Mall InnenEs vergeht zurzeit keine Woche in der nicht über das veränderte Kaufverhalten in den USA berichtet wird. Aufgrund der noch immer intensiv geführten Diskussion um die Zukunft des stationären Einzelhandels in Deutschland lohnt sich der Blick auf die dort veröffentlichten Zahlen. Man kann darüber streiten, inwiefern der US Markt mit dem hiesigen Markt vergleichbar ist, aber die Freunde des Omnichannelhandels haben bisher auch oft US Unternehmen (Nordstrom, Best Buy…) als leuchtende Vorbilder präsentiert. Da ist es nur fair auch die negativen Daten als Vergleichsbasis heranzuziehen. Was passiert also in einem Markt in dem bereits jetzt mehr Haushalte ein Amazon Prime Abo haben als einen Festnetzanschluss?

Das Wall Street Journal hat kürzlich spannende Statistiken zur Anzahl der schließenden Filialen veröffentlicht. Dabei wird sichtbar, dass der US Markt vor einer regelrechten Schließungswelle steht. Sogar konservative Analysten sehen den Markt vor einer großen Bereinigung, aber niemand kann wirklich erklären warum den verbleibenden Filialen nicht das gleiche Schicksal drohen sollte.

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Der Artikel zu den Statistiken ist sehr spannend, auch wenn er aus meiner Sicht fälschlicherweise die Hoffnung gibt, dass die Bereinigung des stationären Handels lediglich selbstverschuldete Effekte sind, die sich z.b. auf den hohen Verschuldungsgrad der Retailer zurückführen lassen oder auf die permanenten Rabattaktionen.

Compounding the problem is the debt that retailers have added to their balance sheets in recent years, either through leveraged buyouts or to fund share buybacks. That leverage has become a problem as profits dry up. According to Moody’s Investors Service, the amount of debt coming due for 19 distressed retailers is set to more than double over the next two years.

Many retailers were slow to seize on the significance of these changes. When business was bad during the 2015 holiday season, many chains blamed unusually warm weather. But when the most recent holiday season once again failed to produce robust sales growth, “retailers realized this was a structural change,” Credit Suisse analyst Christian Buss said.

Viel spannender ist die Entwicklung auf dem Finanzierungsmarkt für stationäre Handelskonzepte. In den letzten 20 Jahren waren Handelsimmobilien eine sehr sichere Anlageklasse, was u.a. auch zu dem jetzt offensichtlich werdenden Überschuss an Handelsimmobilien geführt hat. Die stationäre Bereinigung ist auch bei aller Multichannel Phantasie nicht mehr zu ignorieren und das führt zu einem viel schlimmeren Effekt (verglichen mit den ausbleibenden Käufern) für stationäre Händler bzw. Immobilienbetreiber. Die Kredite werden plötzlich sehr viel teurer. Und in diesem Bereich steht die Bereinigung gerade am Anfang, wie Bloomberg berichtet.

“These malls are dying, and we see very limited prospect of a turnaround in performance,” according to a January report from Alder Hill, which began shorting the securities. “We expect 2017 to be a tipping point.”

Cracks have started to appear. Prices on the BBB- pool of CMBS have slumped from roughly 96 cents on the dollar in late January to 87.08 cents last week, index data compiled by Markit show.

That’s still far too high, according to Alder Hill. Many of the malls are anchored by the same struggling tenants, like Sears, J.C. Penney and Macy’s, and large-scale closures could be “disastrous” for the mortgage-backed securities. In the worst-case scenario, the BBB- tranche could incur losses of as much as 50 percent, while the BB portion might lose 70 percent.

Auch andere Indizes weisen in eine ähnliche Richtung. In Summe sieht das gar nicht gut aus für Unternehmen die von günstigen Real Estate Finanzierungsbedingungen ausgehen (müssen). Am meisten überrascht die Marktbeobachter aber, dass die Bereinigung auch die bisher als resistent wahrgenommenen A+ Lagen treffen. Mieterschwund in Manhatten also. Ähnliches hört man auch aus dem deutschen Markt. Lediglich Berlin scheint durch seinen globalen Boom davon noch nicht so stark betroffen zu sein. Die Innenstadt Umsätze in Hamburg haben sich z.B. trotz einem deutlich mehr Menschen (Tourismus)  in den letzten Jahren nicht nach oben entwickelt. In Wahrheit gab es da also auch schon einen deutlichen Einbruch der pro Kopf Umsätze. Die New York Times schreibt dazu:

Between 2010 and 2014, e-commerce grew by an average of $30 billion annually. Over the past three years, average annual growth has increased to $40 billion. […] The current torrent of closures comes as consumer confidence is strong and unemployment is low, suggesting that a permanent restructuring is underway, rather than a dip in the normal business cycle. In short, traditional retail may never recover. […]

Sicherlich lassen sich die US Effekte nicht 1:1 auf den deutschen Markt übertragen, aber sogar die angepassten Schließungsprognosen halte ich für deutlich zu konservativ. Fast jeder Händler mit dem ich spreche bestätigt mir, dass er sein Geschäftsmodell zügig verändern muss, weil er/sie nicht glaubt, dass er damit in 3/5/10 Jahren noch Geld verdienen kann. Wenn man sich dann aber ansieht wie schwer sich Händler und angeschlossene Dienstleister mit der Veränderung tun, dann weiß ich keinen Grund warum Amazon nicht in Deutschland allein bis 2025 die 100 Milliarden Marke knacken sollte. Das dürfte wenn überhaupt nur an den fehlenden Logistikkapazitäten (letzte Meile) scheitern.

Amazon Aktie

(Amazon Aktie, Quelle: Amazon.com, Abruf 23. April 2017)

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