Was Solaranlagen und Tomaten im Garten gemeinsam haben. Prof. Lion Hirth

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Es gibt nur wenige Experten in Deutschland, die sich beim Thema Energiewende so spitzfindig wie datengetrieben äußern wie Prof. Dr. Lion Hirth. Er Professor für Energy Policy an der Hertie School in Berlin und sein Twitter Account ist Pflicht Lektüre für alle ENERGIEZONE Hörer. Wir besprechen u.a. die Rolle und Funktionsweise von Carbon Pricing in Europa – ein Thema zu dem wir bisher noch nicht viel erfahren konnten.

Lion macht u.a. sehr deutlich woran die Energiewende immer wieder scheitert: Die Einzelinteresse (Personen oder Institutionen) sind oft nicht mit den gemeinschaftlichen Interessen (Staat oder Gesellschaft) im Einklang. Das Gegenteil ist oft der Fall – einzelne Parteien sind im Vorteil, wenn sie nicht am gemeinsamen Ziel der Dekarbonisierung mitarbeiten, weil der individuell verursachte „Schaden“ einfach und meist kostenlos zu Lasten der Gemeinschaft geht. Insofern ist der Status der CO2 – Besteuerung den wir bisher erreicht haben, mehr als beeindruckend.

Lion Twitter: https://twitter.com/LionHirth

Extra3 Stromzähler: https://www.youtube.com/watch?v=aqHauk3bNFA

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Alex:
Ah, okay, alles klar. Lion, herzlich willkommen zum Kassenzone-Slash-Energiezone-Podcast. Heute reden wir über die Energiemärkte. Und ich habe dich gefunden bei Twitter, weil du sozusagen mit die klügsten Tweets absetzt rund um die Energiemärkte. Bevor ich aber irgendwas falsch erkläre und ich falsch vorstelle, stelle ich mir mal kurz selber vor. Was machst du eigentlich?

Lion Hirth:
Hallo erstmal, ich freue mich hier zu sein. Ich bin an der Herthi-School in Berlin und unterrichte da Energiepolitik. Ich mache das seit sieben Jahren. Wir bilden Leute aus, die nachher in der Bundesregierung, im Parlament oder auch bei NGOs Politik mitgestalten wollen und wir versuchen da vernünftige Energiepolitik zu unterrichten und auch zu erforschen.

Alex:
Und du hast ja wahrscheinlich das ganze Thema schon erforscht und gemacht vor dem Ukrainekrieg. So und jetzt gibt es auf einmal ganz viele Energieexperten. So wie bei der WM gibt es ja dann diese 80 Millionen Bundestrainer. Hat das dazu geführt, dass sich jetzt viel mehr Leute eingeschrieben haben für deinen Studiengang da? Oder dass du jetzt auch mal ganz gefragter Mann geworden bist an der Uni? Vorher war das ja so ein… Nischending, oder? Ich meine, Energieökonom, Märkte für Energie, das war ja wirklich was, da warst du jetzt nicht der gefragteste Gast abends irgendwie beim Dinner.

Lion Hirth:
Das stimmt. Es war eine Nische, aber es war auch schon immer sozusagen eine gar nicht so kleine Nische. Es gab immer Leute, die das interessiert haben. Also die Energie- und Klimakurse bei uns waren immer beliebt und es gab immer, wir hatten keinen Mangel an Studis. Aber es ist natürlich in der breiteren Öffentlichkeit, es ist schon verrückt. Ich unterrichte zum Beispiel seit immer schon, seit meiner ersten Forderung, seit meinem ersten Kurs habe ich eine Folie drin, wo ich die Merit Order Kurve erkläre, also die Angebotskurve nerdiges und das auf einmal sozusagen die tagesthemen anrufen fragen ob ich das in tagesthemen erklären kann so wie letzten juli das war schon eine etwas verrückte erfahrung

Alex:
Und die Diskussion, die jetzt auch online geführt wird, nicht nur in den Tagesthemen, sondern auch bei oder auch in den Medien geführt wird, nicht nur Tagesthemen, also Tageszeitungen bei Markus Lanz, die ich ja, bevor ich mit Energiezonen angefangen habe, immer als extrem informierte Diskussion wahrgenommen habe. Jetzt, wo ich ein paar Sachen besser verstehe und auch Zahlen besser verstehe, da teilweise mit sozusagen Facepalm. und sag, oh Gott, oh Gott, oh Gott, wie nimmst du denn das wahr? Du weißt ja diese ganzen Sachen, du verstehst ja Energiemärkte, du verstehst, wie die ganzen Ressourcen sich zusammensetzen. Hast du das Gefühl, das hat sich wirklich gebessert, dass wir da irgendwie eine ausbalancierte Informationslage haben oder ist es für dich auch sehr politisch gefärbt in Summe?

Lion Hirth:
Ich glaube beides. Also dass es eine politische Diskussion gibt, die auch immer geprägt ist von Machtkämpfen, Parteipolitik und strategischen Äußerungen, das ist halt immer so. Das wird sich auch durch eine informiertere Gesamtsituation nicht ändern. Es ist ja nicht immer so, dass jedes blödsinnige Statement online oder im Fernsehen blödsinnig gedacht ist. Es ist ja oft, verstehen die Leute ja schon ganz genau, was dahinter liegt und sagen, was halt auch parteipolitisch notwendig ist oder strategisch wichtig gerade oder richtig. Die Gesamtdiskussion, habe ich schon das Gefühl, hat eine ganz gute Entwicklung genommen. Also ich glaube, es haben schon sehr viele Leute sehr viel gelernt und Stauleute sich eingelesen und in Themen ziemlich schnell, ziemlich tief rein generdet. Also die Gespräche, die ich führe, die Leute, die sich bei mir melden, jetzt im letzten halben Jahr, es macht deutlich mehr Spaß als das halbe Jahr davor, weil wir halt über die echten Knackpunkte reden müssen und quasi nicht von Null anfangen.

Alex:
Okay, dann lass mal ein bisschen durch deine Tweets gehen, weil ich verfolge dich ja auch darüber und ich muss auch oft so zwei, drei Mal nachlesen und überlegen, was heißt das jetzt genau, wie meinst du das, sondern du nützt ja auch viele Fachbegriffe. Also man sieht auf jeden Fall, dass du da eine Menge Ahnung hast und du postest immer ganz oft Bilder von der sogenannten TTF. Entwicklung. So, damit die Leute, die dich jetzt hier über den Podcast kennenlernen und dir bald mit Twitter folgen, das auch ein bisschen besser verstehen und auch schon eine Vorahnung haben, magst du mal genauer zählen, was das ist und was das eigentlich für uns bedeutet?

Lion Hirth:
Ja, ja, total gerne. Also, wenn wir Strom oder Gas kaufen, dann machen wir das ja über irgendeinen Versorger, rufen an oder schauen im Internet irgendwo nach und schließen einen Vertrag ab. Und diese Versorger kaufen das Gas auf dem sogenannten Großhandel ein, also an den Energiebörsen vor allem. Und es gibt verschiedene Energiebörsen. Die größte Börse für Strom heißt EX und die größte Börse für Gas ist der TTF-Handelsplatz. Also die Börse heißt ICE, ICE, aber der sozusagen, das Produkt, das da gekauft wird, heißt TTF. Das muss man sich auch gar nicht alles im Detail merken, sondern das Wichtige ist, dass der TTF Preis für Erdgas ist der wichtigste Großhandelspreis für Gas. Also so wie der Erdölpreis, kennt man aus der Zeitung, kostet jetzt 90 Dollar pro Barrel, Marke brennt, ist eben bei Gas der wichtigste europäische, der Leitmarkt gewissermaßen ist der TTF. Das heißt, wenn ich nachschauen will, was kostet ein erster Erdgas, dann ist für mich der

Alex:
Hm.

Lion Hirth:
TTF Preis relevant und der hat halt eine unfassbare Achterbahnfahrt hinter sich die letzten drei Jahre. Und als Verbraucherinnen und Verbraucher kriegt man das dann sozusagen in Deutschland verzögert über ein paar Monate mit, weil die Versorger, also die Lieferanten von Erdgas, mit denen ich einen Vertrag abschließe als Privatperson, wenn ich eine Gasheizung habe, die kaufen das an der Börse ein und die geben diese Preise weiter, aber natürlich nicht die täglichen Schwankungen. Da mache ich meistens einen Festpreisvertrag von einem Jahr aus und im Laufe des nächsten Jahres sozusagen diffundiert, zickert dann die Preisbewegung von der Börse auch in mein eigenes Konto ein.

Alex:
Wenn diese Preise sinken in den Charts, sind das ja dann Futures, über die du oft berichtest, bedeutet das, dass das ganze Gasproblem mittlerweile gelöst ist, dass wir uns nicht mehr über massiv steigende Strompreise am Ende des Jahres Gedanken machen müssen, weil die Gaskraftwerke in Baden-Württemberg laufen? Oder ist das nur virtuell, diese Hoffnung?

Lion Hirth:
Nein, überhaupt nicht. Also das Gasproblem gelöst. Es gibt ja sehr viele Gasprobleme, auch die Tatsache, dass wir irgendwann überhaupt kein fossiles Gas mehr verbrennen wollen. Aber die akute, ich sage das immer so, die akute Energiekrise, wo es darum ging, haben wir überhaupt physisch genug Gas? Gibt es wirklich einen Engpass in der Gasversorgung, so dass Kunden gegen ihr Willen abgedreht werden müssen? Und zweitens, Preisentwicklungen, die… wirklich ins Groteske explodieren und Preissteigerungen um Faktor 5, 10 oder 20 implizieren. Diese Phase ist vorbei, die ist ungefähr seit Jahresende, seit Januar oder sowas vorbei. Das heißt nicht, dass alle Probleme gelöst sind. Es ist weiter so, dass bis heute und ich denke auf absehbare Zeit Gaslieferungen aus Russland nach Europa nur in sehr kleinem Rahmen stattfinden. Pipeline in der Ostsee ist gesprengt und wahrscheinlich für immer unbenutzbar und wir kaufen unser Gas als Flüssiggas von den Weltmärkten ein unter anderen Rahmenbedingungen. Aber gleichzeitig ist jetzt klar, eine akute Versorgungskrise in den nächsten Monaten ist vom Tisch auch in den nächsten Jahren extrem unwahrscheinlich und die Preise an Also dreistellig waren auch zeitweise über 200 und mal sogar über 300 Euro pro Megawattstunde. Das ist die Einheit, die da gehandelt wird. Die sind jetzt wieder unter 40, also um 90 Prozent gesunken.

Alex:
Und wie waren die Preise 2021, 2020 vor dem Ukraine-Krieg?

Lion Hirth:
Also der sozusagen man kann sich merken Pi mal Daumen der langfristige Mittel der letzten zehn Jahre ist immer so zwischen 15 und 20 Euro gewesen. Das sind immer 20 Euro pro Megawattstunde.

Alex:
Hm.

Lion Hirth:
Eine Megawattstunde sind 1000 Kilowattstunden. Also die Einheit mit der wir zu Hause rechnen ist quasi die kleinere als die großen an der Börse. Aber man kann sich merken wir waren früher bei 15 bis 20. Während Corona ging es dann sehr runter, weil die Nachfrage zusammengebrochen ist. Da waren wir bei 5 oder nahe 0 sogar. Und dann. In der Spitze im letzten Hochsommer im August ging es einmal kurz bis 350 hoch. Also fast das 20-fache von dem langjährigen Durchschnitt davor.

Alex:
Und gibt es dort, ähnlich wie in den Strohpreisbörsen, auch teilweise negative Preise bei Strom? Habe ich jetzt verstanden, gibt es teilweise so viel Überschussstrom, dass die Anbieter bereit sind, Abnehmer zu zahlen, das abzunehmen, diese Überlast. Gibt es das beim Gas auch, weil jetzt irgendwie gefühlt 50 Tanker vor Bremerhaven warten, dass sie LNG da in die Leitung drücken können?

Lion Hirth:
Nein, nur sehr, sehr, sehr ausnahmsweise. Also vielleicht kurz zur Einordnung. Normalerweise ist es ja so, Leute wollen Strom haben und Gas haben, weil sie damit irgendwas Sinnvolles produzieren oder machen und sind bereit dafür zu zahlen und die Herstellung von den Produkten kostet Geld. Das heißt, die Hersteller will auch Geld dafür haben, um das zu bekommen. Jetzt gibt es beim Strom Spezialsituationen, wo sich das paradoxerweise umdreht, wo Kraftwerke Geld zahlen, um Strom ins Netz einzuspeisen und Konsumenten Geld bekommen, wenn sie es verbrauchen. Und das liegt daran, dass man Strom nicht speichern kann und es ist kurzfristig Situationen geben kann, dass es sozusagen kurzfristig im Netz zu viel Strom ist und wir müssen es irgendwie loswerden und zahlen den Leuten sogar dafür Geld, wenn sie es tun. Das liegt fundamental daran, dass man Strom praktisch nicht speichern kann, nur in kleinen Volumen und nur sehr teuer. Und Gas kann man sehr viel besser speichern. Man kann Gas wunderbar in sehr großen Mengen, in Untertage, in so alten Salzkavernen und Porn speichern, einspeichern. Deswegen kann der Gaspreis nicht negativ werden, weil dann die Speicherbetreiber das Gas einfach kaufen würden und einspeichern. Normalerweise. Jetzt gab es letzten Oktober die verrückte Situation, dass die Gasspeicher, die werden immer saisonal befüllt. Also man füllt die im Frühling, Sommer und Herbst ein und dann ab November werden die entleert, weil wir halt viel Gas zum Heizen verwenden. Das heißt, irgendwann im Herbst sind sie einmalrand voll normalerweise. Jetzt hatten wir letzten Oktober ganz volle Gasspeicher und dann einen ganz warmen Oktober, vielleicht erinnern sich noch ein paar dran, das war zwei Wochen, die sozusagen viel, viel wärmer waren als gedacht. Normalerweise hätte man in Deutschland schon geheizt, wir haben alle versucht nicht zu heizen, das war noch total warm, spätsommerlich, und dann wurde in ganz Europa nicht geheizt und dann standen die ganzen Tanker vor den Häfen, wollten das Gas loswerden, die Speicher waren aber voll und das war eine Zeit, als einzelne Marktsequenzen mal extrem niedrige Preise oder sogar negative Preise hatten. Aber das ist sehr, sehr ungewöhnlich bei Gas.

Alex:
Jetzt reden wir ja in Deutschland sehr stark davon, dass wir komplett dekarbonisieren wollen, dass eigentlich von allen fossilen Brennstoffen wegwollen. Unter anderem ja auch Gas. Also die Anlagen, die jetzt gebaut werden, sind eigentlich temporäre Anlagen, die dann vielleicht noch 20, 30 Jahre lang laufen und dann brauchen vielleicht nur noch ein paar Industrieanlagen noch Erdgas, weil sie vielleicht nicht auf Wasserstoff umstellen können, wie auch immer. Ist das ein sehr, sehr deutsches Phänomen oder beobachtest du das in vielen Märkten, nicht nur in Europa, sondern auch in globalen Märkten? diese starke Dekarbonisierung.

Lion Hirth:
Also der Klimawandel ist ja ein globales Problem. An sozusagen, es ist dem Klima sehr egal, wo eine Tonne CO2 emittiert wird. Und jeder, der zum Klimawandel beiträgt, ist sozusagen, löst ein Problem, was wir als Menschheit insgesamt haben. Und da gibt es schon unterschiedliche Ambitionsniveaus weltweit. Und es gibt Länder, denen ist es, oder Regierungen, die da weniger ambitioniert sind und andere, die mehr sind. Es gibt da auch, finde ich, sehr gute Gründe zu. wir Westler, wir Europäer und Amerikaner, in den letzten 200 Jahren sehr viel CO2 imitiert hatten und mit Kohle und Gas unsere Wirtschaft aufgebaut haben, unseren Wohlstand geschaffen haben. Das kann man nicht erwarten von einem afrikanischen oder südasiatischen Land, das nur ein Zehntel des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf hat, da in der gleichen Geschwindigkeit auf diesen fossile erbauten Wohlstand zu verzichten. Das finde ich ein plausibles Argument. Es ist aber natürlich auch so, dass manche Länder, die ähnlich wohlhaben, sind für Europa da deutlich weniger ambitioniert sind. Amerika gehört da schon auch dazu.

Alex:
Und die, sozusagen eines der Argumente, was ich hier bei Energiezone kennengelernt habe, diesbezüglich ist, dass wir jetzt quasi so am Wendepunkt sind und viele erneuerbare Energieformen teilweise deutlich günstiger sind als andere Energieformen. Jetzt ist es so, dass natürlich Saudi, Arabien und Katar, wo ja Öl und Gas aus dem Boden kommen und wenn das dann die halb direkt verwendet werden kann. Viel billiger kann es eigentlich nicht werden. Aber in den meisten Ländern ist es nicht so. Und wenn man dort irgendwie anständige erneuerbare Energien, Infrastrukturen schafft, dann ist es halt billiger, als jetzt zum Beispiel ein nukleares Kraftwerk zu bauen oder eine Refinerie zu bauen. Und in der vorletzten Folge, ich überlege gerade mal, wie das hier live geht, in der vorletzten Folge mit den Abdachgründen haben wir gelernt, dass wir noch so ungefähr fünf bis zehn Jahre… von der Entwicklungsgeschwindigkeit der Elektrodyseure entfernt sind, bis es dann so billig ist, Energie aus Wasserstoff zu erzeugen, sozusagen kostenseitig in Europa, dass man das nicht mehr mit Erdgas oder Erdöl schlagen kann. Das ist nur noch eine Zeitfrage. Und jetzt sind ja die progressiven Denker da, oder die positiven Denker sagen, na ja, das Problem löst sich gar nicht über Ideologie. sondern das Problem löst sich wirtschaftlich. Irgendwann ist das halt für das afrikanische Land. Bleiben wir mal dabei. Zehntel des Bruttoinlandsproduktes oder zehntel des Pro-Kopf-Produktes. Lohnt sich das einfach nicht mehr, in irgendwie Kohle oder andere Werke zu investieren, weil die Solaranlage, gekoppelt an irgendeinen smarten Elektrodiseur betriebenen Speicher, ist halt viel, viel billiger. So, da habe ich jetzt diese positive Sicht, habe ich jetzt in fast 30 Folgen Energiezone auch ein bisschen. übernommen. Wie viel Ideologie ist denn dabei in diesem Statement?

Lion Hirth:
Ich glaube, da ist schon mehr Hoffnung dabei und Tech-Optimismus als ich es so teile. Also vielleicht muss man die Dinge ein bisschen auseinanderziehen. Also zunächst mal ist es so, dass Wind- und Solarstrom heute an vielen Orten bereits günstiger ist als Fossil- oder Atomkraftstrom, der aus Atomkraft kommt. Die Antwort ist ja. Also Beispiel in Europa können wir an vielen Orten in Europa können wir heute… Wind- und Solarenergie herstellen für ungefähr 40, 50, 60, 70 Euro pro Megawattstunde. Das hängt davon ab, wie viel Wind da weht, wie viel Sonne da weht, wie schwierig das ist dazu, wie teuer das Land ist. Also das ist nicht überall gleich günstig, aber es gibt einen Haufen Standorte von Spanien bis Finnland, wo sowas möglich ist. Atomkraftwerke, die man neu baut, zum Beispiel gerade wird gebaut in Frankreich, in Großbritannien und ein neues ist mit Trieb gegangen, letzte Woche glaube ich, in Finnland. Wenn man ausrechnet, was die kosten pro Megawattstunde, dann ist es so Pi mal Daum das Doppelte. Also die Briten zahlen ihrem Atomkraftwerk, was hoffentlich in 10 Jahren in Betrieb ist oder so etwas, eher um die 120 Euro pro Megawattstunde, während sie in der Nordsee Windkraftanlagen bauen, die für 40, 50 Euro pro Megawattstunde Strom erzeugen. Jetzt gibt es da weitere Unterschiede. Dieses Atomkraftwerk läuft 24-7, auch wenn gerade flauter ist und die Windkraft eben nicht. Das kann man natürlich alles berücksichtigen, aber es bleibt dabei, dass Wind- und Solarenergie heute an sehr vielen Orten der Welt hoch wettbewerbsig sind gegen Fossile und andere Erzeuger und oft die günstigste Art ist Strom zu erzeugen. Ich glaube, das ist gut und notwendig. Das ist ein Riesenerfolg der Weltgemeinschaft und Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt über Net Zero und Dekarbonisierung nachdenken können. Ich glaube trotzdem nicht daran, dass das von alleine passiert. Also es ist im Moment heute auch so, dass Wind und Solar in Europa wettbewerbsfähig sind, weil wir in Europa einen CO2-Preis haben. Wenn du ein Kohlekraftwerk baust oder eine Gasturbine baust und damit Strom aus fossilen Brennstoff erzeugst… dann kannst du das machen, aber für jede Tonne CO2, die du emittierst, musst du ungefähr 100 Euro zahlen. Und wenn man diese 100 Euro einpreist, dann sind Wind und Solar günstiger als Kohlekraftwerke. Wenn wir diese 100 Euro CO2-Preis nicht hätten und die meisten Ende der Welt haben keinen CO2-Preis, dann wäre es oft immer noch günstiger, Kohlekraftwerke zu bauen.

Alex:
Können wir mal kurz bei dem Zürich 2 Preis bleiben? Du twitterst auch relativ viel über Carbon Pricing. Wie funktioniert das? Also wer legt diesen Preis fest? Wer muss es am Ende zahlen? Und ist dieser Preis fair? Viele Fragen, aber das ist quasi ein Thema, da gibt es gar nicht so viele Experten, die darüber aussagefähig sind. Deswegen bleiben wir mal kurz dabei.

Lion Hirth:
Viele Fragen, große Fragen. Also CO2 Preis heißt, dass wer eine Tonne CO2 emittiert in der Atmosphäre, dafür Geld abdrücken muss. Das war früher nicht so. Früher durfte jeder so viel emittieren, wie er wollte.

Alex:
Aber das ist eine Institution.

Lion Hirth:
Genau.

Alex:
Oder wenn ich meinen Kamin anmache, inventiere ich auch CO2.

Lion Hirth:
Genau. Genau. Also bis vor wenigen Jahren, also bis in die 1990er Jahre hinein, war das überall auf der Welt so. Niemand auf der Welt hat für CO2-Emissionen emittiert. Jeder konnte quasi die Atmosphäre als Müll-Dämonie für CO2 benutzen, so viel die Leute wollten und die Firmen wollten. Und um das zu verhindern oder einzuhägen, gibt es die Idee, dass Regierungen sagen, so geht das nicht weiter. dafür was zahlen. Wir verlangen quasi eine Gebühr für die Nutzung der Atmosphäre. Und es gibt Regierungen, die setzen den Preis fest. Das ist eine CO2-Steuer. Zum Beispiel in Schweden, wenn du Auto fährst, dann zahlst du im Benzin die CO2-Steuer mit, die ungefähr 100 Euro pro Tonne CO2 betrifft. Das heißt, du musst dann nicht selber das Geld abgeben, am Auspuff messen. Das ist schon im Benzin mit eingerechnet. Und in Europa,

Alex:
Hm.

Lion Hirth:
in der EU… gibt es ein großes CO2-Bepreisungssystem, was ein bisschen anders funktioniert, den Emissionshandel. Der betrifft jetzt nicht Autos und auch nicht deine Heizung zu Hause, sondern der betrifft vor allem die Stromerzeugung, die Kraftwerke, aber auch die Stahlindustrie, die Zementindustrie und jetzt seit ein paar Jahren auch den Flugverkehr. Und wenn diese Sektoren CO2 emittieren, müssen sie ein sogenanntes Zertifikat abgeben, ein Emissionszertifikat. Und diese Emissionszertifikate kriegt man nicht umsonst, die muss man sich kaufen. Wenn viele Leute CO2 emittieren wollen, gibt es eine große Nachfrage nach Zertifikaten und der Zertifikatepreis steigt automatisch an. Und wenn wenig Leute CO2 emittieren wollen, dann ist die Nachfrage geringer und der CO2-Preis sinkt automatisch ein bisschen ab. Das heißt, es ist ein bisschen Angebot und Nachfrage, deswegen ist es ein Markt für CO2-Zertifikate. Und da hat sich jetzt seit ungefähr zwei Jahren ein Preis eingependelt, der so zwischen 80 und 100 Euro pro Tonne CO2 liegt. Was durchaus … substanziell ist. Das ist nicht, sozusagen, das ist, da kann man nicht rüber lachen.

Alex:
Okay, aber wie viel in so einer Megawattstunde Strom, die so ein Kohlekraftwerk produziert? Wie viel Tonnen CO2 fallen denn da an?

Lion Hirth:
So knapp eine Tonne bei Steinkohle. Bisschen mehr als eine Tonne bei Brauch.

Alex:
Ah, okay. Das heißt quasi diese 100 Euro, wenn du sagst, dass ein Megawatt irgendwo in der Nordsee 50 Euro kostet, diese 100 Euro machen wirklich einen Unterschied.

Lion Hirth:
Wir machen einen riesen Unterschied.

Alex:
Das ist jetzt nicht so, dass man jetzt hier nur um drei… Okay. Ah, okay.

Lion Hirth:
Jaja. Wir machen einen riesen Unterschied.

Alex:
Wird das auch dann politisch genutzt? Also jetzt könnte ja Großbritannien, die sich jetzt ja rausgezogen haben aus diesen EU-Regulieren, die könnten jetzt ja sagen, okay, wir nehmen jetzt nicht mehr in diesen Markt teil. Deswegen können wir jetzt schön Kohle importieren, wo wir auch immer die Kohle bekommen könnten, und diesen Strom günstiger anbieten, weil wir jetzt nicht mehr diesen Ausgleich schaffen müssen.

Lion Hirth:
Genau, das ist das Grundproblem des Klimawandels und der Klimapolitik. Dass jedes Land für sich genommen, jede Regierung für sich genommen, jede Firma, jeder Mensch für sich genommen einen ökonomischen Anreiz hat, sich nicht zu bemühen, weil für jeden einzelnen ist es ökonomisch viel attraktiver auszuscheren und zu sagen, ich mache bei euren Anstrengungen nicht mit, ich verbrenne meine Kohle weiter, ich produziere meinen Stahl weiter dreckig, ich produziere meinen günstigen Strom aus Kohle. Und das ist die große Frage, ob uns, das ist wirklich die größte Frage der Klimapolitik. von allen Fragen denke ich, ist, ob uns das als Menschheit gelingt, dieses, auf Englisch sagt man oft, collective action problem, also dieses Koordinierungsproblem auf der Welt zu lösen und uns sozusagen gemeinsam uns acht Milliarden an der Nase zu packen und den Klimawandel einzudämmen oder halt nicht.

Alex:
Was sind denn die Hebel? Ich meine, die EU könnte ja sagen, ich mache jetzt mit dir, liebes Ägypten, eigentlich noch ein Geschäft, wenn du jetzt die Produkte, die du dort herstellst, auch einer fairen CO2-Bepreisung unterliegen. Ja, sozusagen sonst erheben wir extra Zölle. Oder du kannst, also das ist ja quasi ein Handelshebel. China baut im Wesentlichen Atomkraftwerke, wahrscheinlich weil der Energiebedarf einfach so schnell wächst. Und sie können, glaube ich, ganz gut Atomkraftwerke bauen. Aber gleichzeitig bauen sie natürlich enorm erneuerbare Energien aus. Also dieser Mehrbedarf an Solarplatten, die hier in Deutschland passieren, ist jetzt für den Weltmarkt offensichtlich kein Riesenproblem. Das kann wahrscheinlich eine große chinesische Fabrik innerhalb einer Woche produzieren. Also für die ist es ja auch schon offensichtlich billiger, weg von Kohle hin zu erneuerbaren Energien. Und die haben natürlich auch viele Küstenregionen, die haben wahrscheinlich auch ein Interesse, dass der Klimawandel gestoppt wird oder zumindest eingedämmt wird. Also diese großen Handelsnationen könnten das ja als Hebel nutzen. Wenn das so ist und wenn mein Statement richtig ist, beobachtest du das, dass das auch passiert. Also es ist ein Hebel, der eingesetzt wird global.

Lion Hirth:
Ja, die Frage könnte nicht zu einem besseren Zeitpunkt kommen. Das ist tatsächlich genau das, was die Europäische Union, ich glaube, vorletzte Woche, nach zehn Jahren Verhandlungen buchstäblich beschlossen hat. Es gibt also jetzt in Europa, ist auf den Weg gebracht worden, so eine Art neues Zollregime an der europäischen Grenze, was da lautet. für besonders CO2-intensive Produkte, also da steckt nicht sozusagen als Chemikalie CO2 drin, sondern im Produktionsprozess ist vieler mit CO2 emittiert worden, zum Beispiel Stahl, zum Beispiel bestimmte Düngemittel, zum Beispiel zement. Und wenn ich die jetzt nach Europa einführe, wenn das System mal fertig ist in ein paar Jahren, dann muss ich an der Grenze einen zusätzlichen Zoll quasi bezahlen, der davon abhängt, wie viel CO2 da drin steckt. Also Beispiel eine Tonne Stahl. verursacht, wenn man das konventionell herstellt, ungefähr eine Emission von zwei Tonnen CO2 im Hochofen. Wenn ich jetzt aus Südkorea oder USA oder Venezuela oder China Stahl nach Europa einführen würde und der europäische CO2 Preis wäre dann, sagen wir mal, 120 Euro pro Tonne CO2 und ich importiere eine Tonne Stahl, in der ja implizit zwei Tonnen CO2 drinstecken, müsste ich an der Grenze zwei mal 120 Euro abdrücken. damit ich quasi nicht die europäischen Hersteller über Vorteile. Das System hat den technischen Namen CBAM, also C-B-A-M, Carbon Border Adjustment Mechanism.

Alex:
Ah!

Lion Hirth:
Das ist tatsächlich sozusagen der Hotshit der Klimapolitik. Das ist etwas, was Europa jetzt zehn Jahre verhandelt und diskutiert hat und was buchstäblich dieses Frühjahr beschlossen wurde als Teil der letzten Energiemarkt-Riffen.

Alex:
Und das schon in Minute 20 in der G-Zone-Podcast. Wir sind hier unserer Zeit weit, weit voraus. Noch mal ganz kurz. Ich verstehe quasi, dass die Leute, die das imitieren, CO2, dass die Geld zahlen müssen. Wer kann denn die Zertifikate herstellen? Ich könnte mir jetzt ja 1000 Hektar Wald kaufen. Also könnte ich jetzt nicht finanziell, aber angenommen, ich kaufe 1000 Hektar Wald. Der ist, glaube ich, Waldflächen sind. Und theoretisch könnte man das ja irgendwie so darstellen. Wenn dieser Wald aktiv bewirtschaftet wird, dann Bunkert er jetzt CO2? So eine Tonne Holz hat, glaube ich, 700 Kilo CO2. Ich weiß nicht genau, aber es ist ein relativ hoher Wert.

Lion Hirth:
Mhm.

Alex:
Da könnte ich ja dann irgendwie versuchen, das zu hebeln und Zertifikateanbieter zu werden. Oder Tesla wird auch dauernd genannt, als die verdienen ja nur Geld wegen ihrem Zertifikatehandel. Kannst du das mal so ein bisschen aufklären? Wie funktioniert das? Ist da viel Schmutter dabei oder ist das echt?

Lion Hirth:
Ja, das ist alles total echt. Dieser Zessler-CO2-Zertifikatehandel ist noch was ganz anderes. Das ist tatsächlich ein bisschen eine schräge Nummer, aber hat jetzt mit dem großen, wichtigen, richtigen CO2-Handel wirklich auch gar nichts zu tun, auch wenn es auch Zertifikate heißt.

Alex:
Ah, ok.

Lion Hirth:
Darum geht es hier gar nicht. Niemand kann die Zertifikate herstellen außer der Staat. Also du kannst sie nicht produzieren, du kannst sie nur verbrauchen. Und die Europäische Union, die Regierungen gemeinsam und die europäischen Institutionen haben festgelegt, wie viel CO2-Zertifikate jedes Jahr rausgegeben werden. Der Staat hat quasi also ein Monopol auf die Zertifikate und die Menge an Zertifikaten bestimmt dann auch direkt und unmittelbar wie viel CO2 emittiert werden kann. Also wenn ich jedes Jahr eine Milliarde Zertifikate rausgebe, dann kann eben eine Milliarde Tonnen CO2 emittiert werden von diesen Sektoren. Nicht mehr, weil dafür die Zertifikate nicht ausreichen. Mit anderen Worten dieses System heißt auch, auf Englisch wird es oft als Cap-and-Trade-System bezeichnet. Trade heißt also die Tatsache, dass ich die Zertifikate verkaufen und verkaufen kann. und CAP heißt, die Gesamtanzahl an Zertifikaten ist gecapped, also limitiert.

Alex:
und sinkt die Anzahl der herausgegebenen Zertifikate. Punkt eins. Und zwei, wenn jetzt mehr Industrien in diese Zertifikatepflicht reingenommen werden, du hast gesagt, der Flugverkehr ist erst seit ein paar Jahren drin, Zementproduktion schon länger, dann müsste ja die Nachfrage nach diesen Zertifikaten auch steigen und damit der Preis. Wie verhält sich das im Markt?

Lion Hirth:
Also zur zweiten Frage zuerst, wenn das System vergrößert wird, dann wird normalerweise der neue Sektor selber mit Zertifikaten ausgestattet. Also das wächst dann mit. Das ist aber jetzt auch ein bisschen ein technisches Detail.

Alex:
Hm.

Lion Hirth:
Die erste Frage, glaube ich, ist das Herz des Systems. Wenn es quasi immer gleich viele Zertifikate gäbe jedes Jahr, dann wird das ganze Ding ja gar nichts bringen. Also im Sinne von Fortschritt. Dann würden wir einfach jedes Jahr gleich viel CO2 emittieren. Das ist also der Knackpunkt, ist genau wie du angedeutet hast, dass die…

Alex:
Deswegen bist du Professor, weil du solche Fragen beantworten kannst.

Lion Hirth:
Darum geht es in dem System im Kern, das war genau…

Alex:
Ist das du? Ja. Hahaha.

Lion Hirth:
Also ich würde sagen, die Frage trifft das Design des Systems im Herz, weil die Grundidee

Alex:
Okay.

Lion Hirth:
ist, dass das CAP, also die Möglichkeit, die Gesamtanzahl an verfügbaren Zertifikaten jedes Jahr absinkt. Und auch das ist was, was gerade eben vor wenigen Wochen noch mal massiv nachgeschärft wurde. Die Geschwindigkeit, mit dem die Gesamtanzahl an solchen Zertifikaten absinkt, wurde jetzt verdoppelt von der Europäischen Union. Das heißt, man kann jetzt schon ausrechnen, wann das letzte Zertifikat in das System kommt. Im Jahr 2038, das ist gar nicht mehr so lange hin im Energiesystem Zeitskalen, ist das System quasi trocken und keine neuen Zertifikate werden mehr reingebracht. Das heißt, man kann sich jetzt schon ausrechnen. wie viel Tonnen CO2 der Strom, Zement und Stahlsektor insgesamt noch emittieren darf in Europa, bevor dann endgültig Schluss ist.

Alex:
Und beobachtest du über diese Kappung? dass dann der Zementsektor zum Beispiel anfängt sich zu überlegen, okay, ich muss meine Produktionsmethoden umstellen, also im Ende des Tages brauchen die Energie, um irgendwas zu hitzen, um irgendwas zu sortieren, um daraus dann Zement herzustellen. Das könnten sie ja mit dekarbonisierter Energie tun. Und wenn sie das jetzt schon sehen, dann dürften doch jetzt die Zementwerke anfangen, sich zu überlegen, okay, vielleicht gehen wir doch nach Heide in Schüsselkotstein, weil da Energie günstig ist. Zumindest am Wochenende will es keine haben, da können wir mehr Zement herstellen. Siehst du das tatsächlich? jetzt danach getroffen werden?

Lion Hirth:
Also ich glaube, man muss fairerweise sagen, den CO2-Handel gibt es seit 2005, den gibt es also schon 20 Jahre lang. Aber der war lange, lange Zeit ziemlich eine Luftnummer, weil der CO2-Preis so niedrig war. Das lag im Wesentlichen daran, dass die Leute das nicht ernst genommen haben, die Unternehmen, Industrie und Finanzinvestoren gesagt haben, früher oder später werden die Europäer ihre verrückten Klimaschutzideen begraben und werden verstehen, da macht die Welt nacht nicht mit und es ist viel zu teuer. und haben quasi nicht geglaubt, dass es echt irgendwann knapp wird mit Zertifikaten. Das hat sich vor fünf Jahren geändert. Aber einen wirklich substanziellen CO2-Preis in der Größenordnung 80, 90, 100 Euro, den haben wir erst seit zwei, drei Jahren. Und in so einer kurzen Zeit kann man nicht erwarten, dass diese langfristigen Industrien, also Zementwerke, Chemiefabriken, Stahlwerke, die laufen ja jahrzehntelang. Da muss man jetzt quasi den nächsten Investitionszyklus abwarten, um zu schauen, ob da was sich bewegt. Wo man auf jeden Fall sehr viel sieht, ist im Stromsektor. Also bei der Stromerzeugung ist es ja heute so, dass in fast allen europäischen Ländern Kohlekraft kaum noch eine Rolle spielt. Also in Großbritannien, in Deutschland, in Niederlanden, in Frankreich. Überall sind Kohlekraftwerke im großen Maßstab aus dem Markt gegangen. Und das liegt in der Anzeige. viel mehr und vor allem daran, dass sich diese Stromerzeugung nur noch in geringer Maße lohnt bei den aktuellen CO2-Preisen. Was mich optimistisch stimmt in der produzierenden Industrie ist eine Ankündigung von ThyssenKrupp. Ich glaube, das ist auch erst zwei, drei Wochen her, die angekündigt haben, dass ihr neues Stahlwerk wasserstoffbasiert sein wird, also dass die wasserstoffbasierten CO2-freien grünen Stahl produzieren wollen und ich glaube, anderthalb Milliarden Euro dafür investieren wollen. in Deutschland. Das ist sicherlich nicht nur getrieben durch den CO2-Preis. Die haben an vielen Stellen viel staatliche Förderungen darüber hinaus noch bekommen. Aber so eine Entscheidung ohne Emissionshandel, ohne dass es den Emissionshandel im Hintergrund gegeben hätte, der den Druck aufbaut, halte ich für undenkbar.

Alex:
Okay, dann gehen wir mal auf die Entscheidung im kleineren Maßstab. Wir hatten hier mit verschiedenen Anbietern von Strom schon gesprochen, Energiezone-Podcast und da kam so ein bisschen die Frage auf, macht es eigentlich Sinn, dass sich jeder Haushalt so ein eigenes Kraftwerkskonzept überlegt? Solaranlage, hier vielleicht noch irgendetwas. Es gibt ja jetzt auch neue Anbieter für Windkraft, wo sich jetzt quasi nichts außen dreht oder irgendwas groß verschattet. Da könnte man jetzt ja… Ideale Prepperwelt. Also jeder kann ja mit, es gibt jetzt alle Technologien, sind verfügbar und jeder kann jetzt sozusagen sein Haus eigentlich vom Strom jetzt bald abkoppeln, wenn man das wirklich möchte. Jetzt sagen natürlich die Anbieter der Netze, naja, das ist schon ganz cool und jeder, jede Quadratmeter Solarfläche hilft. Erst mal immer schön investieren, das ist schon mal gut. Aber langfristig ist natürlich so, noch teilweise jetzt schon in vielen, in vielen Gebieten, ist das Netz, wenn das mit Erneuerbaren Energien gespeist. zum Beispiel Nahwärmennetze, die aus Biogasanlagen dann irgendwie kommen und dann kommt noch Windkraft rein. Oder in Dänemark ist es jetzt so, dass dann die großen Wasserspeicher aufgeheizt werden. Das ist viel effizienter, als wenn jeder zu Hause nochmal 10 Quadratmeter Solarplatte und ein Wechselrichter und eine Batterie dahinstellt. Das ist ein bisschen klein versus groß. In der Situation bin ich auch. Ich habe hier noch ausreichend Dachfläche, da konnte ich jetzt noch Dutzende Quadratmeter Solaranlage hinbauen. Habe da irgendwas um was mich kümmern muss im Keller. Ich habe sowieso keine Lust zu. Ich will das ja konsumieren, ich will ja jetzt hier nicht Energieproduzent werden bekommen nach vorne. Auch nichts dafür, wenn ich das irgendwie einspeise. Wie guckst denn du da drauf? Wie ist denn dein Hausdach ausgestattet?

Lion Hirth:
Also ich wohne in einer Mietwohnung in Berlin, ich habe nicht mein Hausdach. Ich werde jetzt ein paar Sachen sagen, wo ich jetzt schon ahnen werde, dass ich nachher auch Twitter auf den Kopf kriegen würde, weil das ist jetzt sozusagen nicht der Talk, den die Leute so hören wollen. Ich habe da eine ziemlich klare Meinung zu vielen von den Fragen, die sind total wichtig. Ich glaube, dass du jetzt zu Hause Strom erzeugst, ist genauso gut sinnvoll oder sinnlos, wie wenn du zu Hause Tomaten anbaust. Nichts gegen Tomaten. Ich habe auch einen kleinen Garten und baue da Tomaten an.

Alex:
Oh, das ist eine schöne Parallele. Das ist nicht wirklich mir. Tomaten anstrengen.

Lion Hirth:
Also dieses Jahr habe ich es wieder verpasst oder will noch Kartoffeln einpflanzen oder habe da einen Salbei-Strauch und sowas und ich mache das sozusagen als Hobby und weil es mir Freude macht. Und das ist ja fein und jeder… Das ist ja schön und wenn Leute eine Freude daran haben, selber sozusagen Energie zu produzieren, dann gibt es überhaupt nichts dagegen einzuwenden. Aber darüber hinaus hat es aus meiner Sicht keinen substanziellen, sozusagen gesellschaftlichen Mehrwert. Es macht im Stromsektor und in der Welt als Ganzes in der Regel nicht so arg viel Sinn, kleine Subsysteme zu optimieren. Wenn es viel günstiger, effizienter und Wohlstand schafft, dann ist ein großes System zu optimieren. Also, einmal ganz konkret. Wenn ich zum Beispiel eine Batterie im Keller und eine Solaranlage auf dem Dach habe und speise dann mittags die Sonnenscheine, fülle meine Batterie auf, um dann heute Abend selber Strom für mich zu verbrauchen, kann das total sinnlos sein oder sogar… die falsche Antwort. Wenn gleichzeitig mittags zum Beispiel der Strombedarf irgendwo anders in Deutschland sehr hoch ist und im Winter, am Abend, wenn ich meine Batterie machen, eigentlich ganz viel Wind weht, weil gerade eine Sturmfront über die Nordsee zieht, dann wäre das viel sinnvoller, ich speise den Strom mittags ein und nehme den Strom abends wieder aus dem Netz. Und diese Entscheidungen, was gerade die sinnvolle Einsatz von Anlagen ist, also soll ich einspeisen, soll ich ausspeisen, soll ich speichern oder so was, Das ist am besten koordiniert über Märkte und Preissignale und nicht dadurch, dass ich mir selber sozusagen meine eine heile kleine Welt baue. Es gibt tatsächlich, glaube ich, nur sozusagen neben der intrinsischen Freude und sozusagen dem Tomatengefühl in der eigenen Stromerzeugung nur ein, ich sage jetzt mal, rationales Argument, das zu machen und das ist, wenn ich tatsächlich Sorge habe, dass es zum Zusammenbruch des Stromsystems kommt. für irgendwelche Katastrophenfälle, dann macht es Sinn, dass ich mir Dosen Tomaten in Keller stelle und eine Batterie in Keller stelle, als Sicherheit für den Tag X sozusagen. Also tatsächlich Prepper. Ich glaube nicht, dass Prepping so arg viel Sinn macht, wenn die Gesellschaft da draußen zusammenbricht, dann hilft mir meine Batterie und meine Dosen Tomaten herzlich wenig. Ich würde das nicht tun. Vielleicht zwei, drei Tage, aber das

Alex:
Na vielleicht noch zwei, drei Tage.

Lion Hirth:
ist dann auch schon wurscht. Aber… Aber diese Idee von dezentralem Eigenverbrauch und was dann an weiteren Ideen daraus folgte, Energie-Communities und Kiezstrom und Mieterstrom, ich halte davon alles nicht so arg viel, wie ich denke, man sollte über das Energiesystem nachdenken. Ich denke, jeder Quadratmeter Solarzellen sind gut, jede Batterie in diesem System hat potenziell großen Nutzen, aber man muss es im großen System denken. Und damit das funktionieren kann, müssen diese Anlagen wissen, was im System los ist. Und die Information, was im System los ist, das sind ja Millionen, wenn nicht Milliarden von Verbrauchern am europäischen Netz und viele hundert Millionen von Erzeugern. Und sie müssen irgendwie koordiniert werden. Und die einzige Möglichkeit, die das denkbar ist, ist über Preissignale. Das heißt, wenn ich zu Hause ein Kraftwerk habe, sollte das Lauf und Strom einspeisen, wenn der Strompreis quasi hoch ist, der lokale Strompreis, und sollte nicht einspeisen, wenn der gerade niedrig ist. Und genauso sollten auch Batterien betrieben werden.

Alex:
Also das, was jetzt in Enparn und Co., die ja stark bewältigt sind, verkaufen, ist sozusagen in deiner Analogie der Gewächshausverkäufer vor 10, 15 Jahren. Wenn die da quasi, die vermieten ja ihren Strom, wenn sie damit quasi Stromermieter werden, quasi einfach nur günstig Dachfläche bekommen bei den ganzen Häusern und das dann aber quasi zentral koordinieren können. Dafür gibt es aber noch gar nicht die Systeme, weil da gibt es nicht die smarten Trafo-Stationen, da fehlt ja ganz viel Digitalltechnik. noch in unserem ganzen Leitungssystem. Wenn Sie das aber könnten, diesen Markt koordinieren, dann könnten Sie ein smarter Erzeuger werden. Aber ich glaube, das ist immer noch viel billiger, diese ganzen Flächen irgendwo auf die Koppel zu bauen und darunter können Sie die Schafe essen, als das auf jedem Hausdach zu installieren. Aber sehr interessant.

Lion Hirth:
Ich glaube, das ist dann ganz kurz zu der Frage, also vom Engineering her, die Reihenbaukosten sind viel geringer bei einer Freiflechtanlage, weil man einfach keine sozusagen, nicht so

Alex:
Total.

Lion Hirth:
klar, Handwerker müssen nicht irgendwo hochklettern und so kleinskalige Anlagen machen. Aber ich finde, es gibt das andere valide Argument, dass die Dachflächen ohnehin da sind und dass wir aus, sagen wir mal, Landschaftsschutzgründen nicht die ganze Landschaft mit … mit Freiflächen Solaranlagen vollkleistern wollen. Und wenn jetzt Eigenverbrauchsmodelle und ich mach zu Hause meinen Strom die einzige sinnvolle Möglichkeit sind an diese ganzen kleinsradigen Dachflächen ranzukommen, dann sehe ich da auch einen Punkt. Aber es ist eigentlich nicht im Sinne des Energiesystems, sondern vielleicht im Sinne des Landschaftsschutz dann eine Möglichkeit an Dachflächen ranzukommen. So kann man drüber nachdenken. Denke ich.

Alex:
Gut, ich will jetzt auch gar nicht schlecht reden, also auch die eigenen Tomaten im Garten haben ja in der Regel eine sehr positive, sozusagen sehr positive Aura.

Lion Hirth:
Auf mich, auf ich, ich, die schm… Wenn man ganz ehrlich ist, schmecken sie nicht so gut wie die von dem Supermarkt, aber machen mehr Freude beim Essen.

Alex:
Ja, ja. Okay. Und wie guckst du denn auf diese Forderungen der Energiemärkte oder dass man diese Preiszonen in Deutschland, heute haben wir quasi eine Preiszone für Energie, obwohl ich hier in Schleswig-Holstein lebe und ich gucke gerade raus, ist Wind und Sonne. Also der kann wahrscheinlich nicht mal die Hälfte abtransportiert werden, die Energie, die wir jetzt hier gerade vor der Tür haben. Denke ich ja geil. Ich könnte doch einen richtig großen Pool bauen und den heizen, aber ich kann nicht an diesen Markt partizipieren, weil ich quasi gebunden bin in so einem nationalen Preissystem. Netzentgelte und Stromerzeugungskosten und… Blablabla, dann müsste ich jetzt hier einen Kumpel finden, der eine Freiflächen-Solaranlage hat und mir eine Leitung baggern. Das ist natürlich auch relativ großer Aufwand für einen Wärmpool. Aber wie guckst du auf diese Forderung, das irgendwie aufzubrechen, um damit gute Incentives zu schaffen für besseren oder intelligenteren Verbrauch?

Lion Hirth:
Ich glaube, das ist absolut notwendig. Also, ich versuche es mal ganz grundlegend zu erklären.

Alex:
Der Leon mag den Markus Söder nicht.

Lion Hirth:
Wörtlich ist die Tat so gefallen.

Alex:
Okay, gut. Okay. Ja.

Lion Hirth:
Will ich nicht ausschließen, wir sind uns noch nie begegnet von da. Bis dahin würde ich dann mich so, das würde ich dann mit dann aufbewahren.

Alex:
Hm, ahahaha.

Lion Hirth:
Also. Im Moment ist es so, dass in ganz Deutschland der Strom an der Börse gleich viel kostet, egal wo ich bin. Und das war früher, vor 10, 15 Jahren, einigermaßen wirklichkeitsgetreu, weil es so viele Netze gab und die Kraftwerke so im Land verteilt waren, dass quasi immer genug Strom überall transportiert werden konnte. Dass also der Markt die physikalische Realität einigermaßen akkurat abgebildet hat. Und das ist heute nicht mehr so. Es wurden sehr viele erneuerbaren Anlagen in Ostdeutschland und Norddeutschland gebaut. Wir importieren immer mehr Strom aus Skandinavien, wo es viel Wind- und Wasserkraft gibt und wir exportieren immer mehr nach Italien und Frankreich. Und der Netzausbau der großen Hochspannungsübertragungsnetze, der konnte da nicht mit Schritt halten. Das ist ein Problem für sich, wir müssen unbedingt bestäunigen, aber das ist nun mal eine Realität und das wird sich die nächsten 15, 20 Jahre auch nicht grundlegend ändern. Wir haben gemessen an den an der Kraftwerksstruktur nicht ausreichend Netze und zu allen Zeitpunkten den Strom von den Erzeugern zu den Verbrauchern zu transportieren in dem Maße, wie wir es gern würden. Und diese neue Realität der Physik müssen wir unbedingt auch im Markt abbilden. Und das heißt, wir müssen die deutsche Geburtszone teilen in mehrere Stücke, sodass in den Zeitpunkten, wo das Netz nicht voll ausgelastet ist, der Strompreis weiterhin einheitlich ist. Aber jetzt zum Beispiel, ich nehme an du hast recht, es ist viel Wind und Sonne in Schleswig-Holstein. Wenn jetzt Schleswig-Holstein seine eigene Bootszone wäre, dann würde sich für uns gar nicht viel ändern. Aber in Schleswig-Holstein wäre der Strom sehr günstig, vielleicht sogar umsonst. Und die Industrie und die Verbraucher in Schleswig-Holstein könnten diesen Strom nutzen und was Sinnvolles damit machen. während wir heute den Strom abregeln müssen, also die Anlagen abschalten, also wegwerfen. Und um dieses Wegwerfen, es geht also darum, sozusagen Wegwerfen zu verhindern und der einzige, da bin ich inzwischen überzeugt, der einzige strukturell langfristig erfolgsversprechende Weg dahin ist, die deutsche Geburtszone zu teilen.

Alex:
Okay, aber da wirst du ja wahrscheinlich auch, du bist ja als Professor in Berlin auch sicherlich in dem einen oder anderen Entscheidungsgremium aktiv oder wirst auch befragt, wenn ich da jetzt quasi die… Tagesschau Markus Lanz Aussagen mir so anschaue. Dazu sehe ich ja 90 Prozent Widerstand und es wird immer so umgemünzt. Ja, hier die norddeutschen Bundesländer, die aber im Rahmen des Länderfinanzausgleichs sowieso immer schon die ganze Kohle aus Bayern bekommen. Die wollen jetzt auch noch den günstigen Strom, den für sich behalten. Geht gar nicht. Also da werden ja so Sachen miteinander vermischt. Also es scheint ja schwer, auch wenn das jetzt quasi von dem Centif-Modell. smart wäre und dann die richtigen Ausbauanreize setzt, scheint das ja politisch schwer umsetzbar zu sein. Beobachtest du das auch oder ist es eigentlich hinter verschlossenen Türen, sind die Leute dann noch relativ klar und sagen, ja, Leon, macht schon Sinn, hast schon Recht, aber ich muss mich hier von meinen Wählern auch irgendwie rechtfertigen.

Lion Hirth:
Also, vielleicht zu deinem Eingangsstatement. Also, ich bin ja in keinen Entscheidungsgremien irgendwie involviert. Meine Rolle ist ja nicht und mein Mandat ist ja nicht, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Ich kann als Wissenschaftler sozusagen versuchen, einigermaßen klar zu artikulieren, was sozusagen die Ökonomie sagt und was die Wissenschaft sagt. Und da gibt es einfach keine substanzielle Zweifel, dass es in der Situation in der Deutschland jetzt ist. wo der Netzausbau so ist, wie er ist, dass es sinnvoll ist, die Märkten der Realität anzupassen und uns ehrlich zu machen. Und nicht so zu tun, als gäbe es unendlich viele Netze, sondern den Strom, wenn der in einer Region zu einem Zeitpunkt im Überfluss vorhanden ist, also jetzt zum Beispiel in Schleswig-Holstein von mir aus, dann den auch die Nutzung dieses Stroms auch möglich zu machen. Das heutige System macht es eben unmöglich, den Strom zu nutzen. Und es ist irgendwie bitter, sich vorzustellen, dass die Zukunftsindustrie, die sich vielleicht ansiedeln könnten in Deutschland, dies nicht tun, weiß ich nicht, energieintensive Batterieproduktion oder Chipproduktion oder was auch immer, grüner Wasserstoff, grüner Stahl, dass die dann nach Schweden gehen oder ganz woanders hin nach Spanien oder in die USA, weil wir denen nicht den günstigen Strom liefern. sondern ihn lieber wegschmeißen. Das ist sozusagen aus einer energiewirtschaftlichen, wissenschaftlichen Sicht alles relativ klar. Was auch klar ist, ist diese Umstellung schafft Gewinner und Verlierer. Also wenn wir so eine Geburtszone teilen, dann gibt es Firmen, zum Beispiel Stromverbraucher im Süden, aber auch Kraftwerksbetreiber im Norden, die stehen schlechter da als davor. Und mein… Ordnungspolitischer Kompass sagt mir, wenn wir als Regierung sozusagen die Spielregeln ändern, dann sollten wir die Akteure, die darunter leiden, ein Stück weit kompensieren, weil das sozusagen Gesetze, das ist die Regulatorik, die sich geändert hat und die haben Investitionsschutz und Vertrauensschutz verdient. Und der Wohlstandsgewinn, den wir durch eine Geburtsverteilung schaffen, der würde das auch locker ermöglichen, da die, die darunter leiden, oder gleichzustellen, so wie sie heute stehen.

Alex:
Hm.

Lion Hirth:
Dass das ein politisch extrem kontroverses Thema ist, das sehe ich natürlich auch, aber das ist jetzt eine Debatte, wo ich mich jetzt als Energiewirtschaftsprofessor nicht beteiligen kann und will. Also ob das jetzt was mit dem Länderfinanzausgleich zu tun hat oder nicht, das ist nicht mein Metier.

Alex:
Okay, dann kommen wir nochmal zurück in dein Metier. Ich gehe nochmal auf den Tweet von dir von Mitte April. Da hast du geschrieben, Ostermontags hatten wir mittags negative Risikolast in Deutschland. Also der Stromverbrauch war geringer als sozusagen das, was wir mit Wind und Sonne angeboten haben. Das wir jetzt hier quasi tagtäglich in Schleswig-Holstein sehen. Noch ein bisschen hier Lokalkolorit-Werbung reinzubringen. Irgendwie, da stellt sich für mich die Frage, diese… Residuallastfähigkeit, die haben wir hier besprochen mit dem Martin Last, das ist hier so ein Bioenergieunternehmer aus dem Ort. Die ist für ihn super interessant und wichtig, weil er mit seiner Biogasanlage dann Strom erzeugen kann, wenn Strom teuer ist und er dann am Markt partizipiert. Erwartest du, dass diese Schwankungen am Markt weiterhin sozusagen groß genug sind, dass es sich jetzt lohnt, Revisuallastfähigkeiten aufzubauen, egal ob das jetzt mehr Biogasanlage machst oder den großen Wasserstoffspeicher baust mit einem Elektrolyseur dahinter, weil man dann nämlich genau an diesen Märkten teilnehmen kann, wenn es sich lohnt. Und wenn am Wochenende oder in der Nacht wenig Strom verbraucht wird, das sieht man ja, die Preise gehen ja dann runter, dann kann man die Anlagen ausschalten. Wie guckst du da drauf? Also bleibt das irgendwie nächsten 20 Jahre so super? so super volatil, das bestätigt zum Beispiel auch der Uwe Petersen, der sagt, dadurch, dass die Erzeugungen und die Netze immer weiter auseinandergezogen werden, also quasi diese Kupferplattenidee eigentlich immer weiter weg am Horizont ist, wird es noch viel volatiler in Zukunft. Wie siehst du das?

Lion Hirth:
Im Grunde schon genauso. Und das ist auch gar nichts Neues und hat auch im Kern gar nicht so viel mit erneuerbaren Energien zu tun. Es war schon immer so. Also die Tatsache, dass wir manchmal viel Strom im Netz haben und der günstig ist und manchmal Knappheit herrscht und deswegen der Strom teuer ist, das ist ein Phänomen, was sozusagen vom ersten Tag des Strommarktes so war und was es auch als es noch keine Märkte gab, sozusagen im Optimierungskalkül der integrierten monopolistischen Versorgungsunternehmen auch schon so vorhanden war, hieß halt dann nicht Strompreis, hieß dann irgendwie anders, aber die Logik war auch schon damals die gleiche. Und das sieht man auch heute an den Kraftwerken, die ganz alt sind. Also es gibt ja sozusagen vor der Energiewende gab es Gaskraftwerke, Kohlekraftwerke, Atomkraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland im Wesentlichen. Und Pumpspeicherkraftwerke wurden immer schon so betrieben, dass die nur dann produziert haben, wenn der Preis oder die Knappheit sehr hoch war und andersrum eingespeichert haben, wenn nachts zu viel Strom da war. Und Gaskraftwerke wurden ebenfalls immer als solche sogenannten Spitzenkraftwerke betrieben. Das heißt, die liefen nur 10, 20, 30 Prozent der Zeit im Jahr und 70, 80, 90 Prozent standen die nur rum und warteten quasi auf die nächste Knappheitssituation. Jetzt haben wir Wind und Solar. Das heißt, die Stunden, die früher besonders knapp waren, die Mittagstunden, sind jetzt oft die Stunden, wo am allermeisten Überfluss Strom da ist, weil wir einfach viel Sonnenenergie im Netz haben. Das heißt, wann genau so etwas auftritt, ist anders. Aber dass es Zeiten gibt, wo es hohe Nachfrage und geringes Angebot gibt und andere Zeiten, wo es viel Angebot und wenig Nachfrage nach Strom gibt und dass sich das in schwankenden Preisen niederschlägt, daran wird sich sicher nichts ändern.

Alex:
Okay, also die schwankenden Preise bleiben erhalten, das heißt diese Anbieter mit dieser Residuallastfähigkeit bleiben stark. Für die Gaskraftwerke wird es wahrscheinlich schwierig, weil Gas ja zwar wieder ein bisschen günstiger ist, aber die müssen ja auch diesen Carbonen extra preiszahlen, oder?

Lion Hirth:
Vielleicht darf ich nochmal kurz einhaken. Das heißt natürlich nicht, dass jede Technologie deswegen einen Anspruch erworben hat, egal wie teuer oder unsinnig sie ist, profitabel zu sein. Also die Tatsache, dass die Preise schwanken und dass es natürlich einen Anreiz gibt, Batterien zu betreiben, Speicher zu betreiben, flexible Nachfrage und flexible Kraftwerke zu betreiben, das ist richtig. Aber das ist jetzt noch kein Freibrief zu sagen, jede noch so teure Erzeuger, der in der Lage ist, seine Erzeugung flexibel anzupassen, hat jetzt hier damit eine Garantie bekommen auch viel Gewinn einzufahren. Also wer sich am Markt behauptet, ist dann immer noch ein Wettbewerb und es mag sein, dass Biogasanlagen in langfristig eine große Rolle spielen oder es mag auch nicht so sein.

Alex:
Dann noch letzte regulatorische Frage. Da bin ich auch dran, noch einen Podcast aufzunehmen. Es gibt jetzt zunehmend Anbieter, die dann mit Tages-, also Stundenstromtarifen versuchen, deinen Verbraucher im Haushalt zu steuern. Die meisten Energie im Haushalt wird nicht über Wärme verbraucht, aber da könnte man natürlich den Boiler im Keller mit steuern. Für dich als Mieter ist das vielleicht nicht so ein ganz spannendes Tool, aber im Haus hat man schon viele… Geräte, ob es jetzt die Waschmaschinen ist oder das Auto, was geladen werden muss, wo man sich überlegen kann, macht es jetzt morgens, mittags, abends und das möglicherweise auch an den Strompreis anpasst. Siehst du da eine große Zukunft gibt es da Märkte, die uns viel voraus sind, weil offensichtlich diese Smart Meter Einführung da das knappeste Ding und ist das überhaupt eine offene Schnittstelle, also kann ich mich da einfach als Plattform draufsetzen und da Ja, kann ich da quasi an diesem Strommarkt eigentlich teilnehmen als Bürger? Kann ich davon irgendwie profitieren?

Lion Hirth:
Ja, auf jeden Fall.

Alex:
Siehst du da eine Zukunft?

Lion Hirth:
Das Positive an der Geschichte ist, dass es jetzt endlich passiert, dass ich also, wenn ich möchte, jetzt in Deutschland solche Verträge abschließen kann. Die gibt es erst seit ein, zwei Jahren am Markt. Wir hängen da den meisten europäischen Ländern um Jahre bis Jahrzehnte hinterher. Also es gibt kaum ein Land in Europa, was, ich sag’s mal jetzt ein bisschen hart beim Smart-Mieter-Rollout so versagt hat wie Deutschland. Das ist wirklich international sozusagen. Ich versuche das Thema zu meiden, weil es so peinlich ist.

Alex:
Ah, warum ist das denn so?

Lion Hirth:
Ich weiß es nicht. Ich hab das… weiß ich tatsächlich nicht. Also ich… ich… ich…

Alex:
In die Show notes stelle ich noch mal so ein Video. Es gab ein ganz lustiges Video von irgendeiner Smart Meter Technologie, jetzt eingeführt wird, wo man irgendwie mit der Taschenlampe davor steht. Und die blinkt dann irgendwie und gibt dann eben so ganz, ganz schräg,

Lion Hirth:
Es ist halt ein bisschen Henne-Ei-Problem auch, was?

Alex:
was da noch vor fünf Jahren eingeführt worden ist. Das war zum Lachen. Ich glaube extra drei.

Lion Hirth:
Also es gibt halt heute noch nicht so viele Möglichkeiten, den Stromverbrauch flexibel den Preisen anzupassen automatisch. Und deswegen machen Smart Mieter heute für viele Leute ökonomisch auch noch nicht am ersten Tag Sinn. Aber gleichzeitig ist klar, die Energiewende. ohne eine Nachfrage-Seite, die auch auf das verfügbare Angebot von Wind und Solar in irgendeiner Form reagiert, ist unvorstellbar. Also sozusagen, wenn wir das mit den Smartbeatern nicht hinkriegen, dann können wir uns auch die Energiewende schenken. Das heißt, aus meiner Sicht ist da so sehr kurzfristig gedacht worden bei vielen Akteuren, anstatt vom Ende her zu denken, zu sagen, wir müssen dahin. Es geht gar nicht anders. Sonst packen wir ein. Und wenn wir dahin müssen, dann können wir auch heute anfangen mit der Entwicklung von Technologie und Geschäftsmodellen. Das ist also die strategische Blick drauf. Und jetzt nochmal kurz ganz konkret, wie kann man davon profitieren? Also es gibt natürlich die 1% Enthusiasten, die Tomatenanbauer und Heim-Solar-Hersteller, die das cool finden, sich den aktuellen Strompass anzuschauen und dann da ein bisschen zu sparen und die Waschmaschine zu anzumachen, wenn viel Wind weht. Auch das ist ein bisschen ein Hobby. Ich würde mich da… mit dazu rechnen in diese Gruppe, macht Spaß, macht aber vielen Leuten auch keinen Spaß, finden wahrscheinlich 99 Prozent der Leute eher langweilig oder zumindest nicht so, wie sie ihre Zeit verbringen wollen. Total fair. Und dann muss man sich klar machen, wo denn die dicken Brummer sind. Im Hausbereich zu Hause werden mittelfristig die beiden großen Verbraucher sein, Wärmepumpen und Elektroautos. Für sich genommen werden die viel mehr Strom verbrauchen als fast alle anderen Geräte zusammen. Und da liegt auch das große Flexibilitätspotenzial. Weil dem Elektroauto ist es ja herzlich egal, ob das zwischen 19 und 20 Uhr geladen wird oder zwischen 3 und 4 Uhr morgens, wenn das Auto weiß, dass ich morgens um 7 damit zur Arbeit fahre oder die Kinder zur Kita bringe. Und wenn ich jetzt einen schlauen Ladealgorithmus habe im Auto oder in der Wallbox oder im Handy und dieser Ladealgorithmus weiß ungefähr, wie die Batterie geladen ist und wie sie sein muss und kennt die Strompreise. dann kann der das Auto dann laden, wenn viel Wind weht oder gerade sonst viel Wasserkraft importiert wird, wenn die Strompreise niedrig sind. Dafür muss der aber diese Information haben und das geht nur mit sogenannten

Alex:
Hm.

Lion Hirth:
Zeitvariabeln oder dynamischen Tarifen, genau die, die du besprochen hast. Und darüber hinaus sollte dieser Stromtarif auch noch wissen, ob die Netze gerade frei sind. Wenn also jetzt gerade der Strompreis niedrig ist, weil Sturm

Alex:
Hmm.

Lion Hirth:
Aber in meiner Straße alle anderen gerade auch schon Elektroautos laden und deswegen das Verteilnetz dicht ist, dann wäre das ja ein ziemlich großer Schwachsinn, wenn ich mein Auto in diesem Moment lade. Das heißt, dieser Tarif muss nicht nur den Strompreis an der Börse reflektieren, sondern der muss auch die aktuelle Netzsituation inkorporieren in einen Preis.

Alex:
Dafür bräuchte man ja smarte Trafos. Das hängt also nicht nur an dem Verbraucher, bei mir im Haus, an der Messstelle, sondern da brauche ich dich ja quasi dann an der Übergabestelle in meine Siedlung.

Lion Hirth:
Mhm.

Alex:
Da steht in der Regel immer ein Trafo irgendwo. Da muss das ja auch wissen, wie ist eigentlich die Last in dem Trafo.

Lion Hirth:
Genau, also sozusagen idealerweise weist ihr das instantan und in Echtzeit und zu jeder Sekunde, das ist ja eigentlich auch nicht so schwierig, aber das ist heute noch nicht so. Man muss ja irgendwo anfangen. Also aus meiner Sicht wäre ein sinnvoller Einstieg zu sagen, wir machen sogar eine Zeitvariable Netzentgelte, das heißt, wenn das Netz dicht ist, zahle ich viel Netzentgelte und in den ganz vielen Stunden im Jahr, wo das Netz nicht dicht ist, zahle ich deutlich weniger oder gar keine Netzentgelte. Und dann lohnt sich das Autoladen auch. Erst dann kann ich netzdienlich oder netzfreundlich überhaupt intelligent laden und heizen. Und du hast völlig recht, also sozusagen in der Endausbaustufe hätten wir gern Echtzeitwissen über alle Netzelemente, jeden drauf, wo jede Leitung und die Netzbetreiber wissen das heute noch nicht. Aber man kann das ja stufenweise denken. Man kann ja zum Beispiel heute wissen wir in einer hier bei mir Wohngebiet, da ist die Spitzenlast des Jahres im Winterabend, also 17 bis 20 Uhr oder sowas. Man kann erstmal einen Stufentarif einführen und sagen, Netzentgelte sind günstig, außer

Alex:
Hm.

Lion Hirth:
an den Wintermonaten zwischen 17 und 20 Uhr, Werktags. Und dann lade ich mein Auto halt erstmal, sag mal, semi-smart und semi-netzdienlich, besser als gar nichts. Und dann haben wir die Infrastruktur und die Algorithmen und die Optimierungsalgorithmen und die Geschäftsmodelle können wir entwickeln. Und dann in der nächsten Stufe. lernt der Netzbetreiber dazu und kann es vielleicht sozusagen akkurater, präziser und mit kürzerem Vorlauf genauer differenzieren.

Alex:
Da hat quasi der Tomaten-Gärtner. Hier übersetzt der Soladenlagenbetreiber wieder einen Vorteil. Das sehe ich ja bei mir. Ich habe sozusagen eine smarte Boilbox und auch einen smarten Wechselrichter. Da kann ich jetzt sozusagen, wenn jetzt gerade Sonne scheint und das Haus keine Energie braucht, das nimmt quasi die Reste meines Autos und den Rest des Autos mit. Das ist sozusagen zwischen April und Oktober kann ich quasi mit dem eigenen Solarstrom fahren. Danach ist natürlich vorbei. Das muss ich dann alles aus dem Netz beziehen. Da muss ich jetzt nicht auf den smarten Trafo warten. Da hat der Tomatengärtner noch einen Vorteil, wollte ich nochmal sagen. Ich will jetzt nicht die Soladenlagenbesitzer. Schlecht machen. Wir brechen gleich hier schon die Stundenmarke. Ich habe das Video gefunden. Realer Irrsinn. Neu digitale Stromzähler gab es bei Extra 3. Ich verlinke das nochmal. Da hat so ein Stromnetz, der Stromnetz Hamburg hat dann digitale Zähler eingeführt, die mit so einer kleinen Taschenlampe anleuchten. Also wirklich. Ich lag lachend auf dem Boden, als ich das gesehen habe vor ein paar Jahren das erste Mal. Ich verlinke das gleich noch meine Show Notes. Leon, vielen Dank für deine Zeit.

Lion Hirth:
Danke dir.

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