Am Beispiel von Rossmann kann man zurzeit gut beobachten, was Unternehmen heute noch davon abhält das eigene Geschäftsmodell zu digitalisieren. „Digitalisierung“ kann dutzende Sachen bedeuten, im Falle stationärer Einzelhandelsketten bedeutet es aber fast immer den Kundenzugang digital zu kontrollieren (App, Abo, Devices, Voice….). Im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Christoph Keese erzählen der Gründer Dirk Roßmann und sein Sohn Raoul über die Herausforderungen des Onlinehandels und ihre Sicht auf Amazon.

Was Dirk Roßmann aufgebaut hat ist sehr beeindruckend und dieses „Lebenswerk“ kann ihm keiner mehr streitig machen. Es geht in der aktuellen Diskussion nun darum, wie das Unternehmen auf die Onlineeffekte vorbereitet werden kann. Und Rossmann mag stationär noch sehr erfolgreich sein, aber es ist wie so viele andere erfolgreiche Stationäre auf das Überleben der Innenstädte angewiesen bzw. auf das Überleben der Frequenznachbarn wie Peek & Cloppenburg, die Buchhändler und viele mehr. Und genau da sieht es gerade alles andere als gut aus, so dass man sich nun fragt warum Amazon so groß werden konnte und seinem Frust mit einem „Brandbrief“ offen zeigt. In meinem Netzwerk haben darüber die meisten Beobachter herzlich gelacht, aber immerhin dürfte es zu etwas Frustabbau beigetragen haben. Wobei es gar nicht geholfen hat: Bei Rossmanns Digitalisierung. Bevor ihr nun weiterlest, hört mal rein was Dirk & Raoul zu diesem Thema zu sagen haben:

Mit dem Laden des Inhalts akzeptierst du ab jetzt die Datenschutzbestimmungen von Soundcloud. Mehr erfahren

Inhalt laden
PHA+PGlmcmFtZSBzcmM9Imh0dHBzOi8vdy5zb3VuZGNsb3VkLmNvbS9wbGF5ZXIvP3VybD1odHRwcyUzQS8vYXBpLnNvdW5kY2xvdWQuY29tL3RyYWNrcy80NzQxOTcwNTImYW1wO2NvbG9yPSUyM2ZmNTUwMCZhbXA7YXV0b19wbGF5PWZhbHNlJmFtcDtoaWRlX3JlbGF0ZWQ9ZmFsc2UmYW1wO3Nob3dfY29tbWVudHM9dHJ1ZSZhbXA7c2hvd191c2VyPXRydWUmYW1wO3Nob3dfcmVwb3N0cz1mYWxzZSZhbXA7c2hvd190ZWFzZXI9dHJ1ZSIgd2lkdGg9IjEwMCUiIGhlaWdodD0iMTY2IiBmcmFtZWJvcmRlcj0ibm8iIHNjcm9sbGluZz0ibm8iPjwvaWZyYW1lPjwvcD4=

Zusammengefasst sagen sie Folgendes:

  1. Das eigene Handelsmodell lässt sich nur schwer/gar nicht digital übertragen, weil Margen und Transportaufwände nicht zusammenpassen
  2. Amazon könne man nicht als Vorbild nehmen, weil die (insbesondere in Europa) das Handelsgeschäft durch die IT Erträge subventionieren und ganz nebenbei noch unsauber spielen (siehe Brandbrief)
  3. Die eigenen E-Commerce Ambitionen werden nur wenig gefördert (weil siehe #1), so dass der Rossmann E-Commerce Umsatz im Vergleich zum Konzernumsatz irrelevant ist.

Worin liegt nun das Dilemma? Es ist offensichtlich auch der Familie Roßmann klar, dass das eigene Geschäftsmodell kaum überlebensfähig ist, wenn große Teile des stationären Handels um sie herum darbt und gleichzeitig Amazon und aggressivere Anbieter wie die Hut Group zunehmend Teile des Drogeriegeschäftes übernehmen. Unternehmen die daran gemessen werden wie effektiv sie wachsen und nicht anhand ihrer Eigenkapitalrendite oder des Verschuldungsgrades. Im Vergleich dazu ist die Gefahr durch Aldi & Co. mit ihrer Erweiterung des Drogeriesortiments geradezu harmlos.  Schon machen die ersten Mahner darauf aufmerksam, dass auch ein Picnic durchaus in das Stammgebiet der Drogisten vorstoßen könnte.

Man kann nun zwei populäre Perspektiven auf das Problem einnehmen, die zu sehr verschiedenen Strategien führen.

A: Was Rossmann tut & kann ist digital relevant: Die aufgebauten Assets (Ladengeschäfte, Personal, Markenbekanntheit, Einkaufsfähigkeiten/-macht…) sind auch in der digitalen Welt relevant. Es geht darum den passenden Ansatz zu finden, um das bestehende Modell zu transformieren. Idealerweise werden dazu im ersten Schritt die IT Hausausgaben gemacht (hoffentlich nicht mit SAP), um dann neue Services für Kunden und Lieferanten entwickeln zu können. Parallel schaut man sich natürlich um, ist Investitionen in Startups/Fonds nicht abgeneigt und stellt natürlich auch Leute ein, die mit dem Thema E-Commerce aufgewachsen sind. Innerhalb von 5-10 Jahren erwartet man dann entsprechende Ergebnisse auf Basis dieser Investitionen und ein spürbarer Anteil des eigenen Handelsgeschäfts sollte spätestens 2025 digital abgewickelt werden. Diese Sicht ist für alle erklärbar und auch halbwegs managebar.

B: Was Rossmann tut & kann spielt für die digitalen Geschäftsmodelle der Zukunft keine Rolle: Nur sehr wenige der aufgebauten Assets (z.B. Einkaufsmacht) sind nützlich für digitale Geschäftsmodelle. Es geht darum so schnell wie möglich direkte digitale Kundenbeziehungen aufzubauen und ggf. das bestehende Geschäftsmodell des stationären Handels als Steigbügelhalter für neue Modelle zu verwenden. Das bestehende Modell wird so effektiv wie möglich „reduziert“ und langwierige/kostspielige Auslandsexpansionspläne werden auf Eis gelegt. Auch in China will in Zukunft niemand mehr Seife im Laden kaufen. Innerhalb von 3-5 Jahren müssen neue Modelle aufgebaut sein, die signifikante neunstellige Umsätze generieren und die vor allem durch ihren technischen Vorsprung ggü. dem Wettbewerb auffallen. Diese Sicht ist für „analoge“ Manager weder erklärbar noch managebar.

Zwischen A & B gibt es sicher noch dutzenden Graubereiche, aber ganz ehrlich. Scheiß auf grau. Damit kann keiner arbeiten und das macht die Leute total kirre, weil niemand mehr weiß woran er ist. Die A/B Optionen gelten, wie ihr euch denken könnt, nicht nur für Rossmann, sondern für sehr viele Anbieter die von den digitalen Entwicklungen in die Zange genommen werden. Die Roßmann Familie wird selber am besten wissen, was zu tun ist, aber wenn ihr an der Stelle von Dirk und Raoul wärt, was würdet ihr tun? Und geht mal davon aus, dass sie den ganzen Low Level Digitalisierungskram (Investitionen, Team in Berlin/SFO, elektronische Preisschilder) schon gemacht haben.

Neue Beiträge per E-Mail abonnieren.

Deine Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuche es erneut.
Danke! Bestätige deine Anmeldung bitte in der Mail, die wir dir soeben geschickt haben.