So funktioniert Schüttflix – mit Christian Hülsewig (ohne Sophia Thomalla)

55:39

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Auf den ersten Blick ein super langweiliger Markt, aber auf den zweiten Blick offenbart sich, dass Christian Hülsewig mit Schüttflix durchaus das Potential hat einen xx Milliarden B2B Marktplatz aufzubauen. Er vernetzt Produzenten von Schüttgut mit Logistikern und Abnehmern in einer Nische die bisher von lokalen Kontakten und Telefonlisten gelebt hat. Wie das genau funktioniert und warum auch mein Nachbar Helge (Lohnunternehmer) dringend die App nutzen sollte, erfahrt ihr im Podcast. Passend zu Schüttflix lohnt es sich noch mal die B2B Folge zu Tyre24 anzuhören.

Alexander Graf

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Schüttgut mit Christian „Hülse“ Hülsewig, Gründer und CEO von Schüttflix

B2B-Marktplatzkonzepten steht Alex immer sehr offen gegenüber – umso mehr, wenn sie wie Schüttflix mit Gütern abseits der üblich-verdächtigen Kategorien Mode und Consumer-Electronics zu tun haben. Ja, Schüttflix digitalisiert den Umgang mit Schüttgut und will längerfristig nichts weniger als das „Amazon für Baustellen“ hochziehen, wie es letztens im OMR-Podcast hieß. Dort erschien Gründer Christian „Hülse“ Hülsewig mit seinem Testimonial Sophia Thomalla, die allerdings in diesem Podcast fehlt. Dafür geht es umso mehr um die Details des potenziell milliardenschweren Geschäftsmodells und was ein B2B-Unternehmen mit B2C-Marketing-Methoden alles erreichen kann.

Wer übrigens Lust auf spannende Aufgaben im Spryker Customer Success & Renewal Team hat, kann sich bei dessen Leiter Eric Schreiner melden. Von 1:30 bis 4:50 des Podcasts beschreibt er das Stellenprofil und erklärt, wen er dafür sucht. Neugierig? Hört rein!

„Wir haben noch keinen Schüttflix-Knopf im Bagger. Schön wär’s!“

5:25

Alex: Dann wollen wir mit der üblichen Kassenzone-Frage anfangen: Wer bist du und was machst du?

Christian: Ich habe vor drei Jahren Schüttflix gegründet, bin aber kein klassischer Gründer direkt von der Uni, sondern hatte vorher 10 Jahre lang im Konzern gearbeitet – zuletzt bei Microsoft. Ich bin Logistiker vom Beruf und war bei Microsoft dafür zuständig, dass Produkte wie die Xbox von den Fabriken im fernen Osten ihren Weg zum Kunden finden. „Kunden“ in dem Fall hieß sowohl Endkunden als auch Händler. Wenn ich übrigens erzähle, dass ich bei Microsoft im supply chain management war, gucken die Leute oft verdutzt: „Logistik? Ist doch ein Software-Unternehmen?“ Dabei vergisst man leicht, dass Microsoft auch 16 Milliarden Umsatz mit Hardware macht. In der Microsoft Lieferketten befinden sich 200 Millionen Artikel.

Alex: Aber mit lasterweise Schüttgut hatte das relativ wenig zu tun, oder?

Christian: Also mit so einer internationalen Lieferkette wie bei Microsoft hat man es mit allen Moden zu tun: Seefracht, Luftfracht und eben auch Lastwagentransport. Nachdem die Produkte aus China per Schiff oder per Flugzeug in den hiesigen Distributionszentren angekommen sind, geht es doch per LKW weiter. Da arbeitet man mit Spediteuren wie DHL, UPS und FedEx zusammen, damit die Sachen zum Bestimmungsort kommen. Und beim Launch von einer neuen Xbox müssen die Dinge weltweit zum selben Tag überall in den Regalen stehen.

(Die Fallhöhe: Weder ein Tag zu früh noch ein Tag zu spät durften die Xbox-Konsolen ausliegen. Dabei gab es zwischen Microsoft, Spediteuren und Händlern eine äußerst heterogehen Systemlandschaft. Christian hat die Aufgabe gern gemeistert, merkte aber, dass weltweite Logistik auf die Dauer eben auch weltweite und daher zeitzonenübergreifende Verfügbarkeit bedeute. „Immer ist einer irgendwo wach und hat irgendein Problem!“ Andere Schwierigkeit im Konzernumfeld: Abteilungen, die sich nicht absprechen. So konnte es mal vorkommen, dass etwa die Surface- und Xbox-Teams am selben Tag einen Verkaufsstart planten – oder gleichzeitig mit Apple. Da sage der Logistiker: „Schiebt doch einen Monat dazwischen!“ Denn weltweit gebe es eben immer nur eine Handvoll frei verfügbarer 747-Vollfrachtmaschinen. Seefracht wäre günstiger gewesen, aber dass die Hardware pünktlich dafür die Fabrik verlasse, komme so gut wie nie vor. „Als Supply-Chain-Manager hängst du immer dazwischen!“ erinnert sich Christian zurück. Damit wollte er – bei allem Spaß an der Freude – nicht den Rest seines Berufslebens verbringen.)

11:50

Alex: Wie kam denn der Sprung zu Schüttgut? Die Ähnlichkeit zu Microsoft ist Transport, aber die Ladung ist ja eine gänzlich andere…

Christian: Ich habe einen Bauernhof geerbt und mit meinem Bruder dort paar Projekte umgesetzt – die Einfahrt erneuert, einen Sandkasten für die Kinder gebaut usw. Wenn ich dafür Sand und Kies bestellt habe, lag es nie, wo es eigentlich hinsollte. Dazu waren die Preis intransparent. So habe ich angefangen, mich mit dieser Sparte des Logistikmarkts zu beschäftigen. Im Vergleich dazu, wie wir das bei Microsoft datengetrieben gemacht haben, war es rückständig: Datenpflege und -austausch? In der Baubranche tauscht keiner mit keinem Daten aus! Das ist ein totaler Papierkrieg!

Der Markt ist zudem vollkommen fragmentiert. Es gibt keinen, bei dem du deutschlandweit Sand oder Kies kaufen kannst – außer uns jetzt! Auf der anderen Seite hat man große Konzerne, die überall in der Bundesrepublik oder gar paneuropäisch arbeiten: Sie suchen Partner, mit denen sie einen deutschlandweiten Deal machen können. Diese Lücke schließen jetzt wir als digitaler, asset-light Player.

13:30

Alex: Wer sind denn die typischen Abnehmer? Autobahnbauer? Die Firmen hinter dem Flughafen Berlin-Brandenburg? Und wie haben sie bislang ohne Schüttflix gekauft?

Christian: Bei solchen großen Firmen gibt es meistens einen regionalen Einkäufer, dessen Job es ist, den Markt vor Ort zu kennen. Die örtliche Sandgrube findet man weder im Telefonbuch noch online! Die muss man kennen.

Alex: Also da ist ein Beschaffer im Konzern und weiß, dass Sandgrubeninhaber Schmidt in Neudorf wohl ungefähr 10.000 Tonnen in der gewünschten Qualität liefern kann und ruft dann bei ihm an?

Christian: Genauso. Allerdings muss man im Konzern immer drei Angebote einholen. Und da muss man den Markt wirklich in der Tiefe kennen! Sonst muss man zum nächsten Händler, den man zwar online findet, der aber natürlich auch nur bei der Sandgrube einkauft und seine Marge draufschlägt. Wir ersetzen diesen Händler, der eher klassisch analog unterwegs ist.

Alex: In Vorbereitung auf diesen Podcast habe ich mit dem Lohnunternehmer unseres Vertrauens Helge gesprochen. Der ist oft bei uns auf dem Bauernhof, wenn es was zu baggern oder wegzufahren gibt. Und Helge hat nicht verstanden, welches Problem du für ihn lösen würdest. Wenn er irgendwo anrufe, gehe es eigentlich nie um Preise sondern darum, wer einen LKW und einen Fahrer gerade habe. Rufe er bei Sandgrube Schmidt an, vertröste ihn Schmidt erst einmal auf in drei Wochen: Davor habe er keinen Fahrer, um den Sand zu liefern!

Christian: Helge können wir helfen! Erstens: Er ist regional tätig. Auf der Plattform haben wir 2.700 Spediteure. Das ermöglicht uns, die Themen Materialeinkauf und Transportkapazität voneinander zu entkoppeln. So können wir bereits heute in NRW eine Lieferung binnen vier Stunden garantieren.

Alex: Also kann Helge bei euch anrufen, wenn er schnell Sand braucht.

Christian: Ja. Du musst das so sehen: Wir haben drei verschiedene Gruppen, zu denen Helge gehören könnte. Kunde Helge sagt: „Ich brauche Sand!“ Dann tackert er das bei uns in die App rein und kriegt paar Stunden später seinen Sand. Sandgrubeninhaber Helge kann seinen Sand zum Verkauf bei uns reinstellen: „Ich habe hier Sand in der und der Qualität und verkaufe ihn zu soundso viel Euro die Tonne.“ Wir listen rund 60-80 Artikel – Sand, Schotter und Kies in verschiedenen Körnungen. Spediteur Helge listet seine Fahrdienstleistungen bei uns: „Ich kann den Sand von A nach B fahren.“ Helge kann bei uns auch verschiedene Rolle einnehmen. Eine Sandgrube, die eigene LKWs hat, kann bei uns sowohl den Sand als auch die Transportkapazitäten listen.

(Ob diese Doppelrolle Erzeuger und Spediteur der Normalfall sei, will Alex wissen. Christian schätzt, dass die meisten Gruben rund 20% der Erzeugnisse selber ausfahren und den Rest an Spediteure abgeben. Wie weit Schüttgut überhaupt gefahren werden muss, hänge von der Geologie ab. Sand gebe es viel in Norddeutschland, Schotter eher in Süddeutschland. Beim Straßenbau an der Nordseeküste, wo Schotter und Split benötigt wird, müsse man entweder vom am nördlichsten liegenden Erzeuger bei Osnabrück oder aus Skandinavien importieren. Das habe Auswirkungen auf das Preisgefüge sowie auf den Transport.)

19:50

Alex: Seid ihr mit Schüttlfix in Deutschland die einzigen, die so eine Plattform betreibt?

Christian: Mir ist – auch weltweit – noch kein weiterer bekannt. Dabei kann es andere irgendwo geben. Das ist doch ein Riesenmarkt! Ich vergleich das gern mit Uber. In Deutschland gibt es nämlich 94.000 Taxi- und Mietwagen. Es gibt aber 150.000 Schüttgut-LKWs auf deutschen Straßen. So ein Uber-Taxi macht 200-250 Euro Umsatz am Tag, der Schüttgutlaster aber gute 1.500 Euro. Das setzt sich aus der Dienstleistung Transport – 650 bis 700 Euro am Tag für Fahrzeugkosten, Fahrerlohn usw. – sowie rund 800 Euro Material, das bewegt wird.

Alex: 150.000 mal 1.500 mal 250 Werktage… Macht einen Markt von 50 bis 60 Milliarden Euro!

Christian: Ich komme da eher bei 30 Milliarden aus. Man hat nämlich keine 250 Tage, sondern eine gewisse Saisonalität, weil im Winter weniger gebaut wird.

Alex: 150.000 LKWs – aber wie viele Fahrer? Man liest ja derzeit viel vom Fahrermangel.

Christian: Im Bereich Fernverkehr ist das Problem noch größer als bei uns. Der LKW-Fahrer, der passionierte Fernfahrer ist, unterscheidet sich vom Fahrer, der eher im Nahverkehr unterwegs sein möchte. Letzterer fährt zwar morgens früh los, macht aber meistens um 16:00 Feierabend und kann jeden Abend zu Hause schlafen. Und muss sich nicht mit den ganzen fehlenden Parkplätzen und wegen Corona geschlossenen Toiletten an den Raststätten abgeben. So stoßen immer mehr Fernverkehrsfahrer in den Nahverkehr rein. Das heißt: Ja, es herrscht Fachkräftemangel. Aber du findest eher einen Fahrer für Schüttgut als für die langen Speditionsstrecken.

23:35

Alex: Wie viel Umsatz geht bei euch über die Plattform?

Christian: Wir machen derzeit zwischen 5 und 6 Millionen Euro Umsatz im Monat. Anfang des Jahres waren es nur 1,5 Millionen. Insgesamt wollen wir in diesem Jahr 2021 50 Millionen umsetzen.

Alex: Hier in der Nähe wird die A21 ausgebaut: Wie überzeugt ihr den Einkäufer für das Projekt, nicht mehr bei seinen Kontakte anzurufen, sondern eure Plattform zu benutzen?

Christian: Also: Alles bis zu 200 Tonnen – bis acht LKW-Ladungen voll – ist bei uns Kleingeschäft. Das gibst du einfach in die App ein und fertig. Dabei gibt es verschiedene Features, die dir das Leben einfacher machen. Man kann uns als Preisvergleichsportal mit angeschlossenem Transportmanagementsystem verstehen. Und so reduziert sich der Arbeitseinsatz vom Einkäufer von drei Tagen – alle abtelefonieren, Angebote einholen, Preisspiegel erstellen usw. –  auf drei Sekunden: Denn diese Schritte übernimmt ja die App. Er kriegt sofort einen händler- und lieferantenübergreifenden Preisspiegel. Wenn er sich dann im zweiten Schritt für eins der Angebote entscheidet, hat er paar coole Möglichkeiten. Er kann zum Beispiel bei Google Maps einfach mal eine Nadel setzen, um genau anzugeben, wohin mit der Ladung. Mein Bauernhof hat zum Beispiel drei Einfahrten. Und wenn auf einer Autobahnbaustelle 50 Tonnen Sand falsch abgeladen werden, dauert das auch mit schwerem Gerät mehrere Stunden, ihn umzusetzen. Das kommt übrigens oft auf Baustellen vor, weil man die Ladung für übers Wochenende bestellt, um die nächste Woche weiterarbeiten zu können, samstags und sonntags aber keiner da ist.

(Weitere Features für Baustellen, die auf Google Maps noch nicht genau gut dargestellt werden: Man kann ein Bild hochladen und virtuell schonmal den Haufen drauf platzieren. Da könne dann nichts mehr schiefgehen. Zumal der Kunde Bescheid bekomme, welche Spedition den Auftrag angenommen habe und – ganz wie bei Uber – Details zum Fahrer samt Live-Tracking-Möglichkeit bekomme. Nach Abladung mache der Fahrer auch ein Foto für den Lieferschein. Und am Ende kriege der Kunde alle Dokumente digital. Das alles sei ein wahnsinniger Mehrwert. Da muss man dem Kunden nur einmal das System mit Preisvergleich und Prozesssicherheit zeigen und sie seien sofort begeistert.)

31:00

Alex: Das war Kleingeschäft. Großgeschäft?

Christian: Die großen Konzerne sind auf uns aufmerksam geworden und haben so sinngemäß gesagt: „Das ist ein richtig geiles supply-chain-management tool, was ihr da gebaut habt!“ Die haben ja die Herausforderung, dass sie beispielsweise mal 1.000 Tonnen Sand bestellen – 40 LKWs also, die morgen kommen sollen. Jetzt haben sie es mit einem lokalen Kleinunternehmer zu tun, der nur 35 LKW-Ladungen auf der Baustelle abkippt und 40 – handgeschriebene! – Lieferscheine hinlegt (ist ja keiner da übers Wochenende). Und jetzt muss der Bauunternehmer montagmorgens dahinterkommen, ob da 35 oder 40 LKW-Ladungen auf dem großen Haufen liegen.

Daher wollen die Konzerne mit einer Plattform wie uns zusammenarbeiten, bei der sie alle Daten digital austauschen können und die richtige Dokumentation bekommen. Das ist tausendmal besser, als der heutige Ablauf: Da werden die handgeschriebenen Lieferscheine in die Konzernzentrale geschickt, wo sie dann abgetippt werden…

Alex: Wie viel bleibt bei euch dafür denn hängen? 10%, 15%?

Christian: Je nach dem. Wenn nur die Lieferung über die Plattform bestellt wird, weniger. Und wenn das Produkt sehr niedrigmargig ist, ebenfalls. In der Entsorgung aber sind die Preise höher – und der Markt sowieso intransparenter. Das ist ein margenträchtiges Geschäft. Dem Unternehmer stört es nicht so sehr, weil es Prozesskosten spart. Auch dem Erzeuger: Dem Sandgrubeninhaber erstellen wir ja für seine vier oder acht LKW-Ladungen abends eine PDF-Gutschrift und schicken am selben Tag das Geld raus. Da muss er überhaupt nichts machen: keine Rechnung schreiben, kein Lieferschein zusammenheften, nichts. Und in der Spedition hat man meistens für fünf Fahrer eine Bürokraft. Wenn du aber nur für uns fahren würdest, brauchtest du keinen mehr im Büro!

(Bald vorbei also die Zeiten, in denen der Kleinspediteur am Wochenende dann die drei Ls – „Lesen, lachen, lochen!“ – machen muss. Der kriege die PDFs und fertig. Mit der STRABAG tausche man die Daten per API aus.)

34:25

Alex: Ihr habt ja die STRABAG als Gesellschafter im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Wie seid ihr sonst finanziert? Ich schätze mal: Der Markt ist extrem unsexy und es gibt keine Vorbilder, also gestaltet sich die Suche nach Wagniskapitalgeber wohl etwas schwerer…

Christian: Zunächst gegründet habe ich die Plattform mit einem Bauunternehmer aus Gütersloh. Das war gut, weil wir schonmal mit seiner Einkaufsmacht in den Markt kommen und das Ding zum Laufen bringen konnten. Die ersten rund vier Millionen haben wir selber investiert. Dann haben wir vor bald zwei Jahren den ersten Wagniskapitalgeber mit reingenommen: Speedinvest aus Österreich. Sie haben einen Industrie- und einen Marktplatzfonds – und beide sind zusammen bei uns rein. Drei oder vier Monate später kam Holtzbrinck Ventures HV Capital dazu, bevor letztens Draper Esprit aus London eingestiegen ist. Das war eine größere Runde, die sie angeführt hat.

Alex: Drei Runden? Da habt ihr insgesamt wohl mehr als 100 Millionen Euro eingesammelt.

Christian: Bisher rund 70-80 Millionen.

Alex: Also werdet ihr deutlich im neunstelligen Bereich bewertet?

Christian: Ja.

36:50

Alex: Alle Achtung! Bekannt geworden seid ihr in der deutschen Start-up-Szene vor allem deswegen, weil ihr Sophia Thomalla als Testimonial und als Anteilseignerin gewonnen habt! Sophia Thomalla in einem Kalender auf die Baustellen des Landes… Mega-Move! Aber eigentlich ein Kniff aus dem B2C-Marketing-Repertoire: Verändert das was in B2B? Ihr werdet dadurch doch zu einer richtigen Marke, die auch im Mainstream wahrgenommen wird.

Christian: Als wir die Plattform fertig hatten, war Thomas Hagedorn – der Bauunternehmer, mit dem ich gegründet habe – so begeistert: „Das kann man ja nur gut finden! Das muss jeder sofort nutzen!“ Klar, nur mussten wir der Welt erklären, dass es uns gibt! Darauf er: „Wie kommen wir denn da los?“ Sage ich: „Wir brauchen eine Marketing-Agentur.“ Und da Thomas Perfektionist ist, will immer die Besten – weshalb es so kam, dass wir als Start-up aus der Baubranche Jung von Matt angeschrieben haben.

Die kamen dann vorbei und präsentierten die ersten Kampagnenthemen. Und dann brauchten wir ja ein Testimonial. Und da kann man völlig daneben greifen – vor allem bei den Damen. Wer kommt denn da authentisch rüber?

Alex: Warum unbedingt eine Frau? Ist doch eigentlich ein klassisches Thema für Ralph Richter: Auf Wewave kann man von ihm für 900 Euro ein Business-Video kaufen! Oder Lothar Matthäus – der wäre geil!

Christian: Die Herausforderung im B2B-Bereich ist immer technology adoption. Wir müssen bei den Leuten auf der Baustelle in die Köpfe. Und selbst, wenn wir dem Bauunternehmer einmal das Tool gezeigt haben und er war begeistert: Wie kriegen wir es hin, dass er – in dem Moment, in dem er Schotter braucht – wieder an uns denkt – und nicht an den Horst, bei dem er seit 25 Jahren bestellt.

Das ist wie bei Netflix: Das ist das geilere Fernsehen, aber viele machen es erst dann an, wenn sie sich durch die fünf Kanäle gezappt haben, die sie schon immer hatten. Da war es ein monster move von Netflix, diesen roten Knopf auf die Fernbedienungen drucken zu lassen. Wir haben aber noch keinen Schüttflix-Knopf im Bagger. Schön wär’s!

Wir mussten also anders dafür sorgen, dass wir präsent sind. So haben wir uns für eine Marketing-Kampagne entschieden, die ein bisschen provoziert und vielleicht mal einen drüber ist – die aber auf der Baustelle gut funktioniert.

(Alex buchstabiert es so aus: Weil auf der Baustelle BILD-Zeitung gelesen wird und Sophia Thomalla dort stattfinde, sei sie für die Markenbewusstsein dort ideal. Ob die Investoren einverstanden waren, will Alex wissen. Das Ganze sei vor den Investitionen passiert, so Christian. Sophia wurde also noch vor Speedinvest Anteilseignerin!)

43:00

Alex: Der Markt klingt sehr regional: Eine Sandgrube hier in Schleswig-Holstein wird wohl nicht so viel nach Polen verkaufen. Wenn ihr also international expandieren wollt, wie macht ihr das?

Christian: Wie gesagt ist der Markt auf Lieferantenseite fragmentiert, nicht aber auf Kundenseite. So eine STRABAG ist paneuropäisch tätig – und zieht uns derzeit ganz dringend nach Polen, Tschechien und Österreich!

Alex: Also versucht ihr dort möglichst viele Sandgruben und Kieserzeuger anzubinden?

Christian: Wir müssen erstmal das System europaweit einsetzbar machen – etwa: verschiedene Mehrwertsteuersätze abbilden. Da sind wir gerade dran. Gleichzeitig bauen wir in den Zielländern unsere Organisation auf, um dann in die lokale Märkte zu gehen. Wir brauchen beides: Das starke IT-Rückgrat, um die Transporte abbilden zu können, aber eben auch Leute in der Fläche. Denn die örtliche Sandgrube kriegst du nicht über eine Online-Kampagne angebunden: Da musst du hinfahren! Deswegen haben wir 50 Leute im Außendienst.

Alex: Wie viele Leute habt ihr insgesamt?

Christian: 150 Mitarbeiter.

(Der Außendienst sei auch für Großaufträge wichtig. Das Kleingeschäft laufe ja so über die Plattform, aber größere Projekte mit entsprechenden Abnahmemengen brauchten schon Betreuung. Da könne die Abwicklung zwar automatisch erfolgen, aber in der Anbahnung gebe es meistens Gesprächsbedarf.

Alex erfragt Details zum Onboarding, nachdem die örtliche Sandgrube zugesagt hat, sich zu listen. Das gehe schnell: Unternehmensangaben einpflegen, die vier-fünf Produkte anklicken, die er anbietet, und die Preise eintragen. Bei Spediteuren sei es ein klein wenig aufwendiger, weil die LKWs der Flotte einzeln einzutragen seien – mit Gewichtszulassung, Kennzeichen, Fahrer und am besten mit Foto.)

46:25

Alex: Du hast schon Uber erwähnt. Kann man auch wie bei Uber sein Fahrer bewerten, nachdem er das Schüttgut abgeladen hat?

Christian: Wir fragen den Kunden immer zwei Sachen ab: Stimmt die Materialqualität? (Ein bis drei Sternen) Und war der Abladeort richtig? (Ja/nein) Alle paar Monate können wir uns mit den Lieferanten hinsetzen und die Fotos (die wir auch abfragen) von Lieferungen, die nicht so gut waren, gemeinsam durchgehen. Dank der Bilder ist die Gesprächsgrundlage dann eine ganz sachliche.

Alex: Was sind denn die wildesten Dinge, die passieren?

Christian: Manchmal sitzt du mit drei Generationen am Tisch: Der Senior – und Noch-Eigentümer; der Sohnemann, der jetzt das Geschäft betreibt; und der Junior, der mit 12 Jahren die App installieren muss! Aber wilde Dinge? Eher nicht.

Alex: Und sträuben sich manche gegen euch? So aus Ressentiments, dass ihr in deren Markt das große Geld machen wollt?

Christian: Klar, manche sind verunsichert. Aber wir nehmen ja keinem was weg. Der Erzeuger hat noch die Preishoheit und kriegt sein Geld von uns schnell bezahlt.

Alex: Aber für den Händler ist es doof. Wobei: Das ist eben Digitalisierung. Und der hätte ja selber Schüttflix gründen können.

Christian: Richtig. Aber er hat eben versucht, mit seinen zwei Telefonen das ganze Geschäft zu machen.

(Alex vergleicht es mit dem ihm wohlbekannten Markt für Rinder, der äußerst intransparent sei und auf persönlichen Kontakten beruhe. Demnächst „Kuhflix“ also… Zum Ende des Podcasts hin lässt sich Alex von Christian etwas zur Verfügbarkeit der Rohstoffe Sand & Co. erzählen. Kurzfassung: Ressourcen seien knapp, aber vorhanden. Wie beim Klopapier in der frühen Corona-Krise lösten einzelne Nachrichte aber hin und wieder Engpässe aus. Bei der Entsorgung seien die Probleme eher zu finden – sprich: zu wenig genehmigte Deponien.)

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