Robert Rausch: Schokolade, Berlin, Direktvertrieb

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In diesem Podcast habe ich eine Menge über Schokolade gelernt, z.b. dass dieses Genussmittel in Asien gerade erst entdeckt wird. Oder die Tatsache, dass Robert mal so eben allen Händlern von Rausch Schokolade den Zugang zu seiner Ware verwehrt hat und seitdem nur noch direkt im eigenen Shop in Berlin und online verkauft. Wirklich ein faszinierendes Modell mit guten Zukunftschancen – und das als B2C fokussierter Mittelständler mit Produktionsstandorten in Deutschland. Natürlich haben wir auch über seine Schokoladenproduktion für einen Deutschen Discounter geredet – aber das war dann im Gespräch doch eher die Nebensache.

Robert ist 35 Jahre alt und die fünfte Generation eines Berliner Familienunternehmens im 105. Jahr: Rausch. Seit 1918 steht der Name in der Hauptstadt für kakaohaltige Produkte in allen Formen: Trinkschokolade, Pralinen und Trüffel, Tafel und vieles mehr. Mit der Zeit hat sich der mittlerweile über 100 Millionen im Jahr umsetzende Mittelständler immer mehr in Richtung Edelschokolade entwickelt – unterhält dabei aber ein ertragreiches Auftragsproduktionsverhältnis mit einem großen Discounter. Eine Erfolgsgeschichte, die Alex garantiert den Tag versüßt – zumal Robert ein radikales D2C-Konzept mit Brio umsetzt…

01:50     Der Markt für Schokolade ist im Umbruch: Produkte, Konsumgewohnheiten und Handelsstrukturen ändern sich gerade stark.

Zurück in die 80ern: Damals wurde Schokolade vorwiegend im Fachhandel gekauft. Neben Handelsketten wie ARKO und Hussel standen 10.000 unabhängige Geschäfte für Confiserie in Deutschland. Doch nur wenige entwickelten sich mit der Zeit. Die Familienfirma Rausch, die damals Tausende solcher Geschäfte belieferte, musste sich auf Veränderungen einstellen. Zumal bereits in den 2000ern die Warenhäuser – andere wichtige Abnehmer – sichtbar zu schwächeln begannen: Galeria, Kaufhof… „Haben wir auch gemerkt: Das wird nichts!“

Antwort Rausch: Der Gang in die Supermärkte. Doch auch hier blieb der Markt keineswegs stabil: „Wo kauft man gute Schokolade? – Das hat sich  einfach verändert.“ Auch das, was Verbraucher überhaupt zu sich nehmen, sei im Wandel. Zum Glück hatte Rausch mit Edelschokolade von einzelnen Plantagen ein Alleinstellungsmerkmal.

05:55     Wie kam es zum starken Fokus auf die Kakaoherkunft? Der Auslöser war ursprünglich – noch vor dem Wunsch der Kunden nach besonderer Schokolade aus fairen Handelsbeziehungen – die wachsende Schwierigkeit, über den Zwischenhandel qualitativ hochwertigen Kakao zu bekommen. So flog Roberts Vater zu den Plantagen, um vor Ort direkt einzukaufen. Daraus entwickelten sich die heutigen Verkaufsschlager: die Rausch-Plantagenschokoladen.

Diese findet man übrigens nicht mehr im Supermarkt: Als Robert vor 10 Jahren die Geschicke der Familienfirma übernahm, zog er die Marke aus den Süßwarenregalen. Rausch, so Robert, bezahle Spitzenpreise für den allerbesten Kakao und bilde Bauern vor Ort weiter: „Das musst du am Ende im Verkaufspreis realisieren. Das ging im klassischen Handel nicht. Deshalb der D2C-Move.“

10:15     Alex denkt an die Umweltskandale, die das Vertrauen in die Lebensmittelkonzerne immer öfter erschüttern: Muss man wirklich immer so hohe Preise bezahlen, um mit gutem GewissenSchokolade zu essen? Robert schlüsselt auf: Kakao sei die eine Sache, Palmöl & Co. eine andere.

Weltweit kommt 95% des Kakaos aus afrikanischen Ländern wie die Elfenbeinküste und Ghana. Rausch verarbeite die andere 5% aus Ländern wie Ecuador, Grenada und Madagaskar – und betreibe in Costa Rica eine eigene Forschungsplantage. Es geht um unterschiedliche nicht auf Hochleistung gezüchtete Sorten, die von kleinbäuerlichen Betrieben und Genossenschaftsbetrieben in Mischkulturen angebaut werden. Deswegen haben Rausch-Tafel diverse Aromen („fruchtig, nussig, würzig“). Und deswegen kostet die Schokolade so viel mehr.

14:00     Wie hält Rauch es beim zweiten Standbein – im Auftragsgeschäft für Lidl? Gelten hier dieselben hohen Standards? Seit über 20 Jahren produziert Rausch nun white label die Lidl-Premiummarke JD Gross – und „die Qualität, die wir dort, verarbeiten, ist tatsächlich sehr hoch.“ Das heißt: teilweise Edelsorten, aber eben auch gewöhnlicher (allerdings immer fair gehandelter) Konsumkakao.

17:00     Sind die Deutschen im weltweiten Ländervergleich ausgeprägte Schokoladenliebhaber? Robert ordnet die immer wieder kursierende Zahl von jährlich 9-10kg Schokolade pro Kopf ein, wonach Deutschland neben der Schweiz Spitzenreiter wäre: Der hiesige Markt ist zwar groß, aber die Zahl kommt vorwiegend über die hohe Exportquote zustande. Deutschland hat eben viele Schokoladenhersteller. In Asien liege der Pro-Kopf-Verbrauch allerdings eher bei 100g: „Wenn dieser Markt nur auf ein Kilo pro Kopf ginge, hätten wir auf der Welt nicht genügend Kakao.“

Das – sowie der rasch an Fahrt aufnehmende Klimawandel – hat Robert dazu veranlasst, in Costa Rica die eigene Plantage zu kaufen. Hier wird unter anderem daran geforscht, wie man im Anbau mit extremen Wetterverhältnissen klarkommt.

22:20     Wie stark ist Rausch im Export? Noch gar nicht: Im Fokus der letzten Jahre stand ja das Produkt, der Markenaufbau und das Direktkundengeschäft. Und letztes Jahr übernahm Robert von seinem Vater nun auch die Lidl-Auftragsfertigung in Peine. Außerdem: „Wenn du wüsstest, wie wenig Leute hinter Rausch.de stehen…“ (vier Mitarbeiter) Man mache verhältnismäßig viel Umsatz im E-Commerce (paar Millionen Euro), sei aber allein personell bedingt noch nicht bereit für die große Expansion in andere Märkte. „Ich wachse halt nicht schneller, als wir können.“

25:00     Wie viel ist bei Rausch noch Handarbeit? Gerade bei Produkten wie Pralinen: viel – vorwiegend im firmeneigenen Schokoladenhaus am Berliner Gendarmenmarkt. „Es ist was völlig anderes, ob die mit einem Automaten garniert werden oder per Hand.“ Skalierbar ist eher die Plantagenschokolade, sofern genügend Kakao zu bekommen ist.

26:45     Welche Rolle spielt denn die stationäre Präsenz Schokoladenhaus? Eine „wahnsinnig wichtige“. Bis zu 60% der Besucher kommen nicht aus Berlin oder Umland, was zur Markenbildung beiträgt. Umsatzseitig: In der Weihnachtszeit könne man sich im Laden vor Kunden kaum bewegen. Demnächst kommt ein zweites Rausch-Geschäft hinzu: eine Art „Raststätte 2.0“ in Kooperation mit Tesla in Niedersachsen. Eröffnung: Juni.

29:45     20 Jahre nach vorne gedacht: Wie wird das Verhältnis direct-to-consumer zum Auftragsgeschäft ausfallen? Natürlich, sagt Robert, soll die Marke Rausch weiter stark wachsen – sowohl im D2C als auch im B2B (personalisierte Geschenke usw). Allerdings wachse das Volumen des Auftragsgeschäfts ebenfalls, da Lidl sehr erfolgreich expandiere – und noch neue Märkte wie die USA vor sich habe. In der niedersächsischen JD-Gross-Fertigung „ist so eine Maschine so lang wie ein Fußballfeld“ und extrem auf Effizienz getrimmt. „Es ist halt eine völlig andere Welt.“

33:35     #ENERGIEZONE-Einschub: Wie wirkt sich die Energiekrise auf die Produktion im niedersächsischen Peine aus? „Wir haben gerade paar Tausend Quadratmeter Solaranlagen auf unseren Dächern in Betrieb genommen.“ Man hatte schon vor der Krise damit angefangen. Auch in der Energieeinsparung laufen bereits seit zwei Jahren Maßnahmen. Ergebnis: Um die 25% Energieeinsparung sowie einen hohen Selbstversorgungsanteil beim Strom. Zum Glück: Denn mit Heiz- sowie Kühlstufen ist die Schokoladenproduktion zwangsläufig energieintensiv.

36:45     Eine lange Zeit gab es bei AirBerlin Schokoherzchen von Rausch; auch bei Lufthansa waren sie immer wieder zu finden. Haben solche Kooperationen einen messbaren Umsatzeffekt? „Um ehrlich zu sein: Wir haben es nie wirklich gemessen!“ Allerdings merke er auf Messen, dass viele die Marke vom Fliegen kennen. Deshalb: „Liebe Lufthansa, wir würden uns freuen, wieder in der Business Class zu sein!“

39:10     Welche andere Marketingmaßnahmen ergeben Sinn? Influencer – etwa Sally? Erste Versuche mit kleineren Influencern hat Rausch schon hinter sich, aber es fehlten die personellen Ressourcen, um darauf aufzubauen. Auch, um sich selber als Corporate-Influencer mit den Rausch-Geschichten in die sozialen Netzwerke zu begeben, fehlt Robert die Kapazität.

44:20     Gibt es Live-Produktion? Ja, im Schokoladenhaus könnten die Kunden einen Blick in die Manufaktur werfen. Auch dort zu besichtigen: Die Berliner Skyline aus Schokolade – Reichstag, Brandenburger Tor, Gedächtniskirche – sowie die Plantagenwelt mit Informationen zum Anbau in Costa Rica. Es gehe um einen „Erlebniseinkauf“. Als Roberts Vater das Haus 1999 eröffnete, wollte er nämlich beweisen, dass der Fachhandel doch noch geht – man müsse es nur richtig machen und etwas dafür tun. Sowieso seien die über hundert Jahre Rauch ein ständiger Transformationsprozess.

48:45     Eine Frage zum Schluss: Ein Händler, der noch gut überlebt, ist KaDeWe. Ist Rauch auch dort erhältlich? Robert erzählt, wie (nicht) begeistert der zuständige Einkäufer des vornehmen Warenhauses war, als er damals – neben sämtlichen anderen 6.000 Fachhändlern und Supermarktleitern – den Brief bekam, dass Rauch die Belieferung einstellen würde…

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