Acht Millionen Hörer am Tag erreichen die Radiosender von Regiocast jeden Tag. In Zeiten von Streaming fragt man sich aber: Wie lange eigentlich noch? Zu dieser und vielen weiteren Fragen, habe ich mit dem Regiocast Geschäftsführer Dirk van Loh gesprochen und er meint, dass die Zukunft von Radio durchaus rosig ist. So wie er das im Interview beschreibt, kann man das auch nachvollziehen und er hat mir auf jeden Fall Appetit gemacht auf eine Werbespotbuchung in einer Morningshow. Das hatte ich ohnehin schon immer mal vor :-).

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Radiowerbung mit Dirk van Loh, Geschäftsführer von Regiocast

Die Regiocast ist an diversen Radiostationen als Mehrheits- sowie Minderheitsanteilseigner beteiligt und stellt eine der größten Radiosendergruppen in Deutschland dar. Unter anderem gehören Radio Schleswig-Holstein sowie viele Sender im Osten der Bundesrepublik der Gruppe an. Dirk ist als COO für das gesamte operative Geschäft verantwortlich. Auch Digitales berichtet an Dirk sowie eine Service-Einheit, die Jingles, Nachrichten und Streams für Kunden produziert. In diesem Podcast redet Dirk mit Alex unter anderem über das Geschäftsmodell Radio und darüber, ob Podcast-Werbeeinahmen bald relevant sein werden.

 „Radio ist ein Nebenbei-Medium. Beim Podcast ist der Hörer viel konzentrierter.“

3:30

Alex: Wie viele Leute hören bei euch pro Tag rein?

Dirk: Mit dem Netzwerk von Sendern, an denen wir mehrheitsbeteiligt sind, kommen wir auf knapp acht Millionen einzelne Hörer täglich. Das sind 25 Millionen Unique-Hörer in einem Monat. Dabei reicht das von Radio Schleswig-Holstein, das das größte Publikum hat, bis hin zu sehr kleinen Stationen im Digitalen oder auch UKW mit rund 30.000 Hörer in einer Durchschnittsstunde. Dabei beziehen sich die Zahlen auf alle Kanäle zusammengenommen: UKW, Digital, usw.

Alex: Ist UKW dabei noch der dominante Kanal?

Dirk: Ohne jeden Zweifel. Es gibt zwar keine genauen Zahlen, aber man kann schätzen, dass 90-95% des klassischen Radio-Hörens über UKW erfolgt.

Alex: Was würde mich als durchschnittlichen Unternehmer davon abhalten, mir eine Lizenz zu besorgen und auf Sendung zu gehen?

Dirk: Die meisten UKW-Frequenzen sind bereits vergeben – entweder an die öffentlich-rechtlichen oder die privaten Sender. Die vorhandenen Frequenzen wurden größtenteils in den 80ern und 90ern ausgeschrieben. Man kann sich schon bei der Landesmedienanstalt auf eine Lizenz bewerben. Da sind verschiedene Unternehmen und Beteiligungen, die dort Konzepte vorlegen: Die Anstalt entscheidet, welches das Beste ist. Aber die großen Brocken sind schon verteilt. Es werden nur noch sehr kleine Frequenzen gefunden, auf der es sich kaum noch lohnt, ein Geschäftsmodell aufzusetzen.

Alex: Was heißt „kleine Frequenz“?

Dirk: Kleine Reichweite. Unserer stärkste Frequenz hier in Schleswig-Holstein ist Kaltenkirchen. Von dort aus kannst du das Programm in Kiel, Lübeck und Hamburg empfangen. Damit erreichen wir mehrere Millionen von Menschen. Bei anderen Beteiligungen haben wir aber Frequenzen, bei denen die technische Reichweite erst 10.000 Menschen umfasst. Oder Helgoland: Da hat man eine technische Reichweite von 1.000!

Alex: Nehmen wir Schleswig-Holstein: Wie viele Sender kann ich hier über UKW empfangen?

Dirk: Privat viel: delta radio, RADIO BOB! rockt Schleswig-Holstein, Radio Schleswig-Holstein und Klassik Radio. Dann kommt das ganze Portfolio des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: NDR1 und 2, N-JOY, NDR Kultur sowie Deutschlandfunk/Deutschlandradio.

Alex: Wie ist die Aufteilung von öffentlich vs. privat? Weiß man’s?

Dirk: Ja, die agma veröffentlicht jährlich Zahlen, aus denen hervorgeht, wie einzelne Stationen in den jeweiligen Bundesländern abschneiden. Wenn ich sämtliche Privatsender nehme – auch die aus Hamburg, die nach Schleswig-Holstein einstrahlen –, dann haben sie einen Marktanteil von rund 45%. Der Rest sind diverse öffentliche Sender: Nicht nur NDR, sondern auch bundesweite Anbieter wie Deutschlandfunk und sogar aus dem Ausland (das dänische Radio zum Beispiel).

(Alex geht auf kurzem Exkurs in die wilden Jahre der Entstehungszeit der privaten Sender und fragt, ob noch oft neue Sender gegründet werden. Das passiere eher im Digitalen, antwortet Dirk, und erörtert einzelne Beispiele, wie sich bestehende UKW-Sender einen neuen Anstrich verpassen, weil ihre Marke in die Jahre gekommen ist und nicht mehr wirtschaftlich gearbeitet werden kann.)

8:35

Alex: Wie viele Leute wirken eigentlich mit, um so einen relativ großen Sender wie Delta-Radio zu betreiben?

Dirk: Das kommt auf die internen Organisationsstrukturen an sowie darauf, ob man im Verbund wie eben Regiocast arbeitet oder alleinstehend sendet – also mit komplett eigenem Personal, vom Hausmeister bis zum Moderator. Bei uns kann sich zum Beispiel so ein Radio Schleswig Holstein völlig aufs Programm konzentrieren: Andere Dienstleistungen wie Jingles, Musik und Nachrichten kommen aus zentralen Einheiten. So haben einige Sender fünf Leute, während andere 20 beschäftigen.

Alex: Wie viele Moderatoren arbeiten denn bei so einem Delta Radio?

Dirk: Delta hat acht Moderatoren, die zusammen den Tag bestreiten. Dabei gibt es verschiedene Schienen: Das Morgenradio – bekanntermaßen sehr wichtig, weil die meisten Menschen Radio am Morgen hören – hat feste Moderatoren.

Alex: Würden es die Hörer merken, wenn so ein Sender plötzlich aus der Ferne produziert würde? Oder kann ich alle Sender in Hessen bestücken?

Dirk: Kannst du. Kannst du auch von den Fidschi-Inseln aus machen. Das ist technisch überhaupt kein Problem und es gibt viele Radiostationen, die das so machen. Es ist nichts ungewöhnliches, dass der Moderator Hunderte oder Tausende Kilometer entfernt vom Hörer sitzt. Man hat das zwar gerne anders: Es ist schon besser, wenn die Moderator kurz aus dem Fenster gucken kann, um zu sehen, ob die Wetterprognose stimmt, oder weiß, wie der Weg zu Arbeit durch die Stadt war, ob es mal irgendwo einen Unfall gab, usw. Gerade bei so einer lokalen Station kann das gemeinsame Erleben von Moderator und Hörer von hoher Bedeutung sein. Aber auch wir senden teilweise aus der Ferne.

(Alex erinnert sich an Werbung, die er für örtliche Autohäuser gehört hat und möchte gern wissen, was Radiowerbung kostet und wie es abgerechnet wird)

11:50

Alex: Reden wir denn über TKPs?

Dirk: Genau. Der Preis fußt auf der bereits erwähnten agma-Studie, die gemeinsam von Agenturen, Sendern, Werbetreibenden erhoben wird und deswegen eine breite Akzeptanz hat. Der Indikator ist nach wie vor die Zahl der Hörer in der Durchschnittsstunde zwischen 6:00 und 18:00. Man kann sich auch einzelne Stunden angucken: So ein Sender wie Delta hat dann – sagen wir mal – zwischen 6:00 und 7:00 80.000 Hörer im Schnitt. Darauf basierend errechnet man dann den TKP unter Berücksichtigung der technischen Reichweite. Bei so einem Sender wie Delta Radio ist der TKP in der Gesamtzielgruppe 4-5 Euro.

Alex: Was ist denn so eine klassische Spotlänge?

Dirk: 20-30 Sekunden. Bei Delta Radio am Morgen kostet das dann rund 350-400 Euro.

Alex: Mehr nicht? Ich kann 80.000 Leute erreichen für nur 350 Euro?

Dirk: Wenn du den Spot lokalisierst – zum Beispiel so, dass er nur im Kieler Umland gehört wird – ist es noch günstiger. Radio ist ein absolut wirtschaftliches Medium.

(Alex ist erstaunt und muss die Information, dass Radiowerbung so günstig ist, erst einmal verarbeiten. Dirk unterstreicht, dass es dafür im Unterschied zu Digital keine Click- oder Listen-Through-Rate gibt. Man könne nicht belegen, dass jemand, der im Radio eine Autohauswerbung gehört hat, direkt dahinfährt. Es gebe neue Techniken mit Ortung mittels Smartphone, aber die seien noch am Anfang.)

15:20

Alex: Wie sehen die Werbekunden ihre Spots? Werden sie eher für Branding verwendet – als örtliches Möbel- oder Autohaus will man im Lokalradio oft genannt werden –, oder gibt es das noch, dass man einen Spot schaltet und es rennen einem am nächsten Tag 5.000 Leute die Bude ein?

Dirk: Mal so, mal so. Das Image von Radio, das auch stimmt, ist, dass es zu schnellen Reichweitenaufbau taugt. Du machst ein Autohaus neu auf und hast am Wochenende ein Fest mit Grillen, Angeboten für Familien und allem Pipapo – und willst, dass es schnell bekannt wird. Dafür ist Radio das beste Medium. Du nimmst dir 3.000-5.000 Euro und bewirbst das von Montag bis Freitag: Wenn das Produkt stimmt und was dahinter ist, kommen die Leute dann am Sonnabend.

Alex: Was muss ich denn für so eine Spot-Produktion rechnen?

Dirk: Fängt bei 300 Euro an und hört bei rund 2.000 Euro auf. Das ist mit TV überhaupt nicht vergleichbar.

(Alex muss mal wieder eine Verdauungspause einlegen und spielt nur halb spielerisch mit dem Gedanken, selber Spots zu machen. Das sei alles viel günstiger, als er gedacht hätte. Dirk mahnt zur Qualität: Die Tendenz zum „Laut laut laut!“ führe dazu, dass sich Radiowerbung oft überhört.)

18:15

Alex: Klassische Kassenzone-Frage: Ihr habt den direkten Kundenzugang. Die UKW-Frequenzen gehören euch. So seid ihr ein Stück weit wie GAFA. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Plattform oder Vertikalisierung. Ihr vermietet diesen Kundenzugang an Werbekunden im Plattform-Ansatz. Habt ihr aber über Vertikalisierung wie „Das SRH-Möbelhaus“ gedacht? Also, anstatt die Leute in Möbelhäuser von anderen zu schicken, das Geschäft selber zu machen.

Dirk: Das macht ja auch ProSieben/SAT1 und Radiosender haben da schon sehr viel in der Hinsicht ausprobiert. Was man natürlich immer bedenken muss: Man möchte zuallererst die Werbefläche an seine Kunden verkaufen. Sie haben Erfahrung mit ihrem Geschäft, wissen wie das funktioniert…

Alex: Ach, komm, Möbelhaus: Wie schwer kann das sein?!

Dirk: Eben. Es ist schwierig, ein Möbelhaus erfolgreich über viele Jahre zu führen. Diesen Kunden wollen wir nicht ins Gehege kommen. Dadurch, dass wir den Zugang zum Konsumenten haben, ist Werbung das Wichtigste in unserem Geschäftsmodell. Wenn wir etwa ein Möbelhaus aufmachten, dann müssten bei uns Personal, Einkauf und alles andere auch stimmen, bevor wir es wie verrückt bewerben. Und ich glaube nicht, dass wir das überall besser können, als unsere Werbekunden in ihren jeweiligen Feldern.

Aber wir haben unseren German-Media-Equity-Fonds, was ein bisschen wie ProSieben/SAT1 aufgestellt ist. Mit verschiedenen Medienpartnern aus dem Print-, Plakat- und Fernsehbereich betreiben wir schon durchaus erfolgreich ein Media-for-Equity-Modell. Wir sind beispielsweise damit an AboutYou beteiligt. Auch an Unternehmen wie NineFlats hatten wir mal Anteile.

So geht es um einen Spagat: Wo gehen wir in Modelle hinein, die nicht unsere klassischen Werbekunden betreffen? Und welche Modelle passen überhaupt zu Radio? Denn man kann nicht jedes Thema im Radio bewerben. Andersrum hat Hörwerbung gewisse Vorteile – und wenn das jeweilige Geschäftsmodell dafür empfänglich ist, sind wir als Radiosender gute Partner.

Alex: Was würde denn etwa nicht funktionieren? Und warum?

Dirk: Frisöre. Das ist eine starke Vertrauenssache mit sehr viel Bindung. Ich hoppe jetzt nicht vom einen zum anderen! Eine 20%-Sonderaktion fürs Haareschneiden im Radio würde mich nicht dazu bringen. Aber es gibt Gebiete, in denen Radio gut funktioniert, aber noch nie ausprobiert worden ist. Warum sollten wir uns da nicht heranversuchen?

22:20

Alex: Bei anderen etablierten Medien – vor allem Zeitungen – sehen wir, dass Werbebudgets zu Google und Facebook wandern. Ist das auch mit Radio passiert?

Dirk: Nein. Radio läuft nach wie vor gut. Es ist ein erfolgreiches Werbemedium mit ausgeprägten Stärken: Du hast dich auch gerade über den niedrigen TKP gewundert! Und wenn man groß einkauft, kommt der eine oder andere Nachlass noch dazu. TV verliert gerade – sogar wahnsinnig unter den jüngeren Zielgruppen. Radio bleibt aber stabil: 80% der Menschen hören Radio tagtäglich, im Schnitt drei Stunden – egal über welchen Weg. So ist Radio ein zuverlässiger Reichweitenpartner.

Alex: Wie kann das denn in Zeiten von AppleMusic, Spotify & Co. sein? Kannibalisieren sich nicht die Hörkanäle.

Dirk: Teils, teils. Bislang kannibalisiert Spotify vor allem iTunes-Hörer! Oder bei älteren Semestern: Den CD-Konsum. Solche Dienste fressen dem Radio bestimmt auch ein Stück vom Kuchen weg. Aber Radio wird nicht allein wegen der Musik gehört.

(Alex führt auf, dass seine Kinder schon doch allein wegen der Musik zuhören. Danach besprechen Dirk und Alex warum genau die Leute Radio hören. Es geht viel um Emotionalität und Verbindung, selbst wenn gewissen Informationen wie Wetter schneller und individualisierter digital verfügbar gemacht worden sind. Das sehe man daran, dass sich Streaming-Dienste immer weiter in Richtung klassisches Radioprogramm entwickelten, so Dirk.

Auf Anfrage von Alex bestätigt er, dass sehr viele Menschen auch klassisches Radio übers Internet streamen: UKW werde über IP-Simulcasts auf WLAN-Radios gehört. Oder man greife zusätzlich auf von Sendern gebrandete Streams zurück. Danach erklärt Dirk in Detail, wie solche Streams bestückt und gebündelt werden können sowie den Unterschied zwischen Streaming und DAB-Übertragung. Alex erfragt nähere Angaben zur Verbreitung und Verwendung von DAB.)

29:00

Alex: Als Format gehen Podcasts in Deutschland gefühlt gerade durch die Decke, unter anderem wegen Plattformen wie SoundCloud. Nicht nur dieser Kassenzone-Podcast, der vor drei Jahren entstanden ist: Gefühlt jeden Tag kommt ein neuer Podcast auf den Markt und erreichen zumindest in ihren Nischen sehr schnell sehr viel Reichweite. Für spezifischen Branchen können 1.000-3.000 Hörer prägend sein. Ich denke an Podcasts wie NewWork, OMR, oder DigitalKompakt. Gut, bei Soundcloud sind die Abrufzahlen nicht unbedingt mit Hörern zu verwechseln – auf Spotify kann man alles besser messen, sogar wer bis zum Ende gehört hat.  Sind Podcasts denn für euch ein Thema? Ihr habt ja die technologischen Voraussetzungen und Leute, die ohne „Äh“ reden können. Oder sagt ihr: „2.000 Zuhörer? Lass mal!“

Dirk: Podcasts sind sicherlich ein interessantes Geschäftsmodell. Zur Zeit ist es so: Alle Radiosender in Deutschland bringen täglich 60-70 Millionen Menschen zusammen, die im Schnitt drei Stunden Radio hören. Darauf haben private Sender ein Geschäftsmodell darauf gesetzt, dass jährlich rund 1,1 Milliarden Euro Umsatz generiert…

(Alex möchte wissen, welchen Anteil Regiocast daran hat. Eine Antwort gibt es nicht.)

Worauf ich hinaus wollte: Wir haben einen systemischen Vermarktungsansatz. Podcasts mögen in der Nische bedeutend sind und für einzelne Personen lukrativ sein, wenn man mit einem einzelnen Beitrag paar Tausend Euro einnehmen kann. Die 300 Mitarbeiter von der Regiocast finanziert man damit aber nicht. Und unsere TKPs von bis runter zu 2,50€ funktionieren bei 3-4.000 Hörern nicht.

Aber ein spezielleren Vermarktungsansatz für Podcasts wird sich bestimmt in den kommenden Jahren herauskristallisieren. Dann werden sich klassische Radiosender mit mehr Vehemenz da heranmachen – und es gibt schon interessante Tests aufseiten von etablierten Radiostationen. Auch wir haben eine Podcast-Strategie, die wir dieses Jahr sukzessive umsetzen werden. Allerdings schauen wir immer, wie wir Reichweite kapitalisieren können.

(Alex führt das Beispiel von „Mensch, Otto!“ auf, eine Radiosendung, die er nur als Podcast kennt.)

33:40

Alex: Wenn ich mich richtig erinnere, gab es auf der OMR zahlen aus den USA, wonach bereits 2016 oder 2017 der Podcast-Werbung-Umsatz mehrere Hundert Millionen Dollar wert war. Da sind Radiosender bestimmt nicht unbeteiligt. Gibt es da Modelle, die ihr euch abschauen könnt?

Dirk: Der US-amerikanische Werbemarkt ist immer dem europäischen, insbesondere dem deutschen vier-fünf Jahre voraus. Dort gibt es schon deutlich mehr Vermarktungsansätze im Podcast-Bereich und die Werbewirtschaft ist auch viel affiner, Dinge mal auszuprobieren. Dabei sind die größten Podcast-Formate in USA meinem Verständnis nach nicht aus Radiostationen heraus entstanden, sondern wurden von einzelnen Personen mit Sendungsbewusstsein und/oder spezifischem Knowhow in ihrem Bereich gemacht – genau wie sich das gerade in Deutschland entwickelt. Diese Formate haben aber entsprechend große Abonnentenzahlen.

Alex: Das sind Influencer, im Grunde genommen.

Dirk: Ja, man kann die „Audio-Influencer“ nennen. Das ist aber – verglichen mit einem klassischen Radio-Sender – eine ganz andere Herangehensweise. Wir sind nämlich ein Nebenbei-Medium und haben uns in dieser Rolle perfektioniert. Beim Podcast ist der Hörer viel konzentrierter dabei. So hat man auch ganz andere Erfordernisse an die Autoren von so einem Podcast…

Alex: Klar, die dürfen nicht so dahinquatschen!

(Dirk spricht über den Erfolg vom Regiocast Online-Only-Angebot „Schlager-Planet-Radio“, das über 1,2 Millionen Streams im Monat erzielt – von einer durchschnittlichen Länge von 70 Minuten. Um dahin zu kommen müsse ein Podcast wirklich ausgezeichnet sein. Zumal nur eine kurze Werbeeinblendung am Anfang eines Podcasts keine allzu interessante Möglichkeit darstellt.)

37:40

Alex: Eine Frage aus der WhatsApp-Gruppe: Gibt es auch im Bereich Radio so etwas wie Premium-Content wie bei vielen Zeitungen?

Dirk: Ja. Zum Beispiel hat Amazon jetzt die Hörrechte für die erste und zweite Bundesliga. Die hatten wir früher unter der Marke „90-11“. Da gab es eine App, die 2 oder 3,99€ kostete – und es hat publizistisch super funktioniert. Das war die erste Marke, die Fußball ins Netz gebracht hat: Man konnte alle 90 Minuten von jedem Spiel hören. Aber der Rechteinkauf war derart teuer, das sich das wirtschaftlich nicht getragen hat.

Nach uns kam Livestreaming-Portal Sport1, das auch nach zwei, drei Jahren die Rechte wieder weitergegeben hat – wahrscheinlich aus den gleichen Erfahrungen heraus wie wir. Dann hat das Amazon übernommen (übrigens mit demjenigen Mitarbeiter, der das seinerzeit bei uns aufgebaut hat!). Die haben natürlich ein ganz anderes Modell: Amazon Prime. Es gibt nicht um die Rekapitalisierung. Ich glaube, da ist nicht einmal Werbung auf den Streams darauf. Die Rechte sind ein Werkzeug, um Prime zu bewerben. Aber über so etwas weißt du besser Bescheid als ich…

(Die Spiele könne man sogar live über Alexa abrufen, ergänzt Dirk. Andere Spiele wie Champions League gebe es auch, aber nur für PrimePlus-Mitglieder. Einige Unternehmen, die ein Abo-Modell verfolgen, hätten auch namenhafte Podcast-Macher eingekauft.)

40:45

Alex: Eine Frage, die sehr oft unserer WhatsApp-Gruppe gestellt wurde: Wenn man Nachrichten oder andere Inhalte wie Stau- und Verkehrsmeldungen lokalisieren kann, gibt es auch die Möglichkeit, sie zu personalisieren?

Dirk: Ja, über IP können wir Inhalte im Stream individualisieren (was ja mit einem one-to-many Sendemedium wie UKW nicht geht).

Alex: „Vorsicht, Dirk! Gleich kommt der Blitzer!“

Dirk: Genau! Du nimmst das normale UKW-Programm und individualisierst es im IP-Stream. Da muss man nur noch seine Blitzer oder Wetter-Infos geotaggen, dann können sie wirklich präzise ausgesteuert werden. Wenn du zum Beispiel in die Zelle Hamburg-Schnelsen reinkommst, bekommst dann nur die Verkehrsmeldungen, die da anstehen, während ich in Kiel nur die Kieler ausgesteuert kriege. Dabei denken wir beide, dass der jeweils andere dasselbe auch hört.

Alex: Also, ich würde Radio über Smartphone in meinem Auto hören und dann das personalisierte Angebot ausgesteuert bekommen.

Dirk: Richtig: Smart Speaker. Alexa findet zum Beispiel Einzug in die PKWs. Viele solche intelligente Lösungen suchen dann automatisch das Programm aus, das am stablisten gestreamt werden kann für den wenigsten Datenverbrauch. Bald werden wir dann über IP die Streams soweit personalisieren können, dass du St. Pauli-Nachrichten im Auto hörst und der HSV-Fan vor dir die HSV-Nachrichten.

Alex: Aber derzeit ist UKW noch prägend. Ich war zur Vorbereitung des Podcasts mit Wolfang Kirsch in einem MediaMarkt und das meiste, was an Radio verkauft wird, ist immer noch UKW. Es scheint sich übrigens auch um eine sehr günstige Technologie zu handeln: Da waren Radios zum Preis von 5€! Sieht man aber, das der Absatz an UKW-Geräten abnimmt? Ist da ein Druck hin zu Streaming, sodass Sender eine Notwendigkeit spüren, solche Personalisierungsangebote schnell hinzubekommen? Und wenn ja: Über welchem Zeitraum?

Dirk: Wir sehen natürlich, dass die UKW-Nutzung fällt – und dass der Absatz von DAB-Geräten steigt, während der von UKW-Geräten sinkt. In der Branche freuen wir uns übrigens über jedes reine Radio-Gerät, das verkauft wird! Auf Tablets, Phones & Co. hören die Leute zwar auch Radio, aber dort tritt das Medium in Konkurrenz mit der ganzen Bandbreite an digitalen Medienangeboten und spielt dort eine viel kleinere Rolle.

Aber das Auto ist natürlich eine Bastion des Radiohörens – rund ein Drittel des Konsums findet dort statt. Wenn hier IP-Geräte bald massenhaft Einzug halten sollen, werden wir uns denn auf die Konkurrenz entsprechend einstellen müssen – mit individualisierteren Diensten, wie eben gerade besprochen. Damit wird dann auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von Frequenzen kommen: Wird es dann noch wirtschaftlich sein, eine Frequenz auf Helgoland zu betreiben? Hamburg wird es immer sein. Aber auf der Insel kostet es rund 25.000€ im Jahr, ein Programm auszustrahlen.

(Auf Anfrage erklärt Dirk, an welche Betreiber von welcher Technik dieses Geld fließt. Danach geht es wieder um die große Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Übertragungswegs, die in den kommenden Jahren aktuell sein wird.

Dirk geht dann näher auf die Geschichte des Formats 90-11 ein. Als es 2012-13 anfing, hatte Regiocast große Erwartungen – vor allem Kooperationen mit Autoherstellern oder anderen Akteuren betreffend. Diese Erwartungen wurden enttäuscht und die Kosten für die Rechteeinkauf hatte die Firma unterschätzt. Die Entwicklung Spotifys hin zu kuratierten Streams und Playlists habe Dirk so nicht kommen sehen, gibt er zu. Der Markt sei aber enorm. Und unter anderem mit dem bereits erwähnten Schlager-Cast sowie ein Hundertprozent-Helene-Fischer-Angebot sei Regiocast in diesem Bereich gut aufgestellt.)

49:15

Alex: Zum Schluss wollte ich paar Fragen zur Messung stellen. Du sagtest eingangs, es sei mit UKW schwer, so etwas wie ein Click-Through oder Listen-Through-Rate zu ermitteln – eigentlich genauso schwer wie TV-Konversionsrate-Messung. Wie messt ihr denn Kundenzufriedenheit? Rufen die Leute an, wenn der Moderator einen totalen Quatsch erzählt?

Dirk: Wir betreiben intern eine sehr intensive Marktforschung mit klassischem Call-Ansatz. Zudem arbeiten wir mit einer Software namens RadioAnalyzer, um uns die IP-Nutzung unserer Streams anzugucken. Da können wir genau sehen, wo die Leute rein und rausfädeln.

Alex: Das müsste eigentlich dazu führen, dass die Programmqualität bei euren Sendern gefühlt höher ist als bei einem kleinen Sender, der aus einer Garage in Berlin ausgestrahlt wird.

Dirk: In die Musikforschung wird sehr viel Geld und sehr viel Gehirnschmalz hineingesteckt. So ein Programm wie RSH zum Beispiel, aber auch unsere Konkurrenz NDR2, beschäftigt Musik-Redakteure und -Planer. Da ist jeder Song gut überlegt, auch die Abfolge der Songs.

Alex: Sinkt die Nutzung messbar wenn ein beliebter Morgen-Moderator zwei Wochen weg ist?

Dirk: Radio ist sehr habituell. Für gewöhnlich kommt man morgens in die Küche, schaltet ein und der Sender, auf den es eingestellt ist, bleibt dann daran. Das ist ein großer Vorteil, den wir gegenüber TV haben: Da gucken die Leute Sendungen, Serien, Shows – aber nicht den Sender RTL oder ZDF oder so. Bei Radio sind die Umschaltquoten für gewöhnlich sehr niedrig: Die Leute bleiben einem Sender treu. Durchschnittlich hören Nutzer in zwei Wochen ganze 1,6 Sender. Selbst im Auto, wo man leichter umschalten kann, hören die Leute ihren Lieblingssender. Solange also ein beliebter Morgen-Moderator kompetent vertreten wird, gehen die Hörer in zwei Wochen Urlaubszeit oder Krankheit noch nicht weg. Aber wenn ein Star zu einem anderen Sender wechselt, nimmt er Hörer mit.

Alex: So müssen wir uns sich gar nicht so viele Sorgen um das Medium Radio im digitalen Zeitalter machen – eher um TV und Print. Und schließlich ist Hören wichtig und wird in den kommenden Jahren vermutlich sogar noch wichtiger. Aber gut: Was soll ich sonst als Podcast-Macher sagen?

(Alex schließt damit ab, dass er sich gern nach dem Podcast mit Dirk über eigene Werbespots im Kieler Raum unterhalten würde.)

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