Frank Sportolari kennt die Logistik Branche wie kaum ein anderer. Er hat durch UPS Einblicke in das globale Logistikgeschäft und hat die Haustürbelieferung mit UPS in Deutschland seit 20 Jahren mit aufgebaut. Der Schwerpunkt seines Geschäfts liegt im B2B Bereich und ihm sind die diversen Logistikdiskussionen in Deutschland wohlbekannt. Er hat zwar nicht für alle Probleme eine Lösung aber immer gute Antworten und darum geht es beim Podcast ja auch. Seine Ausführungen helfen dabei die Weiterentwicklung der Logistikdienstleistungen in Deutschland einzuschätzen. Wir die Innovation in Zukunft von DHL und UPS getrieben, oder kommt es doch eher von Picnic & Co.?

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Logistik mit Frank Sportolari, CEO von UPS Deutschland

Händler, Kunden und nicht zuletzt die Paketboten selber: Alle kriegen den Druck im durch den Online-Handel ausgelösten Boom des Zustellgeschäfts zu spüren. Mit dem Deutschland-Chef von UPS bespricht Alex in dieser Folge, wie die diversen Logistikherausforderungen im E-Commerce gelöst werden können, warum die Engpässe für Lieferslots noch nicht zu einem Preisanstieg in der Zustellung geführt haben und warum die Lieferung bis an die Haustür mit UPS dem Konsumenten doch etwas Geld kostet. Interessant zum Vergleich: Alex‘ Gespräch von vor zwei Jahren mit Roger Hillen-Pasedag von Hermes.

„Es ist einfach eine spannende Zeit!“

3:15

Alex: Frank, sag mal bitte erst einmal ganz kurz wer du bist und was du machst.

Frank: Wie man vielleicht jetzt schon hört, bin ich kein gebürtiger Deutscher, sondern ich komme aus Chicago. Mein Vater war Italiener. Nach dem Studium 1980 dachte ich: „Ich schaue mir die Welt ein bisschen an!“ Da kam ich – ich dachte: kurz – nach Deutschland. Das ist jetzt 40 Jahre her. Und nun bin ich seit 34 Jahren bei UPS dabei. Ich bin ja 1986 bei UPS in München angefangen.

Alex: Kannst du uns ein paar Eckdaten zu UPS geben – sowohl global als auch in Deutschland? Die ikonischen Lieferwagen und Flugzeuge kennt ja jeder…

Frank: Uns gibt es seit 1907 und wir sind der weltgrößte Logistikdienstleister. Weltweit beschäftige wir fast 500.000 Mitarbeiter, wovon die meisten natürlich noch in unserem home market USA tätig sind. In Deutschland sind wir seit 1976 tätig und beschäftigen hier um die 20.000 Mitarbeiter; nach USA ist Deutschland für uns der zweitgrößte Markt.

Wie du schon sagtest, betreiben wir eine eigene Flugzeugflotte, schicken täglich über 100.000 Fahrzeuge los und stellen weltweit über 30 Millionen Sendungen am Tag zu (in der Vorweihnachtszeit erheblich mehr).

Alex: Ist euer Geschäft in Deutschland schwerpunktmäßig B2C an die Haustür oder seid ihr auch für Unternehmenskunden in Bereichen wie Intralogistik aktiv?

Frank: In USA ist UPS der größte Paketdienstleister für Konsumenten und B2C macht dort sicherlich 50% des Umsatzes aus. In Deutschland – und Europa allgemein – verfolgten wir bislang eine etwas andere Strategie: Wir versuchten nicht, in den jeweiligen europäischen Märkten zum größten Carrier aufzusteigen, sondern haben uns auf B2B konzentriert. So war B2C nicht unser Fokus, aber die Welt ist im Wandel – und wir ebenfalls. Jetzt arbeiten wir daran, auch im Endkundengeschäft Marktanteile zu gewinnen.

6:45

Alex: Ihr seid also weit vor dem E-Commerce-Boom in den deutschen Markt gekommen. Was war damals aus eurer Sicht euer Alleinstellungsmerkmal? Was war der – Pardon! – USP von UPS?

Frank: Lass mich noch einen Schritt weiter zurückgehen. Die Gründer fingen damals Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts als Boten an und trugen Pakete für große Warenhäuser in Seattle zu Kunden nach Hause aus. Das Modell war sehr erfolgreich und erst, als man später merkte, dass das Geschäft mit Großkunden umsatz- und (damals) wachstumstechnisch wichtiger war, sattelten sie um – und machten eine Weile lang fast 100% B2B.

Als wir 1976 nach Deutschland kamen, war eine Marktlücke. Es gab eigentlich keinen Paketdienst, wie man den heute kennt. Wir dachten, dass wir mit unserem Fokus aus Qualität, Zuverlässigkeit und Reichweite ideal nach Deutschland passen – zu einem Markt, der dem amerikanischen ähnelte. So war es auch. Wir verzeichneten enormes Wachstum und haben eigentlich das Konzept eines Paketdienstleisters in Deutschland auf den Markt gebracht.

Alex: Damals gab es Hermes wahrscheinlich noch nicht – oder die trugen noch nicht an Privatkunden aus.

Frank: Das machte damals die Post! Und sie fuhren nicht systematisch von Geschäft zu Geschäft, um Pakete abzuholen, wie das die Dienste heutzutage machen. Zur gleichen Zeit wie wir kam DPD auf den Markt – und gab mit uns den Startschuss für eine Entwicklung in Deutschland, die nicht nur andauert, sondern Fahrt aufnimmt.

9:50

Alex: Und mittlerweile liefern Händler selber aus, es werden neue Konzepte für die Zustellung von Möbel ausgeheckt… Vieles ist in Fluss. Hat sich dadurch eure Sicht auf den Markt und eure Strategie verändert?

Frank: Nur weil es jetzt B2C gibt ist, ist B2B ja nicht weg! Zwar redet man gerade oft und viel über „die letzte Meile“, aber das ist nur ein Teil, von dem, was wir tun. Wir haben ein globales Netzwerk und können Sendungen von jedem Punkt der Erde zu jedem anderen Punkt befördern – bei gleichbleibender Qualität.

Aber dazu kommt die Entwicklung von B2C, das jetzt wesentlich schneller als B2B wächst. Letzteres ist in gewissen Ländern sogar rückläufig – und da muss man sich anpassen. Zudem war es früher klarer, wer unser Kunde ist: Der Sender gibt ein Paket ab und wir liefern es an einem Empfänger aus. Der Sender war unser Kunde. Im B2C ist der Empfänger als Kunde genauso wichtig wie derjenige, der das Paket verschickt. Denn der Konsument will entscheiden, wo und wann er seine Sendung entgegennimmt. Das ist eine interessante Herausforderung – die aber glücklicherweise in einer Zeit fällt, in der wir viele neue Technologien an die Hand bekommen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.

(Alex resümiert für Frank das Kernthema seines Gespräch mit Hermes-Manager Roger Hillen-Pasedag: Wie kann die Logistik mit dem Wachstum im E-Commerce Schritt halten? Derzeit müssten Händler ja ein halbes Jahr im Voraus ihre Volumen melden, damit Pakete pünktlich zu Weihnachten ausgetragen werden können. Logistische Engpässe verhinderten weiteres Wachstum.)

12:20

Alex: Warum gilt aus deiner Sicht nicht die herkömmliche Kopplung zwischen hoher Nachfrage und steigenden Preisen? Warum nimmt keiner mehr Geld, um damit mehr Fahrzeuge einzukaufen und mehr Fahrer einzustellen? Warum – kurz auf den Punkt gebracht – ist keiner „lieferfähig“?

Frank: Das hat teilweise mit dem Modell an sich zu tun. Gibt es in Düsseldorf etwa eine Messe, baut man nicht deswegen mehr Hotels; die Übernachtungspreise steigen. Ein Zimmer, das sonst 150 Euro kostet, ist zu der Zeit nur für 300 bis 400 Euro zu haben. Von Paketdiensten wird aber erwartet, in einem sehr kurzen Zeitraum bis zur doppelten Menge von Paketen zu bearbeiten – ohne, dass anerkannt wird, welche enorme Leistung das darstellt. Bei uns dauert es Wochen, einen Zusteller auszubilden, bis er vor Kunde unsere Standards einhält. Und dann sollen wir zu Weihnachten Leute für sechs Wochen einstellen und eventuell Fahrzeuge kurzfristig anmieten? Das ist für mich noch nicht die Lösung!

Dann gibt es die in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sehr vielen Retouren. Früher machte man am 24. Dezember Feierabend und war erschöpft, aber glücklich, weil alle Pakete ausgetragen worden waren. Heute ist das ja immer noch so: Bloß, man kommt wieder rein ab dem 2. Januar und es stapeln sich die Retouren. Die Paketströme haben sich grundlegend gewandelt und ich bin mir nicht ganz sicher, wie man dessen Herr werden kann. In anderen Branchen ist es doch üblich, dass man future options auf Kapazitäten kauft. Vielleicht kommt das bei uns so?

Alex: Aber was hindert euch daran, zu sagen: „Liebe Händler! Ihr wollt jetzt die doppelte Menge an Paketen. Das verursacht bei uns jede Menge Aufwand. Der Preis wird sich also ebenfalls verdoppeln von 3,50 auf 7 Euro? Entscheidet euch, ob ihr das selber zahlt oder den Kunden weiterreicht.“

Frank: Man will für nichts bezahlen. Wenn ich das mal so sagen darf: Typisch deutsch! Es gibt hier einen höllischen Wettbewerb – und das kommt den Konsumenten zugute, weil man natürlich versucht, Innovationen und neue Produkte rauszubringen und die Qualität hochzuhalten. Andererseits: Man bietet deswegen den Konsumenten Lieferung und Retoure umsonst an. Für lau! Und so gibt der Markt es eben nicht her, dass die Preise für Zustellung steigen und weitergereicht werden. Und so müssen sich Konsumenten keine Gedanken machen, ob sie beispielsweise bis zum 15. Dezember schon ihre Weihnachtsgeschenke bestellen oder erst später – und dann für die Lieferung mehr zahlen.

(Alex fasst es so zusammen: Derzeit könne kein Paketdienst die Preise erhöhen, weil der Händler das nicht weiterreichen kann und daher einfach zum nächsten Paketdienst geht, der es billiger macht. So könne das weitergehen – bis der Erste pleite macht.

Bei Retouren, so Alex, könne man argumentieren, dass sie unproblematisch sind. Die Wagen fahren ja schließlich sowie in beide Richtungen: Was soll daran aufwendig sein, Sachen abzuholen, wo man eh dabei ist, auszuliefern? Das Auspacken und erneute Einschleusung in den Warenkreislauf sei doch Problem der Händler.

Frank teilt die Argumentation – und schildert das Problem aus Sicht der Händler. Italienische Unternehmen, die nach Deutschland expandieren, hätten ja mit dem Phänomen der „Auswahlbestellung“ noch keine Erfahrungen gemacht… Überall gebe es zwar Retouren, aber nur die Deutschen nähmen für sich in Anspruch, dasselbe Paar Schuhe in drei Größen zu bestellen – im Wissen, dass sie von vornherein davon zwei zurückgehenlassen, weil sie nicht passen. Dem Verhalten schiebe man in USA durch eine kleine Rücksendegebühr einen Riegel vor.)

19:00

Alex: In Deutschland wird jetzt in der Umweltdiskussion geltend gemacht, dass der Online-Handel angeblich für immer mehr schmutzige Lieferfahrzeuge und Verpackungsmüll sorge…

Frank: Es ist eigentlich erstaunlich, dass eine ganze Branche dafür verteufelt wird, die Dienstleistung anzubieten, die von anderen Leuten verlangt wird. Zumal man nicht unbedingt dadurch umweltfreundlicher wird, dass man selber überall hinfährt, um höchstpersönlich vor Ort einzukaufen. Die Logistik ist im Kern auch darauf ausgelegt, mit weniger Ressourcenaufwand mehr zu erreichen. Seit Tausenden von Jahren ist das so – von den Händlern, die in Ägypten den Nil auf und ab fuhren, bis heute. Man kombiniert Fahrten nach Möglichkeit; man ist immer darauf bedacht, kürzere Wege zu fahren. Wenn wir weniger fahren, verbrauchen wir weniger Sprit und haben niedrigere Kosten. Es ist also nicht so, dass wir ziellos durch die Gegend fahren und die Straßen aus Spaß blockieren, wie das manchmal dargestellt wird.

Im Übrigen ist das fast ein Kompliment für unsere Branche, dass wir so sehr wahrgenommen werden! Denn in der Tat geht nur ein Bruchteil der innerstädtischen Fahrten auf Kurierdienste zurück. Wir haben also als Branche starke Marken und UPS ist auch eine der stärksten Brands weltweit. Dadurch fallen wir eher auf als der Klempner Schmidt, der auch in zweiter Reihe parken muss… Unser Fußabdruck wird ehrlich gesagt ein wenig übertrieben.

(Alex äußert Zuspruch. Sein Lieblingsbeispiel: Es ist besser, wenn ein UPS-Wagen von Mediamarkt mit 50 Fernsehern losfährt, als wenn 50 Konsumenten jeweils im eigenen Auto zu Mediamarkt fahren. Er nehme eine Anti-Stimmung in Bezug auf E-Commerce und Paketverkehr wahr.)

22:00

Alex: Eine Überlegung ist immer, eine Art Paketsteuer einzuführen – oder zumindest die Dienstleistung nicht umsonst anzubieten. Kostet die Lieferung an die Haustür mit euch den Konsumenten was?

Frank: Ja, wir nehmen seit jeher einen Zuschlag für residential delivery. Das kostet einfach mehr, als eine Lieferung an ein Unternehmen – hauptsächlich deshalb, weil man selten mehr als ein Paket zustellt. Bei Unternehmenskunden ist es so, dass sie von fünf oder sechs verschiedenen Lieferanten bestellen und wir dann die Lieferungen zusammenfassen, um in einer Tour zehn oder zwölf Sendungen auszuliefern. B2C ist fast immer ein einzelner Paket, was auch ein Kostenfaktor ist. Ich begrüße es daher, dass andere Marktteilnehmer erkennen, dass das nicht unbegrenzt so weitergehen kann. Denn erstaunlicherweise bestellen sich immer noch Leute, die nie unter der Woche zu Hause sind, Pakete nach Hause und sind dann überrascht, wenn der Bote klingelt und niemanden zu Hause antrifft…

Alex: Man hat aber nicht die Option, zu sagen: „Ich will es am Freitag geliefert bekommen.“ Noch nicht mal bei Amazon! Es geht eben immer nur zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Frank: Weshalb wir langsam an einen Punkt kommt, an dem es Veränderungen geben müssen wird. Bislang haben die großen Onlinehändler diktiert, wann ausgeliefert wird. Bei UPS gibt es aber über unsere MyChoice-App die Möglichkeit zu sagen: „Ich bin nicht zu Hause. Lieferung erst in drei Tagen, bitte!“ Die Macht in diesem Bereich muss vom Händler zum Endkunden hin noch weiterverschoben werden.

(Inzwischen verzeichne der deutsche Markt mehr Sendungen pro Kopf als die USA, so Frank weiter. Denn in USA biete man mittlerweile Endkunden die Möglichkeit, gegen Rabatt zwei oder drei Pakete erst später, dafür aber zusammen auszuliefern. Frank führt weiter aus, welche innovative Produkte UPS im amerikanischen B2C-Markt anbietet – unter anderem Surepost, die deswegen in Deutschland nicht eingeführt werden kann, weil die Post durch DHL mit UPS im Wettbewerb stehe und den Markt dominiere.

Alex fragt, warum UPS nicht wie Amazon eigene Strukturen – etwa Schließfächer wie die Paketstationen DHL – aufbaut. Schließlich sei UPS einer der wenigen Anbieter, die dies finanziell stemmen könnte. Frank betont, UPS habe große Pläne für die Zukunft im deutschen Markt. Derzeit habe es aber noch nicht die Anteile im B2C-Geschäft, um sämtliche Erfolgsrezepte wie Locker und Postamt-ähnliche UPS-Stores aus dem US-Markt in Deutschland auszurollen.

Für Amazon sei es übrigens einfach nur logisch, so Frank, mit einem so hohen Volumen die Zustellung aus eigener Hand zu arbeiten. UPS sei ja auch auf die Idee gekommen, eine Flugzeugflotte aufzubauen, als es genug Pakete hatte, dass es günstiger und flexibler war, die Ströme selber zu organisieren. Einen weiteren Grund, nicht in Windeseile eigene Infrastruktur wie Schließfächer aufzubauen, nennt Frank: Deutsche Konsumenten möchten sie eigentlich nicht so sehr und wollten immer noch am liebsten ihre Pakete nach Hause oder ersatzweise zum Nachbarn bekommen. Die Gepflogenheiten seien von Land zu Land unterschiedlich – was man ja als Online-Händler auch nicht vergessen solle!)

33:45

Alex: Bei euch in der Nähe in Neuss fängt Picnic an. Deren Credo: Die gesamte Lieferkette müsse aus einer Hand angeboten werden. Und in den Niederländen, wo Picnic herkommt, hat HelloFresh jetzt auch Hunderte eigener Autos für die Lebensmittellieferung. Spieltheoretisch sehe ich das so: Klar, man baut die Infrastruktur erst einmal für die eigenen Umfänge auf; aber wenn man die Infrastruktur dann hat, ist es ebenso klar, dass man Logistikdienstleistungen für Dritte mitanbietet. Dadurch werden sie zu Wettbewerber für euch…

Frank: Erst einmal ist der Bereich Food ohnehin was ganz anders als Elektronik oder Mode. Es ist schwierig, so Sachen wie die Kühlkette einzuhalten. Und meines Erachtens verdient noch niemand damit richtig Geld. Zudem bin ich 1956 in Chicago geboren und habe als Kind schon damals jemanden geholfen, der in seinem Chevvy-Kombi Lebensmittel aus dem örtlichen Markt von Haus zu Haus ausgetragen hat. Wenn es also heißt, wie innovativ all diese Konzepte seien, muss ich immer ein bisschen schmunzeln. Das hat es alles schon einmal gegeben!

Aber ich stimme zu: Wenn einer damit unterwegs ist und die Kapazität hat, kann er alles mitnehmen, was der Kunde bei Anlieferung gleichzeitig abgeben kann. Dabei ist es eine Sache, in Neuss ein Depot zu betreiben und in einem begrenzten Umfeld Pakete auszuliefern. Eine andere Sache ist es, wie wir es tun, in einer Neunmillionenstadt in China, deren Name man nachschlagen muss, eine Sendung abzuholen und sie zwei Tage später überall in Europa ausliefern zu können. Das sind zwei Paar Schuh.

(Daraufhin fragt Alex, ob es nicht auch für UPS Sinn ergebe, seine Dienstleistungen an Dritte zu verkaufen – Stichwort „White-Label-Logistik“. Frank verweist auf paar Experimente in diesem Sinne in USA, betont aber, dass sich UPS auf das komplexe Kerngeschäft fokussiere: Im eigenen Namen weltweit und zuverlässig Logistik anzubieten.

Danach geht es wieder um den Ausbau von Schließfächern in Deutschland – in UPS-Jargon „Access Points“. Alex spricht Frank auf seinen Wohnort Gettorf an, dem eine Anbindung an so ein Netz fehlt. „Nach dem Interview gibst du mir eine Anschrift und wir schauen uns das an,“ verspricht Frank.)

41:40

Alex: Wenn immer wir hier im Podcast mit Händlern reden, zeigt sich, dass der IT-Aufwand unablässig steigen. Bei großen Tech-Firmen wie Zalando werden mittlerweile so viele Developer beschäftigt, dass man auf eine Quote von 2-4 Millionen Euro Umsatz pro IT-Mitarbeiter kommt. Hat man eine Milliarde Umsatz also, hat man 500 Leute in der IT sitzen.

Wie sieht das bei Logistikern aus? Ist da eine ähnliche Verschiebung vom Hardware- zum Software-Geschäft? Sprich: Weniger Leute, die den Fuhrpark pflegen und mehr Leute, die die Systeme dahinter am Laufen halten?

Frank: Ich sage ja immer gerne: „Wir sind von einem Trucking-Company, die Technologie benutzt, zu einem Technologie-Unternehmen, das Trucks benutzt, geworden.“ Schon seit über 25 Jahren geben wir mehr Geld für Informatik als für die klassischen braunen Fahrzeuge aus. Vielleicht ist bei uns nicht so ganz extrem, wie bei Online-Händlern, aber trotzdem: Die Technologie entwickelt sich immer schneller. Da gilt es, auf Neuigkeiten in Bereichen wie autonomes Fahren und Automatisierung an unseren Standorten gefasst zu sein.

Wir sind auch jetzt mit Drohnen im täglichen Betrieb gestartet: Sie liefern auf einem Krankenhausgelände Pakete aus. Es ist einfach eine spannende Zeit! Da muss man sich mal vergegenwärtigen, wie die Welt aussah, als ich im Geschäft anfing! Wir fuhren da rum und sammelten Unterschriften auf Papier ein. Da gab es eine ganze Abteilung – die heute natürlich nicht mehr existiert – die riesige Aktenordner voller Unterschriften hütete für den Fall, dass wir eine Unterschrift nachweisen mussten. Und als wir als allererster Anbieter mit elektronischer Unterschrift auf den Markt wollten, kannst du dir vorstellen, was da los war – mit der deutschen Mentalität, die so etwas eher als Bedrohung denn als Erleichterung auffasst… Jetzt ist es aber ganz normal geworden. Genauso wie viele Sachen in den kommenden Jahren auch ganz normal werden werden.

44:55

Alex: Wird eure Technologie denn vorwiegend in USA entwickelt?

Frank: Früher musste man Mainframes programmieren, heute ist alles viel dezentraler. Klar, Konzepte werden noch zentral entwickelt, aber im Detail findet mittlerweile einiges dadurch statt, dass man interessanten Firmen oder Start-ups findet und an sich bindet. Will heißen: Überall auf der Welt halten wir unsere Augen und Ohren offen und beobachten sehr genau, was auf der Welt passiert und welche neue Ideen so zum Vorschein kommen. Auch in Deutschland haben wir in Firmen investiert, um neue Technologien kennenzulernen: Itembase aus Berlin ist da ein Beispiel.

(Zum Schluss fragt Alex, ob bei UPS die Dieseldiskussion zu einer neuen Dringlichkeit in der Entwicklung von batteriebetriebenen Fahrzeugen geführt habe. Frank verweist auf die Technologieführerschaft von UPS in der eigenen Flotte. Es befänden sich bereits viele verschiedene Antriebe darunter und durch Telematik werte man schon seit Jahren die Leistung von jedem Fahrzeug auf Schritt und Tritt aus. Man teste also noch – und setze sogar wie zu Anfangszeiten vor 100 Jahren wieder Fahrräder ein. Nach wie vor gelte aber unabhängig vom Antrieb: Der emissionsärmste Kilometer sei das, das man erst gar nicht fahre.

Dabei wären – sagt Frank abschließend – Stadtverwaltungen in der Pflicht, mehr Platz für Minidepots, Halteplätze usw. in den Innenstädten frei zu machen, anstatt sich nur darüber zu beschweren, dass Lieferfahrzeuge die Wege blockierten. Ein Aufruf an die Händler unter den Zuhörern: Man rede bitte mit Lokalpolitikern und erkläre ihnen, dass Pakete ausgeliefert werden müssten! Lieferboten vollbrächten Tag ein, Tag aus Heldentaten. Man solle ihnen das Leben nicht zusätzlich erschweren.

In einem Nachtrag geht es kurz mit Frank in seiner Eigenschaft als Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland um die Turbulenzen in der weltweiten Handelslandschaft.)

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