Was Hornbach im E-Commerce besser macht

55:15

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Der DIY Bereich ist wohl die Kategorie mit dem größten E-Commerce Potential neben Food in den nächsten Jahren. Ob wir demnächst unsere zugeschnitten Bretter per DHL bekommen, was im DIY Bereich online besonders gut funktioniert und warum Hornbach in vielen Bereichen führende ist, bespreche ich mit dem Hornbach CTO und Vorstand Andreas Schobert. Hornbach hat mit seiner Preisstrategie besonders gute Voraussetzungen im Onlinehandel erfolgreich zu sein. Es dürfte klar sein, dass sich Hornbach in Zukunft viele Dinge über einen „normalen“ Onlineshop hinaus vorstellen kann – einer der Gründe, warum Spryker als E-Commerce Technologie ausgewählt wurde. Für mich als Heimwerker natürlich ein Traumkandidat! Vor vier Jahren gab es auf Kassenzone.de das DIY Branchenupdate.

Alexander Graf

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Baumärkte Online mit Andreas Schobert, CTO von Hornbach

Hornbach ist Alex‘ Lieblingsbaumarkt – geworden, seitdem das Unternehmen vor zwei Jahren Spryker-Kunde wurde. „Seit gefühlt 30 Jahren“ arbeitet Andreas schon beim Bornheimer Baumarktbetreiber, zu dem er doch eigentlich erst 2004 stieß. Die Zeit kommt Andreas vermutlich deswegen so lang vor, weil er sie gut ausgefüllt hat: Erst hat er sich Märkte gekümmert, dann am Aufbau des Webshops gearbeitet, bevor er 2015 bei der Bündelung von E-Commerce und IT in die Vorstandsebene aufrückte. Heute spricht er mit Alex über das Preis- und Service-Versprechen von Hornbach sowie die enge Verzahnung von On- und Offline. Auch das Thema Plattformökonomie kommt keineswegs zu kurz.

„Wir schauen uns sehr genau an, wohin sich unsere Kunden bewegen.“

2:45

Alex: Gibst du uns zum Einstieg bitte ein paar Eckdaten zu Hornbach?

Andreas: Im letzten Geschäftsjahr (März 2019 bis Februar 2020) machten wir einen Umsatz von ungefähr 4,4 Milliarden Euro. Wir haben knapp 20.000 Mitarbeiter und sind in neun Ländern vertreten – jeweils online wie stationär. Zur Einordnung: In Deutschland liegt unser stationärer Marktanteil des gesamten Baumarktumsatzes von rund 23 Milliarden Euro bei 11,3%; im Online liegen wir bei geschätzt 30%. Wenn man wirklich alles an Heimwerkerprodukten und auch die Fachmärkte heranzieht, steht DIY in Deutschland bei rund 46 Milliarden Euro.

Alex: Wie groß ist denn der Online-Anteil, von dem ihr wiederum 30% habt? Dreimal eurer Anteil, stimmt’s?

Andreas: Nicht unbedingt! Es ist schwierig zu sagen, denn online konkurrieren wir mit sehr vielen spezialisierten Händlern.

Alex: Wie viele Baumärkte habt ihr? Und wie viele gibt es in Deutschland insgesamt?

Andreas: Wir haben 160 Märkte. Wie viele es insgesamt hierzulande gibt, ist eine gute Frage! Weit über 1000 auf jeden Fall. Weltweit gesehen hat Deutschland übrigens die höchste Baumarktdichte (pro Kopf gemessen).

Alex: Irgendwer hat mir mal gesagt, dass in Deutschland die höchste Dichte rund um Wolfsburg zu finden ist, weil es dort zuerst die Viertagewoche gab! Kannst du das mit Hornbach-Daten bestätigen?

Andreas: Wir sind in Wolfsburg auch vertreten. Aber da bin ich überfragt.

(Vor paar Jahren schieden Praktiker und Max Bahr aus dem Markt, erinnert Alex. Daher seien heute die Hauptkonkurrenten von Hornbach heute Obi, Bauhaus und Globus. Andreas ergänzt: Hagebau. Auf welche Alleinstellungsmerkmale Hornbach setze, will Alex wissen. Andreas: Hornbach sei darauf ausgerichtet, nicht nur einzelne Produkte, sondern ganze Problemlösungen anzubieten: breites und tiefes Sortiment, gute Verfügbarkeit und Dauertiefpreise.

Auf Anfrage erklärt Andreas, wie die Dauertiefpreisstrategie genau funktioniere: Nicht jedes Produkt sei bei Hornbach unbedingt immer am billigsten zu haben. Insgesamt versucht Hornbach aber am günstigsten zu sein. Allerdings dürfe jeder Kunde eine etwaige nachweisbare Preisdifferenz zurückfordern – und kriege 10% „Finderlohn“ obendrauf. Was allerdings aufgrund der Preispolitik nicht allzu oft vorkomme.)

9:15

Alex: Viele Marken möchten sich nicht über den Preis definiert wissen – und wollen schon gar nicht, dass sie besonders günstig zu haben sind. Gibt es Marken, die versuchen, euer Preisversprechen zu unterbinden?

Andreas: Es gibt sicherlich Lieferanten, die sich dem Preiswettbewerb nicht stellen wollen. Für uns ist es ganz einfach: Liegt der Wettbewerberpreis niedriger als bei uns, wollen wir unseren Kunden diese Differenz erstatten. Einige Händler ziehen die Preise hoch, um sie dann wieder herunterzusetzen und daraus eine Werbung zu machen. Wir wollen da lieber offen und ehrlich mit unseren Kunden umgehen. Das bedeutet natürlich, dass sich der eine oder andere Lieferant beschwert: Aber diesem Wettbewerb muss man sich stellen. Und beliefert uns ein Lieferant nicht mehr, gibt es glücklicherweise Alternativen dazu. Nichtsdestotrotz ist nicht die Marge allein entscheidend, sondern auch das Volumen, das man absetzt. Da geht es ja eher um Rohertrag.

Alex: Ich übersetze: Viele Marken können es sich gar nicht leisten, nicht bei euch gelistet zu sein, weil sie dann zu viel Volumen verlieren.

Andreas: In einigen Bereichen ist das sicherlich der Fall. Haben wir doch eine sehr gute Marktdurchdringung. Aber ich denke schon, dass wir ein guter Partner sind. Wir setzen ja auch nicht die Preise, um Herstellern Probleme zu machen, sondern weil das Wettbewerbspreise sind.

11:15

Alex: Wie wachst ihr? Mehr Fläche? Mehr Produkte? Mehr Eigenmarken?

Andreas: Sowohl als auch. Wir versuchen zu expandieren – weitere Märkte, Online – aber wir nehmen nicht einfach alle Produkte auf. Wir sind Baumarktbetreiber. Deswegen werden bei uns ganz gezielt bestimmte Sortimente nicht gelistet – selbst dann, wenn sie gerade ganz attraktiv sind (wie etwa Fahrräder, die einige von unseren Wettbewerbern gerade führen). Auf der anderen Seite wachsen wir auch da, wo wir Eigenmarken vernünftig präsentieren können. Das kann passieren, wenn wir glauben, dem Kunden eine gute Alternative zu einer bestehenden Marke anbieten zu können. Damit geht natürlich auch eine Marge-Fragestellung einher.

Alex: Es gibt Orte, wo zwei Baumärkte nebeneinander stehen. Unterscheiden die Kunden da wirklich, oder nehmen sie einfach die erste Einfahrt, die ihnen vors Steuer kommt?

Andreas: Da kommt es darauf an. Wenn man den Kundenmonitor anschaut, haben wir in den letzten Jahren in puncto Kundenzufriedenheit immer gewonnen. Auch in Themen wie Preis-Leistungsverhältnis und Sortiment haben wir gut abgeschnitten. Anscheinend nehmen die Kunden also durchaus Unterschiede wahr. Aber klar ist: Wenn ich nur eine einzelne Schraube brauche und der Obi ist näher dran als der Hornbach, werde ich im Zweifelsfall keinen längeren Weg auf mich nehmen, um paar Cent zu sparen. Wenn ich mich aber mit einem Projekt auseinandersetze – mit einer entsprechenden Investition – oder ich habe eine spezifische Frage, dann merke ich, wer der bessere Partner ist. Zudem stellen wir fest: Wenn der Wettbewerb direkt nebenan ist, ist das gut für uns. Da können die Kunden nämlich direkt vergleichen – so, wie sie es auch online können.

(Alex erzählt daraufhin, wie er einen Gartentrimmer brauchte – und nach dem üblichen ersten Besuch bei Amazon Hornbach eine Chance gab. Tatsächlich: Das gesuchte Produkt gab es bei Hornbach für 65 Euro – fast die Hälfte billiger, als auf Amazon! Auf Idealo könne man ähnlich wettbewerbsfähige Preise für andere Produkte feststellen.)

15:20

Alex: Dauerkalauer bei mir, den ich immer wieder in Konferenzreden bringe: Wer am Wochenende seine Ruhe haben will, braucht sich nur an die Info-Theke eines Baumarkt zu stellen. Du sagst aber, dass Projektbegleitung zu euren Alleinstellungsmerkmalen gehört. Wie stellt ihr denn sicher, dass dieses Service-Versprechen auch eingelöst wird? Die Kundenberatung ist allein deswegen in eurem Segment schwierig, weil es sich um ein maximal heterogenes Sortiment handelt: Von Gartenmöbel bis Farben über Werkzeuge ist ja alles dabei!

Andreas: Grundsätzlich versuchen wir immer, eine ausreichend gute Besetzung im Laden zu haben. Im Schnitt haben unsere Märkte knappe 10.000m² und da braucht man eine gewisse Anzahl an Mitarbeitern – auch, um dieses in der Tat sehr heterogene Sortiment abzudecken. Und das bei der hohen Frequenz, die wir glücklicherweise haben. Was wir schon zusätzlich nutzen, sind die Inhalte in unserem Webshop: Die sind sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Mitarbeiter da. So kann auch ein Mitarbeiter, der in einem spezifischen Segment nicht ganz bewandert ist, zumindest eine Grundberatung liefern.

Zusätzlich haben wir das Kundenservice-Center, das telefonische Beratung anbietet. Neben klassischen Fragen wie „Wann kommt denn meine Lieferung?“ und „Wann hat denn der Baumarkt offen?“ können wir auch Fachfragen beantworten. Es gibt also ein Defizit, dass man nie die gleiche Anzahl an Kunden und Mitarbeitern im Markt haben kann. Auf diese Weise versuchen wir, dagegen vorzugehen.

Alex: Wie vertikal seid ihr denn aufgestellt? Wie viele Produkte kann ich mit einer anschließenden Dienstleistung kaufen – so in etwa: „Dieses Parkett, bitte – und dazu jemanden, der mir das nach Hause bringt und dort verlegt!“

Andreas: Das bieten wir zunehmend an – noch nicht an allen Standorten und noch nicht mit allen Gewerken. Es ist ja hinlänglich bekannt, wie schwierig es in einigen Bereichen ist, Handwerker zu bekommen. Wir tun aber möglichst viel.

(Alex denkt an Konzepte wie Thermondo oder MyHammer: 90% der Handwerker seien Einmannbetriebe, die mit so Sachen wie Akquisition, Planung und Rechnungsstellung so ihre Probleme hätten. Alex jucke das regelrecht, dass der Markt hier so fragmentiert sei und sich so viele Handwerker um Sachen kümmern müssten, die ihnen nicht liegen. Vor dem Hintergrund müsste Hornbach Handwerksbetrieben eine echte Dienstleistung anbieten können.

Andreas betont, Hornbach würde gern mehr anbieten. Die Schwierigkeit liege darin, die Gewerke in einer guten Qualität zu bekommen. Allerdings sei Hornbach in erster Linie für DIY – also „do it yourself“ Kunden da. Die „do it for me“-Kunden bedienen man zwar mit, aber nicht vorrangig.)

21:20

Alex: Ihr bietet auch Smart-Home-Produkte an – Vor allem fand ich euer „Supergateway“, das mit den acht oder neun verschiedenen Funkstandards in dem Bereich funktioniert und mit vielen Drittanbietern kompatibel ist, wegweisend. Denn man fragt sich schon, wer später das Thema Smart Home einheimsen wird: Amazon? Google? Gardena im Außenbereich? Wie geht ihr da an die Produktentwicklung ran?

Andreas: Ähnlich wie bei allen anderen Innovationsschüben in unserem Unternehmen: Wir schauen uns sehr genau an, wohin sich unsere Kunden bewegen. Dann kommt die Fragestellung: Was tun wir, um unser Geschäft nachhaltig abzusichern? Wie bleiben wir ein relevanter Ansprechpartner? So fingen wir damals an, uns mit dem Webshop auseinanderzusetzen – und genauso ist es hier auch.

Denn wir sehen, dass unsere Sortimente zunehmend „smart“ werden. Ob Garagenantriebe oder Heizungssteuerungen, ob Lichtschaltungen oder Poolpumpen: Hier stellt sich die Frage, was als nächstes passiert. Wenn der Kunde diese ganzen Komponenten zu Hause einbaut und die Daten dafür zur Verfügung stellt, ist die Kundenbeziehung an der Stelle durchaus mit den Herstellern, die die Daten ja verarbeiten können. Was ist aber dann noch der Grund, eine Kundenbeziehung zu einem klassischen Baumarkt zu unterhalten?

Habe ich etwa ein smartes Pool, sagt es mir, sobald ich neues Desinfektionsmittel brauche. Da haben wir bei Hornbach keine Gelegenheit mehr, an diesen Kunden ranzukommen. Wir aber wollen unsere Zukunft selbst gestalten – mit dem Kunden zusammen. Deswegen fingen wir an, uns mit der Thematik Smart Home auseinanderzusetzen. Und da ist es unsere Aufgabe als Händler, es den Kunden zu ermöglichen, sich etwas aus dem vorfindlichen Angebot etwas zusammenzustellen. So kamen wir zu der offenen Struktur.

(So ein Bosch oder Gardena habe ja schon ein eigenes Systemlösung, weshalb Hornbach hier Überzeugungsarbeit leisten müsse. Die Argumentation erfolge dann aus Kundensicht: Denn ein Kunde möchte gegebenenfalls Beleuchtung von Philips mit dem Mähroboter von Bosch und die Bewässerung von Gardena alles in einer Smart-Home-Lösung steuern können. Die meisten Hersteller verstünden dann, dass es vorrangig darum gehen müsse, den Kunden zufriedenzustellen.)

25:20

Alex: Erzähl mal ein bisschen was dazu, wie ihr die Corona-Hochphase im Frühjahr erlebt habt.

Andreas: Etwas mehr als 60 Märkte waren geschlossen oder nur für gewerbliche Kunden zugänglich. Es war also durchaus eine Herausforderung! Einerseits mussten wir sehr schnell unsere Systeme anpassen – etwa für Reservieren und kontaktloses Abholen. Andererseits entstand, sobald die Märkte wieder geöffnet waren, ein gewisser Boom. Was uns sehr stark geholfen hat, war der Webshop. Wir hatten ja in den Jahren davor schon viel in unsere Online-Präsenz und technische Infrastruktur investiert: Sortimentsanalyse, Logistik, Skalierbarkeit.

Zudem haben unsere Mitarbeiter und unsere Kunden zu uns das Vertrauen bewiesen, doch noch in die Märkte zu kommen. Es ist nicht ganz einfach, den ganzen Tag hinter Maske zu arbeiten oder sich hinter Maske beraten zu lassen. Da zeigen wir Demut. In Summe ist es für uns sehr gut gelaufen: Wir hatten trotz Corona im ersten Quartal ein Umsatzplus von 18% sowohl stationär als auch online. Und das Vorjahr war schon sehr ordentlich!

Alex: Und bleiben die Kunden, die während der Zeit euren Online-Kanal kennengelernt haben, dort auch hängen?

Andreas: Viele Kunden haben in dieser Phase erst überhaupt gelernt, was sie alles bei uns online bestellen können. So haben wir zusätzlich zu den vielen Online-Kunden, die wir schon hatten, neue Kunden für diesen Kanal gewonnen. Einige benutzen ihn jetzt auch nachhaltig. Gibt es ja auch etliche Vorteile: Man hat alle Rechnungen im Kundenkonto zum Beispiel, anstatt verblassend auf einem Papierstapel. Auch die App hat massiv an Downloads zugelegt. Sie hat praktische Features wie Objekterkennung: Da scanne ich was auf dem Handy ein, um zu erfahren, was es ist – und kriege oft (wenn nicht zu 100%) Produktvorschläge. Und mit der App kann ich im Markt selber meine Sachen einscannen, um schneller an der Kasse zu sein – was gerade in der Corona-Zeit Kontakt minimiert.

Alex: Wie hoch ist eigentlich euer Click-&-Collect-Anteil? Ich stehe dem Thema bekanntermaßen gespalten gegenüber. Einerseits sagt MediaMarkt, dass Click-&-Collect boomt. Andererseits finde ich, Kunden werden dadurch höchstens angelernt und lassen sich die Sachen nach Hause liefern, sobald sie gemerkt haben, dass MediaMarkt die Logistik hinkriegt…

Andreas: Das ist ein sehr gern genutzter Service – wenn auch sehr vom Sortiment und den damit verbundenen Herausforderungen abhängig. Rund 50% der Bestelllungen online sind bei uns Click-&-Collect – mit steigendem Anteil. Denn gerade bei großen und sperrigen Produkten ist es so, dass wir das im Markt in zwei Stunden zusammenkommissioniert bekommen. Und wenn ich am Wochenende gerade was für mein Projekt brauche, ist es sehr hilfreich, wenn ich gleich vorbeifahren und das abholen kann. Same-day-delivery steht in unserer Branche für viele Sortimente nämlich noch nicht in Aussicht. Die logistischen Herausforderungen sind einfach sehr groß.

(Danach fragt Alex nach der personellen und organisatorischen Aufstellung von Hornbach im Online-Kanal. Andreas legt Wert auf die Feststellung, dass Hornbach nie den Webshop und die Baumärkte getrennt gesehen habe. Intern heißt diese Omnichannel-Strategie „interconnected retail“. Hornbach glaube, erst mit einer engen Verknüpfung der beiden Kanäle Online und Stationär entstünden echte Vorteile. So wüchsen beide. Online lege zwar insgesamt schneller zu, aber von einer niedrigeren Basis auch. Zudem: In Orten, in denen Hornbach eine stationäre Präsenz haben, wachse auch Online schneller; und umgekehrt lotse der Webshop Kunden in die örtlichen Märkte, die wiederum auch schneller wachsen.

Auch bei der Erarbeitung von Features seien die Kanäle verzahnt. So helfe – wie vorhin besprochen – gute Produktinformation im Shop auch stationären Kollegen. Oder so wie in Berlin, wo Kunden von einem Markt aus Produkte in den acht anderen Märkten reservieren können, wenn etwa nicht genug Quadratmeter Parkett im ersten Markt vorrätig sind. Viele Suchanfragen, die zu Hornbach führten, seien auch örtlich: „baumarkt berlin“ etwa. Ohne stationäres Geschäft also würde man in vielen Orten für den Kunden gar nicht existieren.)

35:20

Alex: Vorhin hast du beschrieben, wie online passende Materialien und Werkzeuge zu Produkten empfohlen werden. Für viele eurer Mitbewerber ist das schon hohe Kunst. Geht ihr jetzt schon einen Schritt weiter und denkt daran, an welche Kohorten ihr wie verkauft? Oder haben noch die grundlegenden Sachen wie Produktdarstellung Vorrang?

Andreas: Die basics darf man nie vernachlässigen. Da arbeiten wir hart dran. So sagt etwa ein wirklich gutes Bild mehr aus als eine lange Produktbeschreibung. Solche Grundsachen muss man immer auf die Reihe kriegen. Dazu schauen wir uns an, was die Kunden zurückmelden: NPS etwa, oder unser Kundenservice-Center; auch unsere Mitarbeiter fragen wir ja immer, was die Knackpunkte im Verkaufsgespräch sind. Darauf priorisieren wir, woran wir arbeiten.

Beispiel: Kommt im Markt immer wieder die Frage, in welchem Gang man einen bestimmten Artikel findet, dann sollten wir dieses Feature als erstes in die App reinbauen. Oder: Möchten Kunden online erfahren, wieviel Bestand tatsächlich da ist, dann müssen die Bestandsinformationen mitausgespielt werden – im Zweifelsfall umgerechnet in eine Größe, mit der man etwas anfangen kann (wie viele Quadratmeter Parkett?).

Vieles hiervon ist übrigens gesunder Menschenverstand: Was löst ein Problem für unsere Mitarbeiter? Und für unsere Kunden?

37:30

Alex: Online-Baumarkt ManoMano war letztens im Podcast und vertritt die Ansicht, dass man stationäre Baumärkte gar nicht brauche. Was sagst du dazu?

Andreas: Aus unserer Perspektive heraus sind wir nach wie vor der Überzeugung, dass unsere interconnected Ansatz der bessere ist. Natürlich gibt es viele Probleme, die ich kurz- oder mittelfristig über Online lösen kann: Man muss nicht unbedingt physisch vor Ort sein, um sich zu einem bestimmten Thema beraten zu lassen. Nichtsdestotrotz gibt es immer eine ganze Reihe von Fragestellungen, bei denen es trotzdem schwierig wird. Zum Beispiel: Welcher Artikel kann ich letztendlich verschicken? Wir haben Produkte mit sehr geringem Warenwert und umso mehr Gewicht. Die Kosten für einen Sack Zementmörtel sind anders je nachdem, ob ich ihn über meine B2B-Logistik in den Markt bringe oder über B2C-Logistik zum Kunden. Da spielt der Preis irgendwo eine Rolle.

Alex: So ein Sack Entkalkersalz kostet tatsächlich 17 oder 18 Euro bei Amazon und ist bei euch online nicht viel billiger. Im Markt kostet der aber eher 9 Euro.

Andreas: Genau. Gerade, wenn es um solche Verbrauchsware geht, zeigt sich das Dilemma. Auch für einen Drogisten wie DM  würde es sich rein rechnerisch nicht unbedingt lohnen würde, Kunden ständig einzelne Tuben Zahnpaste nach Hause zu schicken. Wenn die Kunden das aber wirklich wollen, geht es darum, wie man das hinbekommt. Aber von uns aus gesehen befruchten sich die beiden Kanäle einfach unglaublich – und beides wird von den Kunden nachgefragt. Würden wir also Baumärkte zumachen, würden wir massiv an Frequenz verlieren. Denn bei uns kommt nach wie vor die gleiche Anzahl an Kunden – oder sogar mehr – zu den stationären Flächen.

(Klar sei, dass auch „nur stationär“ nicht funktionieren würde. Aber in Kombination mit einem guten Geschäftsmodell sieht Andreas auch in der Zukunft eine wichtige Rolle für Baumärkte vor Ort.)

41:00

Alex: Machen Marktplätze – insbesondere Amazon – euch Sorgen?

Andreas: Kunden haben immer die Möglichkeit, woanders hinzugehen.               Wenn wir also unser Versprechen nicht gut erfüllen – und wenn unser Shop nicht gut genug ist –, dann gehen die Kunden woanders hin. Ob das dann Amazon, ManoMano oder Obi ist, ist nicht entscheidend. Solange wir aber als relevanter Ansprechpartner für die Kunden gelten – solange wir also die Möglichkeit anbieten, online seinen Einkauf vorzubereiten; die Möglichkeit, aus einem Markt einen Artikel nach Hause zu bestellen; die Möglichkeit, sich ein Smart-Home-System nach eigenen Wünschen zusammenzubauen… Solange das der Fall ist, gewinne ich den Kunden.

Natürlich sind die Marktplätze eine Herausforderung und stellen die Frage, wo es vielleicht ein Mehr an Relevanz geben könnte – also einen Grund, nicht bei uns zu kaufen, sondern dort. Wir experimentieren auch durchaus mit Marktplätzen: Über eBay und Amazon haben wir beispielsweise probeweise Sachen verkauft. So sonderlich erfolgreich war Letzteres aber nicht.

Alex: Warum denn nicht?

Andreas: Hochgradig komplex! Amazon war… äh… Die Zusammenarbeit war etwas schwieriger als gedacht! Möchte ich nicht weiter vertiefen.

Alex: Die haben euch für einen kleinen Hinterhofhändler gehalten? Weil ich ja sonst als Amazon euch regelrecht umgarnt hätte! So nach dem Motto: „Ihr seid doch viel besser als Obi und Hagebau! Ihr seid strategischer Partner Nummer Eins für uns! Kommt zu uns und gebt uns einfach alle Produkte – samt Produktdaten – auf die Plattform und wir werden gemeinsam groß!“

Andreas: Haben sie auch so gemacht. Wir haben aber gesagt, dass wir erstmal sehen wollen, wie es in spezifischen Sortimenten funktioniert. Wir wollten auch feststellen, wie die Prozesse laufen. Sind wir doch Hornbach, egal ob auf Amazon oder nicht! Wir wollen den Kunden nicht enttäuschen. Zudem ging es uns um eine vernünftige Preishoheit. Das waren alles Bereiche, in denen die Amazon-Prozesse mit uns im Zusammenspiel nicht gut funktioniert haben. Was nicht heißen muss, dass sie nicht anderswo gut funktionieren. Aber in unserem Fall: nicht.

(Mit eBay, so Andreas, klappe die Zusammenarbeit wesentlich besser. Man müsse sich übrigens auch Gedanken machen, ob man nicht mit seiner spezifischen Sortimentskompetenz selber zur Plattform werden sollte, schickt Andreas hinterher. Denn obwohl es bei eBay besser funktioniert habe als bei Amazon: Am besten funktioniere es, wenn man es selber in der Hand habe.)

46:05

Alex: Wenn ich die Vertikalisierung eines Baumarktes logisch zu Ende denke, steht am Ende: das Hornbach-Haus. Ein Gartenhaus bietet ihr ja auch bereits an…

Andreas: Wir bieten noch kein Haus an. Auch hier müssten wir die geeigneten Partner dafür finden. Wir wollen ja nur Leistungen anbieten, die wir auch in „richtig gut“ anbieten können. Im Bereich Neubauhäuser bräuchten wir also erst einmal die entsprechende Kompetenz. Mit der Hornbacher Baustoffunion haben wir bereits einen Partner, der im Baugeschäft unterwegs ist. Da passiert also schon etwas. Aber inwiefern wir aus dem klassischen Baumarktgeschäft heraus eine so herausragende Exzellenz aufbauen können, das wir am Markt vernünftig bestehen, steht nun einmal auf einem anderen Blatt. Das bleibt aber ein Wachstumsfeld, mit dem wir uns auseinandersetzen können.

(Alex fragt, ob die Verlagerung zu Online nicht auch zu einer Verlagerung der Alleinstellungsmerkmale führe. Werde da nicht etwa Verfügbarkeit eine größere Rolle spielen, um mit Amazon, ManoMano & Co. mitzuhalten? Andreas bekräftigt, der Fokus liege auf Kunden- und Mitarbeiterfeedback. Man blende zwar nicht aus, was woanders geschehe, konzentriere sich aber in erster Linie auf die eigenen Aufgaben. Im ManoMano-Podcast falle etwa die Aussage, online könne man mehr Artikel anbieten. Hornbach könne das auch, wolle aber eher die richtigen Artikel anbieten – Klasse statt Masse; der richtige Hammer statt 47 verschiedene Modelle. Diese Selektion sei ja auch eine zentrale Händlerkompetenz.

Thema Hämmer: Der Erfolg des besonderen Hammer von Hornbach zeige, so Alex, wie geschickt das Marketing vorgehe. Daraufhin berichtet Andreas von einer klickträchtigen Kooperation mit YouTubern The Real Life Guys. Alex resümiert: Hornbach sei stark aufgestellt – gegen Plattformanbieter sowie andere Baumarktketten. Mehr zur Kooperation mit Spryker könne man übrigens auf der Spryker-Excite-Konferenz in Erfahrung bringen.)

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