Spätestens seit dem Erfolg von zappos.com wird „Service“ als eigenständige USP Komponente interpretiert. Demenstprechend viele Shops versuchen sich nun mit dem Konzept Nischensortiment+toller Service = Marktführerschaft. Das prominenteste Beispiel dafür ist wohl zalando.de.
Klingt auf den ersten Blick auch toll. Die meisten Produkte in einem bestimmten Sortiment, tolle SEO Voraussetzungen, super Service bringt loyale Kunden => Wettbewerber haben es schwer. Auch wir haben vor ca. einem Jahr diesen „Faktor“ in unserer USP Matrix betrachtet und als möglichen Differenzierungshebel genannt. Das Problem dabei ist die einfache Immitierbarkeit wesentlicher Servicekomponenten. Das bedeutet, dass es ggf. nicht so schlau ist auf Service als wesentliche Differenzierungskomponente zu setzen.
Das dürfte den aufmerksamen Beobachtern von zappos.com nicht entgangen sein. Zappos versteht sich nicht als Category Killer im Bereich Schuhe, sondern als Marktführer im Bereich Service. Dabei ist das Sortiment eigentlich nebensächlich. Bei genauer Betrachtung des Zappos Business Case sollte man sich zweimal überlegen, ob man diesen Weg auch gehen möchte. Er ist a) lange unprofitabel, weil Service im Fall von Zappos viel kostet und b) extrem unsicher aufgrund der sich ständig ändernden Marktbedingungen. Es ist mE schwer heute das Zappos Modell profitabel zu klonen.
Im Wesentlichen sind es zwei Limitierungen des Faktors Service, die mich zumindest nachdenklich machen.
- Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von wesentlichen (wahrnehmbaren) Servicekomponenten. Im E-Commerce sind das z.B.
- 70% Versandkosten
- 10% Versandgeschwindigkeit
- 10% Hygienefaktoren des Shops (Verfügbarkeit, Bedienbarkeit/Usability)
- 5% Retourenmodalitäten
- 5% Sonstiges
- Das Einkaufsverhalten richtet sich nicht im Wesentlichen am Faktor Service aus, denn
- die Bindung an (Online-) Einkaufsstädten sinkt
- im Kauf-/Suchprozess spielt Service nur eine untergeordnete Rolle
- Service wird zunehmend weniger als Differenzierungsfaktor wahrgenommen, sondern als Hygienefaktor
- insbesondere bei Nischenshops ist die Kauffrequenz viel zu niedrig, als das Service überhaupt Kundenbindungspotential entwickeln könnte
Diese Annahmen treffen natürlich eher auf Bereiche mit ausreichend Wettbewerb zu. Wenn es nur zwei Hundekloshops gibt und einer hat einen schlechten Shop und 50€ Versandkosten, gewinnt natürlich der etwas bessere Shop mit 40€ Versandkosten. #1 ist mit steigendem Professionalisierungsgrad der Logistikdienstleister für jeden Shopbetreiber mit ordentlichen Margen verfügbar. Da lässt es sich also schwer differenzieren. #2 betrifft alle Shops. Insgesamt verliert damit der Faktor Service seine Differenzierungsfunktion zunehmend.