekauft haben, um verschiedenen Zielgruppen zu bedienen. Es gibt auch verschiedene Kindermarken, aber ab 20-Zoll kommen die größeren Marken wie Specialized und bieten dann Kinderfahrräder als Mitnahme auch noch an. Sie haben aber Schwierigkeiten, kindgerecht zu sein, weil ihre Räder für gewöhnlich sehr Performance-lastig sind. Das Thema Kinderfahrräder wird bei ihnen merkbar stiefmütterlich behandelt.

(Auf den Markennamen Specialized hin schwelgt Alex kurz in Erinnerungen an sein erstes Fahrrad, das er auf einem Rahmen vom Hersteller zusammengeschraubt hatte.)

46:35

Alex: Was ich mir für euch als sinnvolle Erweiterung vorstelle, ist Fahrradanhänger. Denn sie werden meistens noch vor dem ersten Kinderfahrrad gekauft, oder? Und wenn ich mir die Preise angucke, die momentan in diesem Segment durchgesetzt werden, gibt es – glaube ich – noch Möglichkeiten…

Stefan: Das ist wohl war, obwohl man fairerweise sagen muss, dass viele Hersteller da Topqualität anbieten und der Wiederverkaufswert sehr hoch ist.

Alex: Aber für so ein Doppelkinder-Fahrradanhänger muss man ja schon 600-700 Euro hinblättern. Geht das wirklich nicht ein bisschen günstiger?

Stefan: Als wir noch in München wohnten, habe ich mal für 1100 Euro einen Wagen mit einem bisschen Zubehör von Burleigh gekauft – und das war nicht das Teuerste, was man kaufen konnte. Aber ich bin den zwei Jahre später in Hamburg für 950 Euro wieder losgeworden. Vom Wertverlust fand ich das durchaus erträglich.

Alex: Aber ihr könntet bestimmt mit einem Einstiegsmodell mit dem gleichen Qualitäts- und Sicherheitsversprechen in diesen Markt reingehen. Zumal es da nicht – so mein Empfinden – sehr viele bekannte Marken gibt. Oder sagt ihr: „Nee, das ist ein komplett anderes Segment?“

Stefan: Nein, genau in dieser Richtung denken wir: Was kann man alles noch im Bereich Kindermobilität erlebbar machen? Beispiel: Kinderfahrradsitz zum Einbau an einem Erwachsenenfahrrad. Da gibt es auch nicht so viele Hersteller. Wir überlegen uns, was wir das alles besser machen könnten. Dann gibt es eben Kinderfahrradanhänger sowie das Thema „Anbauteile für Kinderfahrräder“. Da kann man viel Spaß haben: Warum kann so ein Kinderfahrrad kein Raketentriebwerk haben? Oder eine Wasserpistole vorne am Lenker?

Alex: Oder ein Song-Generator. Das wäre ganz geil!

Stefan: Ja, mit einem Düsentriebwerk wäre anständig Krach dabei! Oder Polizeisirene, um sich im Großstadtdschungel durchzusetzen. Ideen haben wir genug. Aber erst einmal konzentrieren wir uns darauf, das Fahrrad zu perfektionieren.

(Alex stellt zum Schluss die Frage nach eigene stationäre Fläche: Sei das perspektivisch angedacht oder gehe alles ohnehin nur in Richtung digital? Fahrradhändler vor Ort würden auch in Zukunft ihre Berechtigung haben, antwortet Stefan, auch wenn sich ihre Rolle eher in Richtung Showroom bewegen werde. Aber als profitablen Vertriebskanal hätten sich die Pop-up-Stores, die OlloBikes in Hamburg testweise eröffnet haben, nicht bewährt. Wenn stationär, dann fürs Marketing. Abschließend bittet Stefan um strategische Partnerschaft vor allem in den Bereichen Customer Service und Logistik, um OlloBikes weiter nach vorne zu bringen.)

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