Die ist ein Gastbeitrag vom kritischen Starautor Paul Verfechter.
Ich finde es empörend wie die E-Commerce Verfechter in letzter Zeit auftreten. Ich habe in diesem Blog bereits vor zwei Jahren festgestellt, dass E-Commerce nichts anderes als eine große Geldvernichtungsmaschine ist, ganz abgesehen von den sozialen und städtebaulichen Folgen dieser Entwicklung. Nun hat ein höchst renommiertes Institut (laut welt.de) ganz klar die Wachstumsgrenzen des E-Commerce aufgezeigt und die sogenannten „Experten“ wettern dagegen wie alte Waschweiber. Der Krisch unterstellt fehlende Marktkenntnis, der Lang vergleicht die Aussage mit albernen Internetzitaten aus der Vergangenheit und der Kolbrück bezeichnet den renommierten Autor, der als Berater stationärer Händler arbeitet, als Troll. Das geht deutlich zu weit finde ich, und ich möchte an dieser Stelle den Autor für seine visionäre Sichtweise loben. Er verwendet vollkommen zurecht das bekannte Diffusionsmodell, um herzuleiten, warum der E-Commerce aktuell an seine Grenzen kommt. Das ihm zur Verfügung stehende Zahlenmaterial konnte diese Aussage nicht belegen, weshalb der Rückgriff auf ein solch bekanntes Modell nur sinnvoll erscheint. In der Summe kommt er zu der Erkenntnis, dass 2/3 der deutschen Internetnutzer bereits einmal ein Buch im Internet gekauft haben und damit nur das verbleibende Drittel als Wachstumspotential im E-Commerce verbleibt. Wenn alle Nutzer sich recht stabil in ihrem Kaufverhalten entwickeln, dann steigt der Bücherkonsum über E-Commerce maximal noch 50%, während Lebensmittel durch die geringe gegenwärtige Onlinepenetration in Zukunft der stärkste Online Wachstumstreiber sein werden. Das leuchtet ein. Sogar der VDK (Verein Deutscher Kutscher) und die FDCT (Freunde des C-Netz Telefons) bestätigen den Erfolg des Modells in ihren Analysen.
Nur vereinzelt wird in diesen Studien auch ein Zusammenhang mit dem Rielplschen Gesetz hergestellt, das die Unverwüstlichkeit alter Kommunikationsformen herleitet, die eben nicht durch neue Kommunikationsformen 1:1 ersetzt werden. „Mit der Einführung des Hörfunk starb die Tageszeitung nicht aus, sondern sie spezialisierte sich auf stärkere Hintergrundberichterstattung und lokale Ereignisse.“ So verhält es sich auch mit dem Onlinehandel. Menschen werden ihre Produkte in Zukunft über alle Kanäle kaufen, wie es in der Multichannel Theorie schon oft vorausgesagt wurde.
Die Erklärungsansätze von Gerald Doplbauer, dem Autor, leuchten daher ein.
- Sättigungstendenzen bei Online-Sortimenten der ersten Stunde
- Anpassungsmaßnahmen stationärer Händler (Erhöhung des Einkaufserlebnisses)
- Fehlende haptische und emotionale Aspekte im Onlinehandel
- Lange oder undurchsichtige Kaufprozesse (Verfügbarkeit, Zahlarten)
- Mindere oder fragliche Produktqualität (Frische Waren…)
- Unterschiedliche Konsumententypen (TV Verweigerer)
Olaf Kolbrück hat sich bezüglich dieser Argumente weit aus dem Fenster gelehnt und diese als lächerlich abgetan. Dabei steckt darin doch viel Wahrheit. Welche Onlinehändler wachsen denn heute schon noch? Das ist doch nur noch Amazon. Und wenn die erst einmal anfangen müssen Steuern zu zahlen, dann ist der Ofen doch schnell aus. Der stationäre Handel schläft auch nicht. Mein Fischladen nebenan hat vor kurzem eine Liste ausgelegt, damit man seine E-Mail Adressen eintragen kann. Geht doch! Mir kann auch keiner erzählen, dass man Schuhe gut online kaufen kann. Erst letzten hatte ich wieder ein schönes Erlebnis im Laden. Tolle Schuhe, zwar nicht im meiner Größe und Farbe, aber die Verkäuferin war wirklich nett. 2006 habe ich bei eBay auch mal ein Perserteppich gekauft, dessen Qualität im Nachgang nicht ausreichend war. Zwar konnte ich den umtauschen, aber so etwas wäre mir bei „Müller Teppiche“ in Eutin nicht passiert. Und ganz ehrlich; wer braucht in Zeiten von Netflix schon einen Fernseher? Die Gruppe der TV Verweigerer wächst doch gerade massiv. Klare Indizien für die Stabilität des stationären Handeln.
Je weiter man sich mit den verfügbaren Daten beschäftigt, desto klarer wird die Qualität der GFK Studie. Der renommierte Statistiker Tyler Vigen hat beeindruckende Zahlen über die negativen Auswirkungen des Onlinewachstums aufbereitet. Zum Beispiel ist durch das Onlinewachstum Florida eine deutlich höhere Scheidungsrate zu verzeichnen.
http://tylervigen.com/view_correlation?id=35680
Der Grund für diesen Zusammenhang wird klar, wenn man der stationären Legende Lovro Mandac (Ex Kaufhof CEO) zuhört. In seiner Begründung zur Lockerung der Öffnungszeitenregelung am Sonntag führt er regelmäßig (Berlin Immobilienkongress 2014) an, dass dadurch mehr Leute auf der Straße sind und sich nicht zu Hause auf die Nerven gehen. Die hohe Scheidungsrate ist da nur die Spitze des Eisberges.
Vor kurzem war ich am Samstag 16:00 Uhr in der Innenstadt einkaufen. Es war ein Traum. 1:1 Betreuung in den Geschäften und genug Parkplätze mitten in der Stadt. Wenn mir da noch mal einer was von der bitteren Zukunft des stationären Handels erzählen will, dem kann ich auch nicht mehr helfen. Sollen die Leute doch das E-Commerce Buch vom Graf kaufen, wenn sie glauben dass der E-Commerce erst am Anfang steht.