### Langweilig Start ### Laut Wikipedia ist Social Commerce eine konkrete Ausprägung des elektronischen Handels (bzw. Electronic Commerce) verstanden, bei der die aktive Beteiligung (z. B. Kommunikation untereinander) der Kunden und die persönliche Beziehung der Kunden untereinander im Vordergrund stehen. ### Langweilig Ende ###

Markus Krechting hält (hielt?) das ganze Thema für einen Hype und auf Exciting Commerce begann die Diskussion um das Thema schon vor 1,5 Jahren. Wirklich weiter in der Bewertung Hype oder Trend ist man noch nicht, auch wenn mittlerweile viele Start Ups diese Richtung verfolgen und dabei gar nicht mal so schlecht performen.

Da ist es doch an der Zeit, dass sich die Kassenzone dem Thema mal konzeptionell nähert. Wir hoffen natürlich auf spannende Diskussionen. Nachfolgend versuchen wir uns anhand eines stark vereinfachten Kaufprozesses der Antwort auf die Hype or Trend Frage zu nähern. Die Abbildungen 1 & 2 sind etwas komplexer in diverser Literatur einzusehen. Meine Interpretation ist stark vom Smatch-Björn geprägt, der sich sicherlich auch schon so einige Gedanken zu dem Thema gemacht hat.

Ganz am Anfang gab es keinen E-Commerce…

Richtig, Kaufprozesse gab es schon vor dem Internet und die sehen in vereinfachter Form aus wie in Abbildung 1 beschrieben. Erst wird der Anbieter gewählt, dann das Produkt und dann wird gekauft. Das ist etwas stark vereinfacht beschrieben, aber zum größten Teil trifft das zu. Als Beispiel könnte man das ganz normale „analoges“ Shopping meiner Frau nehmen. Sie geht in die Stadt (einfach so!) und wählt als Ziel H&M = Anbieterwahl. Dort stöbert sie rum und findet ein hübsche Hose = Produktwahl. Die gefällt ihr so gut, dass sie auch gekauft wird = Produktkauf. Alle Teile dieses Kaufprozesses haben außerhalb des Internets stattgefunden. Vielleicht hat sie mal eine Werbung von H&M online gesehen oder einen H&M Blogpost und wählt deshalb diesen Laden, am Kaufprozess ändert das aber nicht. Als Grafik sieht das so aus:

Commerce 1.0
Commerce 1.0

Dann hat das Internet Alles Einiges verändert…

Das Internet hat nicht zwingend den Commerce 1.0 Kaufprozess geändert, weil er an einer anderen Stelle stattfindet (Im Internet!), aber er hat dazu geführt, dass sich Umsätze von offline nach online verlagert haben. In diesem Prozess wird gemeinhin vorausgesetzt, dass der Kunde nicht stöbert. Das würde er vielleicht gerne, aber das Online Shopping Verhalten wurde und wir im Wesentlichen von den Möglichkeiten der eingesetzten Software geprägt und die ist stark transaktionsorientiert aufgebaut und nichts für Stöberwillige. Egal, im E-Commerce weiß der Kunde also schon vorher was er kaufen will, so dass der Anbieter nicht mehr die führenden Rolle spielt. Wichtiger für den Kunden ist es seinen Produktwunsch (z.B. Digitalkamera) möglichst gut zu erfüllen. Dafür sucht er sich auf, bleiben wir beim Beispiel Digitalkamera, auf testvergleich.de ein paar passende Kameras die er dann auf Ciao.de bewerten lässt, im die beste Kamera zu finden = Produktwahl. Danach sucht er sich über einen Preisvergleichsdienst, zum Beispiel guenstiger.de, den passensten Anbieter = Wahl des Anbieters. Wenn der Anbieter auf seiner Website nicht viele Fehler gemacht hat (Unseriöse Banner, schlechter Zahlungsprozess) dann wird der Kunde sein Produkt dort kaufen = Produktkauf. Das funktioniert im Wesentlichen noch heute so bei vergleichbaren (z.B. Technik, Reisen) Produkten. Darauf können sich alle Online-Händler einstellen und in einen Google Adwords-, und Preiswettbewerb treten. Das führt zu geringen Margen, aber alles bleibt kontrollierbar. Der Prozess ist nicht auf alle Sortimente anwendbar, zum Beispiel Mode, relevant ist aber, dass der Trigger zum Kauf weiterhin offline passiert. @alle Kritiker: Online Produktempfehlungen á la Amazon lassen wir hier mal raus!

E-Commerce
E-Commerce

Und jetzt will soll der Nutzer auch noch mitmachen…

Als wenn das mit dem Internet alleine nicht schon schwer genug ist, soll der Kunde jetzt auch noch mitmachen (siehe Wikipedia Zitat). Das verändert den ohnehin doofen, weil kaum steuerbaren und margenarmen, Prozess noch mehr. Impulse die ein Kaufbedürfnis wecken sind Dank der Nutzerpartizipation jetzt auch online vorhanden. Weil man online alles so schön verknüpfen kann, reicht es nicht mehr aus möglichst weit vorne bei Google zu sein, sondern immer dort wo der Impuls entsteht. Nehmen wir mal als Beispiel Facebook (gefällt mir auch nicht, aber versteht jeder): Angenommen Maria und Anna sind Freude bei Facebook und Anna hat ein „Diese Produkte finde ich gut Widget“ von [setze eine Social Commerce Platform ein] auf ihrem Profil (warum auch immer), dann könnte sich Maria durch ein interessantes Produkt auf Annas Profil = Online Impuls (Ich mag Anna, ich mag das Produkt, ergo ich klicke drauf) durchaus zum Kauf hinreißen lassen. Die Anbieterwahl wird dabei ggf,. glatt übersprungen und die alles was man als Händler so schon steuern könnte lässt sich nicht mehr anwenden. Nach dem Produktkauf erscheint das Produkt vielleicht noch auf Marias Liste wo sie es als besonders „lovely“ bewertet = Partizipation. Dadurch werden ihre Freundinnen Claudia und Silvia auch darauf aufmerksam. Das ist alles sehr idealtypisch und findet bisher kaum statt. Möglich ist es aber! Das Beispiel mit den Frauen soll auch keinesfall diskriminierend sein. Frauen shoppen halt einfach mehr auf Impulsbasis. Der bisher lineare Einkaufsprozess (Abb 1 & 2) wird auf einmal unendlich, wobei einzelnen Schritte einfach übersprungen werden können. Das bedeutet für Kassenzone Social Commerce.

Social Commerce @ Kassenzone
Social Commerce @ Kassenzone

Es geht sogar noch weiter…

Auch wenn wir noch nicht voll in der Social Commerce Welt angekommen sind, wird sich dieser Prozess noch deutlich weiterentwicklen. Das hat technische Gründe (Datenaggragtion) und wirtschaftliche Gründe (neue Business Modelle) Der Blick dahin ist heute aber zu weit. Später vielleicht mehr.

Einige Zahlen sagen…

Die Frage ob Trend oder Hype haben wir noch gar nicht beantwortet. Bisher haben wir den konzeptionellen Part erledigt. Ein Trend ist nachhaltig, ein Hype temporär. Wenn man wirklich objektiv ist, kann man die Frage gar nicht 100%ig korrekt beantworten, aber ich würde den folgenden Vergleich als Hilfestellung nehmen. Laut Einzelhandel.de sieht der Markt in Deutschland wie folgt aus:

Der Online-Handel wird nach HDE-Prognose 2008 voraussichtlich 20,0 Milliarden Euro umsetzen. Damit steigen die Online-Shopping-Umsätze im Vergleich zu 2007 um gut neun Prozent. In 2007 wird der Internethandel voraussichtlich 18,3 Milliarden Euro erwirtschaften. Trotz eines weiter deutlichen Wachstums liegt der Umsatzanteil des E-Commerce am gesamten Einzelhandelsumsatz nur bei etwa 3,5 Prozent.

Darin ist mE Ticketing, Autos und Co. nicht enthalten. Sagen wir mal das Internet ist für 10% aller Einzelhandelsumsätze verantwortlich, dann liegen wir heute bei einer Verteilung von 90% Kaufprozess 1, 9,9% Kaufprozess 2 und 0,1% Kaufprozess 3. Ich gehe nicht davon aus, dass die Mechanismen aus Kaufprozess 3 morgen wieder abgestellt werden. Sie werden vielmehr verstärkt eingesetzt, so dass eine nachhaltige Entwicklung zu erwarten ist, die eine mittelfristige Umsatzverschiebung in Richtung (80%, 16%, 4%) ausmachen wird. Aus Kassenzonensicht ein klarer Trend und kein Hype.

Die relativen Zahlen mögen klein aussehen, aber in absoluten Zahlen stecken hinter jedem Prozent einige Milliarden Euro Umsatz. E-Commerce (Prozess 2) wurde 1995 sicherlich genauso belächelt wie Social Commerce heute. Jochen hat also absolut recht, wenn er Social Commerce so in den Himmel lobt in seinen Beiträgen. Pauline Pauline natürlich auch wenn sie so begeistert über neue Shopping Tools redet :-). Der Visualblogger fand es schon lange gut. Bei Polyvore scheint es schon jetzt zu funktionieren, obwohl Robert noch skeptisch ist (war?).

Fazit:

Social Commerce ist ein Trend und kein Hype. Sagen auch andere.  Social Commerce ist wahrscheinlich sogar deutlich mehr, wenn man es konzeptionell betrachtet, weil es an so vielen Stufen der Wertschöpfungskette des Handels ansetzt. Vorsicht ist geboten bei den Vereinfachungen. Keiner der Prozesse verläuft in der Realität so idealtypisch wie oben beschrieben und das Beispiel mit den Facebook Nutzerinnen habe ich so in der Realität auch noch nicht beobachtet. Man muss sich klarmachen, dass kein Prozess den anderen ablöst, sondern nur Marktanteile verschoben werden bzw. im besten Fall Mehrumsatz gemacht werden kann. Für Mode ist Social Commerce einfach eine super Entwicklung.

P.S.:

Die Powerpoint 2007 Smart Arts sind wirklich cool. Vielleicht kann mir mal jemand erklären wie ich die Farben noch detaillierter steuern kann. „Wahl des Anbieters“ müsste nach der in Abb1 und Abb2 eingeführten Logik eigentlich blau sein.

Update #1:
Thomas bei Web:Manual widmet sich diesem Thema noch einmal genauer und macht eine eigene Blogparade für das Thema. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse.

Update #2:
Mir ist bei der letzten Abbildung ein kleiner Fehler unterlaufen. Die Wahl des Produktes kommt vor der Wahl des Anbieters. Das habe ich mit der aktuellen Abbildung geändert.

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