fab-skullFab.com ist aus meiner Sicht ein würdiger Nachfolger von Shoppingclubs & Groupon Modellen als erst geschätztes Geschäftsmodell, das einen Weg findet die Abhängigkeit von Google & Co. zu umgehen, um dann im Skalierungswahn unterzugehen. Ich finde das Geschäftsmodell grundsätzlich sehr smart, aber ich sehe zunehmend weniger Vorbildfunktion für andere Händler bzw. Hersteller, die auf der Suche nach neuen spannenden Möglichkeiten im E-Commerce sind. In Fachkreisen herrscht nach meiner Erfahrung sogar eine recht große Einigkeit darüber, dass Fab.com recht „aufgeblasen“ ist bzw. kaum jemand nachvollziehen kann, wer bei der aktuellen Bewertung und den Umsätzen (nicht Profiten!) noch mitfinanzieren will.

Fab.com verkauft schöne Dinge

Es ist gar nicht so einfach zu beschreiben, was Fab.com genau macht, weil das Unternehmen sein Geschäftsmodell mehrfach angepasst hat:

„We’re now ready to pull the covers off of the massive pivot Fab has successfully undergone in 2012, from design flash sales to the world’s leading everyday design retailer.

Es war mal ein Shoppingclub und versteht sich nun als Design Shop. Gemäß der Eigenbeschreibung ist es neben einem Shop auch eine große Community mit Designern und deren Kunden:

Fab ist Design, Store, weltweit. Unsere Mission: Menschen dabei helfen, ihr Leben mit Design besser zu machen. Mit Fab entdecken Menschen Design für ihren Alltag, treffen auf die spannendsten Designer der Welt und teilen miteinander Design, das sie inspiriert.

Das klingt ein wenig blumig. Am Ende des Tages will Fab.com schöne Dinge verkaufen und zeigt auch potentiellen Handelspartnern genau diese Positionierung.

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Ob Fab.com bereits selbst Dinge produziert, ist nicht klar. Auf jeden Fall dürften sie darüber nachdenken, Designs selber zu produzieren und zu verkaufen um ein noch größeres Stück der Marge zu erhalten. Dafür spricht auf jeden Fall der Zukauf von massivkonzept.com und ein entsprechender Kommentar bei Gründerszene:

Auch Berlin spielt künftig eine Schlüsselrolle in der Strategie von Fab. Fab eröffnete jüngst eine neue Europazentrale in der Rungestraße für 250 Mitarbeiter. Mit dem Geld soll zudem die in Berlin geplante Eigenfertigung von Möbeln ausgebaut werden. Das Europageschäft mache inzwischen 40 Prozent des weltweiten Umsatzes aus, so der Gründer Jason Goldberg.

Update: Zum Standort Berlin scheint sich Fab.com neu zu sortieren. Siehe Techcrunch:

It’s been a tough week for Fab. Yesterday, word came that the company is being sued for trademark infringement and unfair competition by shoes and apparel site Just Fab, and today Fab is announcing over 100 employees will be laid off from its Berlin offices. The company, which just last month announced the close of $150 million in Series D funding, says the layoffs are meant to reduce redundancies. However, the company notes that it will have over 600 employees by the end of today’s actions, and is still hiring for more than 70 positions globally.

 

Das Geschäftsmodell ist nicht beliebig skalierbar

Schöne Dinge verkaufen ist ja erst einmal „schön“. Was gibt es daran auszusetzen? Solange ein Unternehmen mit dem Verkauf schöner Dinge solide wachsen kann und die Kunden begeistert sind, ist alles gut. Fab.com ist das auch bis zu einem gewissen Grad gelungen, bis unfassbar viel Geld in das Unternehmen gesteckt wurde, um die spannende Positionierung auf ein neues Level zu heben. Zusammengefasst könnte man sagen, dass Fab.com, seine Investoren und auch Forbes an die folgenden Zutaten glauben:

  1. Dinge verkaufen, die es sonst nicht gibt. Insbesondere nicht bei Amazon.
  2. Wiedererkennbar/spannend sein als Plattform.
  3. Mobile first.
  4. Be social.
  5. Be global. (24 Länder)

So ungefähr sollten die geheimen Zutaten aussehen, um ein E-Commerce Geschäftsmodell zu schaffen, bei dem die Kunden von ganz alleine wiederkehren. Ohne nun in die Detaildiskussion einsteigen zu wollen, halte ich die Punkte 3-5 für einfaches Bullshitbingo. Daran ist nichts besonders und schon gar nichts davon ist geeignet um eine verteidigende Positionierung aufzubauen. #2 wird wohl an dem massiven Wachstum scheitern. Die Plattform wird groß, langsam, langweilig. Daran können auch die hübschen Teaserbilder nichts ändern. Und auch bei #1 gibt es eine natürliche Barriere, die auch die innovativsten E-Commerce Modelle nicht aushebeln können. Spannende Dinge sind oft auch deshalb spannend, weil es sie nicht so oft gibt. Diese Lektion mussten auch schon die Shoppingclubs lernen.

Alles in allem macht das wenig Hoffnung auf ein Geschäftsmodell, das viele wiederkehrende Kunden langfristig glücklich machen kann. Um aber trotzdem die Hoffnungen der Investoren zu erfüllen, dürfte das Bestandskundenmarketing deutlich aggressiver gestaltet werden. Wer gehofft hat, dass das Fab.com Followerprinzip zu weniger Werbe-Emails führt, der dürfte bald eines Besseren belehrt sein. Die 10-20 Mio. bestehenden Fab.com Kunden müssen viel mehr kaufen, damit der Case aufgeht. Wenn aber alle neuen Plattformen, von farfetch.com bis Zalando.de, nur noch über die Kauffrequenz den Weg zu Profitabilität finden, dann müssen die Kunden ja schon 100-200x alleine über die neu entstandenen Plattformen in den letzten beiden Jahren einkaufen, damit genug Umsatz gemacht wird. Wie wahrscheinlich das insbesondere mit Tinnef Produkten ist, kann jeder Leser selber beurteilen.

Die Bewertung ist abenteuerlich

Fab.com hat in zwei Jahren ca. 321 Mio. $ eingesammelt und hofft auf weitere 100 Mio. $ in den nächsten Monaten. Ob dieses Geld nun sinnvoll ausgegeben oder verprasst wird, wie es im businessinsider behauptet wird, ist erst einmal egal. Die zugrundeliegende Bewertung von ca. 1 Mrd. $ sollte hellhörig machen. Zur Übersicht habe ich die wichtigsten Zahlen in der folgenden Übersicht dargestellt. Die 2 Mrd. $ Grenze für einen Exit ist willkürlich gewählt. Das würde bedeuten, dass die letzten Investoren ihren Einsatz verdoppeln können. Das ist eher noch konservativ kalkuliert.

Fab-Numbers

Bei einem IST-Umsatz 2012 konnte Fab.com also in der ersten Jahreshälfte 2013 zu einer Bewertung von 1.000 Mrd. $ 1 Mrd. $ gelangen. Das ist schon ziemlich mutig. Kinnevik bewertet Zalando mit 3,2 Mrd. € und die können relativ glaubwürdig nachweisen, dass sie in diesem Jahr bei einem Nettoumsatz zwischen 1,5 Mrd. und 2 Mrd. € landen werden. Fab.com scheint seine Geschichte besonders gut erzählen zu können. Vielleicht hatte der chinesische Internetriese Tencent aber auch nur einen guten Tag und wollte auch mal bei einem coolen Geschäftsmodell mitspielen. Alles eine Frage der Perspektive. Natürlich kann man auch der Argumentation folgen, dass Instagram und Tumblr bei ihrer Milliardenbewertung gar keine Umsätze vorweisen konnten und deshalb Fab.com ein viel besseres Investment sei. Die Leute, die das sagen, haben aber auch Telekom Aktien für 28,50 Mark das Stück gekauft und danach Manfred Krug eine Dankeskarte „Danke für den tollen Tipp“ geschrieben.

Das Internet ist die Plattform

Ich glaube einfach nicht mehr an diese Community-artigen Ansätze von Fab.com ab einer gewissen Skalierung. Die Kunden muss Fab.com mittlerweile auch teuer akquirieren und wird so zu einem der größten Facebook Werbetreibenden. Ob das nun viel besser ist als Google mit Geld zu füttern, wage ich zu bezweifeln. Wenn ich mich näher mit dem Geschäftsmodell von Fab.com befasse, entstehen mehr Fragen als Antworten.

  • Warum brauchen gute Designer langfristig überhaupt Plattformen wie Fab.com, um ihre Produkte zu verkaufen?
  • Ist das Internet nicht selbst die Plattform? Braucht man Fab.com überhaupt, um coole Produkte zu entdecken?
  • Ist der Kauf eines coolen Totenschädels direkt vom Designer in seinem kleinen Blog nicht viel erfüllender für den Käufer? So bekommt er doch den direkten Draht zum Kunden.
  • Führen tägliche Mails mit neuen Produktvorschlägen nicht schnell zu einer Übersättigung = hohe Churnrate? Gibt es dazu eine Alternative?
  • Wer kauft diesen Tinnef? Auch wenn man es schön findet, irgendwann dürfte doch der Platz/das Geld dafür knapp werden.
  • Fab.com ist bisher nur ein Händler und noch kein Hersteller. Können Sie wirklich ein IKEA für Designprodukte werden? Moment – ist nicht IKEA der Händler für schön designte Möbel?
  • Warum leuchten beim Lesen von Jason Goldbergs Artikel  „8 Gründe für Fab.com“ alle bullshitbingolampen auf einmal auf?

So, genug der kritischen Worte. Jetzt kaufe ich mir erst einmal eine farbige Pfeffermühle für 54€ einen Wandaufkleber für 20€. Das sieht doch aus wie ein super individuelles Produkt, was man auf keinen Fall im nächsten Chinaladen bekommen kann.

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