Multichannel, Breuninger, Wüste, K5X

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Die führende Deutsche Handelskonferenz K5 wurde in den letzten Tagen viel gelobt und medial besprochen, vor allem auf LinkedIn. Viel Lob, viel Input und viele Fragezeichen rund um den Zustand des Handels (Offline + Online). Während viele Pure Player Umsatzrückgänge zu verzeichnen haben in Q1 und Q2, läuft es wieder in der Einkaufsstraße. Das war ggf. nur ein sehr kurzes Aufflammen, wie Stefan Wenzel berichtet, aber die Flamme ist/war halt da.

Dementsprechend gedämpft waren die „Zukunftsaussagen“ auf der K5, weil niemand so genau weiß was in den nächsten Quartalen folgt. Ja, die Digitalisierung geht weiter. Ja, langweilige stationäre Konzepte müssen irgendwann aufgeben. Aber bleibt nach Abzug der höheren Lebenshaltungskosten, den fast verdoppelten Preisen für die Urlaubsreise und das ohnehin teurere Auto noch wirklich genug übrig für ein Wachstumsszenario beim „vermeidbaren“ Konsum von dem viel Händler leben? Benzin & Butter vs. Balenciaga oder Rostbratwurst vs. Rolex könnte man diese Diskussion überschreiben, von der wirklich keiner weiß wohin sie in Deutschland führt.

Mitten hinein in diese Stimmung durfte ich mit Stefan Wenzel, Erik Siekmann, Stefan Wenzel und Dörte Kaschdailis ein paar Thesen in den Raum werfen, um die Stimmung noch weiter zu dämpfen. Meine beiden Topthesen dabei waren:

A: Wir sind noch bei Tag 1 im Bereich Personalisierung. Fast nichts von dem was wir (als Industrie) erträumt oder versprochen hat ist eingetroffen. Wir werden überflutet von Gutscheinmails, sehen fast immer die gleichen Produktempfehlungen, Startseiten, Check Outs mit allen Paymentoptionen….. Nichts hat sich wirklich personalisiert, wir sehen immer nur mehr vom Gleichen. Aus meiner Sicht ein großes Versäumnis der E-Commerce Industrie, weil es mittlerweile besser gehen kann.

B: Multichannel funktioniert gut in der Wüste. Das ist mir vor kurzem bei einem Besuch in Dubai klar geworden, wo die „weltbekannte“ Mall von Dubai so gut funktioniert, weil sich niemand draußen aufhalten kann. Um Menschen außerhalb der eigenen Wohnung zu treffen, ohne die horrenden Preise in den Restaurant zahlen zu müssen, geht man in die Mall – und kauft.

Aber ist überall dort wo der stationäre Handel noch funktioniert drumherum eine Wüste? Nicht unbedingt wie man bei L&T Osnabrück weiß, aber der wohl spannendste Case in Deutschland zu diesem Thema ist ganz klar Breuninger in Stuttgart – eine Stadt mit dem Charme der Wüste von Dubai, aber das Multichannel dort Konzept boomt. Felix Kreyer von Breuninger hat dazu ein Update gegeben auf der K5 und erzählt warum die 700m Onlineumsatz dort mehr als verdient sind. Beim Durchforsten meiner Notizen ist mir aufgefallen, dass ich den Podcast mit Felix und seinem Chef Holger bei kassenzone.de noch gar nicht verlinkt habe. Dort haben mir die beiden vor knapp einem halben Jahr ein paar Detaileinblicke geben. Super Ansatz und starke Exekution, etwas wovon sich viele Pure Player noch etwas abschauen sollten – vor allem im Bereich Personalisierung.

Alle Vorträge der K5X kann man im K5 Club anschauen.

vor Ort und in Farbe in Stuttgart  ·  Quelle: (c) Alexander Graf

Stationär und Online – aber richtig! – mit Holger Blecker, CEO und Felix Kreyer, CCO von Breuninger

Kassenzone geht auf Tour – und zwar dorthin, wo man sie eigentlich am allerwenigsten vermuten würde: ein stationäres Geschäft. Aber was für eines! Ja, Alex fährt nach Stuttgart zu Breuninger. Dem traditionsreichen Familienunternehmen ist nämlich das gelungen, was nur den allerwenigsten Warenhäusern alten Schlages gelingen will: Der Sprung von der stationären in die digitale Welt. Dass das Sprungbrett Warenhaus dabei nach wie vor ein Leitplanke bleibt, macht Breuninger zu einer beliebten Blaupause: „So wie Breuninger!“ will Karstadt-Galeria-Kaufhof bestimmt werden. Bloß: Breuninger will bereits in den kommenden Jahren bereits 1,5 Milliarden Euro online umsetzen. Ein Ziel, das für andere in weiter Ferne liegt und über dessen Erreichen – sowie über vieles mehr – sich Alex mit CEO und „Breuninger Kind“ Holger Blecker sowie CCO Felix Kreyer (ehemals Marc O‘Polo) nach einem Rundgang im Stuttgarter Stammgeschäft bespricht.

Fragen von Alex hier im Text – Antworten direkt im Podcast anhören.

Alex: Ihr seid das Stuttgarter Kaufhaus mitten in der Innenstadt, seid aber auch im Online-Handel extrem erfolgreich. Wie würdest du das jemandem beschreiben, der Breuninger als Marke noch nicht so kennt? Was ist Breuninger heute?

5:55

Alex: Wie ist Breuninger das gelungen, was anderen im Bereich Mode, Lifestyle und Living nicht gelungen ist: Aus der Innenstadt heraus das Online-Geschäft zu einem maßgeblichen Teil des Umsatzes auszubauen?

Alex: Felix, du hast schon viele andere E-Commerce-Unternehmen von innen gesehen: Du kennst About You, Zalando. Dann warst du längere Zeit bei Marc O’Polo, das stationäre Läden und einen Online-Shop betreibt. Was macht Breuninger aus?

(Zalando startete, führt Alex auf, im selben Jahr wie Breuninger online. In der Branche erzählt man sich, dass der Zugang zu Premium- und Luxusware lange dem Neuling Zalando sowie anderen Online-Pure-Plays untersagt blieb. Online-affine Luxuskunden mussten also zu Breuninger, was ein Grund für den Erfolg der Warenhauskette im E-Commerce gewesen sei. Holger würde den Erfolg zwar nicht allein auf diesen Warenzugang zurückführen, gibt aber unumwunden zu, dass die Produktverfügbarkeit im Premiumsegment einer der Schlüssel zum Erfolg gewesen sei. Ein weiterer: Nicht nur einzelne Produkte, sondern Looks zu verkaufen – Stichwort: Inspiration.

Ob dieser Sortimentsvorteil heute noch bestehe, will Alex wissen, wo höherwertige Mode mittlerweile vielerorts im Netz vertrieben wird – Farfetch, Net à Porter, auch im D2C-Ansatz? Felix antwortet, dass Breuninger mittlerweile eine große Kundenbasis vorweisen kann: 2 Millionen Menschen in DACH kaufen mindestens einmal im Jahr online oder offline bei Breuninger. Dabei habe man weder in Österreich noch der Schweiz überhaupt stationäre Geschäfte. So sei man für viele Marken, die in einem kuratierten Umfeld erscheinen wollen, ein interessanter Partner.)

13:25

Alex: Angenommen, meine Frau kauft ein Paar Schuh bei euch und ich frage sie, warum nicht anderswo: Antwortet sie noch „Weil es die nur bei Breuninger gab“? Oder hat sich das geändert?

Alex: Über die letzten Jahre haben sich Kundenerwartungen massiv erhöht: Wie schnell ist ein Produkt lieferbar? Wie funktionieren Retouren? Viele etablierte stationäre Anbieter, die jetzt online verkaufen wollen, haben Probleme, mit den tonangebenden Plattformen mitzuhalten. Könnt ihr es infrastrukturell in diesen Punkten mit Zalando und AboutYou aufnehmen?

(Alex umreißt die gemeinhin bekannten Gründe für seine generelle Skepsis Multichannel-Konzepten gegenüber: Der Fokus auf die 5% der Kunden, die online akquiriert werden, aber offline kaufen – oder umgekehrt – verstellt den Blick für die 95% und ihre Bedürfnisse. Felix verweist darauf, wie gut Multichannel-Dienstleistungen ankommen. Im Einzugsgebiet von Breuninger-Häusern würden 20% der Online-Bestellungen im Laden abgeholt, anprobiert, umgetauscht usw. Umgekehrt verzeichne man mehr Bestellungen aus Regionen, die ein Breuninger-Geschäft haben. Da sie Markenbekannt- und -verbundenheit höher. Daraufhin erfragt Alex konkrete Einzelheiten: Kaufen etwa die 20% der Breuninger-Kunden, die online bestellen und vor Ort abholen, dann wirklich im Geschäft mehr? Felix bejaht. Die Ausschöpfung bei solchen Multichannel-Kunden sei höher.)

22:10

Alex: Ihr betreibt ein aufwändiges Ladenkonzept. Das Argument ist immer, dass dieser Aufwand, die Leute in die Stadt zu bringen, von Online zu sehr ablenkt – und das Online langfristig lohnenswerter ist. Diese Grundsatzfrage wird gerade in der DouglasDiskussion wieder gehandelt. Von den zehn Stunden am Tag, die du hier in der Zentrale verbringst, Holger: wie viele davon kümmerst du dich um Digitales, wie viel um Stationäres?

Alex: Für heute mag das gelten. Aber nehmen wir Polen: Ihr expandiert dorthin, habt aber kein Kaufhaus dort. In diesem Markt ist also Online erst einmal der Treiber für euer Geschäft – und ihr nehmt es dort mit Zalando und AboutYou als Online-Pure-Plays auf.

Ich will das Thema gern durchdringen. Wenn man nämlich hier so bei euch sitzt und eure Liebe zu dieser schönen Ambiente mitbekommt, mit euren Verkäuferinnen spricht (die sich vermutlich nicht umschulen lassen wollen, um Google-AdWords-Kampagnen zu fahren…), dann glaubt man beinahe kaum, dass ihr die Hälfte eurer Umsätze online macht und in Märkte geht, wo ihr gar keine stationäre Geschäfte habt! Aber nach vorne raus: Ihr werdet doch ein E-Commerce-Unternehmen, oder?

(Alex greift diesen Knackpunkt von der anderen Seite an: die ständigen Diskussionen um die Zukunft der Innenstädte. Mehr Parkplätze oder lieber Flaniermeilen? Leerstand und Neubauten, Ankermieter usw. Das seien Themen, die über Jahre gingen. Online passiere alles viel schneller. Sei man als Arbeitgeber für digitale Talente attraktiv? Für Felix kein Problem: Über 500 Leute beschäftigten sich derzeit bei Breuninger mit Digitalem; über 200 Stellen seien für nächstes Jahr offen – und viele Neuanwerbungen kämen aus dem Pure-Play-Bereich. Außerdem verlangsame der stationäre Fußabdruck die digitalen Aktivitäten doch gar nicht. Vielmehr verliehen die 140 Jahre Breuninger einen Nimbus – auch online, auch in neuen Märkten.)

30:40

Alex: Marktplätze haben den Siegeszug unter anderem deswegen angetreten, weil sie mehr Inventar zum Verkauf anbieten konnten, als das, was sie selber auf Lager haben. Habt ihr auch einen Marktplatzanteil – und wie hoch ist dieser?

Alex: Klassischerweise gibt es bei Marken den „Verantwortlichen für den Online-Kanal“, der mit Amazon, Zalando und allen anderen spricht. Wer spricht denn mit euch? Dieser Onliner? Oder der stationäre Vertriebler? Oder der Breuninger-Key-Account-Manager?

Alex: Ihr seid also für eine Marken so relevant, dass sie mit euch sprechen, wenn sie online vorankommen wollen – vielleicht sogar bevor sie mit Zalando reden?

35:30

Alex: Corona war trotz Online-Erfolge auch für euch keine einfache Zeit. Wie gut könnt ihr als Unternehmen in privater Hand ohne Wagniskapital mit den Investitionen reiner Online-Player in E-Commerce-Exzellenz mithalten? Und wie verträgt sich das mit Geldern, die für die Renovierung von euren stationären Flächen gebraucht werden?

(Alex möchte mehr zur Historie der Breuninger-Logistik vor dem neuen hochautomatisierten Cross-Channel-Center. Früher habe es noch eine zentrale stationäre Logistik mit einem separaten Online-Lager gegeben, so Holger. Die neue Logistik samt geplant Investitionen sei dafür ausgelegt, springt Felix ein, vom Volumen her noch einen Breuninger-Online auf den existierenden drauf zu setzen.)

40:45

Alex: Der Online-Anteil in Mode liegt derzeit bei rund 20%. In der klassischen E-Commerce-Denke käme euer geplantes Wachstum zum großen Teil daher, dass immer mehr Umsatz aus dem stationären in den Online-Handel wandert. Nur sagt Holger so sinngemäß „Ich glaube an den stationären Handel. Sonst würde ich ja nicht in die Flächen investieren!“ Woher kommt denn das Wachstum?

Alex: Wie funktioniert denn das?

(Alex spielt des Teufels Anwalt: Selbst wenn Breuninger online nicht die eigenen stationären Kunden kannibalisiert, werden durch sein Wachstum unweigerlich Umsätze dem Kanal Stationär insgesamt entzogen. Das Ergebnis werde gleich sein: Die Kunden fahren weniger oft in die Stadt.

Holger sieht die Innenstadt nach wie vor als wichtiger Ort. Für Ladengeschäfte werde aber die reine Bedarfsdeckung in den Hintergrund, während Themen wie Inspiration und Erlebnis in den Vordergrund treten. Den Aspekt Verdrängung und Verlagerung leugnet Holger dabei nicht.

Das könne dann zur Folge haben, bejaht Holger eine Frage von Alex, dass in Zukunft in Breuninger-Häusern eine Etage weniger für den Warenverkauf benötigt wird, die dann wiederum als Bürofläche oder gar als Wohnraum für Mitarbeiter verwendet werden könnte. Die Rolle der Innenstadt – und die Motivation, dorthin zu fahren – werde sich ändern.)

48:25

Alex: Holger, für dich die Frage bezüglich des stationären Erlebnis und für dich Felix, zum Thema Online: Was sind jeweils die drei wichtigsten Sachen, die euch 2022 euer Wachstumsziele ermöglichen werden?

Alex: Ich verstehe den Appel, aber wie brechen wir das auf drei wichtige Maßnahmen runter? Stellt ihr Tablets am Eingang auf, damit sich der Kunde orientieren kann? Oder: Ihr habt hier einen Frisör. Wollt ihr also anderes Potenzial bedienen…? Die Maßnahmen sind letzten Endes entweder eher für Online oder eher für Offline gedacht. Felix: Welche drei Dinge machst du 2022 online besser, schneller oder schlichtweg anders?

53:05

Alex: Diese Frage schneidet die Themen tech stack und Marketing an: Ist es geplant, dass Marken bei Breunigner Werbung schalten können?

(Alex spricht den (nicht nur) Fachkräftemangel an: Neben Tech-Mitarbeiter fehlten mittlerweile Lageristen, LKW-Fahrer… Holger bekräftigt, dass bei Breuninger nicht nur im Tech-Team großer Bedarf an Mitarbeitern herrsche: Auch außerhalb vom Software-Bereich seien derzeit 450 Stellen unbesetzt. Holger setzt auf die Ausstrahlung, die Wachstumserzählung und das Angebot von Breuninger als professioneller aber herzlicher Mittelständler, um im Metropolregion Stuttgart bei Vollbeschäftigung weiterhin an Talente zu kommen. Ein wettbewerbsfähiges Gehalt sei selbstverständlich.)

1:00:00

Alex: Hat Corona dazu geführt, dass das Thema Digital im Unternehmen noch mehr Schwung genommen hat? Von vielen hören wir, dass der Lockdown auch bei den Mitarbeitern zu einem kulturellen Umschwung beigetragen hat.

Alex: Aber gerade in der Pandemie haben auch viele Marken gelernt, wie wichtig es ist, Kontakt zum eigenen Kunden zu haben, selber Pakete versenden zu können – auch welche, die sich bisher immer vor B2C gescheut haben. Merkt ihr, dass sich Hersteller jetzt stärker im Direktkundengeschäft engagieren?

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