Marc erklärt im Podcast, wie die Plattform freenow Geld verdient, warum sie nicht mehr mytaxi heißt, was ein Neukunde kostet, wie hoch der Umsatz ist und warum er hoft, das wieder bald mehr Menschen fliegen und auf Mesen gehen. 70% der Märkte von freenow sind übrigens schon profitabel.
Beitrag vom Februar 2022 – wurde beim Relaunch vergessen neu eingeplant.
Digitale Mobilität mit Marc Berg, CEO von Free Now
Früher hieß es myTaxi. Aber die Hamburger Firma Free Now hegt Ambitionen, die über den bloßen Taxi-Markt – und weit über die Stadtgrenzen – hinausgehen. Nichts geringeres als die Lösung der Probleme in der urbanen Mobilität strebt das Unternehmen nun unter dem weiter gefassten Markennamen an. CEO Mark ist seit vier Jahren am Steuer und kennt Alex aus der gemeinsamen Zeit bei Otto, wo sie das eine oder andere gemeinsame Projekt angestoßen haben (unter anderem dasjenige, aus dem später einmal AboutYou entstehen sollte…). In diesem Podcast geht es darum, wie Free Now seine Kunden vom privaten Autobesitz sowie Firmenwagen wegbringen will – und dabei trotz der anhaltenden Pandemie Geld verdient.
„Das Problem, das wir lösen wollen: Die Mobilität in den Metropolen ist kaputt.“
1:55
Alex: Lass mich mal zu Beginn etwas dazu vorlesen, wie das Thema „urbane Mobilität“ von den alteingesessenen Anbietern wahrgenommen wird. Den Artikel mit dem Titel „Kampf um Marktanteile: myTaxi will jetzt Kiel erobern“ habe ich aus den Kieler Nachrichten. Der Einstieg geht so: „Der Wettbewerb in der Taxibranche um Marktanteile und Fahrgäste könnte sich in Kiel verschärfen: Seit einigen Wochen ist mit dem Hamburger Unternehmen Mytaxi, seit 2014 eine Tochter der Daimler AG, einer neuer Marktteilnehmer in der Landeshauptstadt aktiv.“
Hier wird es interessant: „Für Thomas Krotz vom Landesverband für das Taxi- und Mietwagengewerbe Schleswig-Holstein ist die App-Lösung ‚grundsätzlich ein alter Hut, aber eine nette Ergänzung für Kunden, die besonders technikaffin sind‘. Einen verschärften Wettbewerb sieht er durch die neuen Mobilitätsanbieter wie Mytaxi nicht: ‚Bestellungen spielen sich im unteren Prozentbereich ab.‘ Dennoch würde sich die Branche insgesamt ‚auf keinen Fall‘ einer Entwicklung verschließen, die womöglich ein neues Publikum anspricht: ‚Wir beobachten genau, was der Kunde will, und Bedürfnisse können sich ändern.‘
Rate mal, von wann der Text ist!
Marc: Kiel? Keine Ahnung… Könnte alles von 2018 bis 2021 sein!
Alex: 2018 gingt ihr nach Kiel, aber offenkundig sah zumindest zu dem Zeitpunkt der schleswig-holsteinische Landesverband für das Taxi- und Mietwagengewerbe darin noch keine Bedrohung. Schlägt euch ein solches Verhalten öfter entgegen, wenn ihr in eine neue Stadt geht?
Marc: Jein. Kieler, jetzt müsst ihr tapfer sein: Kiel war für uns keine Prio-Stadt! Denn man muss sich die Frage stellen, welches Problem wir zu lösen versuchen. Und das Problem ist, dass die Mobilität in den Metropolen und Großstädten kaputt ist. Wenn man sich nur anguckt, wie viel Zeit man dort im Stau steckt, wie verstopft die Straßen sind, wie viele Autos überall herumstehen und nicht bewegt werden… Das ist da, wo wir ansetzen. Und da ist Kiel nicht ganz so repräsentativ.
Grundsätzlich ist es in anderen Städten, in die wir reingehen, typischerweise so, dass unser Produkt am Anfang als Ergänzung angesehen wird – sowohl von Kunden- als auch von Fahrerseite. Zur Erinnerung: Was war unser Produkt bei myTaxi? Wir haben keine eigenen Autos, keine Fahrer und keine Taxizentrale. Wir sind ein Marktplatz, eine Plattform, die in Echtzeit versucht, Nachfrage und Angebot bestmöglich zusammenzubringen. Das heißt: Es sucht jemand ein Taxi und wir haben Taxifahrer und -unternehmen, die an unserer Plattform angeschlossen sind; über zeit- und kostenoptimierte Algorithmen helfen wir ihnen zueinander. In dem Zusammenhang geht es also nicht darum, dass wir den Taxiunternehmen Konkurrenz machen wollen – ganz im Gegenteil! Den Taxiunternehmen wollen wir ja mehr Touren zu besseren Konditionen vermitteln.
Die Leidtragenden sind dann eher die Taxizentralen. Das sind die Vermittler, die viel über Telefon und Taxifunk arbeiten: „Hier hat gerade Frau Schmidt angerufen. Fahr doch mal bitte da vorbei und hole sie ab.“ Dieses Verfahren ist meines Erachtens weder besonders kunden- noch taxifreundlich. Der Taxifahrer muss sich die Adresse merken; der Kunde weiß nicht, wo genau der Fahrer steckt; Bezahlen ist ständig ein Thema (Bar, Karte). Mit unserer App und den dort eingebundenen Dienstleistungen haben wir ein end-to-end-Prozess geschaffen, das unvergleichbar glatter läuft. Somit fanden das sowohl Taxiunternehmen und -fahrer als auch Kunden auf Anhieb gut. Die Taxizentralen (und folglich auch die -verbände) waren allerdings weniger begeistert.
Alex: Kann man denn auch andere Verkehrsmittel auf der Plattform – etwa auch E-Roller – finden? Schließlich besteht „urbane Mobilität“ doch aus mehr als nur Taxifahren.
Marc: Ja, kann man. Wobei es sehr davon abhängt, wo Tier, Voi & Co. ihre Angebote für Buchungen über unsere Plattform öffnen. Unsere Kernhypothese ist dabei: Wir brauchen nicht noch mehr Autos, mehr Fahrräder, mehr Scooter in unseren Städten; sondern was wir brauchen, ist, dass statt „zehn Menschen besitzen 10 Autos“ wir ein Auto haben, das von zehn Menschen benutzt wird. Ein klassisches sharing-Konzept also, das mit den vorhandenen assets durchaus machbar wäre – rein rechnerisch sogar mit einem Drittel oder einem Viertel der Fahrzeuge, die in den Städten vorhanden sind. Das würde viel Platz für Fuß- und Radwege, Parks und eben für einen flüssigeren Verkehr bieten.
In dem Zusammenhang haben wir uns damals als myTaxi überlegt, wie wir unser Angebotsspektrum ausbauen könnten. Ursprünglich haben wir ja nur Taxivermittlung gemacht, weil der use case klasse war und es außer dem öffentlichen Nahverkehr wenig andere Angebote gab. Das hat sich aber in den letzten drei-vier Jahren wirklich geändert: Scooter, Bike-Sharing, Car-Sharing… Das ist toll. Nur: Dann hantiert man bald mit sechs Apps rum. Zu einem Zeitpunkt hatte ich auf meinem Handy die Car2Go-App, die DriveNow-App, die von Tier, von Bird, von Voi…
Die Grundüberlegung ist daher: Der Kunde will von A nach B. Es geht nicht darum, die Strecke zu genießen, sondern zur Arbeit, zum Friseur, zum Flughafen zu kommen. Die Modalität ist eigentlich nur ein Hindernis auf dem Weg dahin – genau wie die Zahlung im E-Commerce. Sie stellt eine Hürde dar und soll ja am besten gar nicht spürbar sein. Du willst die Ware haben, nicht für die Ware bezahlen! Das heißt für uns umgemünzt: Der Kunde will nicht in einem Taxi sitzen; der Kunde will am Flughafen sein. Es geht also nicht darum, ob der Taxi mehr Spaß macht oder der E-Roller. Es geht darum, kontextbezogen den besten Vorschlag zu machen. Ist der Kunde alleine? Was ist es sein Budget? Wie ist die Verkehrssituation? Scheint gerade die Sonne oder regnet es in Strömen…? Da wollen wir aus einem möglichst breitem Portfolio ein maßgeschneidertes Angebot unterbreiten können, wie der Kunde von seinem Stand- zu seinem Zielort kommt.
Deswegen haben wir unsere Strategie so radikal geändert. Dieses Problem löst man nämlich nur in einem Netzwerk. Man kann nicht alles dafür notwendige besitzen oder selbst betreiben. So mussten wir uns überlegen: Was müssen wir tun, um für Netzwerkpartner attraktiv zu sein? Das Ergebnis ist: Du kannst als Kunde heute in ganz Europa mit deinem Konto und mit deinem Zahlungsmittel im Prinzip alles überall nutzen – Miles, bei ShareNow, bei Voi, Tier usw.
(Alex hätte es gern konkret: Angenommen, er steht gerade an der Elbphilharmonie und will in ein bestimmtes Restaurant… Marc erklärt, wie verschiedene Modalitäten ihm dann in der App angezeigt werden.)
11:40
Alex: Wie blicken denn die E-Roller-Anbieter auf die Kooperation mit euch? Ihr nehmt ja bestimmt eine Provision und eigentlich wollen sie die Leute lieber in der Tier- oder Voi-App haben. Rechnen sie es sich so aus, dass sie die Fahrt sonst erst gar nicht bekommen würden?
Marc: Unsere Wette ist wie folgt – und so besprechen wir das mit unseren Partnern auch. Die Hardware ist nur geringfügig differenziert. Ein Tier-Roller ist beinahe baugleich mit dem von Voi. Auch die Preise unterscheiden sich wenig. Für den Kunden ist das entscheidende Kriterium eher: Wie weit ist der nächste Scooter von mir entfernt? Und für ihn gibt es nichts Frustrierenderes, als die App von einem Anbieter aufzumachen und dann an fünf Scooter von Konkurrenzunternehmen vorbeizulaufen. Es geht bei uns also um die Aggregation des maximal verfügbaren Angebots, um das Kundenerlebnis spürbar zu verbessern. Unser Ziel: Egal von wem, du kannst die nächste verfügbare Option buchen. Das ist convenience.
Alex: Und wie sieht denn das Geschäftsmodell für euch dabei aus? Im OMR-Podcast war die Rede von zwei Milliarden Euro Umsatz im Jahr vor der Pandemie… Und was muss denn der Taxi-Fahrer oder der E-Roller-Anbieter an euch abdrücken?
Marc: Erste Frage: Vor Corona – und als Mobilitätsanbieter hat uns Corona sehr hart getroffen: 80% Umsatz innerhalb von einer Woche weg! – hatten wir einen Plattform-Umsatz fürs Jahr 2019 von zwei Milliarden und eine run rate in dem Dezember von knapp drei Milliarden. Im Jahr 2019 vermittelten wir dabei rund 300 Millionen Touren und hatten da einen run rate im Dezember von 450 Millionen. Jetzt haben wir uns in Europa fast auf das Vor-Krisen-Niveau zurückgearbeitet.
Zur Wahrheit gehört dabei, dass sich paar Segmente einfach noch nicht erholen. Messen und Flughafentouren, zum Beispiel: Beides waren für uns große Geschäfte. Das, was hierdurch fehlt, können wir nur zum Teil durch andere Segmente kompensieren. Aber in Europa sind wir immerhin auf 85% bis 90% der Vor-Corona-Zeit. Lateinamerika dahingegen, woher fast 40% unserer Umsätze kommen, ist noch viel härter betroffen. Dort ist nämlich ride-hailing mehr oder minder Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes und es gibt nach wie vor wenig Alternativen wie Carsharing. Dadurch war vor der Krise die Nutzung durch die arbeitende Bevölkerung viel höher – und dadurch, dass auch in Lateinamerika die Leute möglichst von zu Hause arbeiten sollen, erholen wir uns schlechter. Wir sind dort erst bei 50% oder 60%.
Das ist alles als Plattformgeschäft besser zu verkraften übrigens, als wenn man seine Fahrer und seine Autos bezahlen muss! So konnten wir die Plattform relativ gut durch die Zeit bringen.
15:45
Alex: Ziehen wir mal die Umsatzeinbußen durch Corona ab: Ist das Geschäft an sich profitabel?
Marc: Ja! In rund 70% unserer Märkte schreiben wir schwarze Zahlen – inklusive Vollkosten. Interessant dabei ist, dass es sich zwar um keinen winner-takes-all market handelt, dass aber in der Regel zwei oder maximal drei große Akteure den Markt unter sich aufteilen. Das hat relativ simple Gründe aufseiten der Fahrer und der Kunden. Es bedeutet, dass man sehr viel Geld in einem sehr kurzen Zeitraum investieren muss, um sich diesen Marktanteil zu sichern. Du musst das nämlich schaffen, bevor sich so eine Art Gewohnheitseffekt eingestellt hat. Danach ist es nämlich deutlich schwerer, die Leute von einer App zu einer anderen zu bringen. Das Produkt an sich – Fahrer, Taxi – ist ja gar nicht so einfach zu differenzieren.
So hatten wir 2018 und 2019 hohe Investitionen – gerade in großen Märkten – um die Position zu sichern. Wenn man sie aber innehat, ist man rentabel: etwa in Peru oder Kolumbien, wo wie die Nummer Eins oder Zwei sind; auch in Deutschland und Spanien, oder Griechenland… Alles mit marktplatztypischen Renditen unterwegs. Leider kann ich schlecht ins Detail gehen, weil unsere beiden Anteileigner BMW und Mercedes börsennotierte Unternehmen sind und wir harte Auflagen haben, welche Zahlen wir kommunizieren dürfen.
20:00
Alex: Ich habe das Gefühl, dass das Konzept „sharing“ um 2015-2017 eine Hochphase hatte: „Kommt, wir stellen alle alles in einem Pool. Das ist eine Win-Win-Win-Win-Situation…!“ Die Idee war, dass alles viel effizienter wird. Allerdings ist die Automobilbesitzquote in den letzten Jahren sogar noch gestiegen! So richtig ist die Rechnung also nicht aufgegangen, oder? Jedenfalls nicht in dem Maße, wie wir es damals in irgendwelchen Vorträgen von Scott Galloway angepriesen bekamen…
Marc: Das ist definitiv so, wie du es schilderst. In Metropolen erhöht sich die Zahl der zugelassenen Autos zwar nicht, im ländlichen Bereich oder an den Stadträndern aber schon. Das Schwierige ist einfach, dass das eigene Auto unglaublich viel Freiheit und Flexibilität mit sich bringt. Es ist immer verfügbar, weil du der einzige bist, der es nutzt; es ist immer da, wo du es zuletzt abgestellt hast; es ist immer sauber. Es hat also einen hohen Nutzwert – und einen hohen emotionalen Wert dazu. Die Umstellung, darauf zu verzichten, funktioniert also erst dann, wenn du merkst: „Ich fahre nur noch mit der App durch die Gegend und habe mein Auto seit einem Monat nicht bewegt! Dabei zahle ich doch noch meine Leasing-Raten…“ Deswegen rufen wir nicht dazu auf, dass alle ihre Autos sofort verkaufen. Ich persönlich besitze auch noch ein Auto, weil es für mich noch genug Nutzungsfälle gibt, um das zu rechtfertigen. Und ich habe einen Hund, was viele Carsharing-Firmen und Taxi-Fahrer nicht gut finden.
So muss die Überlegung sein: „Wie kriegen wir für einen Großteil der städtischen Bevölkerung ein Angebot hin, dass 90% der use cases abdeckt.“ Erst dann werden auch Leute, die ein Auto haben, das Angebot mehr und mehr nutzen – bis sie zu dem Punkt kommen, an dem sie sagen: „Ich brauche mein Auto nicht mehr!“ Aber „Morgen verkaufe ich mein Auto und probiere dann Free Now aus“? Nein, so wird es nicht laufen. Und meiner Meinung nach wird kein Carsharing-Anbieter jemals so groß sein, immer ein Auto in der Nähe anbieten zu können. Deswegen glaube ich so sehr an die Netzwerk-Ökonomie.
Alex: Aber ihr müsstet doch auf politische Ebene euch zumindest für die autofreie Innenstadt starkmachen, oder?
Marc: Privatautofrei, ja! Es sollte so sein, dass man mit einem Carsharing-Wagen in die Innenstadt darf, den man dann auf Carsharing-Parkplätze abstellt. Auch der Ausbau von Fahrrad- und Scooterwegen ist für unser Modell gut. Gerade für die Kurzstrecke, auf der das Auto immer noch viel genutzt wird, gibt es viele gute Alternativen – solange es nicht in Strömen regnet. Und zum Glück haben wir keine 80% Regentage in Deutschland, sondern eher 25%. Insofern plädieren wir für die Alternativen und arbeiten daran mit Städten zusammen.
26:05
Alex: Das, was du vorhin beschrieben hast, sind stabile Oligopole: zwei, drei große Anbieter, die 80%-90% des Marktes ausmachen. Ihr wollt die Nummer Eins sein. Wer wird denn die Nummern Zwei und Drei sein? Uber? Deutsche Bahn mit einem neuen Mobilitätsangebot…?
Marc: Hier muss man zwischen uns und den mobility service provider differenzieren. Letztere sind Unternehmen, die Carsharing oder Scooter anbieten, aber eben auch Vermittler, die ride hailing selbst betreiben. Mobility service provider funktionieren über Skaleneffekte. Denn typischerweise hat man da hohe Infrastruktur- und Beschaffungskosten: Man braucht eine Fahrzeugflotte und Leute die Autos reinigen, oder Scooter und Leute, die sie disponieren. Der Markteintritt ist kapitalintensiv. Da wird es also keine große Zersplitterung des Marktes. Das gibt es also natürlicherweise ein Oligopol.
Wir sind aber als Aggregator eine Ebene darüber angesiedelt. Und bei den Aggregatoren ist es nicht klar, ob es dieses Oligopol geben wird – oder ob die App eher eine commodity ist, die beliebig in einer Super-App aufgehen kann. Da könnte theoretisch jeder Mobility-Player, der auch eine API-Schnittstelle hat, alles anbieten. Die müssen sich ja eh in alles integrieren. So hat es Tier übrigens schon gemacht: Sie sind ja nicht nur bei uns, sondern auch bei den öffentlichen Nahverkehren (z. B. HVV) und den Autovermietungen (etwa Sixt) integriert.
Wie es also mit der Aggregation in den Städten aussieht, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Das kann ein Monopol werden mit nur einem Aggregator – Da müsste man sich überlegen, welche Rolle Google perspektivisch spielt. Es kann aber auch sein, dass es zu diversen Spezialanbietern kommt: Der eine will den Firmenwagen abschaffen, der andere hat es nur auf den Endkunden abgesehen… Das wird sich alles zeigen.
„Ist Freenow the most sexy brand alive heute? Nein!“ fasst Marc die schwierige Umbenennung zusammen – und lässt gemischte Gefühl bezüglich der verpflichtenden Anwendung der Endung durchblicken. Und zum Zeitpunkt des Rebrandings hatte Free Now zu allem Übel noch sehr wenige andere Transportmittel im Angebot, so dass viele Kunden den Hintergrund schlicht nicht verstanden. Mittlerweile habe aber Free Now die passende Angebotsdichte, um mit einer Medienkampagne in diesem Jahr offensiv mit dem neuen Namen zu kommunizieren.)
34:15
Alex: Wie funktioniert eigentlich die Kundenakquise bei euch? Anfangs hattet ihr bei myTaxi oder die bei Uber als Pioniere leichtes Spiel. Jetzt gibt es ein Überangebot an Transportdienstleistern…
Marc: Da unterscheiden wir uns fast gar nicht von anderen Bereichen des E-Commerce: Wir machen performance marketing und schalten out-of-home Werbung. Dabei wenden wir eine klassische CLV-Betrachtung und gucken, wie viel Geld geben wir aus, welche Kanäle sich rechnen usw. Was wir auch ausprobiert haben: Influencer-Marketing. Das funktioniert in einigen Städten gar nicht mal so schlecht. Es ist aber gar nicht so gut skalierbar. Auch Plattformen wie TikTok haben wir ausprobiert, haben aber keine so richtig gute Erfahrungen gemacht.
Alex: Und out-of-home kleistert ihr alle Wände bei der Bahn voll: „10% sparen, wenn du das Taxi vom Bahnhof mit Free Now buchst!
Marc: So in etwa! Wir machen viel point-of-interest-Werbung: Plakate an Bushaltestellen, Taxiständen usw. Wir versuchen auch sonst in der Stadt Großformate zu bekommen – Sie funktionieren auch gut. Das Tracking ist allerdings gar nicht so einfach. Aber insgesamt sind unsere Kundenakquisitionskosten durchaus vergleichbar mit dem, was du von E-Commerce-Händlern kennst: 8-12/13 Euro.
Alex: Und wie lange muss der Kunde mit euch fahren, bis ihr die Kosten wieder drin habt und er profitabel ist?
Marc: Drei bis fünf Monate in der Regel. Allerdings muss man sehen, dass wir die Plattform immer in Betrieb halten müssen – mehr als im Handel. Das heißt: Bei uns geht ein gewisser Teil des Umsatzes immer auf incentives und goodies zurück, weil wir uns nicht über das physische Fahrerlebnis nicht gehört. Unser USP ist ja, dass du den nächsten Scooter findest, nicht unbedingt den, den du am Liebsten fährst.
37:20
Alex: Wie sieht es denn mit Geschäftskunden aus? Kriegen sie von euch eine Rechnung, die sie verbuchen können?
Marc: Wir haben mittlerweile 10.000 business accounts. Da können Firmen ihre Taxirechnungen zentralisieren. Der Endkunde kann dann das business account von seiner Firma als Zahlart hinterlegen und immer dann anwenden, wenn er geschäftlich unterwegs ist. Und neu rausgebracht haben wir letztens unser mobility budget. Das ist ein B2B-Produkt, hinter dem der ursprüngliche Gedanke war, den Firmenwagen abzulösen. Viele Großkunden haben neue CO2-Reduktionsziele und da sehen Dienstwagenflotten verlockend als Streichkandidaten aus, weil sie nicht Teil der Wertschöpfung sind, aber trotzdem viele Emissionen verursachen. Wir gehen zu ihnen und sagen: „Ladet doch 100 oder 150 Euro pro Monat deinen Mitarbeitern auf unsere App, die sie frei verbraten können und verzichtet dafür auf den Dienstwagen.“
Das funktioniert zugegebenermaßen nur in Großstädten. Was wir aber schon gemerkt haben: Mobilität spielt eine große Rolle als Mitarbeiter-incentive. Viele Firmen sagen: „Bevor ich ein Yoga-Studio für sie einrichte, biete ich meinen Mitarbeitern doch 50 oder 100 Euro als Mobilitätsbudget an.“ Das ist was super Spannendes! Und bringt bei uns einen hohen Kundentreueeffekt mit. Wenn du nämlich 50 Euro Guthaben bei uns in der App hast, fährst du sie erstmal ab – selbst wenn du bereits die Voi-App, die von Tier und von sonst wem auf dem Handy installiert hast.
40:55
Alex: Zum Schluss: Was sind deine Prognosen – und Pläne – für 2022?
Marc: Zwei Sachen. Erstens: Ich habe mit jemanden eine persönliche Wette abgeschlossen, dass wir zum Ende 2022 30% oder mehr unserer Touren nicht nur mit ride-hailing, sondern mit anderen Mobilitätsangeboten machen. Das wäre viel, ist aber realistisch. In manchen Städten liegen wir schon bei 10%-12% – und haben Wachstumsraten von 10% pro Woche. Zweitens: Die öffentlichen Verkehrsmittel sind ein großes Thema – ob mein Lieblings- oder Leidensthema wüsste ich allerdings bislang nicht zu sagen! Einerseits kann man argumentieren, dass wir den ÖPNV einbinden müssen, weil in Großstädten 50% des Verkehrs darüber abgewickelt wird. Andererseits kann man genauso gut argumentieren: 90% von denen haben schon eine Monatskarte! Welches Problem willst du da lösen? Da werden wir aber einiges testen, denn wir wollen sehen, was es unseren Kunden bringt, wenn wir den ÖPNV in der App einbinden.
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