Die Gigafactory Story. Univercell mit Stefan Permien

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„Du musst unbedingt mal mit Stefan und Marius reden, die bauen da eine Riesenbatteriefabrik in einem Nachbardorf von dir“ meinte Robert Dahl (Karls Erdbeerhof) am Telefon zu mir. Das konnte ich mir so gar nicht vorstellen, weil ich vorher noch nie etwas von Univercell gehört habe. Es sind doch alle so heiß auf das Thema. Und tatsächlich – nur ein paar Kilometer von mir entfernt bauen Stefan und Marius eines der coolsten Projekte auf, was ich in den letzten Jahren gesehen habe und stehen schon jetzt bei 1,5 Gigawatt Output pro Jahr. Bis 2026 sollen es fast 10 Gigawatt werden. Wie ist das möglich?

Batterieproduktion in Deutschland mit Stefan Permien, Gründer von Univercell

Ein promovierter Chemiker, der Profi-Kitesurfer war und nun eine Giga-Factory für die Herstellung von Batterien leitet: Das ist Stefan Permien von Univercell. Das Unternehmen gründete er 2019, weil ihn an seiner Stelle als CTO in einer Ausgründung vom Fraunhofer Institut frustrierte, dass es Innovationen selten in die Serienproduktion schaffen. In Europa fehlt es nämlich an Fertigungskapazitäten. Wie er in Flintbek bei Kiel nun die erste Fabrik in Deutschland aufbaut, die mehr als ein Gigawatt an Speicherleistung pro Jahr produziert, das erzählt er einem anderen in der Nähe der Schleswig-Holsteinischen Hauptstadt ansässigen Technologie-Unternehmer: Alex. Er ist vor Ort, um die 6.000qm-Werkshalle in Augenschein zu nehmen.

03:30     Univercell hat sich auf Elektrodenfolie spezialisiert – ein Vorprodukt der Batterie die für die Speicherkapazität und Leistung der Batterie entscheidend ist. Dabei galten Batterien noch bis zur Coronakrise als Commodity-Ware, die man am besten aus Asien einkauft. Anhand eines Alltagsbeispiels – des Akkuschraubers – erklärt Stefan, warum diese Annahme schon vor den Lieferkettenproblemen fehlgeleitet war: Eine gute Batterie ermöglicht nämlich längere Einsatz- bei kürzeren Ladezeiten und großen Temperaturschwankungen über lange Zeiträume. Der Qualitätsunterschied entsteht durch viele Kleinigkeiten: Welcher Grad an Materialreinheit? Welche Verarbeitungsmethoden? Da spielen die Elektrodenfolien eine wichtige Rolle.

09:05     Wie sind die langfristigen Aussichten für Lithium-Ion als Batterietechnologie? Schließlich, sinniert Alex, legt die Batterieforschung erst jetzt richtig los: Könnte in zehn Jahren schon nicht etwas komplett anderes zum Standard geworden sein? Stefan, dessen Firma ja auf Lithium-Ion-Technologie fokussiert ist, gibt sich entspannt. Er erwartet zwar schon Sprünge – etwa beim Elektrolyt, der zunehmend von Flüssigstoff zu Festkörper werden wird – aber Lithium-Ion wird auch in zehn Jahren marktbeherrschend sein.

Derzeit kommt übrigens durch kontinuierliche Innovation rund 10% bis 15% Energiedichte pro Jahr hinzu. In zehn Jahren werden Batterien also wohl 50%-60% mehr Energie auf dem selben Raum speichern können. Sonst rät Stefan davon ab, allzu sehr auf eine neue Killer-Technologie zu hoffen, wie sie immer wieder in reißerischen Schlagzeilen verkündet wird. Schließlich sei die Entwicklung von neuen Konzepten in Richtung Serienproduktion immer ein steiniger Weg.

12:50     Alex gibt Einblick in die Entstehung dieses Podcasts: Der Kontakt kam über Robert Dahl, Erdbeer-Entrepreneur, zweifacher KassenzoneGast und Investor bei Univercell. Rufen in Flintbek nicht auch schon die Vorstandsvorsitzenden von VW und Mercedes an? Es herrscht ja Batterieknappheit am Markt… Aus Stefans Sicht wäre es aber vermessen, als Start-up direkt in die Serienbatterieproduktion für Automotive einsteigen zu wollen.

Alex zieht als Vergleich das neue Tesla-Werk in Grünheide heran: Die angekündigte Fertigungs-Kapazität von 50 Gigawatt sei nur 50-mal so groß wie das Flintbeker Werk. So surreal sei die Vorstellung also nicht, sich hier an große Stückzahlen heranzuarbeiten! Stefan will auch wachsen, nur nicht in den Markt für Standard-Massenware. Wenn überhaupt Automotive, dann eher Sportwagen mit besonderem Anforderungsprofil.

17:00     Zum Verständnis lässt sich Alex ganz genau erklären, wie so eine Pouch-Folie von Univercell aussieht, woraus sie gemacht wird – und wie sie sich in Verhältnis zur Batterie in einem durchschnittlichen Tesla ausnimmt. Es geht auch kurz um die – so Stefans Formulierung – „Glaubensfrage“ Rund- oder Pouchzelle?

19:00     Ist es schwer, die stark ausgelasteten Produktionskapazitäten in Asien in Europa nachzubauen? Stefans Antwort ist eindeutig: Ja! Den Produktionsaufbau erlebe er ja auch täglich. Kleinste Details können entscheidend sein – und dann beginne der langwierige Zertifizierungsprozess. Eine Lebenszeitmessung von beispielsweise 1.000 Ladezyklen dauere Monate: Wenn dann beim 800. Zyklus was auffalle…

Leistungsunterschiede bei Batterien können also enorm sein – je nachdem, wo sie produziert wurden und je nachdem, wofür sie eingesetzt werden. Letzteres erklärt Stefan an einem einfachen Beispiel: Bei einer Autobatterie geht es um möglichst viel Reichweite auf kleinem Raum, während bei einer stationären Batterie fürs Eigenheim, die einfach möglichst viel Energie speichern können soll, Dimensionen und Gewicht unwichtig sind. Dafür muss die Lebensdauer viel länger sein. Hier werden also zwei ganz andere Zellen gebraucht.

26:20     Darin besteht auch der USP von Univercell: auf diese unterschiedlichen Anforderungen in der Folienherstellung eingehen zu können – alles von Batterien mit höchster Energiedichte für Flugtaxis (wenn sie soweit sind) bis runter zu besonders langlebigen Zellen für die Batterie des Eigenheimbesitzers. 

Thema Flugtaxi: Sind die Ankündigungen, dass bereits bald die ersten Fluggäste mit einem solchen vom Münchner Flughafen für den Sprung in die Innenstadt abgeholt werden, zu weit hergeholt? Stefan nennt sie „ambitioniert“. Aber schließlich habe auch sein Unternehmen ehrgeizige Ziele…

28:50     Klassische Kassenzone-Fragen: Wer sind die Kunden und wie kommen sie zu Univercell? Stefan umreißt typische Profile: etwa ein Unternehmen, das Ergebnisse aus dem Labor in einer ersten Produktion bestätigen lassen will, oder solche, die nicht die Zellen finden, die sie für ihre Sonderanwendungen brauchen. Es könnte zum Beispiel sehr gut sein, dass Univercell-Folien ihren Weg in elektrische Sportwagen finden, bestätigt Stefan auf Alex‘ Versuch, ihm mehr zu entlocken.

31:40     Univercell ist in der Elektronenfertigung aktuell der größte Produzent in Europa! Denn bei vielen der medial wirksamen Ankündigungen handelt es sich um Fabriken, die sich noch im Bau befinden. Auch in Schweden werden schon größere Stückzahlen produziert – Northvolt hat sich dort auf Batterien für den Massenmarkt der Autoindustrie spezialisiert.

35:00     Was sind denn – abgesehen von der Komplexität der Fertigungsprozesse – die begrenzenden Faktoren in der Skalierung von Batterieproduktion? Erstens geschultes Personal: „Elektronenbeschichter“ und „Zellenbauer“ seien keine Ausbildungsberufe. Zweitens Lieferkette: Auch als B2B-Lieferant greife man auf eine Menge derzeit nur in Asien produzierten Vorprodukte zurück. Bald wolle BASF hier aber als erster mit der komplett heimischen Produktion starten.

37:20     Quo vadis in Deutschland hergestellte Batterie? Auch weiterhin nur Premium- und Sonderprodukt oder bald auch Massenware? Bei aufkommenden Technologien für stationäre Speicher wie Natrium-Ion sieht Stefan tatsächlich die Möglichkeit, in Europa zu marktfähigen Preise zu produzieren. Schließlich sei Kochsalz billiger als Lithium!

40:05     Wächst Univercell denn in den kommenden Jahren mit seinen Bestandskunden mit oder eher durch Neukunden? Ersteres: Stefan sieht nämlich den Wachstumspfad darin, dass bestehende Kunden immer größere Serien in Auftrag geben. Die Produktion von Batterien wird sich seiner Einschätzung nach immer weiter spezialisieren: Der eine Hersteller werde große Lithium-Ionen-Batterien für die Autoindustrie liefern, der andere neue Natrium-Ionen-Speicher zur Aufnahme von überschüssigen Strom aus Wind- und Solarkraft.

43:20     Alex fragt sich, wie man verhindern kann, dass der aufkeimenden Batterieproduktion hierzulande das gleiche Schicksal widerfährt wie damals der Solarindustrie, als alles nach euphorischen Anfängen doch noch nach China abwanderte. Stefan sieht nicht dieselbe Gefahr: Schließlich liegt die Batterieproduktion schon in Asien. Die Chance für Europa ist es, Teile der eigenen hohen Nachfrage abdecken können.

47:20     Zum Schluss fragt Alex, was Stefan an den Entwicklungen der letzten Jahre am meisten überrascht hat: Dass Tesla doch so schnell fertig wird in Grünheide? Dass man mittlerweile auf der Kieler Förde schon das eine oder andere batteriebetriebenes Boot aus Schweden erblicken kann…? Die generelle Wendung hin zur Elektromobilität habe er in der Geschwindigkeit, die wir jetzt erleben, nicht erwartet, antwortet Stefan.

Weitere Frage: Sind die Asiaten uns nicht einfach zu weit mit ihrem Fertigungswissen voraus? Stefan verneint: Es sei imponierend, was drüben laufe, aber nichts, was man nicht hier auch hinkriegen könnte. Und eine Allerletzte Frage: Könnte Alex 1.000 Stück Batterie in Auftrag geben? Nein, man schiele schon auf Serien ab 100.000 Stück, winkt Stefan ab…

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