shoepassion-schuhIn der Kassenzone Podcast Ausgabe #150 dreht sich alles um den Aufbau der Marke Shoepassion aus Berlin. Die Marke ist in der Gründerszene u.a. bekannt geworden durch ein Investment des ehemaligen Porsche Chefs Wendelin Wiedeking und sie wächst online & offline sehr stark und profitabel. Es gab in den letzten Jahren den ein oder anderen Nachahmer, aber den Erfolg von Shoepassion konnte bisher niemand wiederholen. Was macht Shoepassion also so erfolgreich und wie groß ist dieser Markt für hochwertige Schuhe überhaupt? Ich habe in dem Gespräch eine Menge über Schuhe gelernt und mir natürlich direkt ein Paar Schuhe im Laden vor Ort gekauft und nun bin ich schon kurz davor das Shoepassion „Schuhe reinigen“ Abendseminar zu besuchen. So eine Art Kochkurs für Männer mit teuren Schuhen. Klingt alles ziemlich seltsam für jemanden der bisher dachte LLOYD sei eine Marke für hochwertige Herrenschuhe, aber eines muss man dem Gründer Tim Keding lassen; Er ist ein waschechter Schuhfanatiker und dadurch sehr glaubwürdig.

In dieser Folge gibt es keinen Podcastsponsor, sondern nur den Aufruf den Podcast bei iTunes & das E-Commerce Buch bei Amazon zu bewerten. So als kleine Aufmerksamkeit für bisher 150 Ausgaben des Kassenzone Podcasts. Bevor ihr also weiterlest und -hört, nehmt euch die 2 Minuten für eine ehrliche Bewertung. *****

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JUBILÄUMSAUSGABE NR. 150:  Markenaufbau mit Tim Keding, Gründer und Geschäftsführer von Shoepassion

Shoepassion entwirft Schuhe, stellt sie her und verkauft sie online sowie stationär. Vom Anfang an hat bekennender Schuh-Fanatiker Tim Keding darauf Wert gelegt, nicht in erster Linie Händler zu sein, sondern Hersteller. Am Anfang eine Nebenbei-Geschichte, Shoepassion schreibt seit Jahren schon schwarze Zahlen und ist auf Expansionskurs.

„Es war, als ob ich dir sagen würde: Steig hier in mein Auto und wir fahren noch zum Mond!“

2:50

Alex: Ihr seid vor allem dafür bekannt, dass der ehemalige Prosche-Chef investiert hat, dass ihr schon jetzt profitabel seid und dass ihr auch 10 stationäre Läden habt. So werdet ihr als so eine Art Blaupause gesehen. Kannst du ein bisschen was zu eure Geschichte erzählen?

Tim: 2008 haben wir konzeptionell angefangen und eine GbR gegründet, den Namen geschützt, usw. Wir sind dann Ende 2009 – einen Tag vor Weihnachten – online gegangen. Seit 2011 sind wir kontinuierlich profitabel. Dabei haben wir alles im Bootstrapping-Modus gemacht: Nur eigenes Geld, kein VC. Durch unsere Profitabilität war es uns allerdings schnell möglich, mit Banken zusammenzuarbeiten. Im Endeffekt sind wir etwas langsamer gewachsen, als das vom Modell her möglich gewesen wäre, aber wir haben das alles doch ganz gut hingekriegt.

2013 habe ich dann aufgehört bei Absolventa, wo ich einer der Co-Gründer war und verantwortlich für Online-Marketing und Produkt-Entwicklung. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon 20 Angestellte bei Shoepassion. Derzeit sind wir 120 Leute und haben 10 Ladengeschäfte – und zwei weitere im Bau.

Alex: Wie teilt sich das Personal zwischen den Bereichen auf?

Tim: Durch unsere Fusion mit Heinrich Dinkelacker haben wir knapp 30 Kräfte in der Produktion sowie rund fünf Angestellte im Stuttgarter Hauptsitz dazubekommen Der Rest des Personals ist von Shoepassion – wobei die Zahl 120 natürlich nicht 120 Vollzeitstellen entspricht, weil in den Läden viele studentische Aushilfskräfte am Wochenende arbeiten.

Alex: Wann kam euer erster Ladengeschäft dazu?

Tim: 2013. Davor waren wir klassische Pure-Player – und als Digital-Native hätte ich es früher niemals geglaubt, dass ich eines Tages mir Gedanken über Filialisierung machen würde!

6:00

Alex: Wie seid ihr da anfangs vorgegangen? Und wo stellt ihr eigentlich her?

Tim: Alles, was rahmengenäht ist, stellen wir in Spanien her – in Almansa, eine Region mit einer sehr langen Tradition in der Schuhmacherei. Bei allem, was ein bisschen leichter ist – Bootschuhe, Mokassins, etc. – haben die Italiener ganz klar die Nase vorn, weswegen wir da produzieren lassen. Dinkelacker lässt in Budapest, in der „Schuhhauptstadt Europas“ fertigen, aber das sind ganz andere Mengen und die handwerkliche Wertschöpfung ist ungleich höher. Das ist unsere Aufteilung und uns ist sehr wichtig, dass wir für Made in Europe stehen: Und zwar nicht ganz tief im Osten, wo es fast so günstig ist wie in China – gibt’s ja auch, muss man ganz ehrlich sagen – sondern in den Ländern, wo es seit Generationen gelebt wird.

Alex: Ein Handelsunternehmen ist sicherlich leichter aufzubauen, weil man einfach seine Hersteller hat und sich sonst nur im Web und mit Online-Marketing auskennen muss. Diesen Background hattest du vermutlich von Absolventa, aber ich kann mir das nicht so richtig vorstellen, wie du 2008 plötzlich sagst: „Ich werde jetzt Schuhhersteller und will eine eigene Marke.“

Tim: Viel Klinkenputzen am Anfang. Wie so häufig geht man relativ naiv an so eine Idee ran und sagt: Okay, ich kann zwar keine selber produzieren, habe aber eine genaue Vorstellung davon, und dann…

8:30

Alex: …Aber was war denn deine Marktvision vor zehn Jahren? Wolltest du etwa „die Berliner Schuhmarke“ sein, wie euer Motto lautet? Hast du analysiert, was es schon gab?

Tim: Marktanalyse hatte ich selber in meinem Umkreis gemacht – und die Leidenschaft für Schuhe hatte ich ja eh. Und da musste ich als Student sehr viel Geld hinlegen, um diese teuren englischen Modelle zu erwerben. Dann hatte ich die Begegnung mit Zappos in den USA und gleichzeitig einen Kommilitonen, der aus der Schuhbranche in der Türkei kam. Dort bin ich in die Schuhproduktionswelt dann abgetaucht und habe mir vieles angeschaut. Da fiel mir auf, dass vom Herstellungspreis bis zum Verbraucherpreis so einige andere daran verdienen: Da war es kein Geniestreich, einzusehen, dass das Internet die Antwort darauf war, wie man diesen Zwischenhandel überspringt.

Dann fragte ich die Menschen in meinem Bekanntenkreis, welche hochwertige Business-Schuh-Marken sie so kennen – und bekam immer verschiedene Antworten. Bei Sneakers sind es immer die gleichen Antworten, aber heute noch gibt es große Variationen bei Business-Schuhen. Die Leute, die nicht so viele Ahnung haben, sagen dann Lloyd oder Hugo Boss. Aber nur wenige kannten die klassischen Marken, an die ich immer dachte: Edmonds, Oldham, Church. Da war ich erstaunt und merkte, dass die Markenbekanntheit hier wenig ausgeprägt war. Und wenn sich durch das Internet das Spielfeld eh ändert, warum sollte es mir nicht gelingen – der ich mich ja für einen Experten hielt –, Shoepassion so darzustellen, dass alle denken, die Marke hätte es schon immer gegeben? So war mir vom Anfang an wichtig, dass die Website nach etwas aussieht und den Eindruck erweckt, dass man beim absoluten Experten gelandet ist.

(Tim vergleicht die Idee mit einer Galerie: Die Werke – also hier: Das Schuhwerk – sollte im Zentrum stehen und für sich sprechen. Dazu war die Vermittlung von Expertise und Kompetenz wichtig: So erstellte Tim – auch aus SEO-Gründen – die größte Sammlung an Schuhwissen im deutschsprachigen Internet zur Verfügung.)

12:20

Alex: Und wo fing bei den Schuhen eure Wertschöpfung an?

Tim: Erst einmal: Partner identifizieren. Ich wollte mit einigen Herstellern zusammenarbeiten, die es aber nicht mit mir machen wollten. Ich war auf sehr vielen Schuhmessen in Europa unterwegs, auch in Asien und der Türkei. Nach Sichtung der Samples wurde es mir klar, dass es einfach Europa sein musste, wenn es hochqualitativ sein sollte – gerade im Bereich Rahmengenäht.

Aber da gab es Momente, die ich heute noch vor Augen habe, wie ich Leuten meine Idee erzählt habe – also dass ich meine eigene Schuhmarke kreiere, sie die Schuhe herstellen und ich die dann im Internet verkaufe – und sie mir meine vorhin überreichte Visitenkarten zurückgegeben haben.

Alex: Warum gab es da so wenig Interesse? Erschwerten es den Neueinsteigern irgendwelches Konsortium oder hatten die Hersteller einfach keinen Bock auf Online-Handel?

Tim: Die Idee war für sie einfach so fremd… Das war, als ob ich dir sagen würde: Steig hier in mein Auto und wir fahren noch zum Mond! Ich habe mich so Alien-haft gefühlt. Das konnte sich in dieser nicht gerade für ihre Innovationskraft bekannte Branche einfach gar keiner vorstellen. Man muss auch festhalten: Zu dem Zeitpunkt hat noch keiner Schuhe im Internet verkauft. Beziehungsweise nur in den USA, wo Zappos kundgetan hatte, dass die 100 Millionen umgesetzt hatten. So um 2007 war das. Das war für mich der Punkt, wo ich wusste: Das kommt nach Europa.

(Tim beschreibt noch, wie resistent die Branche war. Internet war für viele damals eben eBay und dann Schluss – und dort gab es auch viel Betrug. Als sich endlich eine Manufaktur bereit erklärte, mitzumachen, musste dann viel entwickelt und abgestimmt werden: Sie hatte seit Jahrzehnten schon Schuhe produziert und Tim hatte keine fertige Designs in der Schublade. Zudem wollte der Hersteller nicht, dass andere mitbekommen, wie er mit Shoepassion zusammen Handelsstufen überspringt. Denn so konnte Tim nämlich rahmengenähte Schuhe, die sonst im Handel über 300€ kosten, zu einem Einstiegspreis von anfangs noch 169€ anbieten.)

17:55

Alex: Sind dann die ersten Kunden tatsächlich auch über deine SEO-Strategie auf deine Website gekommen?

Tim: Ja. Schönen Gruß an Tim Imreck an dieser Stelle! Er war der allererste Kunde und wir haben ihn damals interviewt. Er hat am ersten Weihnachtstag 2009 gekauft. Da war ich abends bei meinen Eltern zum Essen und drückte F5: Der erste Sale! Abends am zweiten Weihnachtstag drückte ich und es hatten zwei Leute gekauft. Und von dem an wusste ich: Das wird funktionieren. Ich war drei Tage online und hatte drei Sales.

Alex: Hätte sich die Wachstumsrate fortgesetzt…

Tim: …würde ich heute in einem Glaspalast sitzen! Aber ich hatte das Gefühl, dass es gut laufen würde. Den Traffic hatte ich ja gar nicht eingekauft. Kein Adwords und nur rund 30 User am Tag, die damals meinen Schuh-Blog gelesen haben – die allerdings konvertiert haben.

19:00

(Daraufhin erbittet Alex mehr Details zu den Schuhen, den Preiskategorien und zur Personalisierung und Anpassung des Schuhwerks. Tim stellt klar, dass es sich um Kollektionsware, nicht Maßschuhe handelt und gibt dann Auskunft zu den Modellen und Designs. Fast alle Schuhe basieren auf klassische Oxfords oder Derbys: Ausgefallen seien aber teilweise die Lederfarben oder andere Details. Dazugekommen sind Sneakers, weil diese zunehmend auch von seinen Zielkunden getragen werden. Diese kommen aus Italien und sind zwar im oberen Preissegment, dafür ethisch sauber. Und obwohl seine Leidenschaft dem Herrenschuh gilt, bietet Shoepassion jetzt auch eine Frauenkollektion an. Der Markt für Damenschuhe sei schließlich rund zehnmal größer.)

24:40

Alex: Wie groß ist der Schuhmarkt in Deutschland eigentlich?

Tim: 20 Milliarden Euro jährlich. Verrückt, ne?

Alex: Fast so groß wie der Möbelmarkt!

Tim: Unfassbar. Und dabei ist erst rund 15% online, habe ich mal bei Jochen Krisch gelesen… Jedenfalls fingen die Frauen halt bei uns die Herrenschuhe in den kleinen Größen zu bestellen. Wir wunderten uns dann, wieso wir so hohe Retourenraten bei den Untergrößen hatten. Die konnten wir nämlich gut anbieten – und Übergrößen sowie Exotenleder und manches andere auch dazu –, weil wir als Spezialanbieter im Internet natürlich den Vorteil gegenüber einem lokalen Händler hatten, der gar nicht so viele davon verkaufen und bei dem es folglich zu kapitalbindend sein würde. Jedenfalls waren die Frauen aber mit den Männerleisten nicht zufrieden und haben retourniert. Erst später fanden wir raus, woran das lag.

Alex: Was ist eine übliche Retourenrate im Schuhhandel? Rund 10%?

Tim: Nee! Am Anfang waren wir unter 10% und dann sind wir auf 20% geklettert. Dann haben wir an Marketplaces gedockt, was natürlich die Retourenrate in die Höhe treibt, weil das Verhalten da ein anderes ist: Erstmal reinlegen, mitbestellen… Auf unserer Seite geht man viel mehr in die Tiefe und die Retourenrate ist deutlich niedriger. Und bei den Herren ist die eh niedriger.

(Alex fragt Tim dann über die Beständigkeit von Schuhgrößen über verschiedene Typen aus und erzählt dann am Rande über sein eigenes Schuheinkaufsverhalten. Ergebnis: Auch Alex kauft in Spanien ein.)

28:10

Alex: Wie hoch ist denn der Deckungsbeitrag, der ein Händler einnimmt? Reden wir von 50%?

Tim: Das kommt hin.

Alex: Und haben viele andere Schuhhersteller angefangen, Eigenmarken aufzubauen, oder ist das in Deutschland noch nicht so häufig der Fall?

Tim: Auf meinen Reisen in Spanien über die Jahre habe ich hin und wieder Leute getroffen, die ein paar Schuhläden haben und es dann mit einer Eigenmarke und einer entsprechend höheren Marge versuchen wollten. Die waren aber nicht vor mir da. Bei Görtz & Co. gibt es auch Eigenmarken – allerdings sehr verdeckt. Aber grundsätzlich hat man im Schuhmarkt nicht so schnell die Bewegung erkannt, die es über alle Segmente gibt, von Händlern zu Herstellern und Herstellern zu Händlern.

29:40

Alex: Wer ist denn euer Wettbewerb? Klassische Marken, die über den Handel vertrieben werden? Oder gibt es andere Marken, die sich online aufbauen? Vielleicht aus Frankreich oder UK…?

Tim: Es gab durchaus Leute, die mit demselben Modell wie wir es hatten, beachtliche Mengen VC eingesammelt haben – auch in Deutschland und zur selben Zeit wie wir. Ob das jetzt Clones oder Copycats waren, oder ob das nur reiner Zufall war, lass ich jetzt mal dahingestellt. An einigen Stellen im Quellcode könnte man es vielleicht festmachen…

Alex: Hierzulande Scarosso?

Tim: Ja, genau. Ich glaube, die haben mal 18 Millionen Euro eingenommen und Vollgas gegeben. In USA gibt es auch zwei-drei, die das machten – die fingen auch deutlich später an als wir. Aber unser Erfolg ist ja unbestritten und ich glaube, wir sind sehr einzigartig aufgestellt.

(Alex fragt, wie Tim Erfolg misst: Stammkunden seit Anfang? Oder andere KPIs? Tim bejaht. Das Problem sei, dass rahmengenähte Schuhe immer wieder repariert und neu besohlt werden – und nie weggeschmissen werden müssen. So müsste man eigentlich weniger gute Schuhe herstellen, wenn man mehr verkaufen wollte. Tim missioniert aber gern gegen die Wegwerfgesellschaft an – und seine Kunden würden dass verstehen und treu bleiben. Auch biete Shoepassion Pflegeseminare und einen Reparaturservice in den stationären Flächen. Deshalb sei das Ladengeschäft wichtig.

Danach geht es um die Hintergründe des Zusammenschlusses mit Dinkelacker. Tim erklärt, was die besondere Luxusqualität der exklusivsten deutschen Herrenschuhmarke ausmacht, warum das als Ergänzung zu seinem „affordable premium“ Konzept attraktiv war und waren Dinkelacker auf ihn zugekommen ist. Daraus ergibt sich ein Exkurs zum Thema Pferdelederschuhe.)

40:50

Alex: Lass uns über eure Kanalstrategie sprechen. Du hast ja erzählt: Ihr verkauft auch über Marktplätze, habt aber ja den eigenen Online-Shop und dann auch die Läden. Wie der Shop funktioniert, ist klar: Den habt ihr als allerersten Kanal aufgebaut. Über welche Marktplätze verkauft ihr denn?

Tim: Zalando, Amazon. Und wir sind ja auch im Ausland mit der gleichen Aufstellung unterwegs.

Alex: Im Seller-Modus? Als integrierter vertikaler Hersteller-Händler würde es ja für euch keinen Sinn ergeben, an und nicht über Amazon und Zalando zu verkaufen.

Tim: So ist es. Wir werden oft gefragt, ob wir doch nicht auch an die Plattformen verkaufen wollen. Da gibt es verschiedene Meinungen zu, aber…

Alex: … für euch hätte das überhaupt keinen Sinn.

Tim: Absolut: Wir haben eigene Logistik und Prozesse.

Alex: Wie wichtig sind jetzt Marktplatzumsätze im Vergleich zum eigenen Direkthandel?

Tim: Unser eigener Kanal ist der Größte. Mit der Internationalisierung, die wir ja wegen des begrenzten Marktes anstreben, könnten sich die Verhältnisse ändern. Wir werden nie Massengeschäft betreiben: Dafür ist unser Qualitätsanspruch einfach zu hoch. So sind wir nun in sechs verschiedenen Ländern mit eigenem Online-Shop und auf verschiedenen Marktplätzen aktiv. Derzeit gucken wir schon sehr intensiv nach Asien, zum Beispiel Japan. Korea und China auch.

Alex: Dann kommen die stationären Flächen. Das ist, vermute ich, klassische ROPO, oder? Und zwar in beiden Richtungen. Zählen die Läden aber schon zu den Renditequellen? Oder siedelt ihr die eher bei den Marketing-Kosten an?

Tim: Den Gedanken, so eine Fläche als Service- oder Marketing-Ausgabe abzuschreiben, verstehe ich zwar. Aber bei uns sind das Profit-Center. Jeder Laden muss sich tragen und Geld verdienen. Und da stoße ich immer wieder auf großes Erstaunen. Wir sind jetzt zum ersten Mal dabei, leitende Angestellte aus der Brick-&-Mortar-Welt zu uns zu holen: So haben wir nun einen Vertriebschef, der früher einer der Geschäftsführern von Guido-Maria Kretschmar war. Ein anderer Neuzugang war einer der Retail-Verantwortlichen von Hugo Boss…

Alex: Wozu?

Tim: Wir sind bislang B2C-Online und B2C-Offline gewesen. Jetzt gibt es aber Shoepassion auch im Handel. Das ist B2B und wir brauchen da Leute.

Alex: Aber wo kommt denn die Marge her? Müsst ihr dann nicht unter eurem Verkaufspreis dann an Händler verkaufen?

Tim: Das funktioniert in einigen Auslandsmärkten. Da, wo wir keine eigenen Läden haben, keinen Online-Shop, oder wo der Preisniveau anders ist: USA etwa.

45:30

Alex: Ich verstehe. Korrigiere mich, wenn ich hier falsch liege, aber: Es kann keinen Sinn für euch ergeben, Shoepassion-Produkte an Görtz zu verkaufen.

Tim: Nee, Görtz sicherlich nicht. Wobei wir natürlich auch Spezialprodukte haben – „hand finishes“ und Ähnliches – bei denen man es sich tatsächlich vorstellen kann, an den Handel zu verkaufen. Interessanterweise entwickeln wir uns aus Sicht der Händler mehr und mehr zum Hersteller. Sie überlegen sich jetzt auch immer, wie sie neue Kunden in die Läden bekommen. Das ist heute anders, als es in der Vergangenheit mal war.

Und so – um zurück zur ersten Frage zu kommen – haben wir den Vertriebsmann von Hugo Boss eingestellt und auch er war erstaunt über unsere Mechaniken. Der hat sich paar KPIs angeschaut und war begeistert: Unser Umsatz pro Quadratmeter, wie wir Kunden aus dem Internet in den Laden bekommen…

Alex: Ich kann mir vorstellen, dass das besonders hier in Berlin gut funktioniert. Aber stimmt das, was wir immer wieder über die hohen Management-Anforderungen bei stationären Flächen hören? Da muss man ja mit der Stadt reden, sich über Themen wie Parkplatz usw. Gedanken machen. Aber für euch kommen wahrscheinlich eh nur 1-A Lagen in Frage, oder?

Tim: Wir haben zuletzt in Mannheim aufgemacht. Gestartet haben wir in München, dann sind wir nach Hamburg und Düsseldorf gegangen. Danach Frankfurt, Stuttgart (wo der Dinkelacker-Laden ist). Köln, Berlin natürlich – zweimal. Dann kommen im Ausland Wien, Warschau und Zürich.

Alex: Kiel muss wahrscheinlich warten, oder?

Tim: Erstmal wollen wir nach Leipzig. Aber wir kommen!

48:00

Alex: Aber wachsen denn auch die Umsätze in den stationären Läden langfristig? Für vertikale Hersteller sind die Aussichten zwar nicht schlecht, aber war es auch an und für sich eine gute Entscheidung?

Tim: Auf jeden Fall. Allein deswegen, weil wir sonst nicht die Chance gehabt hätten, mit Dinkelacker was zu machen. Aber es sind komplett andere Herausforderungen. Man gründet quasi eine neue Firma mit ganz anderem Personal. Vorher waren wir alles Marketing-Spezialisten, IT-ler und Content-Leute. Jetzt haben wir eigene Handwerker und eine eigene Werkstatt, wo wir die Regale selber bauen und die ganzen Möbel vorfertigen. Dann gibt es Verkaufspersonal mit anderen Hintergründen. Das ist alles schon nicht ohne. Früher wurde alles aus einem Gebäude gemacht. Mit 10 anderen Standorten ergibt sich nicht nur eine logistische, sondern auch eine kulturelle Herausforderung.

49:50

Alex: Eine Frage, die aus der WhatsApp-Gruppe kam: Ihr habt 360°-Bilder von euren Produkten. Oft hört man, dass die Conversions den Aufwand nicht rechtfertigen. Stimmt das eurer Erfahrung nach? Lohnt es sich wirklich, jeden Schuh so abzubilden? Oder habt ihr nicht so einen großen Kollektionswechsel.

Tim: Also: Der schwarze Derby war schon vor 50 Jahren der schwarze Derby und der wird es auch in 50 Jahren vermutlich noch sein.

(Danach erzählt Tim von den rotierenden Bildern der stationären Flächen auf der Website, die die Kunden dazu animieren sollen, in die Läden zu gehen. Und so teuer sei das Ganze wiederum auch nicht. Zum Schluss stellt Alex Fragen zu den Zielen von Shoepassion: Andere Schuhmarken kaufen? Könnte ein Abomodell funktionieren? Alex fasst die Möglichkeiten unter dem Schlagwort „Digitaler Schuster“ zusammen. Zum Schluss geht es um Projekte für 2017: Nämlich der Sprung nach Asien sowie die Einrichtung einer gläsernen Manufaktur mit musealem Charakter.)

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