Eugen Russ hat mit seiner Investmentfirma eine spannende Strategie, die in vielen westlichen Märkten eigentlich nicht mehr funktioniert. Er schreibt: Russmedia International is an investor in and operator of online marketplaces, aggregators and SaaS solutions. We look back at over 20 years of experience in successfully investing in and operating digital companies. We currently run a profitable portfolio of 19 digital platform businesses across 6 countries in Europe. „Profitabel“ ist hierbei das Stichwort. Super spannend und sehr nischig. Reinhören!

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Investieren in der neunstelligen Nische mit mit Eugen Russ, Geschäftsführer von Russmedia Equity Partners

In dieser Folge könnte den einen oder anderen das Gefühl beschleichen, in die Vergangenheit gereist zu sein. Nicht nur, weil Alex und sein Gast mehrfach in die 90er Jahre zurückblicken, sondern auch, weil Alex ernsthaft an der Aktualität des Geschäftsmodells zweifelte, als er vor einigen Jahren zum ersten Mal von Russmedia hörte – ein Unternehmen, das darauf spezialisiert ist, in kleinere Online-Marktplätze und SaaS-Anbieter in DACH, Zentral- und Osteuropa zu investieren. Doch so ist das mit Nischen: Man übersieht sie schnell. Die Wurzeln des Unternehmens aus Schwarzach im österreichischen Vorarlberg, das sich heute als „progressivstes Multi-Nischen-Medienunternehmen in Europa“ bezeichnet, reichen bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück. Nach dem Studium (Columbia University und London School of Economics) stieg Eugen Russ 2013 als Principal bei Russmedia ein.

„Wir kaufen nur sehr ungerne 100 Prozent einer Firma“

05:00

Alex: In seiner Reichweitenstudie weist Russmedia International darauf hin, dass sich in der Region täglich neun von zehn Leuten durch Russmedia-Medien informieren. Das ist schon ziemlich viel. Würdest du einmal erläutern, was Russmedia eigentlich macht?

Eugen: Gerne, gerne! Die Russmedia kommt aus dem westlichsten Bundesland Österreichs – Vorarlberg – in dem etwas weniger als eine halbe Million Menschen leben. Anfang der 1990er, Ende der 1980er unterhielten wir die zweite Website überhaupt im Land, bevor wir dann sehr früh und vor vielen anderen ins Marktplatzgeschäft eingestiegen sind. Dabei hatten wir die Digitalisierung schon früh als Chance und weniger als Gefahr verstanden. Außerdem führen wir einen Verlag.

In unserer Stammregion besitzen wir nach wie vor drei Vertikale und das horizontale Geschäft – also Jobs, Autos, Immobilien und das Kleinanzeigengeschäft. Von unserem publizistischen Marktplatzgeschäft und Zukäufen sind uns heute kleinere Nischenmarktplatz-Beteiligungen geblieben. Und vor zwei Jahren schloss sich der Kreis wieder: Da haben wir beschlossen, mit der Russmedia International eine Holding zu gründen, die dieses Geschäft strukturiert und professionell bündelt und führt.

08:25

Alex: Ihr habt euch also sehr früh gewandelt, vom traditionellen hin zum digitalen Medienhaus. Das gelingt den meisten Medienhäusern in Deutschland nicht so gut. Liegt das daran, dass ihr so früh angefangen habt oder waren die Bedingungen andere, in Österreich?

Eugen: Die Umfeldbedingungen waren eher ähnlich. Ich denke, das hat sicher damit zu tun, dass wir früh begonnen haben. Natürlich könnte man im Nachhinein sagen „Das war immer Strategie“. Aber, um ehrlich zu sein, schwang da auch sehr viel Opportunismus mit. Gerade zu Beginn haben wir sehr opportunistisch zugekauft und auf dem Weg viele Fehler gemacht, aus denen wir sehr viel lernen durften. Das hilft uns heute sehr.

Und natürlich lernen wir auch immer noch, insbesondere im Hinblick auf Frühphaseninvestments. Diesbezüglich arbeiten wir sehr eng mit Speedinvest zusammen, die der eine oder andere aus Deutschland vielleicht auch kennt und die jährlich die Marketplace Conference in Berlin organisieren.

Alex: Wie wichtig ist das Russmedia International-Geschäft heute im Vergleich zu dem Verlagsgeschäft? Oder gibt es so eine Trennung gar nicht?

Eugen: Doch, die beiden Felder sind klar voneinander abgegrenzt. Das rein internationale Geschäft macht schätzungsweise ein bisschen mehr als ein Drittel unseres Gesamtgeschäfts aus.

Alex: Welchen Ansatz verfolgt ihr auf eurem Weg hin zu den Investments, die ihr tätigt? Muss man sich das so vorstellen, dass ihr euch Tag ein, Tag aus irgendwelche Nischenportale wie zum Beispiel einen Pferdemarktplatz in Bulgarien anschaut und dann dahinfahrt und überlegt, ob das gut zu euch passen würde?

Eugen: Das gehen wir zum Beispiel über unser Netzwerk an: Es kommen immer mehr Kontakte über Personen zustande, die wir irgendwann mal auf einer Konferenz kennengelernt haben, mit denen wir in Kontakt bleiben und deren Firmen wir über ein CRM-System tracken. Generell sehen wir uns am liebsten Firmen mit einem EBIT von einer halben oder ganzen Million an. Da setzen wir an. Das sind meist sehr kleine Einheiten, normalerweise mit 15 bis 25 Mitarbeitern, und bevorzugterweise Marktplätze oder SaaS-Unternehmen aus einer klar abgrenzbaren und gut zu verteidigendeN Nische.

Letztes Jahr haben wir uns bestimmt 900 oder 950 Firmen angesehen. Diese Firmen überhaupt erst zu finden ist aber zugleich die größte Schwierigkeit, vor der die Holding steht: Wir treffen dabei meistens auf Gründer, die ihre Firma über Jahre hinweg gebootstrapped haben und die eher öffentlichkeitsscheu sind. Statt auf gruenderszene.de oder regelmäßig in Podcasts aufzutauchen, konzentrieren die sich sehr, sehr stark auf ihr Geschäft, damit es profitabel wächst.

(Ziel der Russmedia International ist es, jährlich zwei bis drei Firmen zu kaufen. Oft erwischen sie die Gründer oder Geschäftsführer aber in einer Phase, in der sie nicht verkaufen wollen. Also bleibt man in Kontakt. Eugen ist der Überzeugung, dass darin eine Kernstärke von Russmedia liegt: „Wir haben da keine Vorlaufzeit, an die wir gebunden wären, und auch keinen fixen Investmenthorizont wie ein Private Equity oder eine Venture-Capital-Gesellschaft ihn hätten.“)

13:40

Alex: Auf eurer Website findet man Investment-Beispiele wie Alpineresorts oder Erento, von denen wahrscheinlich die wenigsten schon einmal gehört haben. In welcher Größenordnung bewegen sich eure Investments, um welchen Umsatz oder welches EBIT geht es dabei?

Eugen: Lass uns am besten in ein konkretes Beispiel eintauchen: Alpinresorts ist ein Marktplatz, über den Kunden Skier und andere Wintersportausrüstung mieten können. Das funktioniert wie booking.com: Man geht auf unsere Seite, gibt einen Mietzeitraum an und bekommt die Skier dann zum gewünschten Zeitpunkt und mit einem signifikanten Preisnachlass. Entweder holt man sie vor Ort ab oder sie werden ins Hotel geliefert. Der Gesamtmarkt für die Online-Vermietung von Wintersportausrüstung umfasst weltweit 120 bis 150 Millionen Euro. So ein kleiner Markt ist für eine Venture-Capital-Gesellschaft (VCG) vollkommen uninteressant. Jedes Investment, das eine VCG tätigt, muss mindestens das Potenzial haben, den Fonds wieder einspielen zu können.

Das ist bei uns nicht der Fall. Unsere Ambition ist es nicht, 100 X zu machen, sondern wir wollen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit drei bis fünf X machen. Alpinresorts ist ein super Beispiel, da absoluter Marktführer. Vom eben angesprochenen Online-Markt besitzt Alpineresorts knapp 25 Prozent. Und das Unternehmen wächst! Jedes Jahr holen die sich nochmal ein bis zwei Prozent Marktanteil dazu.

Alex: Wie realisiert ihr diese drei bis fünf X? Über Dividenden? Ihr seid doch wenn, dann der letzte strategische Käufer für so ein Business …

Eugen: Nicht unbedingt. Da unterscheiden wir uns wirklich. Wir sehen uns nicht als strategischer Käufer. Wir bezeichnen die Gründer als „unsere Partner“. Und wenn sie das möchten und es für uns keinen Grund gibt, rauszugehen, dann können wir ein Asset auch wirklich lange halten. Nichtsdestotrotz sind auch wir als Fonds aufgesetzt, und wenn es opportun ist oder unser Partner verkaufen will, dann sind wir absolut offen, das Asset auch wieder zu verkaufen.

Alex: Du sprichst gerade von „kaufen“ und „verkaufen“. Kauft ihr also den Gründern Anteile ab oder wird euer Investment als Eigenkapitalzufluss zum Unternehmen gewertet?

Eugen: Es gibt beides, aber mehrheitlich kaufen wir den Gründern Anteile ab. Du kannst dir das so vorstellen: Die Gründer haben ihr Geschäft acht bis zehn Jahre erfolgreich betrieben, sich währenddessen minimal Gehalt ausgezahlt und praktisch das gesamte Geld immer wieder in das Wachstum ihres Unternehmens investiert. Die haben noch nie Geld gesehen, stehen dafür aber nun einem Unternehmen vor, das vielleicht 10 Millionen Umsatz macht und eineinhalb Millionen EBIT.

Und dann kommen wir rein und geben denen die Möglichkeit, ein bisschen Geld vom Tisch zu nehmen – um das erste Haus zu bauen und sich so zum Beispiel auch einen finanziellen Traum zu ermöglichen. Wir verstehen uns als Partner, der unterstützt, während das operative Business auch in Zukunft bei unseren Partnern oder eben den Gründern verbleibt. Das ist uns wichtig. Wir kaufen nur sehr ungerne 100 Prozent. Eigentlich kaufen wir maximal 80 Prozent einer Firma.

19:30

Alex: Wenn man 10 Millionen Euro Umsatz macht und eineinhalb Millionen EBIT, in einem Markt, in dem eigentlich mehr Kapital zu Verfügung steht als Assets, wird sowas ja relativ schnell sehr wertvoll.  Wenn dann auch noch die Wachstumsraten ordentlich sind, reden wir über Umsatz-Multiples im Bereich von zwei, vier, fünf – was auch immer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr für so ein Unternehmen einen dreifachen Umsatz-Multiple anstrebt, wenn in dieser Größenordnung doch so viel mehr möglich wäre!

Eugen: Damit sprichst du jetzt drei Themen auf einmal an. Damit größere Investments aufgehen, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Die erste ist „Total address for market“. Wenn der Markt extrem groß ist …

Alex: … wie bei Spryker zum Beispiel …

Eugen: … dann bewegt man sich irgendwann in diesem Multiples-Bereich, weil es VCGs gibt, die mit einem um die Assets konkurrieren. Das ist das erste Thema. Das zweite Thema ist Wachstum. Die Firmen, die wir uns am häufigsten ansehen, wachsen niedrig einstellig. Da gibt es schlichtweg keine Wachstumsraten von 60, 70 Prozent. Und damit sind die für eine VCG wieder uninteressant. Und drittens: In den Regionen, in denen wir unterwegs sind, sind die Bewertungen generell nicht astronomisch. Eine Firma in Deutschland, die jährlich um 30 Prozent wächst, wäre wahrscheinlich das 12- bis 15-fache ihres EBIT wert. In Ungarn würde die gleiche Firma mit dem 7- bis 9-fachen ihres EBIT bewertet werden.

(Diese niedrigen Bewertungen lassen sich unter anderem auf die Weltfinanzkrise ab 2007 zurückführen. Während die Auswirkungen auf das Berliner Start-Up-Ökosystem gering blieben, traf es die osteuropäischen Länder Eugen zufolge besonders hart: „Viele wollten dann mit den Märkten dort nichts mehr zu tun haben.“ Und auch wenn es seit 2012/13 wieder bergauf geht, ist Russmedia International oft der einzige westliche Investor, der auf ein Unternehmen bietet.)

25:25

Alex: Hat sich dieser Fokus auf Ungarn/Rumänien aus eurer Verlagshistorie ergeben oder hast du da nur schon immer gerne Urlaub gemacht?

Eugen: Wir sind 1990 nach Ungarn und fingen damals an, lokale Zeitungen zu kaufen. An der Spitze hatte die Russmedia in Ungarn knapp unter 3.000 Mitarbeiter, und auch wenn wir das publizistische Geschäft mittlerweile verkauft haben, sind wir immer noch mit Firmen vor Ort und kennen die Leute. Und das ist nicht unwichtig: Die Gründer und Geschäftsführer dort sind immer noch Lokale und keine Österreicher oder Deutsche, die eingeflogen werden, um das Management zu machen.

Alex: Im Hinblick auf eure Investments unterscheidet ihr zwischen Strategic Acquisitions und Growth Investments.Inwiefern unterscheiden sich diese Ansätze voneinander?

Eugen: Unsere Fonds-Investments fließen fast ausschließlich in Speedinvest, und zwar in Speedinvest X. Speedinvest X konzentriert sich auf Frühphaseninvestments im Marktplatzbereich, mit einer Ticket-Größe zwischen einer halben und einer ganzen Million Initialinvestment. Dort ist noch keines der Unternehmen profitabel. Solche Geschäfte machen wir mit der Russmedia International überhaupt nicht, aber wir haben die Möglichkeit, von dem Deal Flow und den damit verbundenen Informationenzu profitieren und Trends frühzeitig zu erkennen.

Von den VC- oder Growth Investments sind wir mittlerweile eigentlich eher abgekommen, und wenn, dann gehen wir sie nur noch in Bereichen ein, über die wir wirklich viel wissen. Und manchmal sind wir dann auch „nur“ Co-Investor.

30:50

Alex: Die Marktplätze mit klar erkennbaren vertikalen Geschäftsmodellen, wie wir sie vornehmlich aus den 1990er Jahren kennen, verlagern sich jetzt häufiger in Bereiche, die schwieriger abzugrenzen sind, wie App-Ökosysteme, Trading oder „irgendetwas mit Bitcoin“.  Und irgendwann ist dann ja auch der letzte spannende Marktplatz verkauft und eine Konsolidierung findet statt. Der Markt ist also begrenzt. Wachst ihr da rein, oder blickst du anders auf die Entwicklung?

Eugen: Nein, ich sehe das ganz anders! Ich gehe da eher mit Benedict Evans und seinem Konzept „The End of the Beginning“. Wir glauben ganz fest daran, dass sich die Marktplätze noch weiter vertikalisieren werden. Ich habe es selbst gemerkt: Ich habe selbst sechs Jahre lang einen Marktplatz geführt und als wir 2013 eine Transaktion durchführen wollten, ist es uns unheimlich schwergefallen, einen Zahlungsanbieter zu finden. Deshalb mussten wir praktisch alles selbst programmieren. Heute gibt es solche Anbieter zuhauf, und die Technologie zum Führen eines Marktplatzes ist viel weiter verbreitet. Heute braucht man keine großen Teams mehr und auch keine 50 Entwickler. Die meisten unserer Partner haben Entwicklerteams mit vier bis zehn Personen.

Und das zweite ist natürlich die Penetration durch das Internet und Smartphones. Die eröffnet Marktplätzen andere Möglichkeiten. Wir sind immer wieder überrascht, in welchen Nischen Marktplätze entstehen. Zum Beispiel habe ich letztens einen Berliner Marktplatz entdeckt, auf dem die Sammelkarten für das Spiel „Magic: The Gathering“ aus den 1990er Jahren gehandelt werden. Ich muss da zwar selbst noch einmal nachforschen, aber der Bundesanzeiger behauptet, dass dieser Marktplatz ein knapp siebenstelliges EBIT macht.

34:35

Alex: Lass uns jetzt noch zu einem Thema übergehen, das den einen oder anderen Leser sicher auch interessieren wird: Wie umfassend könnt ihr euer Netzwerk wirklich nutzen? Eure Corporate Toolbox ist ja eines eurer Alleinstellungsmerkmale, mit einem gesetzlichen Rahmen und den entsprechenden Support-Funktionen. Brauchen die kleinen Unternehmen so eine Corporate Toolbox auch wirklich? Braucht ein ungarischer Marktplatz, der jetzt vielleicht nach Rumänien wachsen will, zum Beispiel euer Netzwerk aus dem Publishing-Bereich?

Eugen: Super Frage! Ich glaube, dass das Meiste, das als „Synergie“ oder „Medienreichweite“ verkauft wird, absoluter Quatsch ist! Das wichtigste Werkzeug in unserer Corporate Toolbox ist unsere Unterstützung in Sachen Mergers & Acquisitions (M&A). Wenn man ein Geschäft operativ führt, hat man eigentlich keine Zeit für M&A. Das ist zwar kein besonders anspruchsvoller Prozess, aber einer, der Disziplin erfordert. Da heißt es Dranbleiben, mit den Targets sprechen, verhandeln, die Integration danach aufsetzen…

Ein anderer Bestandteil unseres Portfolios, der ebenfalls schon viel gute Resonanz hervorgerufen hat, sind die offenen, transparenten Meet-Ups, die wir in der Gruppe organisieren. In denen teilen die Firmen untereinander, was funktioniert und vor allem auch was nicht funktioniert. Dabei handelt es sich eher um Treffen im kleineren Kreis, als um Konferenzen – auf einer Konferenz ist immer alles toll, und zumindest für mich ist meistens eher schlecht nachvollziehbar, was nun eigentlich funktioniert und was nicht. Bei unseren Meet-Ups werden die Zahlen offen geteilt. Diese Meet-Ups funktionieren vor allem in den Kernbereichen Produkt & Entwicklung, Online-Marketing, Online-Vertrieb und PI & Finance. Unsere Partner treffen sich dafür einmal im Jahr persönlich, und monatlich gibt es einen Call, in dem aktuelle Themen aufgebracht werden. Aber: Die Inhalte dieser Calls und Meet-Ups werden von den Unternehmen zu 100 Prozent selbst generiert. Wir machen keinerlei Vorgaben und stellen wirklich nur die Plattform zur Verfügung, auf der sie sich austauschen können. Unsere Partner schätzen das sehr, weil sie als Unternehmer für gewöhnlich sehr einsam sind auf weiter Flur.

(Der gruppeninterne Austausch von Personal wäre zwar ebenfalls denkbar, wird aber nur sehr selten angestrebt, auch wenn Russmedia ein solches Vorgehen natürlich befürworten würde. Diese Beobachtung erinnert Alex an die Synergieeffekte zwischen althergebrachten und neuen Unternehmen, mit denen auf einer bestimmten Transformationseben immer gerechnet wird, die sich aber nie manifestieren.)

40:30

Alex: Das bringt mich schon zum letzten Teil unserer Fragerunde: Was passiert nach vorne hin? Gibt es irgendetwas, das euch sehr stark begrenzt, wie einen neuen Wettbewerber? Rumänische Oligarchen vielleicht, die lokale Marktplätze kaufen wollen?

Eugen: Der größte Hemmschuh ist wirklich, genug gute Deals zu bekommen. Wir zielen durch unsere Investments immer darauf ab, drei bis fünf X zu machen. Da können wir es uns nicht leisten, danebenzugreifen. Deshalb wäre es das Schlimmste für uns, einen Deal zu machen, den wir am Ende überbezahlen. Das wäre viel schlimmer, als wenn wir einen Deal verpassen.

Alex: Wie groß ist euer Kernteam?

Eugen: Das Investment-Team besteht aus fünf Personen und einer Buchhalterin. Und dann haben wir noch zwei Mitarbeiter in Krakau, die sich mit den einzelnen Firmen zusammensetzen und sie beim Technologietransfer unterstützen. Dieser Teil ging vor vier, fünf Jahren aus einer kleinen Initiative hervor, als wir erkannten, dass wir die Serverinfrastruktur in die Cloud bewegen müssen.

Alex: Vor dem Hintergrund eurer Verlagshistorie würde mich noch interessieren, ob ihr denn schon neue, spannende Mediengeschäftsmodelle mit digitaler DNA gesehen habt. Solche Modelle sind unter Publishing-Unternehmen ja immer heiß begehrt, als Antwort auf die Frage, wie man mit der Veröffentlichung von Inhalten Geld verdienen kann.

Eugen: Bevor ich diese Frage beantworte, muss ich herausstellen, dass ich kein Publizistik-Experte bin. Wir konzentrieren uns wirklich auf Marktplätze und SaaS-Firmen, und da fühle ich mich auch wohl. Ein Problem im Medienbereich ist aber, dass wir uns lange die Preise kaputtgemacht haben. Inhalte online gratis zur Verfügung zu stellen, in der Hoffnung, über Werbung zu monetarisieren – dieses Modell ist offensichtlich fehlgeschlagen.

Wir als lokales Medium orientieren uns immer sehr stark an den Spielern, die auch wirklich erfolgreich sind, wie zwei nordische Spieler, deren Namen mir gerade nicht einfallen, aber auch Instagram oder TikTok. Die haben einen anderen Weg gefunden, Informationen zu vermitteln, der nicht nur bei jüngeren Zielgruppen sehr gut ankommt. Bevor man da irgendetwas neu erfindet, ist es sicher schlau, sich diese Modelle einmal anzusehen.

(Alex und Eugen schließen diese Podcastfolge mit einem Verweis auf die Möglichkeiten, wie Interessenten Eugen kontaktieren können – wie zum Beispiel im Rahmen des jährlich im Festspielhaus Bregenz abgehaltenen Wirtschaftsforums, auf dem Alex 2018 selbst gesprochen hat und durch das er seinerzeit auf Russmedia aufmerksam wurde.)

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