schambachStephan Schambach ist einer der erfolgreichsten deutschen Seriengründer seit Beginn der digitalen Zeitrechnung. Angefangen mit Intershop in Jena, über den 2,8 Mrd. Dollar Exit von Demandware an Salesforce bis hin zur spannenden Neugründung Newstore in Boston/Berlin hat er eine Menge „Shoptechnologen“ gesehen und gegründet. Warum er daran glaubt, dass Newstore die richtige Lösung für vertikale Premiummarken ist, und weshalb man lieber in den USA oder China gründen sollte, erklärt er im Interview. Sehr spannend ist seine Sicht auf dem Gesamtmarkt. Er war zu seiner Zeit mit Intershop und Demandware seinem Markt jeweils weit voraus, insofern könnte an der Mobile First Idee von Newstore schon etwas dran sein. Aber schaut euch einfach das Interview an. Die Diskussion über Shoptechnologien wir dann auch direkt am Donnerstag 14:30 Uhr beim Onlinemarketingrockstars Festival auf der Expo Bühne fortgesetzt. Dort stehen dann Wilfried Beeck (Mitgründer Intershop und Gründer ePages) und Yoav Kutner (Gründer Magento) Rede und Antwort.

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Stephan Schambach gründete Intershop Communications und später Demandware und brachte beide E-Commerce-Plattform-Dienstleister an die Börse. 2016 wurde Demandware an Salesforce verkauft. Seit Anfang 2015 widmet er sich mit NewStore erneut einer Firmengründung.

Schließlich möchten Designer-Marken ihre Kleider nicht neben Klopapier ausstellen

03:15

(Alex fängt damit an, den beeindruckenden Track-Record von Stephan – einem der bekanntesten Softwäre-Gründer Deutschlands – zu rekapitulieren. Stephan erklärt, warum seine Firmen immer transatlantisch sind: Es sei fast unmöglich, es allein aus Deutschland heraus zum Weltmarktführer zu bringen. Die USA seien geeigneter dafür. Dabei sei die Software-Entwicklung größtenteils in Deutschland geschehen. Für die Neugründung NewStore sei die Wahl für Berlin deswegen gefallen, weil die Stadt junge Leute aus aller Welt anziehe.)

05:15

Alex: Warum kann man denn immer noch nicht aus Deutschland heraus weltweiten Erfolg haben?

Stephan: Die Gründung in Deutschland ist kein Problem, aber um wirklich globaler Marktführer zu werden, braucht man die allerbesten Ausgangsbedingungen: Dazu zählt der Zugang nicht nur zu Kapital, sondern auch zu einem großen, homogenen Markt. Dabei ist China eigentlich das bessere Land – noch besser als die USA: Was einem dort in puncto Gründung, Kapital, und Marktgröße geboten wird, gibt es nirgendwo anders. Aber das trifft nur auf chinesische Staatsbürger zu, die dort Familiennetzwerke, Freundeskreise haben. Es ist sehr schwierig für europäische Gründer, in China Fuß zu fassen. Für Gründer aus Europa ist die USA hingegen offen und kulturell nicht so weit weg. Deswegen wurde das Land für mich zum Teil des Models. Dass es in Deutschland weder vernünftiges Venture-Capital noch eine richtigen Börse gibt, sollte Unternehmensgründer nicht davon abhalten, den weltweiten Erfolg zu suchen. Deshalb gehe ich dafür schweren Herzens in die USA.

Alex: Pendelst du jede Woche hin und her?

Stephan: Jede Woche natürlich nicht. Aber Hälfte-Hälfte momentan.

Alex: Da bleibt aber ein heftiger Zeiteinsatz im Flugzeug, um beide Standorte zu verbinden…

Stephan: Wobei die Video-Kommunikation mittlerweile so gut ist, dass nicht alle Mitarbeiter reisen müssen. Das hat früher alles nicht funktioniert. Selbst die teuersten ISDN-Video-Konferenzanlagen ist ständig ausgefallen. Als Tool für den Alltagsgebrauch geht die Video-Konferenz erst seit zwei Jahren.

Jetzt haben wir eine regelrechte Video-Kultur. Jeder Mitarbeiter ist täglich in irgendwelchen Video-Meetings drin. Richtig aufgesetzt sind sie auch viel effizienter als Telefon-Konferenzen – man kann Bildschirminhalte teilen und so weiter. Es gibt da mittlerweile super Tools: Zoom etwa kann ich nur empfehlen. Da bin ich übrigens nicht daran beteiligt, das ist keine Schleichwerbung…

Alex: Bist du noch neben NewStore als Investor aktiv?

Stephan: Momentan nicht: Ich habe dafür keine Zeit.

08:20

Alex: Du hast ja immer wieder Software-Lösungen entwickelt. Viele sagen, Demandware war wie viele andere, nur als erste in der Cloud verfügbar – und NewStore sei es auch, nur für Mobile. Wie hat sich das ergeben? Bist du nur den sich verändernden Kundenanforderungen gefolgt?

Stephan: Ich habe relativ früh – also 2002 oder 2003 – erkannt, dass die damaligen Intershop-Kunden Probleme hatten, das System zu betreiben. Gerade bei sehr großen Unternehmen wie Otto fand damals massives Wachstum statt. Da mussten immer wieder bei der Skalierbarkeit, bei der Hardware, oder bei der Architektur Änderungen vorgenommen werden. Dabei wurden die Wünsche der Marketing-Leute praktisch nie berücksichtigt.

So ein E-Commerce-System, wie man das damals aufgebaut hat, bestand ja nicht nur aus Software und einem Server. Da gab es 20 verschiedene Komponenten, die bei jedem Kunden anders waren: Speicher, Load-Balancer, Firewall, Datenbank, Server- und Netzwerk-Hardware und so weiter und so fort… Und dann alle mögliche Monitorengrößen! Und die mussten alle miteinander integriert werden und dann noch in ein ERP-Backend, das auch bei jedem anders war…

Das führte zu einer Komplexität, die Unternehmen, die hauptsächlich Handel betrieben und nicht Software entwickelten, nicht stemmen konnten. In dieser Zeit – so um 2002 – habe ich von der damals noch sehr jungen Firma Salesforce gehört und mir überlegt: Kann man das nicht auch mit E-Commerce machen? Es war zu dem Zeitpunkt absehbar, dass Linux ein kommerziell verwendbares Betriebssystem werden würde – was zwar nicht jedem, aber schon Experten klar war – und obwohl es noch kein Cloud-Computing gab, existierte schon „Blade-Computing“: Es waren Versuche, Prozessor, Speicher, und einen Minimalausstattung-Server auf eine Platine zu bekommen. Dann hatten wir eine Idee, wie wir die Skalierung automatisieren konnten. Und da war das Konzept für E-Commerce im Cloud geboren.

Zunächst habe ich versucht, interne Ressourcen bei Intershop, dann externe Ressourcen für eine Entwicklung bei Intershop zu bekommen. Das war in einem bestehenden Unternehmen nicht möglich. Das ist ja das bekannte „innovator’s dilemma“. So habe ich Demandware auf der grünen Wiese umgesetzt.

Anfangs war der einzige Unterschied zwischen den beiden Firmen, dass Demandware in der Cloud war. Aber jedes Mal, dass wir ein neues Feature entwickelt hatten, bekam es sofort jeder Kunde – ohne Migration. Und die Skalierung verlief automatisch. Und wir haben angefangen, andere Funktionalitäten nachzuziehen: Suche, Navigation, Merchandising. In der alten Intershop-Welt kaufte man die extra von jemandem anderen. So hatten wir bald zum ersten Mal eine Plattform geschaffen, die von der E-Commerce-Abteilung eingekauft und betrieben werden kann. Das war uns wichtig. Es sollte nicht nur von der IT-Seite betrieben werden können. Die Merchandiser sollten nicht wegen jeder Kleinänderung einen Programmier-Auftrag erteilen müssen.

(Alex erklärt die Einordnung von Shop-Systemen in Generationen, die bei Spryker als Erklärungsmodell benutzt wird und das sich daraus ergebende Dilemma, dass normale Features für Handelsunternehmen nicht mehr zu Differenzierung reichen. Sie müssen zu Technologie-Unternehmen werden, ob sie es nun wollen oder nicht. Dabei muss IT von einem Kostenpunkt zu einem Umsatztreiber werden. Etablierten Unternehmen fällt diese schwer.)

14:30

Alex: Ich habe mir das Video zu NewStores angeguckt. Mir kommt das wie eine Mischung aus einem Mobile-First und Omnichannel-Ansatz vor. Was ist an dem Konzept anders? Und was hat dich dazu getrieben, nach Demandware noch ein System zu entwickeln, das neue Kunden ansprechen soll?

Stephan: Das, was anders ist: NewStores ist komplett aus dem modernen Kunden-Experience heraus gedacht – nicht vom Standpunkt eines Unternehmen, das etwas nach außen bringen will, her. So haben wir uns ausdrücklich überlegt, was ein moderner Konsument erwartet, denn die Erwartungen sind ja durch Amazon & Co. geprägt. Dann haben wir uns gefragt, wie man mit Technik darauf eingehen kann. Was dabei rausgekommen ist, ist nicht Mobile First, sondern Mobile Only.

Alex: Wir sehen auch, dass der Desktop im Kaufprozess eine immer kleinere Rolle spielt. Aber: Gar keine? Woran liegt das?

Stephan: Wir fokussieren uns auf den Mobile-Teil. Unser typischer Kunde hat auch in den meisten Fällen schon eine Shop-Website, die wir gar nicht ersetzen wollen. Was sich jenseits des Mobile-Teils abspielt, ist eben nicht mehr unser Geschäft. Wir sehen massive Wachstumschancen im Mobile.

16:30

Alex: Und was sind das für Kunden, die euer Produkt einkaufen und neben ihrer bestehenden E-Commerce-Website einsetzen? Die Website könnte ja auch eine mobile Version haben… Was kann man bei euch mehr oder anders machen?

Stephan: Man sollte sich auf jeden Fall erstmal das Video anschauen. Das zeigt ein völlig anderes E-Commerce-Experience als das, was man derzeit gewohnt ist. Da wird die Marke gesamtheitlich mit einbezogen – nicht nur den Shopping-Prozess online, sondern auch im Laden, mit all den Querverbindungen, die sich dort ergeben können.

Speziell an den Daten der vergangenen zwei Jahre sehen wir, dass wir auf eine Smartphone-Only Zukunft zusteuern. Sie mag heute noch nicht da sein, ist aber an den Trends ganz eindeutig zu erkennen. Im Gegensatz zu einem Laptop, dass man zu Hause auf dem Tisch rumliegen hat, ist das Smartphone etwas, was man ständig bei sich trägt – auch etwa in einem Laden. Da braucht der Verkäufer nur noch ein entsprechendes Gegenstück mit einer passenden App und es lassen sich sehr viele interessante Szenarien abbilden: Angefangen bei „ohne an der Kasse anstehen“ über das sogenannte Clienteling und die Personalisierung von Empfehlungen bis hin zu Bezahlen mit ApplePay oder PayPal One Touch, ohne dass man die Kreditkarte rausnehmen muss.

19:00

Alex: Wir sind ja gerade in eurem Demo-Store in Berlin. Soweit ich das Tool verstanden habe, ist das eine besonders spannende Lösung für vertikal aufgestellte Marken – ich nehme da immer als Beispiel Zara und H&M. Ich stelle mir das so vor, dass man Konsumenten braucht, die diesen Marken treu sind: Sie kommen dann in den Laden und haben bereits die App, die ihnen eine bessere Vorselektion sowie Vorabbestellungen ermöglicht. So weit, so einverstanden. Aber muss das denn nicht auch in die Warenwirtschaftssysteme der Hersteller integriert werden? Genauso wie der Shop. Konkurrieren die dann nicht miteinander?

Stephan: Zunächst zur Zielgruppe: Momentan sind wir sehr auf die USA fokussiert. Uns interessieren dort Marken, die sowohl online als auch stationär verkaufen. Wir würden also weder auf einen reinen Online-Händler noch einen völlig im Netz unerfahrenen Händler zugehen. Das ganze Modell ist auf starke Mode-, Spielzeug-, Parfümmarken und Ähnliche ausgerichtet, die nicht alles über Amazon machen können oder wollen und denen es wichtig ist, ihre Auftritte stationär und digital miteinander zu verbinden – und das ab einer gewissen Größenordnung. Typischerweise haben sie mindestens 20 Läden und einen signifikanten Anteil an Online-Umsätzen. Selbstverständlich könnte das Konzept europäische Marken interessieren, sofern sie Geschäfte in den USA machen. Später kommen wir schon nach Europa und sind mit Adidas in gewisser Weise bereits in Großbritannien präsent.

Zur Einbindung in die bestehenden Prozesse: Wir haben eine Omnichannel-Order-Management-Funktionalität in unserer Plattform miteingebaut. So ist die Integration in die Restsysteme sehr viel einfacher. Vieles lösen wir ja selbst bei uns. NewStore kann neben einem klassischen E-Commerce-System betrieben werden. Mit einer bestehenden etwa mit Demandware betriebenen Website können wir beispielsweise „Pick, Pack & Ship from Store“ als Service anbieten: Das System kann entscheiden, ob das über den Online-Shop und Fulfillment-Center oder durch einen stationären Standort abgewickelt werden soll – also komplettes Order-Managment und -Routing.

22:50

Alex: Kommt dieser USA-Fokus daher, dass ihr auf die Infrastruktur wie beispielsweise ApplePay angewiesen seid?

Stephan: Es gibt viele gute Gründe, das dort zu machen. Einerseits ist der Markt ja homogen. Wenn wir was dort zum Funktionieren bringen, ist der Markt dann viel größer als nur Deutschland. In Europa sind die Märkte relativ unterschiedlich und die Kosten, die das verursacht, haben wir da am Anfang nicht.

Andererseits gibt es da schon ApplePay sowie Last-Mile-Delivery-Services wie UberRush und Deliv – und die funktionieren und sind für unser Geschäftsmodell sehr geeignet. In Europa ist so etwas bislang eher auf Food-Delivery ausgerichtet. Erste Ansätze gibt es zwar schon, aber Deliv deckt bereits 82% der US-Bevölkerung ab. Das ist beeindruckend.

Dazu kommen dann auch Datenschutz-Probleme. Erkennung von Kunden in store? In USA kein Problem: Hier müsste man sich wahrscheinlich erst einmal mit den ganzen Verboten auseinandersetzen. Das ist ein Graubereich und wir möchten warten, bis sich das hier geklärt hat. Da gehen wir lieber in einen Markt, der erst experimentiert und dann reguliert.

24:30

Alex: Auch aus Endkundensicht ist es wohl besser in Metropolen zu starten, in denen es schon Uber und ApplePay und so weiter alles gibt, oder?

Stephan: Aus der Sicht eines Konsumenten, der in so einer Metropole lebt, sind diese zusätzliche Services logisch: Es gibt die Filiale von unserem Kunden, da soll man also Rush-Delivery – also, der Artikel ist binnen einer halben Stunde da – benutzen können oder sagen können: „Ich brauche den Artikel bitte morgen zwischen 19:00 und 19:30“. Das macht unsere Plattform nämlich automatisch, sobald der Verkäufer die Bestellung an uns abgibt und bestätigt, dass alles zur Verfügung steht: Der Lieferdienst wird dann eingeschaltet. Während der Verkäufer die vorhandene Ware und den Bon in die Tüte packt, fährt der Delivery-Service mit dem fehlenden Artikel an: Man trifft sich dann auf der Straße und die Übergabe ist ohne Parken möglich. Die von ApplePay und PayPal OneTouch angebotenen Sicherheitsvorkehrungen sind nämlich vergleichbar mit denen von Kreditkartenunternehmen. So ist der Besitzer des jeweiligen iPhones fast immer der Besteller und die Übergabe ist daher sicher.

(Alex stimmt zu und beschreibt seine Reaktion auf das Video von NewStores: Er fremdelt mit dem Konzept, was aber auch wohl daran liege, führt er aus, dass man das noch nicht so kennt. Es sei wie Cloud Commerce von 15 Jahren: Vorstellbar, aber noch alles ganz weit weg. Stephan gibt zu, dass vieles noch in der Zukunft liege – und einiges durchaus anders kommen könne. Da bleibe zwar zwangsläufig vieles in Konjunktiven. Ihn interessierten aber die Möglichkeiten im Mobile Commerce, die sich durch API, GPS, und Mobile Payment ergeben.)

28:20

Alex: Fragen mal eure Kunden, ob sie das nicht auch mit Magento und Shopify zusammenbauen können?

Stephan: Nein. Wenn einer annähernd das aufbauen will, was wir haben, wäre der Aufwand massiv. Kleinere Marken können sich keine Mannschaft leisten, die mit Open Source und einzelnen Komponenten arbeitet. Selbst für die Größeren ist das ein teurer Posten. Ich habe gerade bei einem Dinner mit den CEOs diverser Brands von einer Marke gehört, die etwas, was so ungefähr mit unserer Plattform vergleichbar ist, intern aufbaut. Allein die Consumer-App kostet 600.000 bis 800.000 Dollar pro Jahr – das ist interner Aufwand plus Agenturkosten.

Alex: Wird eure Plattform in der Cloud gehostet und beim Kunden vor Ort installiert?

Stephan: Das ist eine Cloud-Lösung. Wir glauben nämlich grundsätzlich, dass Business-Anwendungen in die Cloud gehören. Sie läuft auf Amazon Web Services und ich kann mir nicht vorstellen, warum man das bei Standard-Lösungen anders haben wollen könnte.

(Alex unterstreicht den Unterschied zu seinen Spryker-Kunden, bei denen die Website ja das Produkt sei. Da seien Lösungen von der Stange fehl am Platz. Er könne aber gut verstehen, warum andere Kunden aber Standardlösungen brauchen könnten.)

31:15

Stephan: Man muss das Problem des Handels aus der Sicht von vertikal integrierten Marken sowie klassischen Einzelhändlern kennen. Seit zwei Jahren sind die Besucherzahlen in den stationären Läden, in denen sie neulich noch viel investiert haben, drastisch rückläufig. Das kann man ja schön anhand Diskussionen in der Presse um Marken wie Hugo Boss verfolgen: Umsatzzahlen in freiem Fall, CEO-Wechsel, und so weiter. Aber alle, die im stationären Handel unterwegs sind, trifft es gewissermaßen.

Und neuerdings – also seit rund einem Jahr – setzt die Stagnation auch bei den E-Commerce-Auftritten ein. Das gilt sind sowohl für Händler als auch für Marken, die seit vielen Jahre online verkaufen – und sich an 20-30% Wachstum im Jahr auf diesem Kanal gewöhnt haben. Zwar steigt der Traffic, aber die Conversion-Rate ist schlecht. Responsive Design ist eben schlecht auf kleinen Bildschirmen. Denn die Webseiten wurden ja für Desktop gebaut und nicht für Smartphones, also entstehen da nur kleine, herunterskalierte Versionen. Wenn ich nicht zufällig schon Kunde bin, muss ich bei einigen vertikalen Marken während der ersten Bestellung 20 Formularfelder ausfüllen – auf einem kleinen Bildschirm. Das macht keiner. Und das lässt sich mit traditionellen Technologien so nicht lösen.

34:00

Alex: Wir sehen auch, dass die Stagnation abseits von Amazon einsetzt

Stephan: Ja, Amazon – und in Europa vielleicht noch Zalando – profitieren, weil sie die einzigen sind, die den Kunden ein adäquates User Experience anbieten. Die Kunden wollen zwar nicht unbedingt alles bei Amazon kaufen, haben aber dort ein Log-in und sind mit der App ständig angemeldet. Es ist dann super einfach, alles, was sie gerade haben wollen, dort zu bestellen.

Für Luxus- und Designermarken ist das aber ein großes Problem: Sie zerstören ihre Marke, wenn sie zu Amazon gehen. Schließlich möchten sie ihre Kleider nicht neben Klopapier ausstellen. Der Gang zu Amazon funktioniert in vielen Segmenten schlichtweg nicht – oder nur kurze Zeit, dann ist der Markenruf kaputt. So müssen die Marken in der Lage sein, was anzubieten, was auch kein Log-in benötigt, wo man auch sofort kaufen kann, das aber einen zusätzlichen Service anbietet, den ich bei Amazon nicht bekomme. Mein Smartphone soll zu einer Fernbedienung für die Marke werden. Diese Vorstellung treibt unsere Kunden an.

(Alex stimmt ein: AboutYou, das mobil ganz weit vorne ist, meldet viel bessere Zahlen über Smartphones als über Desktops. Andere würden zwar weniger M-Commerce-Aktivität melden, es sei aber ein Trugschluss, davon auf mangelnde Nachfrage zu schließen. Vielmehr würde in dem Fall vorhandene Nachfrage nicht bedient.

Danach geht es in eine kurze, aber rege Diskussion um eine des Alex‘ Lieblingsfragen: Multi-/Omnichannel – Übergang oder Irrweg? Werden bestehende Systeme eher ergänzt oder ersetzt?

Stephan beschreibt dann zum Schluss den Status Quo der Firma. Er skizziert das Geschäftsmodell und gibt eine Aussicht auf anstehende Use-Cases.)

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