Atlas Copco ist ein großer schwedischer Industriekonzern, der mit 10 Mrd. Euro Umsatz und 40.000 Mitarbeitern ein enormes B2B Schwergewicht im Norden ist. Carl Brockmeyer arbeitet seit einigen Jahren dort und bildet die Speerspitze der Digitalisierungsprojekte (Daten, Onlineshop, Marktplatz). Im Podcast berichtet er wie weit man mit dem Thema „digitaler Vertrieb“ im B2B Bereich kommen kann, welche Rolle auch B2C Tools wie Hubspot spielen und ob man wirklich Maschinen für 30.000 Euro und aufwärts einfach so online verkaufen kann.
Industriegeräte online mit Carl Brockmeyer, Präsident bei Atlas Copco
Atlas Copco ist ein internationaler Industriekonzern mit 40.000 Mitarbeitern weltweit, knappen 10 Milliarden Euro Umsatz und den 37-Jährigen Carl Brockmeyer als Präsident der Vkauum-Sparte. Ja, „President“ sagt man im schwedischen Unternehmen zu den Leitern der Hauptbereiche, aber Carl lässt sich die Anrede nicht zu Kopfe steigen. Das ist auch wohl besser so in einem vom Selbstverständnis her dezentralen Multimarkenkonzern, in dem jeder Leiter seine eigenen Geschäfte selbst verantwortet. In diesem Gespräch geht es demzufolge recht viel darum, was in einem weitverzweigten Konzernumfeld am besten zentral gesteuert werden und was auf lokaler Ebene bleiben soll, wenn man auch in einem komplexen B2B-Segment einen digitalen Kundenzugang aufbauen will.
„Als Kostenstelle konnte das nicht funktionieren.“
2:50
Alex: Kannst du uns bitte erst einmal die Spartenstruktur des Unternehmens erklären?
Carl: Wir sind der weltweit größte Hersteller von Kompressoren, die wir unter weit über 30 Marken weltweit vertreiben. Das ist also eine Sparte. Eine weitere ist Montagetechnik – und mittlerweile werden global zwei von drei Autos mit unseren Werkzeugen montiert: Mercedes, Volkswagen usw. Dann gibt es die Sparte, die wir Power-Technik nennen: Das sind mobile Einsatzgeräte wie Kompressoren, Generatoren oder Beleuchtungsanlagen. Wenn man zum Beispiel über die Autobahn fährt und diese gelben Kästen an den Baustellen sieht, sind das mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Anlagen von uns. Die vierte Sparte ist Vakuumtechnik – und hier sind wir mittlerweile weltweit der größte Hersteller. Das ist dann alles in sechs weitere Sparten unterteilt, wovon ich eine verantworte.
Alex: Diese Lichtmasten, die man auf Autobahnbaustellen aufstellt und mit einem Generator betreibt: Davon gibt es das neue lithiumbatteriebetriebene „HiLight Z3+“. Die habe ich auf eure Webseite entdeckt, aber ich konnte es dort noch nicht kaufen. Wo müsste ich denn hin? Oder wen müsste ich anrufen?
Carl: Falls du einen Lichtmast willst, stelle ich dir gern den Kontakt her! Spaß beiseite: Wir sind ein sehr dezentralisierter Konzern. Ich habe als Vorstand für meinen Bereich die volle Verantwortung dafür, wie wir vermarkten und den Marktzugang suchen. Und entsprechend verhält es sich bei den Kollegen in der Sparte Lichtmasten. Da sind wir sehr unterschiedlich weit entwickelt. Das ist also nicht mein Bereich. Was ich dazu allerdings sagen kann: Es wird sehr viel verliehen und wenig gekauft. Baustellen sind ja temporär.
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Alex: Dann lass uns mal generell – auch spiegelbildlich für B2B insgesamt – auf den Digitalisierungsgrad der Industrie eingehen. Hätten wir vor zehn Jahren einen Workshop für einen B2B-Unternehmen veranstaltet, hätte uns ein (in der Regel) älterer Vorstand gegenübergesessen: „Online-Markting? Machen wir gar nicht. Wozu auch? Auf Amazon wird nie jemand so ein Produkt suchen oder kaufen. Spielt in der Beschaffungsprozess keine Rolle. Selber online verkaufen? Nein, das wollen wir nicht. Müssen wir doch an unsere Vertriebspartner vor Ort denken. Und wenn so ein Lichtmast kaputt ist, soll es auf der Baustelle vom Partner repariert werden. Den wollen wir doch nicht an die Zentrale retourniert bekommen!“ Zehn Jahre später – und jetzt bist du der Vorstand! Wie wichtig ist E-Commerce für dein Geschäft?
Carl: Sehr wichtig – sowohl für Bestands- als auch für Neukunden. Ich spreche hauptsächlich von meinen Bereich Vakuum, aber auch andere Sparten haben zum Teil hohe Online-Anteile. Insgesamt ist E-Commerce für die Kundenfindung sehr bedeutend, aber für den Abschluss nicht immer im selben Maße. Und da gibt es große Unterschiede je nachdem, ob es sich um Kauf-, Leih- oder Ersatzteilgeschäft handelt sowie je nach Land. In USA zum Beispiel wurden digitale Kanäle zuletzt stark von den Geschäftsbereichen forciert, weil das der richtige Zugang für den Markt ist.
Im Vakuumgeschäft haben wir mehrere Marken (um die zehn) mit denen wir Produkte, Dienstleistungen und Ersatzteile vertreiben. Davon machen wir inzwischen einen hohen Anteil online. Jede Marke hat eine Webseite und die meisten haben auch einen eigenen Webshop. Da kann man Preise einsehen, Katalognummern finden und auch Bestellungen abgeben. Auch bei uns unterscheidet sich das aber stark nach Land. Wir hatten es mal mit globalen Initiativen zentral aus Deutschland heraus versucht, gingen aber damals noch sehr vorsichtig vor: „Zeigen wir Preise? Dann sehen sieh auch unsere Wettbewerber…“ Dann haben wir das viel weiter geöffnet.
Jetzt haben wir vor rund zwei Jahren sogar einen eigenen Marktplatz gegründet, wo Kunden auch markenübergreifend einkaufen können. Anfangs war er nur für Atlas-Copco-Marken und in den Ausbaustufen binden wir nach und nach Vertriebspartner und Händler ein sowie Anbieter von komplementärer Technik ein. Und wir haben auch schon angefangen, die Produkte von direkten Wettbewerbern einzubinden.
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Alex: Wie sieht denn so eine klassische customer journey in der Vakuumsparte aus? Kommen die meisten Kunden über die Webseite? Über IP demasking könnt ihr bestimmt sehen, ob Zugriffe von einem bestimmten Baukonzern, einem Halbleiterhersteller oder einer Universität kommen…
Carl: Das ist sehr unterschiedlich. Wir betreiben ein sehr intensives persona mapping, um Kundenprofile zu erstellen und machen auch account-based marketing. Vor allem in größeren Konzernen müssen wir natürlich an die Entscheidungsträger ran – und das möglichst frühzeitig.
Lass mich da zwei Extrembeispiele nennen: erstens, den ‚verrückten Professor‘ an einer Forschungseinrichtung wie CERN oder an der TU München. Der will, sagen wir mal, einen Teilchenbeschleuniger oder ein Teleskop bauen. Da ist er sich noch nicht ganz sicher, wie genau die Vakuumtechnik funktionieren soll und da müssen wir entsprechend früh in der Anbahnung drin sein. Das sind Projekte, die erst in fünf oder zehn Jahren realisiert werden. Da ist die wichtige Frage: Wie findet der Forscher an der Uni, der im Internet nach Vakuumtechnik zu suchen anfängt, zu uns? Entsprechend veröffentlichen wir wissenschaftliche Papiere, gehen auf Veranstaltungen in relevanten Forschungsgebiete, halten Vorträge – jetzt vermehrt virtuell. Ein ganz anderes Extrem in der Anwendung: Am 31.12. kauft sich ein Student an einer Uni in USA für 26.000 $ einen Lecksucher.
Alex: Ein was…?
Carl: Ein Helium-Lecksuchgerät, mit dem man feststellen kann, ob eine Vakuumkammer undicht ist. So etwas setzt zum Beispiel SpaceX ein, um die Transportkapsel nach Lecks abzusuchen, bevor sie ins All geschossen wird. Denn drinnen in der Kapsel soll der Astronaut ja noch leben können. Helium wird hier als Prüfgas eingesetzt: Die Kapsel wird mit Helium vollgepumpt und unter Vakuum gesetzt; dann wendet man einen sogenannten Sniffer an, um etwaige Heliumlecks von außen ausfindig zu machen. Das ist eigentlich nichts anderes als das, was man klassisch mit dem Fahrradschlauch im Wasser macht.
So ein Gerät wird dann in der Forschung und Entwicklung eingesetzt und beim Bau von größeren Vakuumanlagen. Dann ist immer wieder die Frage: Stecke ich mehr Geld rein, um das System 100% dicht zu machen oder gebe ich es lieber für eine höhere Pumpleistung aus, um das Leck auszugleichen.
16:00
Alex: Eigentlich müsste ein Unternehmen immer wissen: „Ach, dieses Leck-Such-Seminar müssen wir jede Woche anbieten, weil das rerturn on invest für dieses Videomaterial relativ hoch ist.
Carl: Genauso gehen wir vor. Vor vier Jahren haben wir – angefangen in USA, mittlerweile weltweit – unsere Kanäle ausgerollt und an die Webshops angebunden. So wissen wir, dass LinkedIn ein sehr erfolgreicher Kanal ist. Darüber spielen wir viele unserer Webinare aus – und dort haben wir auch viele Bedarfe für Themen neu erkannt. Das sind Inhalte, die wir immer wieder veröffentlichen können. Darüber gewinnen wir auch neue Kunden. Und im Umkehrschluss konnten wir bei diesem Studenten feststellen, dass er bis dahin noch nicht bei uns in der Datenbank aufgetaucht war. Wir vermuten, dass war einer, der zum Jahresende ein Budget noch aufbrauchen musste…
Alex: Wie sieht denn eure Organisation fürs Nachvollziehen der customer journey aus? Ist das bei euch im Vertrieb angesiedelt oder eher im Marketing? Oder arbeitet ihr da abteilungsübergreifend?
Carl: Das war eine Diskussion, als wir damals vor vier Jahren damit begonnen haben. In USA haben wir das zuerst eingeführt und habe ich gesagt: „Ich brauche einen neuen head of marketing.“ „Aber das ist doch kein Marketing! Das ist doch Kommunikation, was du da vorhast…“ „Nein,“ erwidere ich: „Das ist Marketing.“ Da wurde lange diskutiert. Aber bei Atlas Copco glauben wir an die dezentrale Struktur und dass die jeweilige Organisationseinheit beziehungsweise Geschäftsführung die volle Verantwortung hat. Also hieß es am Ende: „Wir lassen dich mal machen.“
Ein Jahr später hatten wir verstanden, dass das funktioniert und rollten das Konzept weltweit für die Marke aus – später dann sogar markenübergreifend. So haben wir entsprechend eine Organisation dafür aufgebaut. Mein head of marketing USA konnte sich dann zusätzlich ein Team aufbauen, um die Hubs in den einzelnen Märkten zu betreuen und analytics zu betreiben.
Dieses Team ist nicht der Vertriebsorganisation untergeordnet, sondern arbeitet parallel dazu. Das ist nämlich eine eigene Kompetenz, die jeden Fachbereich unterstützt. Denn es ist nicht nur das Thema Kunden-, sondern genauso Mitarbeiterakquisition. Schließlich müssen wir uns wie alle Unternehmen die Frage stellen, wie wir an neue Talente kommen wollen. Das ist also eine Funktion, die man vielleicht am ehesten mit Finanzen vergleichen kann, weil sie überall Prozesse unterstützt.
21:25
Alex: Eurer interner Marktplatz klingt erst einmal einleuchtend: Ein Konzern hat 20 Marken und da ergibt es Sinn, alles auf eine zentrale Plattform darzustellen. Das scheitert aber in vielen Konzernen – meistens an regionalen Interessen sowie technischen Hürden. Es gibt oft keine globale Preisstrategie, sondern man versucht ganz im Gegenteil die Marge in jedem Markt zu maximieren und bleibt daher bei „Preis auf Anfrage“ – so nach dem Motto: „Der Kunde wird sich schon melden, wenn er was will. Und dann finden wir den Preis, der für uns am besten ist – und natüüürlich auch für den Kunden…“ Daran scheitern viele interne Marktplatzprojekte. Wie hast du solche Hürden überwunden?
Carl: Von den Herausforderungen und unseren Fehlern im Umgang mit ihnen könnte ich Bände erzählen. Wie du weißt, hat es auch lange gedauert, bis wir mit dem Marktplatz starten konnten – wegen des Projektes haben wir uns ja kennengelernt. Wir mussten dafür Geld lockermachen und 2017 war das noch ein Randthema. Das Verständnis dafür konnten wir schnell herstellen, aber das Projekt war dann eine Kostenstelle.
Aber als Kostenstelle konnte das nicht funktionieren. Deshalb war es mir wichtig, dass es eine unabhängige Ausgründung sein würde und dass es von unseren IT-Systemen unabhängig aufgebaut werden würde. Die Hürden wollte ich also umgehen. Es hat dann eine Weilte gedauert, aber das habe ich hinbekommen: Wir haben die Einheit gegründet und anfangs mit einer Million Dollar kapitalisiert. Dann war die erste Etappe ein MVP mit drei Marken und den ersten 100 Produkten online. Danach bauten wir das in Sprints immer weiter aus.
Das hat ein Jahr lang so funktioniert, bis wir auf größere Hürden stießen – vor allem in der technischen Anbindung. Denn: So unabhängig wie wir sein wollten, so sicher kam der Punkt, an dem wir, um weiter zu skalieren, an so Themen wie Warenverfügbarkeit ranmussten. Anfangs konnte man beim MVP einzelne Bestellungen an die Logistik zur Abwicklung weiterleiten. Aber um langfristig die Logistik bedienen und Kundenbetreuung leisten zu können, führt dann kein Weg mehr an den bestehenden hauseigenen Systemen vorbei: SAP. Da wurde es natürlich komplexer.
Für die kommenden Jahre sieht die Strategie so aus. Die individuellen Markenshops sind nach wie vor wichtig: Darüber finden auch viele Kunden den Einstieg – ob sie über Social-Media, Veröffentlichungen oder andere Kanäle kommen. Unsere Marken sind ja stark: Leybold zum Beispiel ist die älteste Vakuummarke der Welt – die gibt es seit 1850! Atlas Copco selber wurde schon 1873 gegründet; Edwards gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Diese Marken sind in der Industrie und in der Forschung & Entwicklung sehr bekannt. So wollen wir sie weiterhin nach außen präsentieren und nach innen schauen, wo wir auf der Technologieseite – BI, Marketing, PIM – gemeinsame Hebel ziehen können. Das ist eine Skalierung, auf die wir 2022 setzen.
26:55
Alex: Aus Kundensicht ist ein möglichst homogener Auftritt interessant, wo man etwa die Vakuumprodukte von Leybold mit denen von anderen Konzernmarken vergleichen kann, um das passendste zu finden. Ist das eine Sicht, die du versuchst, den verschiedenen Marken zu vermitteln? Müsst ihr langfristig über eine zentrale Funktion gehen, oder siehst du einen anderen weg?
Carl: Es ist wichtig zu verstehen, dass wir nicht als Atlas-Copco-Konzern auftreten, sondern mit den einzelnen Marken. Und es nicht nur das gleiche Produkt, das pro Marke in einer anderen Aufführung, Farbe usw. verkauft wird. Es ist ein wenig wie mit dem Volkswagen-Konzern, um ein plakatives Beispiel zu nehmen: Da gibt es Kunden, die von Skoda zu SEAT wechseln und dann unzufrieden sind. Unsere Marken treten auch in Wettbewerb zueinander – sowohl in Bezug auf Technologie als auch darin, dass sie Angebote im Bieterverfahren abgeben. So müssen wir unsere Markenwelt mit jeweils eigenen Vertriebsteams, Fabriken usw. aufrechterhalten.
Aber grundsätzlich gebe ich dir recht: Das ist im Zusammenspiel der Marke und der Länder sehr komplex. Und die Leiter der jeweiligen Vertriebsorganisationen verantworten letztendlich ihre Kanäle. Einige davon können sich gewisse Kompetenzen auch gar nicht leisten oder müssen zwischen A und B entscheiden. Dann gehen sie oft lieber in die Kanäle, die schon kennen und investieren in bestehende Distributionsnetzwerke. Deshalb bauen wir das Thema E-Commerce zentral weiter aus – als Unterstützung, als Dienstleistung für die einzelnen Länder. Dabei müssen wir auf verschiedene Märkte zum Teil sehr spezifisch eingehen: Regularien in China muss man etwa ganz anders handhaben als in USA oder Deutschland – auch so etwas Einfaches wie die Farbschemata müssen lokalisiert werden. Dafür haben wir zentral organisierte aber lokal zuständige Teams. Auf der Tech-Seite gibt es aber sehr viele Gemeinsamkeiten in Bezug auf Produktdaten, Logik, Strategie usw. In der nächsten Ausbaustufe müssen wir uns überlegen, in wie weit Auftragsabwicklung, Kundensupport zentral erfolgen müssen. Es läuft wahrscheinlich auf markenübergreifende, dafür aber länderspezifische Organisationen aus. Das würden wir zentral aufbauen, aber Hand in Hand mit den Vertriebsabteilungen der Marken integriert.
32:40
Alex: Gehen wir wieder zehn Jahre zu diesem imaginären Workshop zurück, den wir damals abgehalten hätten: „Amazon!“ Der Ratschlag Anno 2012 wäre gewesen: „Verkauft doch zumindest ein paar Posten über Amazon, um zu lernen, ob die Leute danach suchen…“ Was sind deine Erfahrungen mit Amazon – aber auch mit anderen Plattformen wie Mercado Libre in Südamerika…
Carl: … oder TaoBao in China. Und ja, es gibt immer wieder einzelne Vertriebsorganisationen in den Ländern, die mit Plattformlistungen experimentieren: Amazon, Google Shopping, usw.; oft Ersatzteile, aber auch mal komplexere Anwendungen. Es ist aber so: Wenn du eine Vakuumpumpe für mehrere Tausend Euro kaufst, hast du gewisse Erwartungen. Wir wickeln auch rund 90% unseres Geschäfts übrigens im Direktvertrieb und nicht über Händler ab. Bei uns im Vertrieb und in der Applikationsberatungen sitzen auch einige Doktoren der Physik. Das unterscheidet uns sehr stark.
Bei Kompressoren gibt es nämlich einige Anwendungen, die relativ simpel sind. Im Segment Vakuum ist es allerdings so, dass – egal, was für eine Anwendung – man für die menschliche Sicherheit sorgen muss. Das Feld ist daher beratungsintensiv. Das heißt nicht, dass es nicht Kunden gibt, die sagen: „Ich weiß genau, was ich will!“ und dann Geräte für Tausende Dollar mit der Kreditkarte kaufen. Das Spektrum ist breit – und da sind wir sehr offen. Was aber allein beratungstechnisch nicht abzudecken ist: Das gesamte Produktkatalog auf Amazon packen und fertig!
36:05
Alex: Ihr seid digital schon weiter als viele in der Industrie. Was sind die Ziele für die kommenden Jahre. Was wollte ihr in den nächsten zwei oder drei Jahren können – und warum?
Carl: Intern haben wir einen langen Aufgabenzettel – etwa die vorhin angesprochene Anbindung vom Marktplatz an die internen Systeme. Da bleibt noch eine Menge Arbeit nicht zuletzt deswegen zu tun, weil wir in den letzten Jahren sehr stark über Akquisitionen gewachsen sind. Ursprünglich war Atlas Copco vorwiegend auf Kompressoren und Werkzeuge spezialisiert: Erst ab 2014 stiegen wir in den Vakuummarkt ein. Dementsprechend haben wir eine historisch bedingt sehr heterogene IT-Landschaft. Da müssen wir harmonisieren – und zusehen, dass alles, was wir neu entwickeln, auch standortübergreifend funktioniert. Das sind so Fragen wie: „Wie ermöglichen wir es, dass der Marktplatz in den USA die tatsächlichen Bestände samt Lieferzeiten aus dem Zentrallager in Köln anzeigt?“
Der zweite große Aufgabenbereich ist ein marketingtechnischer: Wie finden wir Kunden? Wie machen personalisiertes und kundenbasiertes Marketing? Ich glaube, dass wir da bereits sehr gut unterwegs sind, aber das müssen wir immer weiter ausbauen und Neues ausprobieren. Wir haben ja sehr lange und beratungsintensive customer journeys und wieder andere, wo der Kunde weiß, was er braucht – oder glaubt es zu wissen, um dann nach einem kurzen Chat festzustellen, dass es sich doch um etwas anderes handelt…
Dann wollen wir – wie vorhin besprochen – das Thema E-Commerce strukturiert im größeren globalen Konzernumfeld ausbauen. Dafür müssen wir unbedingt neue Talente für uns gewinnen. Dabei sind wir kein klassischer E-Commerce-Konzern und sind noch nicht als digitaler Konzern bekannt.
40:50
Alex: Letztes Thema: Wie handhabt Atlas Copco das Thema remote working?
Carl: Da kann ich nur von meinem direkten Team berichten. In meiner globalen Verantwortung bin ich nie am richtigen Ort! Egal, wo ich angesiedelt bin: Jeden Tag gibt es ein Thema von einer anderen Fabrik in einem anderen Land. Es spielt also de facto keine Rolle, wo ich wohne oder sitze. Und diese Mentalität nehme ich in mein Team mit rein. Von den acht Vice-Presidents, die ich habe, sitzen zwei in Deutschland, einer in Tschechien, zwei in UK, zwei in Belgien und einer in USA! Nur in Asien könnten wir also im Kern-Team noch besser vertreten sein – und so agieren wir auch schon! So wären wir übrigens auch ohne Corona gewesen. Es sind globale Kunden und globale Vertriebsstrukturen.
Allerdings sind wir natürlich durch die Pandemie dazu gekommen, noch mehr remote anzubieten. Und wir haben auch Mitarbeiter, die durch Corona und remote working gelitten haben. Die etwa in die Produktentwicklung nach Köln gezogen sind und noch nicht – weder beruflich noch privat – Leute kennenlernen konnten. Gerade in der Produktentwicklungen ist das Zusammenarbeiten in Teams wichtig. Remote ist also kein Allheilmittel. Das Wichtigste ist, menschen- und bedürfnisspezifisch vorzugehen.
Dieser Podcast wird unterstützt von Husqvarna Forst & Garten.
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