Möbel online 2021 – Beliani Chef Stephan Widmer

57:27

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Stephan Widmer und sein Bruder haben mit Beliani.de ein tolles Möbelunternehmen aufgebaut was es versteht erfolgreich + profitabel online Möbel zu verkaufen. Angefangen hat alles mit Gartenmöbeln, aber mittlerweile bieten sie Möbel für alle Räume im Haushalt an. Spannendes Unternehmen und toller Gast! Ohnehin scheint 2021 das Jahr der „Online“ Möbelhändler zu werden. Während Westwing an der Börse mit mittlerweile über 1 Mrd. bewertet wird, Beliani (siehe Podcast) eine tolle Entwicklung vorweist und sogar Home24 floriert, tun sich viele angestammte Möbelunternehmen noch sehr schwer. Allen voran XXXLutz, an deren Onlineauftritt die Zerreißprobe zwischen altem stationären Handelsmodell und Pure Play Welt klar wird wie bei kaum einem anderen Händler. Top Produkte sind nicht lieferbar, oder haben lange Vorlaufzeiten, essentielle Produktinformationen fehlen usw. Gute Zeiten für BELIANI und Co.

Alexander Graf

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Möbel online mit Stephan Widmer, Miteigentümer von der Beliani-Gruppe

Profitabel von der Pike auf im Online-Möbelversand? Ja, das geht: Beliani ist wohl auf bestem Wege zur neunstelligen Umsatzmarke – und dazu, vom Schweizer Sitz aus zu einem europaweit ernst zu nehmenden Gegner für Home24 & Co. zu werden. Den Online-Pure-Player gibt es seit 2009 und mittlerweile verkauft er in 17 europäischen Märkten – alles Eigenmarke, mit eigener Logistik (und ausschließlich mit eigenen Mitteln aufgebaut). Wie das Beliani gelungen ist und wie Stephan mit seinem Bruder und Miteigentümer das Unternehmen auf Wachstumskurs hält, verrät er Alex in diesem Podcast.

„Innerhalb von sechs Monaten sind wir in einem neuen Land mit dem vollem Sortiment live.“

3:40

Alex: Wo fingt ihr an, wo steht ihr heute – und wie lange hat es gedauert, dahin zu kommen?

Stephan: Mein Bruder Michael hat als Power-Seller auf eBay angefangen. Er hat damals alles Mögliche – unter anderem Möbel. 2009 bin ich dann eingestiegen und wir haben die Brand „Beliani“ gegründet (den Namen hat er geprägt). Unser Gedanke war: „Wenn das auf eBay funktioniert, wird das auch auf anderen Plattformen funktionieren! Wir sollten auch nicht allzu abhängig sein von nur einem Kanal…“ So sind wir dann auch auf Amazon gegangen. Das hat sehr gut in Deutschland funktioniert, also haben wir uns gefragt, warum das eigentlich nicht auch in der Schweiz gehen würde. Da haben wir den Schweizer Shop aufgemacht. Und für die Schweiz ist dann Frankreich sehr naheliegend, also kam der französische Shop dazu. Peu à peu haben wir dann expandiert – und sind jetzt in 17 Ländern vertreten. Wir haben inzwischen etwas mehr als 600 Mitarbeiter.

Sortimentsseitig haben wir mit den damals sehr im Trend liegenden Rattan-Lounges für den Garten angefangen. Mit der Zeit haben wir das Sortiment dann erweitert: Sofas, Betten, Lampen, Teppiche… Mittlerweile kriegt man bei uns ein mit IKEA oder XXXLutz vergleichbares Sortiment. Das einzige, was wir nicht machen: Küchen.

Alex: Das ist wichtig: Ich hatte euch noch unter „Gartenmöbel“ abgespeichert, aber ihr versteht euch als Vollsortimenter. Das bringt bestimmt Herausforderungen mit sich, oder? Ihr müsst eure Werbestrategie verbreitern, ein großes Lager aufbauen, entsprechend viel Ware einkaufen… Handelt ihr mit Drittmarken oder sind das eure eigenen Produkte?

Stephan: Das ist ein großer Unterschied zu anderen Online-Möbelhändlern: Wir haben ausschließlich Eigenmarkenware. Das funktioniert so: Wir gehen zum Hersteller – also weder zum Importeur noch zum Zwischenhändler – und sagen dem, was wir gerne hätten. Dann wird für uns nach unseren Designs, Materialien und Qualitätsvorstellungen produziert.

Alex: Wo wird denn produziert? Ich habe letztens erfahren, dass wir in Deutschland einen Möbelproduktionsschwerpunkt haben rund um Paderborn…

Stephan: Unser Schwerpunkt ist sicherlich Asien, wobei wir weltweit einkaufen. Europa ist aber etwa in der Herstellung von Polstermöbeln sehr stark und die Ostländer haben sehr viele Wälder und eine entsprechende Herstellung von Holzmöbeln. Aber für uns wird vorwiegend in China, Vietnam, Malaysia, Indonesien und Indien produziert.

Alex: „Ostländer“? Von der Schweiz aus gesehen könnte das schon Österreich sein – und die haben eine ziemliche Holzindustrie…

Stephan: Dort haben wir noch keinen Lieferanten. Jedenfalls lassen wir produzieren und lassen uns die Ware auf eigenes Risiko per Seefracht nach Europa bringen. Ab Hamburg haben wir eigene Lastwagen, die die Container in unser Hauptlager in Wietzendorf bei Soltau fahren. Anfänglich hatten wir dort 20.000 Quadratmeter gebaut; letztes Jahr wurde der zweite Bau mit 30.000 zusätzlichen Quadratmetern fertig. Vor einem Monat war dann bereits für den dritten Bau Spatenstich. Damit wollen wir um weitere 70.000 auf insgesamt 120.000 Quadratmeter Lagerfläche gehen. 

(Das seien so einige Fußballfelder Fläche, die es für die Möbellogistik auch brauche, so Stephan weiter. Stichwort „auf eigenes Risiko auf dem Seeweg“ fragt Alex nach Auswirkungen des Suezstaus im Frühjahr. Auf der Evergiven waren fünf Beliani-Container, antwortet Stephan und stellt die möglichen logistischen Spätfolgen von Container-Ungleichgewichten und gestörten Schiffsrouten über den Rest von 2021 dar. Es entspinnt sich ein kurzes Gespräch über die schlagartig rosiger gewordenen Perspektiven der Reedereien, die nach kurzem Corona-Einbruch zum ersten Mal seit Jahren wieder gutes Geld verdienen.)

11:45

Alex: Der Kassenzone-Hörer kennt IKEA – und kennt auch zur Genüge die schlechte Online-Experience. LutzXL oder wie auch immer das heißt: auch bekannt. Und dann kennen wir Wayfair, Home24 und Westwing: Die haben wir alle besprochen. Magst du etwas zum derzeitigen Stand vom Markt erzählen? Etwa zum Online-Anteil im Möbelsegment?

Stephan: Der unterscheidet sich von Land zu Land noch deutlich. Online-Anteile variieren etwa zwischen Ungarn, Deutschland und UK.     Schätzungsweise liegt der durchschnittliche Online-Anteil bei rund 8% bis 10%. Dabei hängt vieles davon ab, wie man das misst. IKEA sagt, glaube ich, dass sie 16% des Umsatzes online machen. Aber rechnet man so etwas wie Click-&-Collect mit rein…?

Alex: Aber bei 8% bis 10% können wir festhalten: Online ist noch im Möbelsegment unterrepräsentiert. Home & Living als Gesamtes ist in einer ähnlichen Größe wie Mode unterwegs – rund 35 Milliarden Euro respektive 40-45 Milliarden misst der jeweilige Markt. Alles andere als Nische, also!

Anfangs war bei Online-Möbel viel davon die Rede, dass man das Lieferproblem lösen musste. Auswahl und Preis waren online früh gut. Aber die Verfügbarkeit ist Thema: Der Online-Kunde möchte ja alles sofort haben.

Stephan: Die Warenverfügbarkeit ist auch extrem wichtig. Wer in ein herkömmliches Möbelgeschäft geht, mag bereit sein, anschließend zwei Monate auf sein Sofa zu warten: Wird das gute Stück doch in Italien so gefertigt, wie der Kunde das haben wollte – in der Breite, die er ausgewählt hat; mit den Füßen, die er haben wollte; mit dem teuren Bezugsstoff…

Bei uns Online ist das anders. Jemand, der Online kauft, hat die Erwartung, dass es sofort lieferbar ist. Er versteht nicht unbedingt, was für eine komplizierte Logistik hinter Möbel dahintersteckt und dass es nicht das gleiche ist, wie ein Paar Schuh bei Zalando zu bestellen. Die Erwartung ist vielmehr: „Heute bestellt, morgen geliefert!“

Jetzt im Frühling kaufen die Leute Gartenmöbel. Wenn wir es nicht vorrätig und versandfertig haben, schaut der Kunde weiter herum. Dann leidet unsere conversion. Es ist also ganz wichtig, die Produkte zur rechten Zeit physisch im Lager zu haben und diese ganz schnell ausliefern zu können. Wir müssen das rauf bis nach Norwegen und runter bis nach Spanien können.

(Alex guckt sich Boxspringbetten auf Beliani an: „Sofort Gratis Versand“. Warum könnten das denn so viele der anderen Online-Möbelhändler nicht? XXXLutz brauche mit seinen konfigurierbaren Boxspringbetten 17 Wochen! Warum hingen denn noch so viele – auch stationäre Händler – an der Vorstellung, der Kunde wolle jedes letzte Detail des Möbelstückes konfigurieren und anschließend Monate darauf warten, selbst wenn dem nicht unbedingt so sei? Für Stephan ist es so: Es gibt Kunde, die diese Konfigurierbarkeit auch haben wollen – und die kriege man nicht bei Beliani. Dafür gibt es – vor allem Online – viele Kunden, die gar keine 300 Varianten eines Sofas haben wollen. Diesen Kunden, die zu viel Auswahl gar verwirrend fänden, mache Beliani ein Angebot.)

21:15

Alex: Wie habt ihr es geschafft, in so vielen Ländern erfolgreich zu sein? Wie sieht der Internationalisierungsprozess bei euch aus? Webseite mit neuer Landes-Domain und ein bisschen SEA oder doch etwas mehr?

Stephan: Wir haben mittlerweile schon ein playbook, so eine Art Standardanleitung: Produkttexte übersetzen, Bankkonto aufmachen, lokale Telefonnummer, Steuernummer beantragen usw. Dabei bleibt alles zentral: Wir gehen nicht physisch in die Länder. Natürlich hält aber jedes Land seine eigenen Herausforderungen bereit: mal Logistik, mal Rechtliches. Verglichen aber mit einer stationären Handelskette ist es für uns sehr einfach, in neue Märkte reinzugehen. Wir müssen nichts bauen, keine Leute vor Ort einstellen: Innerhalb von sechs Monaten sind wir in einem neuen Land mit dem vollem Sortiment live. Norwegen haben wir zum Beispiel gerade in der Beta-Phase gestartet – und hat unter einem halben Jahr gedauert.

Beim Geschäftsaufbau ist unsere übliche Vorgehensweise erst einmal zu sehen, ob es im Land große Marktplätze gibt. Falls ja, gehen wir auf diese Marktplätze, um an dem Traffic teilzuhaben. Parallel schalten wir dann den Shop live und fangen mit Google Shopping an, sofern es im Zielland verfügbar ist. Dann kann man von Tag Eins an profitabel arbeiten. Mit der Zeit fangen wir dann an, andere Player zu integrieren: weitere Marktplätze, Preisvergleichsseiten, Social Media und Influencer usw.

Dabei lenken wir nach Möglichkeit den Traffic auf unseren Shop. Da wollen wir längerfristig den Umsatz machen. Marktplatzverkäufe nehmen wir zwar mit, schauen aber, dass die Leute zu uns kommen, wenn wir das steuern können.

Alex: Otto ist ein großer Marktplatz für Möbel: Seid ihr auch dort?

Stephan: Bei Otto noch nicht – da sind wir noch dabei, das zu organisieren. Aber sonst findet man uns überall: Amazon, eBay, Wayfair, ManoMano, Bol – je nach Land eben.

24:45

Alex: Der Kunde soll also zu euch kommen: Welchen Kunde sprecht ihr an und auf welchen Kanälen?

Stephan: Welcher Kunde? Wir positionieren uns zwischen dem günstigen und mittleren Preissegment. Die 10.000-Euro-Sofas findet man uns bei uns nicht. Welche Kanäle? Neukundenakquise findet für uns – groß gesagt – zu zwei Dritteln auf Google und zu einem Drittel Facebook/Instagram statt.

Alex: Kann man denn Gartenmöbel-Sets an Influencer verschicken? Funktioniert das überhaupt?

Stephan: Das funktioniert sehr gut! Influencer sind stilvoll und teilen mit ihren Followern, wie sie ihre Terrasse einrichten. Wir arbeiten mit Gutscheincodes, damit wir messen können, was das wirklich bringt. Es ist nur wichtig, die richtigen Influencer zu finden.

Alex: Wie viele Leute kümmern sich um die Influencer-Suche und -Betreuung?

Stephan: Dafür haben wir eine Person pro Land, die Social-Media macht.

Alex: Und schafft ihr es, den Erstkauf über so einem Kanal auch profitabel abzubilden?

Stephan: Ja, definitiv! Und wir waren übrigens insgesamt vom ersten Tag an immer profitabel. Wir sind komplett eigenfinanziert: keine Investoren! Also müssen wir schon immer jedes Jahr schauen, dass wir genügend Cashflow genieren, um weiter zu expandieren.

(Alex merkt an, dass Beliani keine Umsatzzahlen preisgibt – und rechnet mit der Graf’schen Umsatz-pro-IT-Mitarbeiter-Regel auf 60 bis 80 Millionen. Stephan widerspricht nicht.)

28:30

Alex: Hätte man vor zehn Jahren auf einer Konferenz gesagt, dass man Gartenmöbel online verkaufen will – Selbst in eurem mittelpreisigen Segment kostet eine Garnitur da schnell 2.500 Euro –, hätte man vermutlich gesagt: „Nee, der Kunde will schon wissen, wie es sich darauf sitzt, bevor er so hohe Beträge ausgibt.“ Das war auch teilweise so. Sind die Kunden mittlerweile erfahrener geworden? Oder seid ihr im Verkaufen besser geworden (bessere Bilder usw.)? Oder gehen die Kunden sonst wo stationär Probe sitzen und merken, dass ihr etwas ähnliches für 2.500 statt 4.000 Euro anbietet?

Stephan: Das sind ganz viele Faktoren, die da zusammenspielen. Zum einen ist es der Kunde tatsächlich mit den Jahren mehr gewohnt, online zu kaufen. Zunächst hat er nur Bücher, dann auch Elektronik gekauft. Dann hat er sich online eine Lampe bestellt und gemerkt, dass das gut geht. Jetzt ist er bereit, Möbel online zu kaufen. Zum anderen haben wir schon immer stark überlegt, was wir machen müssen, damit die Kunden etwaige Ängste überwinden und bei uns kaufen. So haben wir Gratisversand – und Gratisrückversand – eingeführt. Zudem kommt die 365-Tage-Rückgabe-Garantie ausgesprochen. Das alles senkt die Hemmschwelle.

Alex: Zu welcher Retourenquote führt das?

Stephan: Bei den Großartikeln: weniger als 1%. Bei den Kleinartikeln: weniger als 5%. Das ist also machbar. Und diese Retourenquote ist ja auch im Preis mit einberechnet. Zumal bei Möbeln der Kunde jetzt keine Auswahlbestellung in vier Farben tätigt, weil es natürlich schon etwas mühsam ist, ein Sofa wieder einzupacken. Der Kunde bereitet sich gut vor, misst den Raum ab – macht sich eben mehr Gedanken.

Dann kommt das Thema Bild. Lutz, Westwing & Co. nehmen oft Herstellerbilder, die einfach nicht so schön sind. Wir hingegen haben ein eigenes Fotostudio und lichten wirklich jedes Produkt selbst ab – im gleichen Stil, bei gleichen Licht, weil es so stimmiger ist. Und bei der Produktbeschreibung geben wir uns ebenfalls viel Mühe, stellen auch Skizzen vom Produkt zur Verfügung. Dann hat er auch noch die Ratings: Wir aggregieren die Kundenbewertungen aus allen Ländern und übersetzen sie, damit der Kunde immer lesen kann, was andere zum Produkt gesagt haben. All das zusammen gibt ein gutes Gefühl – und konvertiert!

(Alex stellt die Frage nach jährlichem Wachstum: „Schon mehr“ als 30%, antwortet Stephan. Alex stellt eine positive Bewertung nach der Rule of 40 aus. Ob Beliani nicht auch für Investoren attraktiv sei? An Angeboten mangelt es nicht, lässt Stephan wissen. Die letzten zehn Jahre habe es zum noch schnelleren Wachstum entweder an Geld oder an Lagerfläche gefehlt. Vorteil davon, dass es nicht immer Geld geregnet hat? Keine teuren Fehlinvestitionen! Keine Millionen für Fernsehwerbung verbraten. Nachteil: Man sei eben nicht immer so schnell gewachsen wie die Konkurrenz.

Der Schlüssel für die Zukunft sei mehr Lagerfläche, stellt Stephan fest, damit man noch mehr Auswahl vorrätig halten könne, um die Konversion immer weiter zu erhöhen. Erst nachgelagert werde er verstärkt in Marketing investieren: Sonst konvertiere man teurer, als man es machen müsste. Mit nachhaltigem Wachstum rentiere sich ja jeder Kauf. Alex fügt hinzu, dass sich Beliani durch Eigenmarkenstrategie dem Preiswettbewerb entziehe, selbst wenn Möbel zugegebenermaßen kein besonders markengetriebenes Segment sei.)

37:20

Alex: Wie loyal ist denn eurer Kunde. Wer bei euch nämlich eine Gartenmöbelgarnitur kauft, der braucht doch nicht so schnell wieder eine. Macht ihr customer-relationship management und, falls ja, welche Erfahrungen habt ihr mit Kundentreue? Westwing hat nämlich zuerst eine Kundenreaktivierungsstrategie verfolgt, um später festzustellen, dass man auch mit sehr vielen Kleinartikeln doch nicht den Kunden zu einem monatlichen Kauf animieren kann…

Stephan: In den ersten Jahren, als wir nur Gartenmöbel hatten, war das eindeutig eine Einmalkauf-Angelegenheit. Erst nach fünf Jahren, wenn die Raten enden, hat man wieder vom Kunden gehört. Genau deswegen haben wir unser Sortiment in verschiedene Kategorien erweitert: Wir wollten die Wiederkaufsrate erhöhen. Wenn du ein Sofa kaufst, brauchst du zehn Jahre keins mehr. Wenn du aber bei Beliani noch eine tolle Lampe kaufen kannst, vielleicht noch dazu einen Fernsehtisch, einen Teppich usw. Dann kaufst du jedes Jahr etwas bei uns.

Wir sehen das auch am Kundenverhalten. Indem wir das Sortiment um Kleinartikel im Rahmen 50 bis 800 Euro erweitern, begeistern wir die Kunden immer wieder aufs Neue und bringen sie zu einem weiteren Kauf. Darum ist es uns so wichtig, dass Sortiment immer weiter auszubauen. Damit erhöhen wir nämlich automatisch die Wiederkaufsrate.

Alex: Wie oft kauft denn der durchschnittliche Kunde bei euch? Mehr als einmal im Jahr?

Stephan: Noch nicht.

Alex: Welche Kommunikationskanäle funktionieren bei euch? So ein Modehändler kann ja einen monatlichen Newsletter verschicken – und auch halbwegs nach Markenvorliebe, Größe, Preiskategorie usw. personalisieren. Wie bleibt ihr im Kontakt? In eurem Fall könnte ich mir ausnahmsweise so etwas wie ein Katalog vorstellen…

Stephan: Unsere Newsletter gehen dreimal die Woche raus. Die personalisieren wir allerdings nicht. Denn jemand, der bei uns eine Lampe gekauft hat, will nicht deswegen einen Newsletter bekommen, der ständig voll mit Lampen ist. Diesen Kunden wollen wir eher mit anderen Sortimentsbereiche wie Gartenmöbel oder Badezimmerartikel inspirieren. Daher setzen unsere Newsletter auf Vielfalt. Der andere Kanal, auf dem wir bauen, ist Social. Dort wollen wir einerseits mit bestehenden Kunden in Kontakt bleiben und andererseits neue Kunden ansprechen. Und wenn wir Bestandskunden immer wieder zu uns auf die Homepage bringen und sie sehen, dass wir neue Produkte haben, bewegen wir sie immer wieder zu einem Kauf. Wobei: Wir werden nie wie Zalando werden. Alle paar Wochen ein Kauf auslösen? Das ist mit Möbeln und Zubehör nicht drin. Aber mehr als einmal im Jahr? Mit Dekoartikel & Co. könnten wir dahinkommen.

42:20

Alex: Home24 ist vielen Deutschen ein Begriff und sie finden sie neben euch online. Warum kaufen sie bei Beliani? Was ist euer USP?

Stephan: Das absolut beste Preis-Leistungsverhältnis! Da wir ja nicht von anderen Marken einkaufen, sondern direkt ab Hersteller, können wir da mehr bieten.

Alex: Home24 macht keine Auftragsfertigung?

Stephan: Sie machen beides: Sie sind Händler, haben aber auch angefangen, Eigenmarkenartikel produzieren zu lassen, um eine bessere Marge zu erzielen.

Alex: Übrigens: Das erstbeste Gartensofa bei Home24 hat eine voraussichtliche Lieferdauer von… ich suche, ich klicke: acht Wochen! Das überrascht mich total. Ich meine: Die Leute von Home24 sind nicht auf den Kopf gefallen in dem, was Online-Taktik angeht, und die schlagen mir allen Ernstes so ein Sofa als Erstes vor… Bis das ankommt, da ist der Sommer schon wieder vorbei!

Stephan: Zurück zu unseren Alleinstellungsmerkmalen: neben Preis-Leistungsverhältnis sicherlich auch Design – Wir haben den Beliani, dem unsere Design-Sprache gefällt, also machen wir erstmal damit weiter – und natürlich eben auch die schnelle Lieferung. In der Schweiz haben wir übrigens vor fünf Jahren Lieferung am selben Tag eingeführt, können aber an einer Hand abzählen, wir viele Leute bereit waren, den Aufpreis dafür zu bezahlen. Aber wer nicht bereit ist, muss auch nur paar Tage länger warten.

(In puncto Preis-Leistungsverhältnis vergleicht Alex Beliani mit anderen Online-Eigenmarken wie Teufel – „Best sound for money“ und Kapten & Sons . Zum Thema Design erbittet Alex eine nähere Erläuterung: So einzigartig sehe es zu seinen Augen nicht aus. Stephan erklärt, dass der Unterschied vor allem im Vergleich zum örtlichen Möbelhaus zu sehen sei. Beliani positioniert sich als modern im mittelpreisigen Segment. Das leuchtet Alex sofort ein: „Einer anderen Generation“ gehörten die Produkte im stationären Handel an.)

47:30

Alex: Wäre es für euch nicht attraktiv, mit einer anderen Eigenmarke in höhere Preissegmente  reinzugehen? Die Produktionskontakte und die Erfahrung im Markenaufbau und Online-Vertrieb habt ihr ja nämlich schon.

Stephan: Früher hatten wir auch verschiedene Brands, die wir in verschiedenen Kanälen und an verschiedenen Preispunkten ausgespielt haben. Damit haben wir aber aufgehört, weil wir nicht die notwendigen Ressourcen dafür haben, mehrere Brands zu bewerben. Man sich da auch schnell verzetteln. Wir haben mit Beliani eine preisliche Bandbreite gefunden, in der wie uns gut bewegen können. Um noch dazu Luxusmöbel zu verkaufen, müssen wir einen ganz anderen Auftritt hinlegen. So wollen wir uns darauf konzentrieren, in unserem angestammten Segment weitere Marktanteile dazuzugewinnen.

Alex: Und wie oft habt ihr darüber nachgedacht, Pop-up-Stores aufzumachen? Die Beliani-Kollektion könnte man doch von Wietzendorf aus problemlos am Hauptbahnhof Hannover präsentieren… Mit stationäre Präsenz könntet ihr doch euren Bekanntheitsgrad schneller steigern, oder?

Stephan: Wir sind sehr überzeugt, dass das nicht der richtige Weg ist. Online-Händler, die jetzt anfangen, Läden aufzumachen, haben am Ende die gleiche Kostenstruktur wie die stationäre Konkurrenz – und können dann online nicht mehr preislich mithalten. Ganz früher in der Anfangsphase sind wir in der Schweiz auf Ausstellungen gegangen und in Polen haben wir das auch getestet. Ergebnis? Diese Ausstellungen sind so was von vorbei! Sehr teuer – und bringen schlussendlich nicht viel. Wir konzentrieren uns lieber auf Sortimentserweiterungen und Konversion. Vielleicht lohnt sich später Fernsehwerbung. Da würde die Marke bekannter werden. Aber in den Offline-Handel gehen? Davon sind wir einfach nicht überzeugt.

(Alex muss man ja nicht lange von den Nachteilen des stationären Handels überzeugen. Daher paar Fragen „für einen Freund“, der sich vielleicht einen Whirlpool San Remo einbauen zu lassen überlegt… Zum Schluss möchte Alex wissen, worauf sich Stephan in diesem Jahr noch am meisten freut: Neben dem neuen Lager sind das die vielen neuen Mitarbeiter, die er einstellen möchte, und die weiteren Ländermärkte, in die Beliani gehen will.

Letzte Frage: Exit-Strategie ab einer gewissen Größe? Investoren ins Boot? Stephan sagt, er und sein Bruder teilten nur ungerne mit anderen. Daher müsste ein Investor wirklich helfen, einen Riesensprung nach vorne zu machen. Sonst machten die Gebrüder gern allein weiter.)


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