Douglas CEO Tina Müller und Group CDO Vanessa Stützle

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Vor genau 100 Folgen waren Tina Müller und Vanessa Stützle bereits zu Gast im Podcast um über ihre Plattformstrategie zu reden. Nur 100 Folgen, bzw. 680 Tage später sind sie bereits eine Plattform und haben in den letzten 12 Monaten eine Mrd. Euro online Umsatz gemacht. Wir reden über die Marktplatzstrategie, Live Shopping, die Filialstrategie und vieles mehr. Aus Onlinesicht eine klare Erfolgsgeschichte die sicher auch in den nächsten Jahren für viel Furore sorgen wird. Douglas wird aus meiner Sicht für die nächste Zeit eines der zentralen Beispiel sein/werden, um erfolgreiche Transformationen vom „alten“ Händler hin zur Plattform zu beschreiben. Bis dato gibt es dazu in Deutschland nur sehr wenige Erfolgsgeschichten. Mit Ausnahmen wurde Otto in der letzten Dekade diese Rolle zugeschrieben und in Teilen auch Tengelmann, aber die Geschwindigkeit in der sich Douglas, trotz miserablen technischen und organisatorischen Voraussetzungen, in den letzten beiden Jahren gewandelt hat, ist beeindruckend.

Beauty online mit Tina Müller (CEO) und Vanessa Stützle (CDO) bei Douglas

Genau hundert Folgen ist es her, dass Tina und Vanessa Alex zur Digitalstrategie des Dufthändlers Douglas Rede und Antwort standen. Schon damals, gute neun Monate vor Corona, traf Tina folgende, nun im Rückblick fast prophetisch erscheinende Aussage: „Man kann das nicht wegdiskutieren: (es ist) ein deutlicher Frequenzrückgang zu spüren (…). So gestalten wir das Filialennetz gerade neu und überlegen uns, wie viele wir wirklich brauchen – und wo.“ Auch Thema schon damals: Die Douglas-Plattformstrategie. Nun – nach der großflächigen Schließung des Einzelhandels und dem raschem Wachstum auf Douglas.de kann Tina selbstbewusst verkünden: Für neue Marken „braucht es die power einer Plattform wie Douglas.“ Maßgeblich an diesem Erfolg beteiligt ist ihre Kollegin Vanessa Stützle: Vor hundert Folgen war sie noch „Leiterin E-Commece/Omnichannel“; jetzt ist sie in die Geschäftsführung aufgestiegen und verantwortet dort als CDO E-Commerce und das Loyalty-Programm.

„Für uns ist die App-Push der absolut beste Kommunikationskanal.“

3:15

Alex: Fangen wir mit einem Rückblick auf das Geschäftsjahr 2020 an, für das ihr neulich die Zahlen bekanntgegeben habt: Was waren die Herausforderungen – und was hat Douglas daraus gelernt?

Tina: Als wir vor zwei Jahren den ersten Podcast aufgenommen haben, haben wir uns noch persönlich getroffen. Seitdem ist viel passiert – vor allem das, was wir in deinem Podcast auch angekündigt haben. Nämlich eine (ich sage das mal so:) aggressive Digitalisierung mit sehr hohen Wachstum im E-Commerce und einen Ausbau des Loyalty-Programms sowie die Einführung des Marktplatzes und eine große Sortimentserweiterung auf 130.000 SKUs. Das ist eine unglaublich schnelle, intensive und erfolgreiche Reise gewesen.

Als Omnichannel-Player haben wir nichtsdestotrotz unter Corona gelitten. Unsere Geschäfte in Deutschland sind nach wie vor geschlossen; in anderen Ländern haben sie ja zum Glück wieder aufgemacht. Frankreich, unser zweitgrößter Markt, war November im Lockdown, was aber – Gott sei Dank – wieder vor Weihnachten vorbei war. Ein gemischtes Jahr also, in dem das stationäre Geschäft litt, was aber das stark wachsende Online-Geschäft zu einem großen Teil kompensieren konnte.

Letzten Sommer passten wir unsere Strategie erneut an – von #forwardbeauty zu #forwardbeauty.digitalfirst, um nochmal stärker zu betonen, dass wir das Gesamtgeschäft digitalisieren. Wir bringen das stationäre Geschäft ebenfalls auf die digitale Plattform und verbinden es mit dem E-Commerce-Geschäft durch Click-&-Collect sowie Ship-from-Store. Da gehen wir später bestimmt noch einmal darauf ein.

Fazit: Wir haben uns gut durch ein schwieriges Jahr gehangelt – mit einer sehr erfolgreichen weiteren Digitalisierung.

Vanessa: Lass mich das mit Zahlen unterlegen: Wir haben die Milliarde im E-Commerce geknackt – durch Corona viel schneller, als wir uns das gedacht haben. Gegenüber dem Vorjahr sind wir ja um 60% gewachsen und hatten überproportional viele Neukunden. Über unsere Plattformstrategie, die du ja auch ein Stück weit mitgeprägt hast, haben wir nicht nur geredet, sondern sind mit unserer Plattform in drei Ländern – Deutschland, Österreich und Frankreich – an der Start gegangen. In den nächsten zwölf Monaten wollen wir unsere restlichen Kernländer auf die Marktplatz bringen. Da hat man nicht nur schön die Direkt-, sondern auch die Indirektverkäufe sowie mehr Traffic. Davon sind wir übrigens positiv überrascht worden.

(Alex hat auch paar Zahlen parat: Douglas weise für 2020 einen Gesamtumsatz von 3,2 Milliarden Euro, davon mache E-Commerce rund 1 Milliarde. Er rechnet zurück: 2019 muss Douglas bereits rund 15% des Umsatzes online gemacht haben, was sich in der Krise bezahlt mache insofern, als Unternehmen seiner Meinung nach schon so eine infrastrukturelle Basis im E-Commerce brauchten, um 2020 schnell genug skalieren zu können.)

8:00

Alex: In der Krise haben viele Händler wegen Kapazitätsbegrenzungen nicht schnell genug wachsen können. Ihr habt mehrere Millionen pro Tag geschafft! Da muss man das eine oder andere Paket mehr aus dem Lager schaffen…

Vanessa: Wir machen ja seit drei Jahren bereits intensiv E-Commerce. So wussten wir zwar nicht, dass Corona kommt, hatten uns aber auf starkes Wachstum eingestellt. Dann war es aber doch noch überraschend. In zwei Lägern kamen wir der Nachfrage zeitweise gar nicht hinterher. Zum Weihnachtsgeschäft hatten wir die Standorte dann so ausgeweitet bekommen, dass wir allen Kunden pünktlich ihre Weihnachtsgeschenke ausliefern konnten. Hier hat uns übrigens auch der Marktplatz geholfen, weil unsere Partner hier teilweise ihrerseits das Fullfilment übernommen haben. Auch von Vorteil: Wir hatten unsere Stores darauf gezogen und konnten Ship-from-Store anbieten. Das alles hat uns das enorme Wachstum ermöglicht.

Dazu hatten wir ja – wie im letzten Podcast besprochen – unsere Tech-Plattform gewechselt und haben sie erfolgreich ausgerollt.

Alex: Ihr wart auf einem Hybris/SAP-Stack und habt selber neu gebaut, oder?

Vanessa: Ja, wir sind von einem uralten Hybris-Stack, der im Jahr bevor ich zu Douglas gekommen bin am Black-Friday ständig zusammenbrach… Da habe ich aber ein super Team vorgefunden, das das schnell stabilisiert bekam. Parallel haben wir dann mit eigenen Entwicklern und Implementierungspartnern wieder auf Hybris neu gebaut, mit dem Ergebnis, dass wir nicht bloß einen Online-Shop, sondern ein gesamtes Ökosystem mit einem komplett neuen Loyalty-System, einer fast-nativen App und sämtlichen Marktplatzfunktionen kreiert haben. Das liegt alles in der Cloud und ist sehr stark skalierbar. Sonst hätten wir die Last, die auch noch Januar und Februar auf den Shop kam, vermutlich nicht bewältigt bekommen.

(Alex erfragt Details dazu, wie genau die Filialen in den Marktplatz eingebunden wurden. Vanessa erklärt, wie genau Ship-from-Store und Click-&-Collect funktionieren. Auch andere Einzelhändler sind auch auf dem Douglas-Marktplatz zu finden sowie Marken und Industriepartner. In Deutschland seien gerade rund 90 Partner live, wodurch die Sortimentsvergrößerung auf 130.000 SKUs stattgefunden habe. Das sei für Amazon-Maßstäbe nicht viel, aber doppelt so breit wie das Sortiment des zweitgrößten Beauty-Händlers. Douglas habe dadurch ein Vorsprung, der schwierig aufzuholen sein werde, so Vanessa. Man nehme mittlerweile Produkte aus angrenzenden Sortimenten wie Schmuck auf die Plattform und arbeite eng mit Google zusammen, um zu verstehen, was in der Kategorie Beauty gesucht wird. Die hohen Warenkörbe, ergänzt Tina, machten die Douglas-Kunden wiederum für andere Händler von hochpreisigen Waren wie Schmuck attraktiv. Vanessa: „Wir machen mit beiden Sachen unsere Kunden schöner!“ Tina: „Einer unserer neuen purposes lautet ja auch: ‚We make life more beautiful.‘“)

15:23

Alex: Ich höre in eurem Plattform-Erfolg das Drehen des Amazon-Flywheel! Also: größeres Angebot führt zu höherer Kundenzufriedenheit führt zu stärkerer Kundentreue, was dazu führt, dass andere Partner auch auf der Plattform mitmachen wollen – was wiederum zu einem noch größerem Angebot führt usw.

Tina: Ja, aber das müssen wir gut kuratieren – wie Vanessa das vom Anfang an gemacht hat. Hier kann nicht jeder beliebig auf die Plattform kommen, sondern das Angebot muss auch zur Markenpositionierung und Premiumeigenschaft von Douglas passen. Es gibt also Grenzen, die wir auch ernst nehmen.

Vanessa: Deshalb arbeiten wir ja so eng mit Google zusammen, um rauszufinden, was Kunden bei uns suchen, anstatt einfach alles draufzuschalten auf die Plattform. Wir sind ein geschlossener Marktplatz und entscheiden, wer dazukommt. Auch so führt der Plattform-Ansatz zu mehr Traffic, den man monetarisieren kann. Wir sind ja dadurch zu einer sehr erfolgreichen personalisierten Medien-Agentur geworden. Dem Plattform-Gedanken sind also keine Grenzen gesetzt – und da kommen immer wieder neue Dinge dazu.

(Alex erfragt näherer Details zu den Möglichkeiten für gezielte Werbung – etwa aus Sicht eines Parfümherstellers. Douglas biete, erklärt Vanessa, On-Site-Banner sowie Social-Media-Anzeigen über DMP basierend auf der Auswertung von verifizierten Kundendaten. Alex lobt: Douglas sei vom Plattform-Konzept zur funktionierenden Umsetzung schneller unterwegs, als manch anderer Marktteilnehmer. Vanessa nimmt die Blumen an – und reicht die an ihr Team weiter.)

20:15

Alex: Tina, im ersten Podcast stellte ich dir die Frage, was genau euer USP ist. Deine Antwort lautete wie folgt: „Unser USP ist: Egal warum, wann und wo ich darüber nachdenke, ein Schönheitsprodukt zu kaufen, kann ich es in dem Moment bei Douglas erwerben. Fällt es mir in der Fußgängerzone ein, gehe ich zu Douglas rein. Fällt es mir nachts um drei ein, kaufe ich es online. Dabei kann ich mir das in die Filiale schicken lassen und es dann abholen, wenn ich nicht so oft zu Hause bin und schlecht Pakete im Empfang nehmen kann. Umgekehrt kann ich es von der Filiale aus nach Hause schicken lassen. Dieses 360-Grad-Omnichannel ist unser USP – und wird es auch bleiben!“ Ist das noch so?

Tina: Das ist noch genau so. Und in all dem, was ich da gesagt habe, sind wir noch besser geworden. Natürlich sind wir im Online riesig gewachsen. Aber ein Punkt, in dem wir einen Riesenschritt nach vorne gemacht haben, ist beim Content. Denn ich bin – Das kann Vanessa bestätigen – immer sehr dafür, den Kunden zu inspirieren. In unseren Newslettern wollen wir also unsere Kundinnen wie eine Frauenzeitschrift begleiten, um sie dann in einer sehr organischen, personalisierten Art und Weise zu den Produkten führen, die wir anbieten. Je spannender die Inhalte, desto höher die Konvertierungsrate: Davon bin ich überzeugt.

Wir sind ein hervorragender Omnichannel-Händler und wollen es auch bleiben. Auch deswegen sind wir den Sortimentsausbau angegangen – Das Sortiment wird sich übrigens seit dem letzten Podcast dramatisch erweitert haben, zum Beispiel um Trend- und Nischenmarken, die wir reingenommen haben.

(Alex stellt eine Frage von der Personalchefin bei Spryker Elise Müller, inwieweit der wachsende Wunsch nach organischem, veganem, tierfreundlichen Produkten mit einem starken Sortimentsausbau verträgt. Dafür, antwortet Tina, habe Douglas ein neues Label „clean beauty“ kreiiert. Da das Interesse daran steigt, sei das zum Schwerpunkt geworden.)

24:00

Alex: Im Beauty-Markt gibt es mittlerweile zwei andere Player, die Richtung Milliarde unterwegs sind – nämlich Flaconi und Notino. Eine Gefahr für euch?

Tina: Beide sind Pure-Player. Da haben wir schon dadurch eine andere USP, dass wir beide Kanäle – stationär sowie digital – anbieten. Darüber hinaus befinden wir uns auf einem anderen qualitativen Niveau. Ich habe ja vorhin so Sachen wie Kuratierung, Personalisierung, Kundenkarte (44 Millionen beauty-card-Inhaber!) sowie die Art und Weise, wie wir Inhalte aufbereiten. Wir sind ja mehr als eine reine Abverkaufsplattform.

Das sieht man unter anderem an einem neuen Format, das wir erfolgreich während der Pandemie rausgebracht haben: Douglas Live. Das Konzept live shopping kommt aus China und wurde von unserem Team schnell adaptiert. Es handelt sich um eine tolle Möglichkeit, Inhalte und Produkt zu kombinieren, mit Influencerinnen zusammenzuarbeiten, Marken-Testimonials einzuschalten usw. Große Formate, hohe Konversion – und es unterstreicht unseren Anspruch, als marktführende Innovatoren voranzugehen.

(Ob Live-Shopping nicht einfach nur „QVC online“ sei, fragt Alex bewusst provokant, um mehr zum Konzept zu erfahren. Vanessa gibt Auskunft. Die Idee entstand während der ersten Beschränkungen im März 2020: Wie könne Douglas seinen Kundinnen Unterhaltung anbieten? Da wurden die Mitarbeiter vor die Kamera geholt, um bei einer Übertragung in der App und auf der Webseite für diese Zeit so essenzielle Fragen zu beantworten wie: Wie färbe und schneide ich mir selbst die Haare? Daraus sei ein ständiges Format gewachsen, das sich vorwiegend an jüngere Kundinnen ausrichte. Die Interaktion mit der Moderatorin führe zu einer hohen Konversionsrate. Tina: „Die besten Moderatorinnen sind übrigens die eigenen Mitarbeiterinnen!“

Der Vergleich zu normalem TV-Home-Shopping – Douglas kooperiere hier mit HSE – sei zudem spannend. Nicht zuletzt deswegen, weil sich die Zielgruppen zwischen HSE und Douglas Live kaum überschnitten, befruchteten sich die Formate gegenseitig. Auf Nachfrage von Alex sagt Tina, dass die über die eigenen Sendungen ausgelösten Umsätze teilweise schon mit den von TV-Home-Shopping-Formaten vergleichbar seien. Dabei stehe der Verkauf bei Douglas Live gar nicht so sehr im Mittelpunkt, betont Vanessa: niedrige Produktionskosten, Fokus auf Authentizität und teilweise Nischenthemen für ausgewählte Zielgruppen (Zuschauerzahlen immerhin vierstellig) – zu denen Alex mit seiner Devise „Haut, Haare, Haus: Alles muss aus einer Tube kommen!“ eher nicht gehört.)

35:20

Alex: Das Nutzer- und Kaufverhalten hierzulande ist schon anders als etwa in China. Inwiefern sind solche Live-Shopping-Konzepte in Europa anwendbar?

Tina: Deswegen sind Vanessa und ich vor zwei Jahren extra nach China gefahren. Ich finde, da kann man sehr viel lernen. Vieles kommt nämlich erst jetzt nach Europa und da sollte man sich „best of“ rausziehen. Kulturell passt zwar längst nicht alles in den europäischen Markt. In Italien hat unsere Content-Produktion aber gut funktioniert. Man lernt, wäscht und feilt immer weiter am Konzept. Ich bin mir sicher, das werden andere kopieren. Allerdings ist es aufwendig, solche Formate zu produzieren beziehungsweise man hat erst einmal eine Lernkurve.

Alex: Und da seid ihr vorne daran. Gestern habe ich mich auf Clubhouse mit Leuten darüber unterhalten, warum der Hype um das Konzept so abnimmt. Unser Ergebnis: Es hapert an der Kuratierung. Für die User ist es schwierig, relevante Inhalte rechtzeitig zu finden. Ihr habt aber schon über das Treueprogramm die Möglichkeit, Userinnen auf für sie potenziell interessante Sendungen aufmerksam zu machen. Euren Content kann man also gewiss nachbauen, aber die Relevanzerzeugung nicht so schnell…

Vanessa: Wir haben ja ein Ökosystem aus Loyalty-Programm und Online-Shop gebaut. Es war uns wichtig, dass da alle Datenströme nahtlos verschweißt sind. Das war die größte Herausforderung – und das Ergebnis setzen wir jetzt ein. Je mehr Kunden wir in der App haben, desto schneller können wir sie identifizieren und persönlicher mit ihnen kommunizieren – vor allem über die App-Push, die für uns der absolut beste Kommunikationskanal ist.

(Alex fragt, wie es mit anderen digitalen Kontaktmöglichkeiten aussieht: Ist Douglas schon so weit, Kunden auch über so diverse Kanäle wie WhatsApp, Signal oder die gute alte SMS zu erreichen? Technisch möglich sei vieles, so Tina, aber es gebe zwischen Ländern Kulturunterschiede. In Deutschland komme man mit SMS nicht weit. Der Fokus liege aber überall eindeutig auf der App, da man hier gut Bild und Ton mit direkten Links zu den Produkten kombinieren könne.

Tina verweist ebenfalls auf das Douglas-Magazin: Auflage 1,8 Millionen und von den Kundinnen gern gelesen. Ob sich Tina und Vanessa nicht manchmal stritten, fragt Alex, da Tina upper-funnel-Marken-Content sehr wichtig finde und Vanessa eher auf lower-funnel-Konvertierung zum Abverkauf zu achten habe. Die Meinungsdifferenzen, die es an der einen oder anderen Stelle diesbezüglich durchaus gebe, seien produktiv, so Tina, denn dadurch gelange man zur Balance. Vanessa stimmt ein – und unterstreicht, wie wichtig auch sie gute Inhalte findet. Deswegen werde auch in diesem Jahr eine groß angelegte Kampagne zu den 111 Jahren Douglas nicht fehlen, fügt Tina hinzu.)

42:40

Alex: Im ersten Podcast fragte ich nach eurem Eigenmarkenanteil. Tina, du hast folgendermaßen geantwortet: „Vorteil von Eigenmarken sind zum einen die höhere Marge und zum anderen das Entkommen aus der Preisspirale. So haben wir gerade zwei neue Eigenmarken eingeführt: Produkte von ihnen befinden sich schon unter den Top-Ten im jeweiligen Segment. Wir haben ja auch ein neues Extra-Team für die Markenbildung zusammengestellt.“

Passend dazu hast du jetzt im Frühjahr im Doppel-Interview mit Alexander Birken von Otto folgendes gesagt: „Es gibt einen Weg raus aus dem Dilemma: Exklusivmarken und Eigenmarken. Marken wie Kylie Jenner findet man bei keinem anderen Wettbewerber. Wir haben die Douglas Collection, eine Premium-Einstiegsmarke, die macht alleine 200 Millionen Euro Umsatz im Jahr.“ Was hat sich also bei euch im Bereich getan? Steigt der Anteil? Vergrößert sich euer Team?

Tina: Wir haben einen Marken-Inkubator gegründet und die dafür entsprechenden Leute geholt. Denn man braucht Menschen, die mit Markenaufbau Erfahrung haben. Unser Team ist auch größer geworden – haben wir doch jetzt vier Eigenmarken. Hierbei konzentrieren wir uns auf Gesichtspflege, da es das Segment ist, das gerade am Stärksten wächst. Auch im Bereich „beauty food“ – also Nahrungsergänzungsmittel – haben wir Eigenmarken eingeführt. Und wie vorhin erwähnt haben wir eine vegane Marke für „clean beauty“.

Dabei besteht der größte Unterschied zur cross-category Douglas-Kollektion darin, dass diese Marken im Premiumsegment angesiedelt sind – so etwa die Gesichtscreme von Dr. Susanne von Schmiedeberg, die bei 89 Euro liegt. Zudem steht Douglas als Dachmarke nicht auf der Packung. Wir haben eigens eine Gesellschaft namens „ultimate skin aesthetics“ gegründet. Im Premiumbereich muss man nämlich etwas anders spielen.

(Die Marken seien auch sehr erfolgreich, so Tina weiter, derzeit vorwiegend stationär, da es etwa bei Gesichtspflege einen hohen Beratungsaufwand gebe und neue Marken erst einmal erklärungsbedürftig sind. Im zweiten Schritt bei Douglas online müssten die Marken dann wie andere sich beweisen. Allerdings kriegten sie einen kleinen Anschub. Denn im Schnitt, lässt Tina eine Zahl fallen, seien Eigenmarken 10% margenträchtiger als Handelsware. Insgesamt mache Douglas übrigens rund 15% des Umsatzes bereits mit Eigenmarken. Der Lackmustest des echten Erfolgs für Alex: Wenn die Eigenmarken sogar noch außerhalb des eigenen Vertriebskorsetts für sich stehen könnten. Das täten sich auch, antwortet Tina: Kleinere Parfümerieketten hätten bereits angefragt. Nur derzeit sei Douglas hier etwas zögerlich, werde aber demnächst Kooperationen außerhalb des Parfümeriehandels eingehen.)

49:40

Alex: Die L’Oréals, Givenchies und Diors dieser Welt werden sich bereits Gedanken dazu machen, wie sie Douglas umgehen und direkt mit ihren Kunden in Kontakt treten können. Sagen wir mal, ihr habt eine Sitzung mit dem Markenteam von LVMH: Was würdet ihr ihnen empfehlen?

Vanessa: Generell würde ich Marken empfehlen, ihren Shop möglichst gut zu machen und neben den Volumina, die sie direkt an unseren Einkauf abgeben, zusätzlich bei uns auf den Marktplatz zu gehen. Darüber bekommen sie nämlich ebenfalls einen direct-to-consumer-Zugang. Spezifisch zu LVMH: Wie ich das mitbekomme, sind sie mit eigenen Online-Shops bereits sehr gut unterwegs. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es immer ein Nebeneinander geben wird: echte Markenfans werden im Markenshop direkt einkaufen, während andere Kunden einen one-stop-shopping-Ansatz verfolgen. Wenn letztere die größte Beauty-Auswahl in Europa suchen, dann werden sie zu uns kommen. Die Marken werden ihnen folgen und zwei Kanäle bedienen.

Tina: Der Kunde sucht auch eine neutrale Beratung – und traut der Beratung des Händlers eher, als nur der Stimme einer einzelnen Marke. Deswegen investieren wie so viel in die Kuratierung und Beratung, denn wir sind eine neutrale Beauty-Authorität

Alex: Ich denke hier an TheHutGroup: Wäre es nicht für euch ein interessantes Modell, den Marken auch im online-shop-as-a-service-Verfahren den Online-Handel abzunehmen?

Vanessa: Was wir jetzt schon machen: Wir arbeiten sehr eng mit unseren Partnern zusammen und bieten ihnen sehr viel Einsicht – etwa in die Verkaufsdaten und zu Promotions. Schon jetzt bekommen sie von uns Cockpits gebaut und daher können wir uns vorstellen – etwas weiter in die Zukunft gesponnen – für sie auch ihre Online-Shops zu betreiben.

52:50

Alex: Derzeit habt ihr eine Kooperation mit der Influencerin Kylie Jenner. Derzeit ergibt das für beide Parteien Sinn, weil sie bislang für ihre Parfüms den Zugang zum stationären Handel brauchte, den sie als Influencerin nicht hat. Jetzt, da der Online-Anteil in dieser Produkt-Kategorie steigt, stellt sich nach vorne raus die Frage, ab wann sie über einen eigenen Webshop direkt an ihre Kundinnen verkauft und euch nicht mehr braucht, oder…?

Tina: Direkt verkaufen tut sie auch schon. Wobei Kylie Jenner für mich keine klassische Influencerin ist – ich würde sie schon eher als Unternehmerin bezeichnen. Es steckt nämlich hinter ihrer Marke ein ganzes Unternehmen. Sie konzipiert die Marke und die Produkte, sie koordiniert die Herstellung. Das ist mehr als eine Influencerin, die halt einen Promotions-Vertrag mit einer Marke hat.

Zurück zur Frage: Wenn man international denkt, brauchte sie allerdings für die Einstieg in Europa einen großen Partner, um hier Traffic für ihre Marke zu erzeugen. Das kommt nämlich nicht von alleine – und nicht allein über ihren Instagram-Account, selbst wenn sie da Millionen erreicht! Das heißt nämlich noch lange nicht, dass die in ihren Markenshop loslaufen und Geld ausgeben. Für solche Gründermarken ist der Traffic, den wir erzeugen können, essenziell: Gerade aus USA nach Europa sind wir für den ersten Schritt unabdingbar. Wir reden hier ja auch über richtigen Umsatz – nicht, dass wir mal eine Million zusammen machen wollen! Mit dem Launch war es ja das Ziel, die Marke unter den Top-Ten-Gesichtspflegemarken zu platzieren. Da braucht es die power einer Plattform wie Douglas.

55:45

Alex: Von der Plattform zu den Filialen. Wir hatten im ersten Podcast darüber gesprochen, dass ihr das Filialnetz verkleinern wolltet. Jetzt habt ihr unter dem Eindruck der Coronakrise angekündigt, zeitnah 500 Filialen zu schließen…

Tina: … von 2400 in Europa. Das sind Standorte, von denen wir wissen, dass sie heute wenig profitabel sind und nach vorne raus Aussichten haben, diese Rentabilität einzubüßen. Zudem haben wir das gesamte Netz ausgewertet: Liegen Filialen eng nebeneinander – etwa an entgegengesetzten Enden einer Einkaufsmeile oder zwei Filialen in einem größeren Einkaufszentrum – haben wir geschaut, was dann passiert, wenn eine davon zumacht. Wie viel Umsatz wandert in die Nachbarfiliale? Wie viel geht in den Online-Kanal? Darauf basierend haben wir uns gefragt, wie ein Filialnetz der Zukunft aussieht. Aus dieser Analyse heraus haben wir uns entschieden, welche Standorte dieses und nächstes Jahr schließen müssen.

Alex: So wie ich das verstehe, stehen diese Filialen für 270 Millionen Euro Umsatz. Davon wandern – sagen wir mal – 100 Millionen in Nachbarfilialen, 100 Millionen online und 70 versickern. Aber EBITDA-technisch hat das einen hohen Effekt.

Tina: Ja, rund 100 Millionen Euro.

Alex: Man könnte es so aus Onliner-Sicht sehen: Wenn Vanessa eine Liste von Projekten macht, wie ihr eure Plattform-Strategie umsetzt und Marken helft usw. – für acht der zehn wichtigsten Projekte braucht ihr keine Filialen; acht dieser Projekte werden die Filialen aber verlangsamen, weil deren Interessen berücksichtigt werden müssen…

Vanessa: So viel kann ich sagen: Von den – deutlich mehr als 10! – Projekten, die für uns anstehen, ist mehr als die Hälfte mit den Filialen verbunden. Denn die Filialen unterstützen auch das Online-Geschäft. Dort vor allem werden CRM-Kunden rekrutiert: Die Filialen sind ja eine Rekrutierungsmaschine! Es wird auch sehr viel aus den Filialen online bestellt. Zudem funktioniert Ship-from-Store sehr gut. Insofern gibt es sehr viele Projekte, bei denen das stationäre das Online-Geschäft massiv unterstützt.

Eine Sache, die uns die Pandemie gezeigt hat: Die Menschen wollen physische Erlebnisse! Sei es einkaufen, sei es mit jemanden in der Kaffeeküche reden. Rein digital kann man das nicht schaffen. Und der Blick nach China verrät: Dort sind die Kunden zwar viel weiter in Sachen E-Commerce, wollen aber nach wie vor das stationäre Einkaufserlebnis nicht missen. Insofern glaube ich sehr stark an die Verknüpfung als Schlüssel zu unserem Erfolg.

Tina: Die Rolle der Filiale hat sich bereits geändert – und wird sich noch weiter ändern. Es geht viel mehr in Richtung Erlebnis, Beratung und Behandlung. So haben wir in allen neuen Flagship-Stores, die wir über die letzten zwei Jahre gesprochen haben, sehr viel Fläche für die Behandlung ausgewiesen – fast überdimensioniert. Das wird der Ort des wellbeing sein.

(In Düsseldorf kooperiere man gar mit der Klinik am Rhein, um erstmals ästhetische Behandlungen anzubieten. Und eins werde sich nicht ändern: Beim Erstkauf eines Kosmetikproduktes – Lippenstift, Düfte usw. – möchte die Kundin sie vorher ausprobiert haben. Filialen, die dazu noch Friseur- oder Behandlungsdienstleistungen anbieten, würden auch in Zukunft eine Berechtigung haben. Nach vorne werde Douglas daher in Metropolen Flaggschiffstandorte und in kleineren Städten Luxusfilialen betreiben, aber kein Abverkaufsnetz von 2400 Läden. Das vorhandene Sortiment werde zudem viel lokaler ausgerichtet sein: Bereits heute sehe Douglas aus Datenanalysen, dass Hamburgerinnen in der Eppendorfer Filiale andere Bedürfnisse als Hamburgerinnen im Elbeeinkaufszentrum haben.

Die Strategie stößt auf 100% Zustimmung bei Alex. der auf das Konzept von Robert Dahl mit Karls verweist: 5% der Fläche sei Handel, der Rest Erlebnis. Bloß: An einigen Standorten werde die Frequenz stark zurückgehen, da die Läden links und rechts neben Douglas eingehen. Ob die Douglas-Standorte dann noch Kundinnen durch die Tür bekommen? Das sei ein gesamtgesellschaftliches Thema, sagt Tina: Die Zukunft der Innenstädte. Sie werden anders aussehen: mehr Gastronomie, mehr Kultur und mehr Erlebnis. Denn die Lust, Zeit in der Stadtmitte zu verbringen, sei nach wie vor ausgeprägt. Tina wagt die Prognose, dass der typische Stadtkern die Nach-Pandemie-Zeit besser überlebt als das übliche Einkaufszentrum.)

1:07:30

Alex: Ich möchte euch abschließend Respekt zollen für all das, was in den letzten 680 Tagen seit unserem ersten Gespräch geleistet wurde. Das ist keineswegs selbstverständlich! Und eure Strategie für weiteres Wachstum steht – und ist äußerst realistisch. Auch in der Datenverknüpfung habt ihr euch einen großen Vorsprung erarbeitet. Und mit dem Umbau der Filialen – vielleicht nicht in Kiel, aber in Hamburg an der Alster – legt ihr ein Fundament für den zukünftigen stationären Handel. Bei einem schwierigen Geschäftsjahr habt ihr also trotzdem Erfolge zu vermelden.

Tina: Wir sehen das auch so – und laden dich gern ein, das neue Flaggschiffhaus am Hamburger Jungfernstieg zu besuchen (sobald wir dort wieder aufmachen dürfen…).


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