Waterdrop CEO Martin Murray auf dem Weg zu 100 Mio. Euro

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Vor dem Podcast kannte ich Waterdrop noch nicht. Ich dachte, das wäre eine weitere Nischenlösung für den LEH. Aber im Podcast öffnet mir Martin so richtig die Augen und zeigt welche Möglichkeiten ihm mit seiner klugen Idee offen stehen. Dutzende Mio. Umsatz, hoher Anteil Direktvertrieb, schwer kopierbar, top Eignung für E-Commerce, hohe Wiederbestellraten und all das auch noch zusammen mit einer guten Mission. Respekt! Was macht das Produkt aus? Dazu von der Webseite:

„Warum gibt es eigentlich kein Produkt, das keine weitere Plastikflasche oder Dose benötigt, das gut tut und so klein ist, dass ich es in einen Wasserflaschenhals werfen kann?“ Das dachte sich Martin und während er so seinen Gedanken im Frühjahr 2016 nachhing, entwickelte sich die Idee einer großen Sache, die ganz klein ist: Der Microdrink – die besten Frucht- und Pflanzenextrakte komprimiert in Form eines kleinen Würfels. Alles, was man dazu braucht, ist frisches Wasser. Gesagt, getan. Und so setzten Martin mit seinem Freund Christoph, seinem Bruder Henry und einem unglaublichen Team diese Vision in die Tat um. 

https://www.waterdrop.de/pages/about

Wasser verkaufen mit Martin Murray, CEO von Waterdrop

Zugegebenermaßen fällt es bei einigen Produkten, die im Fernsehformat „Die Höhle der Löwen“ vorgestellt wurden, leicht, sie als „just another Ding im Rewe-Regal“ (O-Ton Alex) abzuschreiben. Nicht so bei Waterdrop. Auch wenn Alex das 2015 in Wien gegründete Unternehmen vor der Vorbereitung auf diese Folge noch nicht kannte, ist er am Ende des Gesprächs mit Gründer und Geschäftsführer Martin Murray vollends überzeugt. Aktuell ist Waterdrop in zwölf europäischen Ländern vertreten, beschäftigt 200 Leute und macht etwas mehr als 40 Millionen Euro Umsatz. In dieser Folge erklärt Martin, wie Waterdrop sein Direktkundengeschäft aufzieht und wie schwer es war – und ist – ein wettbewerbsfähiges und nachhaltiges Produkt aufzubauen.

„Wenn man alles Mögliche anbietet, wer ist man dann?“

04:00

Alex: Der eine oder andere aus dem deutschen Markt wird euch und euer Produkt noch aus „Die Höhle der Löwen“ kennen – da wart ihr 2018, wenn ich mich richtig erinnere, und habt ein Investment erhalten. Würdest du einmal etwas zur Geschichte von Waterdrop erzählen?

Martin: Hinter Waterdrop steckt eigentlich eine sehr simple Idee, die dann im Nachgang ja meist die guten sind. Das Beste, was Leute machen können, ist nämlich, mehr Wasser zu konsumieren. Wenn man zwei, drei Liter Wasser am Tag trinkt, lösen sich so ziemlich alle Lifestyle-Probleme, die man so hat. Man wird aktiver, die Haut wird besser, man nimmt ab … Fakt ist aber: Die Leute tun es nicht, weil sie eben ab und zu Geschmack und Funktionalität brauchen und das Wassertrinken hin und wieder auch vergessen.

Jetzt haben Getränke zwei große Probleme. Erstens: Man kann sie nicht wirklich übers Internet vertreiben. Es gibt kaum E-Commerce und kaum relevante Daten. Und zweitens: Der Getränkemarkt ist einfach nicht nachhaltig. Getränke abzufüllen, in Plastikflaschen zu packen, diese mit dem LKW durch die Gegend zu fahren, sie heimzutragen – das macht 2020 keinen Sinn mehr. Deshalb haben wir uns gefragt, wie denn eigentlich die perfekte Getränkelandschaft aussähe. Meiner Meinung nach bestünde sie in dezentral verfügbarem, filtriertem Leitungswasser. Und wenn man Lust hat auf Geschmack und Funktionalität, dann macht man sich am Point of Consumption halt sein eigenes Getränk – und das ist die simple Idee.

Also haben wir 2015 begonnen, Waterdrop zu entwickeln. 2017 sind wir in den Markt. Wir haben alles selber gemacht: die Rezepturen, die Verpackungen, aber auch die Produktion. Wir folgen einem  Multichannel-Konzept für einen Direktvertrieb (direct to consumer, D2C) und nutzen zwar auch drei Offline-Channels, aber 80 Prozent des Geschäfts gehen online über die Bühne. Wir verkaufen an Firmen, betreiben mittlerweile 15 Shops, und sind in circa 4.000 Retail-Outlets in Deutschland, Österreich, Frankreich und Großbritannien vertreten.

Alex: Wo standet ihr 2018, als ihr in der Sendung gepitcht habt, und was ist seitdem passiert? Konnte man euer Produkt damals auch schon in Läden in Deutschland kaufen oder nur über euren Online-Shop und in Österreich?

Martin: 2018 waren wir im zweiten Geschäftsjahr und haben uns natürlich sehr gefreut, die Möglichkeit zu kriegen, das Produkt vor vier Millionen deutschen Zuschauern vorzustellen. Das ist schon per se eine spannende Erfahrung. Damals war Waterdrop nur in österreichischen Läden erhältlich. Zwar auch bei der REWE, aber in der österreichischen Variante. Synchron mit dem Auftritt haben wir dann massiv nach Deutschland expandiert.

Und seitdem ist es stetig bergauf gegangen. Es ist nicht einfach, ein Unternehmen zu gründen, vor allem etwas, was es vorher nicht gegeben hat. Wenn man alles selber bauen und entwickeln muss, das ist schon anstrengend. Außerdem bringt jegliche Innovation immer einen Erklärungsbedarf mit sich. Das heißt, man muss sehr viel Liebe ins Detail und ins Marketing stecken, um den Leuten zu erklären, was das jetzt eigentlich ist.

08:35

Alex: Wie groß ist der Getränkemarkt weltweit?

Martin: Je nach Definition sprechen wir da von 600 bis 700 Milliarden Euro, wobei davon, wie bereits erwähnt, sehr wenig online umgesetzt wird, weil es eben ökonomisch und ökologisch keinen Sinn macht, Getränke online zu verkaufen. Letztendlich läuft aber jedes Geschäft im Getränkehandel auf einen Verdrängungswettbewerb hinaus. Durch unser Geschäftsmodell können wir viel mehr und schneller lernen als durch ein konventionelles Getränk. Weil wir täglich direkt mit Zehntausenden Kunden zu tun haben, öffnen sich uns ganz andere Türen und unsere Entwicklungsgeschwindigkeit ist enorm. Wenn man im E-Commerce tätig ist, macht es im Wesentlichen keinen Unterschied, ob man jetzt in zwölf oder in 15 Ländern verkauft, solange die Lieferkette steht. Da gibt es noch keine der üblichen Vertriebsbarrieren.

09:40

Alex: Es gibt schon Hürden, aber lass uns an dieser Stelle noch einmal auf euer Produkt zurückkommen. Wenn ich es einem Dritten beschreiben müsste, würde ich anführen, dass es eine Art Brausetablette ist, die ich in eine Flasche oder ein Glas Wasser geben kann und dann reichert sich da ein bisschen Geschmack an – Limette, Himbeere, Ananas, worauf man eben Lust hat. Diese Tablette produziert ihr nachhaltiger als die klassische Kinderbrausetablette, sie enthält weniger Zucker und mehr Vitamine. Ist das richtig?

Martin: Also – es ist zumindest nicht falsch. Es gibt ja Gott sei Dank mehrere Wege, ein Produkt zu beschreiben. Ich formuliere es mal so: Bevor wir Waterdrop entwickelt haben gab es drei Arten, sich auf der Grundlage von Wasser ein eigenes Getränk zu schaffen. Es gibt konventionellen Sirup, es gibt Pulver und es gibt konventionelle Brausetabletten. Sirup und Pulver haben einige Nachteile und Brausetabletten fanden wir ursprünglich sehr interessant, weil die Technologie dahinter genial ist. Also haben wir auf dieser Grundlage eine eigene Rezeptur entwickelt, wie wir das Beste aus Pflanzen und Früchten in einen Würfel pressen können – unseren Microdrink. Der heißt deshalb so, weil wir ihn als kleines Getränk verstehen, das wieder groß wird, sobald man ihn in Wasser gibt. Deshalb würde ich Waterdrop am ehesten als functional water oder flavoured water in einer viel nachhaltigeren Darreichungsform beschreiben.

Ein anderer Aspekt unseres Modells ist aber mindestens genauso wichtig: Alles, was wir tun, zielt darauf ab, dass die Leute mehr Wasser trinken. Das ist die ganz simple, aber global-galaktische Positionierung. Kein anderer hat bislang diese Position eingenommen und gesagt: „Leute, das Beste was ihr machen könnt, ist, Wasser zu trinken, und wir helfen euch dabei! Wir helfen euch mit Geschmack, wir helfen euch mit schönen Flaschen und Karaffen“ – und es werden noch einige Tech-Elemente hinzukommen, auf die ich später gerne auch noch einmal eingehen kann.

(Die Technologie, auf der die Waterdrop-Rezeptur basiert, nutzt die Kombination von Salz und Säure als Transportmechanismus, um Frucht- und Pflanzenextrakte wie auch Vitamine in das Getränk zu bringen. Für Alex besonders interessant sind zwei Produkte mit organischem, schnellwirksamem Koffein. Trotz der Vitamine und des Koffeins wird Waterdrop als Lebensmittel und nicht als Nahrungsergänzungsmittel geführt. Außerdem ist das Produkt extrem aufwendig in der Herstellung und kann praktisch nicht kopiert werden.)

17:55

Alex: Viele Produkte aus „Die Höhle der Löwen“ wurden zu Eintagsfliegen. Wie funktioniert euer Geschäft? Kauft euer typischer Direktkäufer ein Paket oder ist das ein Vielbesteller, der oft nachkauft? Wie sieht die typische Customer Journey bei euch aus?

Martin: Unser Business ist sehr langfristig ausgerichtet. Obwohl wir sehr stark wachsen, blicken wir jederzeit fünf bis zehn Jahre in die Zukunft und wollen ein nachhaltiges Unternehmen und eine wunderschöne Marke bauen. Und das dauert eben Jahre, das kann man nicht übers Knie brechen.

Unsere customer journey muss man unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. Trotz allen Bemühungen werden viele Lebensmittel offline gekauft. Deshalb sind wir neben unseren zwei flagship stores bei ausgewählten Handelspartnern vertreten. Die Kunden, die online auf uns aufmerksam werden, kommen größtenteils über soziale Medien oder über Freunde und Familie – unser Produkt hat eine „inhärente Viralität“, die Leute sprechen darüber. Normalerweise wählt man einen von zwei funneln: Entweder weiß man schon genau, was man will, und kauft nicht erst ein großes Probierset, sondern nimmt eher noch ein, zwei schöne Accessoires mit. Die andere Variante wäre, ein Probierset zu kaufen. Das ist eines unserer beliebtesten Produkte.

21:40

Alex: Muss man sich das vorstellen wie bei mymuesli damals? Die verfügten meistens über 30 bis 40 Quadratmeter mit ihrem gesamten Sortiment. Ist das bei euch ähnlich oder sind eure Flagship Stores größer?

Martin: Die zwei flagship stores in Wien und Salzburg sind größer. Die 13 Kioske sind kleiner, sehr schön designt und stehen alle mitten in großen Einkaufszentren. Dort können Kunden probieren – zumindest konnten sie das vor der Corona-Pandemie – und sie können sich beraten lassen, bevor sie dann online kaufen. Das ist das Schöne am Multichannel-Ansatz: Man akquiriert Online-Kunden, die dann offline nachkaufen, und andersherum funktioniert es genauso.

Alex: Ich finde es enorm beeindruckend – schließlich erzeugt ihr dieses Segment erst. Aber was ersetzt ihr? Trinken die Leute jetzt weniger Softdrinks? Muss Nestlé Angst haben, dass ihr mit eurem Nero-Drop Nespresso vom Markt fegt?

Martin: Niemand muss Angst haben. Der Markt ist riesig! Er ist einer der größten Konsumentenmärkte der Welt …

Alex: Das sagt Google übrigens auch, beim Thema Online-Werbung.

Martin: Das stimmt. Und wir naschen eigentlich von allen Segmenten mit. Wir haben natürlich sehr viele konvertiert, die früher viele zuckerhaltige Getränke getrunken haben. Es ist aber ein generelles Problem der Getränkehersteller, dass immer weniger Leute Zuckerwasser in Plastikflaschen konsumieren. Carbonated softdrinks ist das Segment, was wirklich verliert.

Am anderen Ende des Spektrums haben wir aber auch Leute, die schon immer genug Leitungswasser getrunken haben. Das nehmen wir niemandem weg, sondern sie trinken einfach mehr davon. Ein Bereich, den wir direkt substituieren, ist Wasser mit Geschmack. Das ist eine relativ große Produktkategorie. Aber wenn man sich den Markt im Ganzen anschaut, sind wir wirklich noch eine der kleinsten Mücken am Elefanten. Es wird noch etliche Jahre dauern, bis uns irgendeiner wirklich spürt – vor allem, weil wir ja online verkaufen.

27:15

Alex: Wenn man bei Google nach Berichten über Erfahrungen mit Waterdrop sucht, findet man einige Blogger, die euch getestet haben, und Influencer. Spielen Influencer in eurer Werbestrategie für Social-Media eine große Rolle, vor allem im Hinblick auf den Erklärungsbedarf eures Produkts?

Martin: Sie spielen definitiv eine Rolle, schon allein, weil wir ein Online-Geschäft betreiben. Um das Influencermarketing kommt im Grunde ja keiner mehr drum herum. Man muss nur aufpassen, dass man die richtigen auswählt. Das ist die Kunst im Influencermarketing. Man muss man genau wissen, wofür welche Influencer stehen. Wir haben mittlerweile ein sehr großes Team, das nichts anderes macht, als die richtigen auszuwählen, zu testen und intensive Partnerschaften aufzubauen. Wir arbeiten sowohl mit ganz kleinen als auch mit ganz großen zusammen und sie sind mittlerweile ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Online-Ökosystems.

(Der Erklärungsbedarf bestimmt auch, welche anderen Werbeformate umfangreicher genutzt werden, wie TV-Spots. „Ab einer gewissen Größe muss man ins Fernsehen, vor allem wenn man stärker in den Handel geht“, erklärt Martin. So nutzte Waterdrop die Gunst der Stunde, als Großkonzerne im Frühjahr 2020 Kampagnen stornierten, die unter anderem in Vorbereitung auf die Fußball-WM produziert worden waren, und gleichzeitig mehr ferngesehen wurde.)

35:50

Alex: Könnt ihr euch und eure Expansion durch euer Produkt selber finanzieren, oder sichert ihr euch Investoren oder Bankkredite?

Martin: Unsere Kernmärkte könnten wir aus dem Cashflow finanzieren. Aber dadurch, dass wir international expandierten und immer noch expandieren – wie demnächst in die USA – haben wir natürlich auf Investorengelder zurückgreifen müssen. Dabei sind wir von sehr langfristig denkenden Familien und wohlhabenden Einzelpersonen finanziert und nicht etwa durch professionelles Wagniskapital.

Alex: Die denken also nicht in so einer Fonds-Logik und sind nicht darauf angewiesen, dass ihr irgendwann verkauft, sondern versprechen sich eine Rendite …

Martin: Genau, das sind alles Leute, die keinen kurzfristigen finanziellen Erfolg brauchen.

Alex: Wenn euer Wachstum jetzt so weitergeht, welche Rolle spielen dann die stationären Partner?

Martin: Retail wird immer wichtiger, denn je größer eine Marke wird, umso umfassender muss sie verfügbar sein. Und – in Bezug auf die Customer Journey: Es ist einfach bequem, sich beim Wocheneinkauf kurz noch zwei Päckchen mitnehmen zu können. Wir machen derzeit circa acht bis neun Prozent des Umsatzes im Handel und der Anteil wird steigen, je größer wir werden. Das ist ganz natürlich, insbesondere weil man online nicht unbegrenzt wachsen kann.

41:10

Alex: Ist das wirklich so? Ich würde euch fast mit Nespresso vergleichen. Diesen Kapselkaffee gab es ja vorher auch nicht. Das ist auch eine Nische, die Nestlé selbst erzeugt hat, so, wie ihr „Kapselwasser“ erzeugt, vereinfacht gesagt. Wenn man eure Verpackung jetzt noch ein bisschen weniger plastikhaltig macht, ist ja alles supernachhaltig. Und dadurch, dass euer Produkt so leicht ist, dass es teilweise nur im Briefumschlag versendet werden kann, spart man auch noch Versandkosten. Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob ich deine Vision der Rolle des Handels teile. Es ist doch total cool, bei diesen 80 bis 90 Prozent D2C zu bleiben, um auch unabhängig und agil zu bleiben. Warum sollte man das ändern?

Martin: Mit „irgendwann kommt man an eine Grenze“ meine ich 300 bis 400 Millionen Euro online. Weil es immer noch viele Kunden gibt, die offline kaufen, ist der Online-Markt einfach irgendwann gesättigt. Wir können das sicher noch zwei, drei Jahre so weitermachen, aber langfristig – und wir denken nur langfristig – wird der Handel eine stärkere Rolle spielen.

Und es stimmt schon – so eine Welt, wie Nestlé sie rund um Nespresso aufgebaut hat, bauen wir um Wasser. Ich finde das ein geniales Geschäftsmodell. Wir kennen die Firma auch sehr gut. Die machen das nur direkt, also online business-to-business und in eigenen Stores. Der große Unterschied ist aber: Sie verkaufen mehr Maschinen.

Alex: Stimmt!

Martin: Das Nespresso-Modell besteht ja darin, Kunden mit einem System zu locken. Das haben wir nicht. Waterdrops kannst du überall hineingeben. Und wir haben andere Werbebudgets als Nestlé als Eigentümer, um Nachfrage zu erzeugen. Da geht es ja um Hunderte von Millionen.

(Zu den 200 bei Waterdrop Beschäftigten, gibt Martin als Antwort auf eine Zwischenfrage von Alex, gehören neben der Führungsetage im Headquarter in Wien die Leute in der kleinen Produktionsstätte in Deutschland, aber auch die in den Shops und Kiosks und in den kleinen Waterdrop-Büros in Tschechien und Paris. An den 15 physischen Verkaufsstellen jobben mehrheitlich Studenten. „Wir versuchen das alles sehr lean zu handhaben“, fügt Martin hinzu.)

48:15

Alex: Auf der Suche nach eurer Seite würde der Standardkunde auf Amazon anfangen. Ich habe euch dort eben einmal gesucht, und als erstes Ergebnis wird mir eine Damenhose angezeigt, dann bedruckte Leinwände und dann die ersten Bestseller, die aber alle nichts mit euch zu tun haben – die Suche von Amazon ist wirklich Grütze geworden in den letzten Jahren! Gehe ich richtig in der Annahme, dass ihr nicht an und nicht über Amazon verkauft?

Martin: Exakt! Wir haben uns aktiv dafür entschieden, nicht über Plattformen zu verkaufen. Natürlich könnten wir auf Amazon etliche Millionen mehr machen und international schneller skalieren, aber wir wollen direkt mit dem Kunden sprechen und direkt daraus lernen.

Alex: Bezieht sich das Risiko, das du bei Plattform siehst, darauf, dass a) euch die Marge abhandenkommen würde und b) der Kundenzugang weg wäre?

Martin: Ich sehe da mehrere Risiken. Das Risiko bezüglich des Kundenzugangs ist wirklich sehr groß. Das Margenrisiko sehe ich weniger, weil die Plattformen über so viel organischen Traffic verfügen, dass man weniger akquirieren müsste. Das wiegt sich sicherlich aus. Es geht da eher ums Markenimage. Nespresso, zum Beispiel, verkauft eine gewisse Exklusivität mit – und die sehen wir bei uns auch. Es ist einfach etwas anderes, wenn man in einem dedizierten Waterdrop-Shop einkauft, egal ob es sich dabei um einen Online-Shop oder einen flagship store handelt. Und schließlich könnte man die Frage auch umkehren: Warum sollten wir? Wir müssen nicht auf Plattformen verkaufen.

Alex: Rufen denn auch Leute von Amazon an, um dich umzustimmen?

Martin: Jede Woche. Und nicht nur von Amazon, sondern auch von den etlichen Agenturen dazwischen. Es ist schon verlockend und wir werden es uns auch immer wieder angucken, aber vorerst wollen wir diesen Kanal nicht aufmachen.

56:00

Alex: Apropos Nespresso und die entsprechenden Maschinensysteme: Ist es für euch nicht auch reizvoll, weiter in den Bereich Maschinen und Stationen hineinzuwachsen, äquivalent zur Kaffeestation in vielen Haushalten? Zum Beispiel könntet ihr ja ein Wasserfiltersystem oder einen speziellen Waterdrop-Wasserhahn entwickeln …

Martin: Es ist extrem reizvoll! Immerhin wollen wir eine globale Marke bauen, die Leute dazu animieren soll, mehr Wasser zu trinken. Waterdrop wird für alles stehen, was den Leuten hilft, mehr Wasser zu trinken. Das sind aktuell vier Segmente: Ein Segment sind unsere Microdrinks und unser Microteas – eine Kalt- und eine Warmwasserapplikation. Das zweite Segment ist diese ganze „Lifestyle-Welt“, wie Holzschatullen, on-the-go-Kits, alles Mögliche. Die dritte Säule ist unsere drinkwear, das heißt Flaschen, Karaffen, Tee-Tumbler – alles was hilft, keine Einwegplastikflaschen mehr zu kaufen. Das ist der absolute Megatrend. Da brauchen wir jetzt nicht unbedingt nach Los Angeles zu schauen, das sieht man auch hier schon.

Und die vierte Säule ist das Thema „Drinktech“. Wir haben jetzt ein sehr mobiles, kleines Produkt entwickelt, das wir im Frühjahr nächsten Jahres auf den Markt bringen werden und das nicht nur Wasser reinigt, sondern auch automatisch trackt, wie viel man schon getrunken hat. Entwicklungen wie diese werden es uns ermöglichen, noch viel stärker in die hydration-reminder-Welt reinzugehen und Daten zu sammeln.

Aber um auf deine Frage zurückzukommen: Natürlich ist es verlockend, aber ich finde bei einer Strategie ist es immer wichtiger zu sagen, was man nicht macht, ehe man aufzählt, was man alles machen könnte. Nur so bringt man auch einen gewissen Fokus auf eine Marke. Wenn man zu schnell in die Breite geht und alles Mögliche anbietet, wer ist man dann? Dann macht man im besten Falle alles nur durchschnittlich. Es stimmt, in unserer Idee steckt eine Menge Potenzial, und wir werden definitiv Teil der Lösung sein, aber wir versuchen, das drop-by-drop zu machen.

(Alex zeigt sich durchweg beeindruckt und dankt Martin zum Abschied für die offenen Antworten auf seine Fragen, bevor er sich Hände reibend dran macht, die Koffein-Varianten von Waterdrop zu bestellen.)

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