Lands‘ End – Erfolgreiche Transformation vom Katalog zum E-Commerce? Constanze Freienstein

48:11

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Constanze war bereits im Commerce Talks Podcast zu Gast und erklärt hier auf Deutsch erneut, warum Lands‘ End als eines der wenigen Erfolgsbeispiele für digitale Transformation zählen dürfte. Gestartet als klassische Katalogunternehmen vor vielen Jahren, hat Lands‘ End bereits 1995 den Shift zum E-Commerce eingeleitet und ist heute, nach kurzem stationären Umweg über Sears, zu 90% ein profitables E-Commerce Unternehmen. Wie haben Sie das geschafft? Welche Rolle hat der Katalog dabei in Europa gespielt? Woher kommt heute das Neukundenwachstum und kann Lands‘ End langfristig eine Plattform werden? Das alles haben wir im „Let`s get comfy!“ Podcast besprochen.

Constanze war bereits im Commerce Talks Podcast zu Gast und erklärt hier auf Deutsch erneut, warum Lands‘ End als eines der wenigen Erfolgsbeispiele für digitale Transformation zählen dürfte. Gestartet als klassische Katalogunternehmen vor vielen Jahren, hat Lands‘ End bereits 1995 den Shift zum E-Commerce eingeleitet und ist heute, nach kurzem stationären Umweg über Sears, zu 90% ein profitables E-Commerce Unternehmen. Wie haben Sie das geschafft? Welche Rolle hat der Katalog dabei in Europa gespielt? Woher kommt heute das Neukundenwachstum und kann Lands‘ End langfristig eine Plattform werden? Das alles haben wir im „Let`s get comfy!“ Podcast besprochen.

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Diese Podcast Transkription wird unterstützt von Gardena, die mit ihrem Smart System die Gartenarbeit revolutioniert haben. Im Sommer gibt es kaum eine zweite App mit der ich so viel Spaß habe im Garten – vom Mähroboter bis zum Pumpstation.

Transformation mit Constanze Freienstein, Managing Director Europe von Lands‘ End

„‚Wer trägt sowas?!‘ Das ist so ungefähr Lands‘ End.“ So quittierte Alex im Gespräch mit Florian die modisch langweilige Marke aus den USA. „Aber: Wenn man sich die Zahlen von Lands‘ End anguckt, kann man was Spannendes lernen!“ Das Unternehmen habe früh einen beeindruckenden Online-Vertrieb im Direktkundengeschäft aufgebaut, der es heute glänzend dastehen lasse. Trotz dieses Lobs fürs Geschäftliche konnte die Europa-Geschäftsführerin von Lands‘ End Constanze Freienstein die Schelte des Stils nicht so stehen lassen – weswegen die Deutsche letztens im englischsprachigen Commerce-Podcast und nun hier in ihrer Muttersprache den Charme der ihr anvertrauten Marke erklärt. Darüber hinaus bringt sie Alex von seiner Einschätzung ab, die Marke sei wegen erneuter stationären Partnerschaften aber „strategisch (…) wieder auf dem Holzweg“. Mit den Plattform-Plänen des Unternehmens kann man Alex nämlich wieder vollends für Lands‘ End begeistern…

„In Europa haben wir ein wirklich gutes Team und testen hier viel.“

4:15

Alex: Lands‘ End ist im Heimatmarkt USA ziemlich bekannt, hat aber hier in Europa, würde ich mal behaupten, keinen so hohen ungestützten Bekanntheitsgrad.

Constanze: Noch nicht, nein. Wir sind in Nordamerika aktiv und auch in Großbritannien, wo unser Europasitz liegt. In Europa sind unsere stärksten Märkte DACH, Frankreich und Benelux, aber grundsätzlich sind wir international tätig – auch anderswo auf dem Globus.

Alex: Im „Monthly Heinemann“ Börsenblick seid ihr uns deswegen aufgefallen, weil eure Zahlen nach Q2 glänzend waren. Ihr vertreibt ja viel Online und habt Corona gut wegstecken können, wo andere Marken mit stationärer Herkunft das nicht so gut gemeistert bekommen haben. Lass uns daher erst einmal kurz eure Geschichte durchgehen: Ihr wart Anfang der 2000er an die Warenhauskette Sears verkauft worden (die es so nicht mehr gibt), bevor ihr Mitte der 2010er wieder rauskamt und Läden abbautet. Da musstet ihr, ob ihr es wolltet oder nicht, euer Kataloggeschäft in ein Online-Modell transformieren. Auf einmal wart ihr dann im Wesentlichen ein E-Commerce-Unternehmen. Allerdings habt ihr nach wie vor einige Flagship-Stores, Store-in-Store-Konzepte usw.

Constanze: Heute sind wir primär ein E-Commerce-Unternehmen: 90% unseres Geschäftes läuft über den Kanal Online. Lass mich aber zunächst kurz zur Historie zurückgehen, damit man die Marke insgesamt besser versteht. Wir wurden 1963 in Chicago von einem olympischen Segler namens Garry Comer als Seglerbedarfsgeschäft gegründet. Schnell wurde daraus ein Katalogversender mit einem starken Fokus auf Kleidung. 1995 bereits – im gleichen Jahr wie Amazon also – gingen wir mit dem ersten Webshop live.

Heute ruht das Unternehmen Lands‘ End auf Wertesäulen – wovon customer first eine wichtige ist. Devise: „Do the right thing for the customer, and everything else will fall into place.“ So war es immer Ziel des Unternehmens, den richtigen Service für den Kunden zu finden – was ja den richtigen Vertriebskanal mit einschließt. Die Vision des Gründers Garry Comer war also sehr früh, dass E-Commerce ein wichtiger Zukunftskanal werden würde.

Schon da wurden also unsere Wurzeln als E-Commerce-Unternehmen gelegt. Allerdings kam, wie du richtig referiert hast, eine kleiner Umweg über Sears dazu. 2002 verkaufte Garry Comer an den Handelskonzern, der damals alles von Reifen bis hin zu Mode vertrieb. Damit erst wurde Lands‘ End überhaupt zu einem brick-and-mortar retailer – und zwar mit einer hohen Zahl an Verkaufspositionen im Sears-Netz.

Alex: Also lag bis zur Akquisition bei Sears der Versandanteil schon wohl deutlich über 80%?

Constanze: Das ist richtig. Zu uns in Europa: 1999 gingen unsere ersten europäischen Shops live. Auch hier waren wir also ganz klar Pioniere. Dann kam aber diese Periode, wo wir über Sears stark stationär expandierten – bis 2014, als Sears uns im Zuge einer Restrukturierung an die Börse brachte. Da waren wir wieder unabhängig und es begann eine Zeit der Reorientierung. Da entfernten wir uns strategisch wieder ganz klar vom brick-and-mortar-Geschäft. Wir sahen unsere Zukunft eindeutig im E-Commerce.

2017: Unser heutige CEO Jerome Griffith definierte unsere Strategie, auf der wir heute noch operieren. Der zufolge sind wir ganz klar ein E-Commerce-Unternehmen, das aber in einem unichannel-Kontext eingebettet ist. Das ergibt sich aus unserem Ziel, für das Richtige den Kunden zu tun und folglich da zu handeln, wo er auch ist. Und wo ist der Kunde? Auf Marktplätzen, weswegen die Präsenz dort wichtig ist. Du hast aber im Podcast mit Florian unsere neue Partnerschaft mit dem stationären Händler Coles angesprochen – und das ist im Kontext unichannel zu sehen. Wir wollen die Marke dort verfügbar machen, wo Kernkundensegmente einkaufen.

(Alex fragt nach der Aufschlüsselung der 90% Online-Umsätze. Constanze nennt keine genauen Anteile: Der eigene Webshop sei jedenfalls derzeit der stärkste Kanal, während der Marktplatz-Anteil im Zuge der Strategie zunehme. Alex sucht „Lands‘ End Herren“ bei Amazon, wo das Unternehmen über einen Vertriebspartner im Seller-Modell agiert – Stichwort: Preiskontrolle. Constanze listet die Länder-Webshops von Lands‘ End in Europa auf: Andere Länder würden von Deutschland beziehungswiese UK aus über die Webshops oder eben über Marktplätze bedient.

Alex resümiert die Größe und die Zahlen von Lands‘ End: rund 1,7 Milliarden Dollar Umsatz, wobei der Börsenwert wie der aller Modeunternehmen letztens stark gelitten habe; dabei erwirtschafte Lands‘ End ein beeindruckendes bereinigtes EBITDA von 8%-9%.)

14:25

Alex: Nur die wenigsten vertikalisierten Unternehmen in eurer Preiskategorie schaffen es, so eine Rendite zu erwirtschaften. Haltet ihr das aber auch im zweiten Corona-Jahr 2021 noch durch? Kommt ihr an ausreichend Ware und könnt ihr effizient verkaufen?

Constanze: Ja, das können wir – wobei wir sehr flexibel, schnell und fokussiert werden mussten! Die Kostenbasis ist aber schon unter Druck geraten, klar. Die Mehrkosten in der Lieferkette waren im laufenden Jahr nicht eingeplant: Da geht es uns nicht anders als vergleichbaren Unternehmen.

Alex: Sprechen wir denn hier von der Verzehnfachung der Container-Preise?

Constanze: Das trifft uns – aber wir lassen es den Kunden nicht treffen, sondern finden Wege, das intern zu kompensieren.

Alex: Eure Kunden sollen es ja auch bequem haben: Eurer Markenspruch lautet „Let’s get comfy!“ Zum Beispiel: Sweater mit Kragen zum Hochklappen und Reisverschluss, sehr klassisch geschnitten. Beschreibe uns bitte die Zielgruppe, die diese Kleidung kauft?

Constanze: Wir haben einen sehr treuen Kundenstamm, der immer wieder kauft, sind aber über die letzten Jahre stark gewachsen. Daher sind unsere Kunden sehr gemischt. Grundsätzlich sind sie aber sehr qualitätsbewusst und anspruchsvoll – und bereit, zu investieren. In Bezug auf Komfort und Funktionalität liegt unser großer Augenmerkt auf die Passform: fit also. Den fit definiert man im Modegeschäft entweder einmal an einem repräsentativen Model oder für alle zwei-drei Größen neu. Wir machen Letzteres. Es ist also nicht so, dass wir ein Model der Größe M nehmen und jedes Produkt ist dann gleich geschnitten, nur etwas größer für L. Nein: Maße verändern sich über die Größen hinweg. Insbesondere unsere X-Größen sind ganz bewusst in vielen Intervallen auf die tatsächlichen Körperformen neu gestylt. Das ist für unsere Kunden sehr, sehr wichtig. Zur Passform bekommen wir auch viele Rückmeldungen – nicht immer nur Gutes, sondern auch mal Anmerkungen. Themen wie Länge sind wichtig, zum Beispiel. Sonst kann man zu unseren Kunden sagen, dass sie sich in einer etablierten Phase ihres Lebens befinden: Familie, regelmäßiges Einkommen – viele sind auch empty nester

(Alex stolpert über den Demografie-Anglizismus, Constanze klärt auf: Die Kinder sind ausgezogen. Ab 45 Jahren gehe die Zielgruppe also los. Sie engagierten sich deshalb auch gern ehrenamtlich und seien oft in Outdoor- oder Naturschutz-Vereinen. Während sich Alex online durch das Sortiment klickt, erklärt ihm Constanze auf Anfrage Näheres zu den verschiedenen Größenkategorien.)

21:15

Alex: Führt euer Fokus auf die richtige Passform denn dazu, dass eure Retourenrate geringer ausfällt, aus im Branchenschnitt? Bei Zalando liegt sie immer noch bei rund 50%…

Constanze: Da liegen wir deutlich unter dem Branchendurchschnitt – und sinken weiter. Das hat aber nicht nur mit dem Fokus auf fit zu tun, sondern mit den Kunden. Wir bekommen auch mehr Rücksendungen über Zalando als im eigenen Webshop.

Alex: Magst du hier mit Zahlen rausrücken? Ich fände es deswegen interessant, weil eine geringe Retourenquote unter anderem erklären würde, wie ihr so renditestark sein könnt. Allerdings führt die Auffächerung an Größen und Passformen zu einer sehr hohen – etwa fünfstelligen? – Zahl an SKUs…

Constanze: Zu der returns rate kann ich soviel sagen: Ich weiß von einem Marktplatz, dass wir dort der Premium-Fashion-Anbieter mit der geringsten Retourenquote sind. Und im Vergleich mit unserem Online-Shops liegen wir bei Zalando 30% bis 40% höher. Allerdings sind wir noch nicht so lange dort vertreten.

Alex: Euer Preissegment ist aber nicht so Premium, oder? Auf eurem Webshop sehe ich selten dreistellige Preise.

Constanze: Das kommt ein bisschen auf die Kategorie an. Cashmere-Ware liegt deutlich im dreistelligen Bereich. Auch outer wear – also Jacken und Mäntel – hat meistens dreistellige Preise. Aber klar: Hosen fangen eher bei 39 oder 49 Euro an, wobei das auch für fit solution denim bis 90 oder gar 109 Euro hochgeht. Deswegen sind wir im gutem Premium-Bereich angesiedelt.

24:40

Alex: Die Pandemie hat sich für viele Online-Händler als zweischneidiges Schwert erwiesen. Einerseits war das für etablierte, lieferfähige Händler so, dass es vor allem anfangs so viel Nachfrage gab, dass man seine Online-Marketing-Aktivitäten zurückfahren konnte. Andererseits drangen dann viele neue Spieler in den Markt – und drückten die Preise für Online-Marketing in die Höhe. Das hat dazu geführt, dass es einige Unternehmen mittlerweile extrem schwer haben, Neukunden zu gewinnen.

Wie sieht es bei euch aus? Schließlich wollt ihr weiter wachsen, also geht es nicht nur um eure extrem loyale Stammkundschaft und eure Treueprogramme. Könnt ihr noch in den klassischen Kanälen effizient Neukundenakquise betreiben? Oder werden die Anzeigenpreise langsam kritisch?

Constanze: Wenn man es etwa auf ein Jahr betrachtet, ist es ein Zyklus. Was wir aber durchaus genutzt haben, waren die sehr positiven ad ratios im Jahr 2020. Da haben wir investiert – und das hat uns in eine sehr gute Lage für 2021 versetzt. Und jetzt, wo sich die Märkte wieder zunehmend normalisieren, arbeiten wir wieder in einem Kontext wie 2019. Die Mini-Covid-Blase für Online ist nämlich wieder geplatzt.

Anfang dieses Jahres haben wir gesehen, dass es nicht mehr ganz so einfach war, über die normalen Kanäle in Neukundenakquise effizient zu investieren. Wir haben aber ein großes Portfolio an digitalen Kanälen und können relativ problemlos umschichten, um nach wie vor unsere Neukundenziele zu erreichen – Dieses Jahr haben wir sie sogar deutlich übertroffen. Und derzeit sehen wir schon wieder eine Entspannung. Ich sehe ad ratios, die mir sagen dass wir demnächst wieder investieren können. Dabei werden die traditionellen Kanäle mit der Zeit ohnehin immer teurer, weshalb es für uns immer wichtiger wird, zu investieren.

27:55

Alex: Woher kommt eure Markenbekanntheit in den Ländern, in denen ihr in Europa unterwegs seit? Liegt es daran, dass es euch bereits seit 1999 hier gibt? Und wie geht ihr in Ländern vor, wo ihr diese Historie noch nicht habt?

Constanze: Definitiv ist unsere Markenbekanntheit mit der Zeit gewachsen. Diese Bekanntheit mag nicht immer ungestützt vorhanden sein, aber gestützt ist sie da – insbesondere in unserer Zielgruppe. In Ländern ohne diese über zwanzigjährige Historie muss man effiziente Wege finden, zunächst einmal diese Bekanntheit, das Image und eine etablierte Kundenbasis aufzubauen. Das muss passieren, bevor ein organischer Schritt Sinn ergibt, weil es ein hohes Invest ist. Sicherlich ist unsere Strategie, europäisch die Marke zu entwickeln. Was sind die richtigen Kanäle? Derzeit: Marktplätze.

Alex: Merkt ihr denn, dass die Nachfrage – auf, sagen wir mal: Amazon.de – für Lieferung in Nachbarländer wie die Nordics steigt?

Constanze: Amazon ist derzeit nicht unser stärkster Kanal. Für Fashion sind andere Plattformen deutlich relevanter. Neben dem sehr erfolgreichen DACH- und Benelux-Geschäft sammeln wir erste Erfahrung in Osteuropa. Wir haben aber auch ein substanzielles, gut etabliertes Geschäft in Südeuropa. Und über UK verkaufen wir viel nach Neuseeland und Australien.

Alex: Mit den Marktplatzen tanzt ihr ja auf der Rasierklinge: Dort müsst ihr Umsatz gegen Kundenbindung abwägen. Dabei seid ihr bereits im Direktkundengeschäft über eigene Webshops so erfolgreich, dass es fast schon reicht, Plattform zu werden. Denkt ihr darüber nach?

Constanze: Absolut! In den USA sind wir schon eine Plattform und denken derzeit über Lands‘ End as a marketplace in Europa für nächstes Jahr nach. Da würden wir unser Kernsortiment erweitern und da ergänzen, wo es für uns selbst nicht sinnvoll ist. Damit könnten wir unseren Kunden eine breitere one-stop-shop‑Erfahrung anbieten.

(Alex geht auf den Landsend.com-Shop, um sich einen Eindruck von den anderen Marken zu verschaffen, die der Online-Händler dort mitanbietet. Da gehe es, so Constanze, um ergänzende Segmente wie Schuhe, Home und Geschenkartikel. Ob die Gastmarken denn an Lands‘ End eine Provision abgeben müssten, um über den Shop zu verkaufen? Constanze bejaht.)

34:00

Alex: Ihr habt ja bestimmt viele Kunden damals aus dem Katalog in den E-Commerce transferiert. Wie treu genau ist denn ein treuer Lands‘-End-Kunde? Und wie oft kauft er denn bei euch ein?

Constanze: Heutzutage machen ehemalige Katalogkunden weniger als ein Viertel unserer Kundschaft aus – aber diese Kunden sind uns sehr wert und teuer! Wir investieren auch, um nach wie vor den Bedürfnissen dieser Kunden gerecht zu werden. Das Gros der heutigen Kunden sind aber mittlerweile online akquirierte Kunden, deren Kanal der ersten Wahl als ebenfalls Online ist.

Wie loyal sind unsere Kunden? Erstaunlich loyal! Oder vielleicht nicht so erstaunlich: Investieren wir doch viel in Analytics und Insights und optimieren unsere digitalen Marketingkanäle, um die richtigen Kunden für uns in den richtigen Kanälen ansprechen zu können. Wir verfolgen ganz genau nach, welche Art von Kunde wir wo generieren – und haben ein sehr genaues Augenmerk auf customer lifetime value. Wir wissen also zu welcher Jahreszeit in welcher Kategorie wir über welchen Kanal Käufe generieren – und wissen auch noch, wie diese dann über die Zeit über die Wiederkaufsrate auf unsere Kundenbasis auswirken werden.

Alex: Macht ihr da was Besonderes? Von außen beurteilt sieht euer Tech-Stack nach Standard aus, euer Newsletter-Tool ebenfalls… Ihr seid doch eher klassische Anwender und doch kein Tech-Unternehmen, oder?

Constanze: Da müssten wir genauer darauf schauen, welche Partner wir wofür nutzen und was wir in house machen. Wir haben aber sehr früh als Pionier E-Commerce mitentwickelt – und sind Pioniere geblieben. Schon 2011 sind wir auf eine cloud-based-Plattform umgezogen, als wir einer der ersten Kunden von Demandware wurden (sind wir heute noch). Und bereits damals haben wir angefangen, personalisiertes Nutzerverhalten im Browser zu analysieren. Dafür haben wir seit drei Jahren einen sehr starken Partner. Aber intern haben wir ebenfalls viel entwickelt – gerade, wenn es um Themen wie dynamic promotion und dynamischen Empfehlungengeht. Auch mit responsive, intent to leave und vielem mehr beschäftigen wir uns.

Wir beschäftigen uns aber genauso mit dem Kundenerlebnis in einem brick-and-mortar store: Da geht es um Design und Styling – etwa eine sinnvolle Zusammenstellung     von Outfits. Es ist eine große Herausforderung, das in die customer journey zu integrieren, ohne die Effizienz oder die Konversion zu kompromittieren.

37:40

Alex: Wenn ich mir Marktplätze und Plattformen wie Zalando, AboutYou und ASOS angucke, haben sie relativ große Tech-Teams: Alle zwei bis vier Millionen Euro Umsatz gibt es einen Entwickler, ein Projektmanager, einen QA-Mitarbeiter usw. Für euch würde der Schlüssel bei über eine Milliarde Online-Umsatz zu einem Tech-Team von 500 führen. Kommt das hin?

Constanze: Das kommt hin. Und seitdem wir 2017 unsere neue Strategie ausgerufen haben, ist der Vorstand auch entsprechend besetzt worden. In Europa spezifisch haben wir ein wirklich gutes Team und testen hier viel, was dann in USA übernommen wird, da wir etwas flexibler und im Kleinen testen können. Gerade bei UX-Themen haben wir viele Tests laufen. Umgekehrt profitieren wir von einem großen Tech-Team in USA. Hier würde ich insbesondere unser Analytics-Leute hervorheben: Sie sind fantastisch! Ich habe in meinem Berufsleben mit vielen solchen Teams zusammengearbeitet – und kann sagen, wie gut sie sind.

40:30

Alex: Jetzt nach vorne geschaut: Was sind über die kommenden zwei-drei Jahre die Treiber des Wachstums? Als börsennotiertes Unternehmen seid ihr ja in der Dynamik gefangen und müsst profitables Wachstum erzeugen.

Constanze: Wir haben fünf strategische Säulen, innerhalb welcher wir uns bewegen. Eine davon ist highly efficient processes and systems – und als Unternehmen, dass lange am Markt Bestand hat, haben wir natürlich auch das eine oder andere Legacy-System, in das man immer wieder investieren muss. Eine weitere Säule unichannel ist ein Treiber des Wachstums – und innerhalb dieser Säule ist es das, was ich jetzt mal digital retailing nenne, das uns nach vorne treiben wird. Das heißt unter anderem Marktplätze: Wir haben die Partner identifiziert und arbeiten mit den wichtigsten bereits zusammen; andere werden dazukommen. Aber natürlich denken wir darüber nach, was es für andere, digitale Möglichkeiten gibt, unsere Marke noch breiter und noch inspirierender den Kunden anzubieten.

Eine weitere wichtige Säule für uns als Modemarke: Sortiment. Wie stärken wir unser Sortiment? Wir werden einige Produktlinien in andere Kategorien hinein weitentwickeln – zum Beispiel Cashmere, wo wir jetzt Relax-Cashmere und Lounge-Cashmere anbieten. Leinen und andere 100%-natürliche Stoffe sind ebenfalls ein wichtiges Thema. Wir bieten bereits jetzt viel outer wear, das komplett nachhaltig produziert wurde. Es kommen aber auch ganz neue Kategorien dazu: intimates (zu Deutsch: Unterwäsche) sowie Altersklassen, die wir noch nicht abdecken.

Alex: Aber bereits heute habt ihr 20.000, 30.000 Produkte?

Constanze: In USA deutlich mehr! Wir vertreiben nur einen Teil von dem, was USA hat. Insofern ist es für uns ein großes Potenzial, noch mehr davon zu benutzen.

(Alex vergleicht mit AboutYou, das sein Wachstumspotenzial zwar auch in Sortimentsausbau, aber vorwiegend in neuen Märkten wie etwa Osteuropa sieht. Dazu kämen höhere Warenkörbe sowie Marketing-Maßnahmen.)

44:30

Alex: Du hast schon das Thema Nachhaltigkeit erwähnt, aber eher in Nebensätzen. Wäre es nicht eine strategische Überlegung, die ganze Marke vollkommen auf Nachhaltig zu stellen?

Constanze: Unser Slogan „Let’s get comfy!“ bezieht sich in der Tat auf mehr als nur das Produkt. Es geht auch um comfort of mind – also: Kunden haben auch den Wohlfühlfaktor, dass Produkte, die sie bei uns verkaufen, hochwertig gefertigt ist. Wir haben dazu eine sehr anspruchsvolle sustainability agenda, die bis 2025 läuft. Und in der Zukunft wird das Thema Nachhaltigkeit nur noch wichtiger werden: nachhaltige Prozesse, aber auch in Bezug auf faire Arbeit und ökologische Stoffe. Als Unternehmen haben wir hier eine klare Verpflichtung.

(Zum Schluss verzichtet Constanze auf den mittlerweile üblichen Aufruf an Kassenzone-Hörer, sich die Jobsseite der Unternehmenswebseite anzugucken – und schließt mit der Hoffnung, Alex von der Marke Lands‘ End überzeugt zu haben!)

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