Es kommt selten vor, dass ich sprachlos bin, aber als ich das erste Mal in meinem Leben das Gelände von Karls Erdbeerhof in Rövershagen betreten habe, war ich es. Die Größe, der Fokus, die Sicht auf den Handel, das Geschäftsmodelle, Unmengen Erdbeeren – Karls hat es geschafft mich in vielen Bereichen zu überraschen und der Gründer Robert Dahl (sein Opa hieß Karl) konnte das im Podcast sogar noch toppen. Die Geschichte des Erdbeerhofs hält auch viele Learnings für unsere Sicht auf Handelsmodelle bereit. Lass dich überraschen! Ich sage nur 5.000 Mitarbeiter in der Saison. Wie abgefahren ist das denn, so als Erdbeerhof?

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Erdbeeren mit Robert Dahl, Erbeerbauer und Geschäftsführer von Karls Erbeerhof

Zieht man im Sommer durch Leipzig oder Berlin, kann man sie kaum übersehen: Karls Erdbeerhäuschen mit ihren üppigen Auslagen frischer Erdbeeren, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Doch da steckt mehr dahinter! Im einem der beeindruckendsten Podcasts des Jahres empfängt der Geschäftsführer Robert Dahl Alex im ältesten Erlebnisdorf des Unternehmens in Rövershagen-Purkshof bei Rostock, wo 1921 alles begann. Damals bewirtschaftete Roberts Großvater – Karl – einen Hof und verkaufte seine Erträge auf dem Wochenmarkt. Ein knappes Jahrhundert später zählt das Unternehmen 1.000 sozialversicherte und im Saisonbetrieb bis zu 5.000 Mitarbeiter und schafft es, mit persönlichem Einsatz, Kreativität und Großzügigkeit jährlich zu wachsen.

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„Das Wort ‚Erlebnis‘ wird seit Jahren gequält“

04:20

Alex: Ich würde gern erst einmal verstehen, womit ihr alles Geld verdient.

Robert: Wenn wir jetzt den landwirtschaftlichen Betrieb ausklammern – denn das ist klar: Wir produzieren Erdbeeren und verkaufen sie dann – ist das, was mittlerweile den Löwenanteil ausmacht, das Konzept Karls Erlebnisdorf. Der reine Handel mit Erdbeeren ist nicht mehr der größte Teil von unserem Jahresumsatz: Zu 75% kommen unsere Erlöse mittlerweile aus den Erlebnisdörfern. So fühlen wir uns mehr oder weniger in der Tourismusbranche zu Hause. So würde ich die Frage beantworten, womit wir Geld verdienen, wahrscheinlich eher so beantworten: Mit Tourismus.

Alex: Wie bist du dazu gekommen, einen Freizeitpark rund um die Erdbeere aufzubauen?

Robert: Eigentlich war das gar nicht der Plan. Aber es gab hier, am Feld in Rövershagen, schon 1993 einen Spielplatz. Vielleicht war das die Initialzündung. Der wurde dann größer, weil mehr Leute kamen, und irgendwann gab es den Schlüsselmoment: Da habe ich eine Zeitung gelesen, in der stand ein Artikel über einen Freizeitpark in Österreich und da war ein Foto von einer Traktorbahn abgebildet. Das habe ich gesehen und dachte mir: Wenn wir die hätten… Das würde wahrscheinlich extrem gut funktionieren!

Eine Woche später sind wir mit einer Landschaftsarchitektin hingefahren, haben uns die Bahn angeguckt und herausgefunden, dass sie von einer Schweizer Firma stammt. Daraufhin hat unsere Landschaftsarchitektin probiert, die hier vor unserem Hofladen – mehr war es ja damals noch nicht – einzubinden, und festgestellt: Wir brauchen mehr Platz. Das war 2007. Und 2008 eröffnete dann das, was wir heute „Erlebnisdorf“ nennen.

Alex: Ich würde gerne zunächst euren Handel mit Erdbeeren verstehen. Ich denke, das ist für viele der Berührungspunkt Nummer 1. Wie viele „Erdbeerhäuschen“ habt ihr?

Robert: 460 sind’s jetzt ziemlich genau.

Alex: Und wo stehen die so?

Robert: In Sachsen, genauer in Leipzig, an verschiedenen Stellen in ganz Brandenburg, in Berlin natürlich – da stehen auf die Fläche verteilt die meisten – in Mecklenburg-Vorpommern und in Schleswig-Holstein.

Alex: Ihr tut viel dafür, die Erdbeer-Saison für euch zu verlängern, und stattet diese Häuschen gleichmäßig aus, damit nicht ein Häuschen nach zwei Wochen schon ohne Erdbeeren dasteht. Wie viel kostet so eine 500-Gramm-Schale?

Robert: 500 Gramm kosten 4,00 Euro und ein Kilo derzeit 6,50 Euro.

Alex: Und wie viel setzt so ein Erdbeerhäuschen mitten in Berlin am Tag um?

Robert: Das variiert massiv. Wir haben ein unteres Level von circa 400 Euro, die wir brauchen, um erst einmal das jeweilige Häuschen und das Personal zu finanzieren. Und dann gibt es natürlich auch Stände, wenn auch nur vereinzelt, die an einem Freitag statt 70 Kilo eben 500 Kilo umsetzen. Freitag und Samstag sind für uns die beiden umsatzstärksten Tage.

Alex: Wie viele Tonnen Erdbeeren produziert ihr im Jahr?

Robert: 7.000 Tonnen. Die verkaufen wir aber nicht alle direkt. Circa 1.500 Tonnen brauchen wir für unsere Erdbeermarmeladenproduktion in den Erlebnisdörfern.

(Alex hinterfragt, inwiefern so ein Hof und ein paar Hütten ein profitables Geschäftsmodell abgeben können. „Wenn ein paar Dinge schiefgehen, kann es natürlich auch mal vorkommen, dass so ein Hof pleitegeht“, erwidert Robert. „Aber es ist auf jeden Fall möglich.“ Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch das Wetter beziehungsweise das Klima, und es stellt sich heraus: Wie die meisten Menschen auch bevorzugen Erdbeeren ein eher mäßiges Klima.)

10:25

Alex: Verkauft ihr eigentlich an den Lebensmitteleinzelhandel (LEH), wie Edeka oder Rewe?

Robert: Nur noch in Kleinstmengen, und wenn, dann über einen Fruchtgroßhandel. In erster Linie arbeiten wir direkt mit solchen Märkten zusammen, indem wir unsere Stände auf ihren Parkplätzen platzieren und das dann eben in Kooperation abrechnen, sodass der LEH daran auch noch etwas verdient.

Alex: Gibt es einen globalen Wettbewerb rund um das Produkt Erdbeere?

Robert: Auf jeden Fall. Marokko und Ägypten sind zum Beispiel zwei Länder, die sich sehr stark mit Erdbeeren auseinandersetzen. Bis dato hatten wir aber immer das Glück, dass die Sorten aus den südlichen Ländern nicht so gut schmecken. Das hängt unter anderem auch mit dem weiten Transport zusammen. Erdbeeren sind unheimlich empfindlich, und es gilt: Je weicher, desto süßer. Deshalb ist es vor allem der Markt in Polen, der uns gefährlich werden kann. Neben dem niedrigen Mindestlohn bauen dort zum Beispiel auch niederländische Unternehmen Erdbeeren an und nehmen mit denen unseren Markt ganz schön hart unter Beschuss.

16:15

Alex: Eine Sache wundert mich – es gibt so viele Erdbeeren aus Holland, und auch wenn die sicher nicht alle schlecht sind, schaffen die es bei so vielen Produkten, lokale Produzenten zu verdrängen, obwohl ihre Produkte schlechter schmecken! Einfach durch die Skala, und weil der Kunde bequem ist und stark auf optische Reize reagiert. Und das schafft der Handel ja sehr zuverlässig – bei Fleisch, bei Brot, bei Früchten – und der lokale Erzeuger ist ziemlich schnell weg. Würde es euch denn genügen, von den Verbrauchern ein Label wie „die bestschmeckende Erdbeere“ zu erhalten?

Robert: Ja! Wenn wir das denn schaffen, wäre das schon sehr viel wert. Und daran arbeiten wir auch akribisch. Deshalb ist unser Sortenspiegel unser A und O. Wir wollen Sorten anbauen, die kompliziert sind. Du hast ja eben schon erwähnt, dass wir versuchen, die Ernte so lange es geht zu ziehen, und das funktioniert vor allem durch verschiedene Sorten.

Es gibt frühe Sorten, mittlere Sorten, späte Sorten und ganz späte Sorten. Unsere früheste Sorte heißt „Flair“ und ist eine extrem empfindliche, aber phänomenale, hocharomatische Sorte, und ich würde sagen, das ist die bestschmeckende Sorte, die man derzeit in Deutschland anbauen kann. Dass sie so empfindlich ist, ist unser Vorteil. Würden wir den LEH damit beliefern und die Charge bräuchte auch nur einen Tag bis in die Märkte, dann würde nur noch Matsch in den Schalen liegen.

Alex: Es gibt in der BWL diese Theorie, dass man sich ganz stark diversifizieren muss – von wegen: Im Sommer verkauft man Badehosen und um Winter Regenschirme. Könnte man eure rund 400 Erdbeerstände denn nicht auch auf ein Wintergeschäft umstellen und zum Beispiel zu Glühweinständen umfunktionieren?

Robert: Nein. Man muss aber auch dazu sagen: Inzwischen dauert die Erdbeerernte ja wirklich 6 Monate. Dieses Jahr haben wir im April mit den allerfrühesten Frühsorten angefangen und die letzte Spätsorte reift jetzt erst. Und so lange nutzen wir die Hütten auch, so oder so. Nicht alle, weil die Nachfrage im August und September teilweise schon stark nachlässt, aber trotzdem verkaufen wir in dieser Zeit nicht wenig.

(Und auch naheliegende Produkte wie andere Früchte oder Merchandise machen für Karls wenig Sinn. Die Verlockung sei zwar riesig, sagt Robert, lenke aber zu sehr ab: Nach dem Trial-and-Error-Prinzip musste das Unternehmen seine Stände vor sieben Jahren erst wieder von anderen „erdbeerigen“ Produkten befreien, bevor die Erdbeerverkaufszahlen ruckartig auf frühere Werte und sogar darüber hinausstiegen. Die einzige Ausnahme? Die Marmelade, die auf Kundendruck hin wieder ins Standsortiment aufgenommen wurde – und die bei Karls immer noch in kleinen, haushaltsüblichen Töpfen gekocht wird, weil durch die Produktion in kleineren Chargen einfach besser schmecke.)

25:05

Alex: Das Allerspannendste an eurem Geschäftsmodell war für mich, dass man keinen Eintritt bezahlen muss, um auf Karls Erdbeerhof oder ins Erlebnisdorf zu gelangen. Wie rechnet sich das?

Robert: Für uns war das am Anfang einfach klar und damals war es ja auch „nur“ ein Hofladen. Man kann nicht für etwas Eintritt nehmen, wo am Ende etwas gekauft werden soll. Erst als wir die Traktorbahn gekauft haben, haben wir gemerkt, dass wir etwas Teures angeschafft hatten. Den Zustand kannten wir so noch nicht.

Alex: Was kostet so eine Traktorbahn für ambitionierte Hobbyisten wie mich?

Robert: Circa zwei Millionen.

Alex: … okay, also keine Traktorbahn bei Alex im Garten.

Robert: Genau, und so haben wir damals festgestellt, dass wir das nicht umsonst machen können. Wir haben ja auch Fixkosten, und es müssen immer zwei Leute dabei sein. Also haben wir beschlossen, zwei Euro für eine Fahrt zu nehmen. Gleichzeitig hatten wir Angst, dass uns die Leute deshalb böse sein würden. Aber es gab keinen Einzigen, der das als Schweinerei empfand.

Und damit war die Idee für uns gesetzt, dass man, wenn man etwas macht, das in Unterhalt und Finanzierung ein bisschen teurer ist, auch einfach Geld dafür nehmen kann. Inzwischen fühlen wir uns schon wie kleine Freizeitparkbetreiber und sind auch tatsächlich in der Community angekommen. Zum Beispiel sind wir jetzt Mitglied im VDFU – dem Verband Deutscher Freizeitunternehmen. Und so wissen wir mittlerweile auch, dass unser Konzept einen Namen hat: Hat man freien Eintritt in die Anlage und muss stattdessen Einzeltickets kaufen, heißt das in den USA „pay by ride“ und in Skandinavien „Tivoli“. Das ist nicht nur dieser eine Park in Kopenhagen, sondern bezeichnet die ganze Idee dahinter.

29:10

Alex: Ist euer Handelsumsatz durch die Marmelade, den Wein, das Frühstück oder eure Kinderbücher wichtiger, zentraler als euer Erlebnisumsatz wie die zwei Euro für die Traktorbahn?

Robert: Nehmen wir die Landwirtschaft noch einmal beiseite, stehen hinter dem „Erlebnisdorf-Konstrukt“ zwei Unternehmen: Die Karls Markt OHG und die Karls Tourismus GmbH. Und die Geschäftsbereiche umfassen Handel, Gastronomie, Erlebnis/Ticketing und jetzt seit zwei Jahren die Hotellerie. Diese vier Bereiche von Karls arbeiten organisatorisch ein Stück weit separat, und der Handel ist mit Abstand der stärkste Umsatzbringer. Man kann also durchaus sagen, dass wir eigentlich Einzelhändler sind.

Alex: Kassenzone ist ja bekannt dafür, die Zukunft der Innenstädte nicht gerade schönzureden. Kommt die Sprache darauf, dass sich die Leute ja dennoch treffen wollen, nenne ich immer dich als Beispiel. Du zeigst, dass die Leute auch weite Strecken in Kauf nehmen, wenn man ihnen etwas bietet – und das obwohl du eigentlich ein Händler bist. Also übernimmst du ja quasi die Rolle, die die Innenstädte einmal hatten. Insofern frage ich mich: Was kann der Innenstadtmanager von Rostock von dir lernen?

Robert: Ich finde, dass das Wort „Erlebnis“ eigentlich schon seit vielen Jahren regelrecht gequält wird. Es ist aber immer noch gut! Meines Erachtens ist das für den Handel immer noch ein Zauberwort. Aber es wird unheimlich viel darüber geredet und am Ende wird man oft doch nur enttäuscht. Dabei weiß doch jeder, dass man einfach wirklich etwas bieten muss. Da reicht keine Rutsche in einem Einkaufshaus mit 150 Läden, wie in der Mall of Berlin. Jeder weiß, dass Innenstädte vor allem von Veranstaltungen wie interessanten Märkten oder Marathons durch die Stadt profitieren. Schließlich geht es doch die ganze Zeit genau darum: Frequenz an den Standort zu bringen.

In den Erlebnisdörfern versuchen wir schon jedes Ding für sich so zu gestalten, dass es zumindest kein Geld kostet. Wir verdienen nicht mit allen Attraktionen etwas, aber man hält es auf Dauer auch nicht durch, wenn man jedes Jahr 200.000 Euro für irgendetwas aufbringen muss. Wenigstens eine Null muss zu schaffen sein. Dann hat man die Frequenz im Prinzip kostenlos. Und dann sind wir als Einzelhändler gefordert. Wenn wir in unserem Online-Shop eine Conversion Rate von sechs Prozent erzielen, dann sind wir ja schon happy, weil wir gehört haben, dass das wohl schon ganz gut sein soll…

Alex: Ist auch ein super Wert!

Robert: Aber ich sage: „Stellt euch mal vor, wie krass das wäre, wenn wir hier auf unserem Hof nur eine Conversion Rate von sechs Prozent hätten!“. Dann wären wir tot. Oder zumindest ganz schön schlechte Einzelhändler.

35:55

Alex: Wie viele  dieser Erlebnisdörfer betreibt ihr?

Robert: Fünf. Wir hatten zwar auch schon einmal mehr Standorte, haben die aber wieder geschlossen. Tatsächlich macht uns die Entwicklung in die Tiefe gerade viel Freude, und das an jedem Standort.

Alex: Also richtet ihr den Fokus lieber darauf, die aktuellen Standorte richtig groß zu machen, als demnächst einen Mini-Erdbeerhof in Baden-Württemberg zu eröffnen?

Robert: Ja. Das Ding ist aber auch: Unsere Organisation ist relativ schlank. Die Geschäftsleitung setzt sich aus acht Personen zusammen und die wohnen hier alle rund um den Standort Rövershagen, außer meine Schwester, aber auch für die gilt: Wir haben alle Kinder und sind nachts immer zuhause. Das würde sich sofort ändern, wenn wir jetzt auch nur noch einen Schritt in Richtung Expansion unternehmen würden – auch wenn die Nachfrage im Süden da wäre.

(Bei der ersten der drei Detailfragen, die Alex allen Herstellern und Händlern stellt – Woher kommen die Kunden? – schneidet Karls wie folgt ab: 3 Millionen Besucher allein zählen die drei Standorte in Mecklenburg-Vorpommern jährlich, im Sommer kommen die mehrheitlich aus Sachsen. Angelockt werden sie durch hausgemachtes Marketing „auf allen Kanälen, die uns so einfallen“, sagt Robert, besonders gerne aber im Radio. „Das ist das einzige Medium, das von der Digitalisierung nicht weggefegt worden ist.“)

42:25

Alex: Könntest du die Kosten pro Kunde ausrechnen, die sich stationär ergeben?

Robert: Mit den anderen beiden Standorten in Berlin und Warensdorf haben wir in den Erlebnisdörfern insgesamt circa 5,2 Millionen Besucher im Jahr …

Alex: Und habt ihr über 5 Millionen Euro Marketingbudget?

Robert: Nein.

Alex: Dann wärt ihr ja bei unter 1 Euro pro Besucher – ein Traumwert!

Robert: Ist das so?

Alex: Ja, sicher! Wenn du überlegst, wie viel du online ausgeben musst, um Kunden auf deine Webseite zu locken …

Robert: Ja, online geben wir aber auch nicht so viel für Marketing aus, weil wir dort Kunden bedienen, von denen die meisten vorher offline hier waren. Wir verweisen auf fast jedem unserer Produkte auf unseren Online-Shop.

Alex: Nimmt der stationäre Traffic bei euch jedes Jahr zu?

Robert: Ja. Wir investieren aber natürlich auch jährlich mehrere Millionen in den Ausbau der Standorte. Alles Geld, das wir verdienen – das kann ich wirklich so sagen – stecken wir in unser Unternehmen.

Alex: Kommen wir zur nächsten Detailfrage: Wie viele der 5,2 Millionen Kunden waren früher schon einmal da?

Robert: Ungefähr 80 Prozent.

46:15

Alex: Ihr habt also viele Kunden, für die ihr wenig bezahlen müsst. Und die kommen auch alle wieder. Das ist doch schon einmal perfekt. Jetzt ist die Frage: Wie viel geben diese Kunden aus?

Robert: Schaut man sich die Bons der Bezahlenden an, sind das im Handel im Durchschnitt 23 Euro.

Alex: Höher nicht?

Robert: Nein. Man muss aber auch berücksichtigen, dass auch nicht alle dieser 5,2 Millionen Menschen etwas bei uns kaufen. Wir haben ganz viele Besucher, die gar nicht bezahlen. Stattdessen bezahlen zum Beispiel die Eltern. Und in der Gastronomie liegt der Durchschnitt bei 9 Euro. Vielleicht liegt das ziemlich weit unter dem Üblichen – aber dazu sind wir vielleicht auch zu altmodisch oder zu bäuerlich geprägt. Ich habe ein Problem damit, Dinge zu verkaufen, mit denen wir nichts verdienen.

Wir geben viel, an Liebe und an Großzügigkeit, in unsere Attraktionen und unser Interieur. Das geht aber natürlich nur, wenn jedes einzelne Produkt dazu beiträgt, dass etwas verdient wird. Deshalb haben wir auch schon vor Jahren mit Sonderangeboten oder so einem Quatsch aufgehört. Das machen wir einfach nicht. Wir haben unser ehrliches Produkt – unser wunderbares Holzofenbrot, unsere Erdbeermarmelade und unseren selbstgerösteten Kaffee, den wir aus Guatemala importieren. Das können wir nicht einfach zu einem Preis verkaufen, der niedriger ist, als das, was wir dafür brauchen. Und das führt dazu, dass wir eigentlich eine ganz gute Marge haben und deshalb vielleicht auch keinen so hohen Durchschnitt auf dem Bon brauchen. Online ist der Bon höher, was aber auch am Mindestbestellwert von 35,00 Euro liegen kann.

Alex: Verkauft ihr alle Produkte aus dem Laden auch online?

Robert: Nein, dort verkaufen wir nur 400 Produkte. Sonst haben wir so 10.000, und online gibt es nur die Manufakturprodukte und eine Handvoll sorgfältig ausgewählte Karls-Produkte.

51:50

Alex: Bleiben wir beim Thema Online: Wie viele kümmern sich hier um die digitale Infrastruktur? Wie wichtig ist das für euch? Erdbeeren sind ja sehr physische Produkte …

Robert: Im Bereich Social Media/E-Marketing/Content-Generierung sind das an die zehn Leute.

Alex: Und gibt es eine Art Community Management?

Robert: Ja. Vielleicht nicht 24/7, dafür aber an 7 Tagen in der Woche. Auf unserer Webseite gibt es die Funktion „Bewerten & Gewinnen“. Wenn Kunden etwas darüber abschicken, wird daraus über Nacht eine automatische E-Mail generiert, die die gesamte Geschäftsleitung erhält, und die lese ich mir auch jeden Tag durch.

Durch diese Funktion haben wir schon ganz viele tolle Erkenntnisse gewonnen, auch darüber, wo unsere Probleme liegen, was wir dringend machen müssen und was wir verbessern können. Ein Stück weit ist das Community Management bei uns Chefsache. Es kommt auch nicht selten vor, dass ich direkt zum Hörer greife und einen Kunden anrufe, wenn ich einen Beitrag gelesen habe.

Alex: In der WhatsApp-Gruppe wurde unter anderem die Frage gestellt, wie dein Tag aussieht, insbesondere im Sommer.

Robert: Also, ich fühle mich immer noch am wohlsten und weiß, dass ich am leistungsfähigsten bin, wenn ich wirklich keine Termine habe, sondern morgens einfach mein Ding machen und nachdenken kann … Leute anrufen, E-Mails schreiben und einer Sache auch mal mehr Zeit geben, als man das vielleicht zuerst vorgehabt hat, um da mal in die Tiefe zu gehen.

Wenn man sich immer nur von seinem Kalender treiben lässt, schafft man es ja eigentlich nicht, eine Sache auch wirklich mal zu Ende zu denken. Wenn ich an einem Tag sieben Termine habe, fühle ich mich abends eher nicht gut und habe wahrscheinlich auch nicht wirklich viel Gutes geschafft. Oder es muss alles noch einmal nachgearbeitet werden. Also, ich mag so eine kurze Taktung nicht.

01:09:15

Alex: Eine allerletzte Frage: Hier laufen tatsächlich viele Mitarbeiter mit so einem „Karls“-T-Shirt herum. Wie viele kennst du, wie viele kennen dich und haben tatsächlich das Gefühl, dass sie sich auch direkt an dich wenden können, wenn sie ein Problem haben?

Robert: Die 950 oder 1.000 Mitarbeiter, die zu unserer Kernmannschaft gehören, kennen mich alle und ich kenne auch viele von denen, weil ich ja auch immer an den Standorten bin und jeden, den ich nicht kenne, anquatsche und mich vorstelle.

(In den letzten Minuten ihres Gesprächs erzählt Robert von unternehmerischem Scheitern und welchen Anteil ein Landfrauenverein daran hatte, dass Alex vom Glauben abfiel, als er auf dem Weg zu diesem Gespräch den Eingangsbereich von Karls in Rövershagen betrat.)

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