Stefan Grimm ist schon lange ein treuer Begleiter von Kassenzone.de und einer der Großhandelsexperten in Deutschland. Vor fünf Jahren hat er bereit ein Kassenzone Interview gegeben, aber damals noch ohne den Podcast. Das wollten wir nun nachholen und haben das in meinem alten Mercedes mit einer Tour an der Ostsee auch getan. Stefan verrät woher die Postenware kommt, wie groß der Markt ist und ob es eine gute Idee ist Strandkörbe aus Asien zu importieren. Und an dieser Stelle auch: Gute Besserung Stefan! Ich selbst schaue ja fast jeden Beitrag im Fernsehen über die „Schnäppchenkönige“. Kürzlich gab es einen schönen Beitrag mit Georg Dobelmann, einem der Schwergewichte der Branche bei Spiegel TV. Aber wer kann sich nicht noch an die schönen RTL2 Zeiten mit Alex Walzer in seinem Rambazamba Markt erinnern 🙂

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Restpostenhandel mit Stefan Grimm, Gründer und Geschäftsführer von Restposten.de

Lange ist es her, dass Alex Stefan zum ersten Mal interviewt hat – so lange sogar, dass es damals noch keinen Kassenzone-Podcast gab! Daher geht es wieder einmal ganz gründlich um das Thema Restpostenhandel: Wo kommt die Ware her? Wie groß ist der Markt? Und wo lauern die Fallstricke? Ebenfalls Thema: Die schöne Landschaft an der Ostsee, wo Stefan Urlaub macht und durch die er jetzt während der Aufnahme mit Alex in seiner alten E-Klasse auf dem Weg nach Kalifornien tourt.

„Strandkorb für 60 Dollar bei Alibaba? Viel Spaß beim Import!“

3:00

Alex: Ich schnalle mich an und wir fahren los. In der Zeit kannst du den Hörern mal was zu dir und Restposten.de erzählen.

Stefan: Restposten.de ist ein B2B-Großhandels-Marktplatz für Handelsware, vorwiegend im Bereich Konsumgüter. Aktuell benutzen unseren Marktplatz rund 30.000 gewerbliche Mitglieder aus 97 Ländern. In der Regel handeln sie Ware, die entweder Überhänge oder Retourpaletten sind. Unser Marktplatz hat zwei prägende Eigenschaften. Zum einen „Public pricing“ – sprich: Alle angebotenen Posten werden für jeden sichtbar mit tatsächlichem Staffelpreis gelistet. So etwas kann man sich im MRO oder C-Waren-Handel eigentlich sonst nicht vorstellen.

Alex: Weil das nicht branchenüblich ist?

Stefan: Meistens haben die Vertriebsabteilungen von Unternehmen (vor allem von denjenigen, die nicht täglich mit Restposten handeln) Probleme mit Preistransparenz. „Mist, wir haben 10.000 Kaffeetassen übrig, aber wir wollen weder zeigen, dass wir auf so vielen sitzen, noch, dass wir sie zur Hälfte des Preises losschlagen wollen!“ Das führt dazu, dass der eine oder andere Händler sagt, es würde bei uns mitmachen, aber nur wenn er seine Produkte und Preise verstecken darf. Da sagen wir aber nein. Preistransparenz ist eins unserer zwei Leitprinzipien. Das zweite ist, dass wir als Marktplatz nicht auf der Transaktion hängen, weil die Preise von Restposten meistens noch einmal nachverhandelt werden. Wir sind also der Erstkontaktmarkplatz.

Alex: Ein bisschen wie Myhammer also? Ihr verbindet nur Angebot und Nachfrage, wisst aber auch nicht, was am Ende dabei rauskommt?

Stefan: Genau so ist es. Wir haben ungefähre Schätzungen, die aus einzelnen Kundengespräche hochgerechnet werden. So sind wir im Markt mit Sicherheit für einen dreistelligen Millionenumsatz verantwortlich. Stand Gestern hatten wir über drei Milliarden Euro an sofort verfügbarem Bestand gelistet.

Alex: Also UVP zwanzig Milliarden?

Stefan: Sicherlich! Unterscheidet sich aber von Branche zu Branche: Bei Textilien sprechen wir von Rabatten von 80%-90%. Aber bei einem Wasserkocher, dass etwa beim Import nicht abgenommen wird, ist der Abschlag noch lange nicht so hoch.

 

7:00

Alex: Ich habe mal bei euch 30.000 Paletten bald ablaufende Energy-Drinks gelistet gesehen. Wer kauft denn so etwas?

Stefan: Am Ende gibt es für fast jeden Artikel einen Abnehmer. Nur die wenigsten Sachen müssen dann tatsächlich vernichtet werden. Vieles geht ins Ausland. Den einen oder anderen Artikel kann man auch im Mindesthaltbarkeitsdatum verlängern. Dadurch, dass wir zwar deutschsprachig sind, aber 97 Länder abdecken, ist die Distribution sehr breit: Es gehen viele Sachen nach Afrika, nach Nordeuropa, in den mittleren Osten. Da gibt es unterschiedlichste Warenströme.

Ein Beispiel, das ich gern erzähle: Vermaßte Haustüren. Sie kamen von einem Hersteller, dessen Kunde, der Bauträger, Hundert Türen abgelehnt hatte, weil die Maße nicht stimmten. Der Hersteller hat sie ziemlich verzweifelt bei uns reingestellt – und hat sie dann verkauft, an einen Importeur aus Afghanistan. Niemals im Leben hätte der Hersteller einen Vertriebsmanager dorthin geschickt, um potenzielle Kunden zu akquirieren!

Alex: Einerseits hat kein Hersteller für seine Produkte den Anspruch, dass sie als Resposten irgendwo landen. Andererseits wird insgesamt immer mehr produziert. Wächst der Markt also? Wie kann man ihn in Summe einschätzen?

Stefan: Sowohl der Markt insgesamt als auch die Zahl der Marktteilnehmer wächst. Wir liegen mit den 30.000 Mitgliedern zwar relativ stabil, aber der Markt wird immer größer – insbesondere dadurch, dass sich die Disposicherheit für Hersteller und Händler durch Verschiebungen hin zu E-Commerce markant schwieriger wird. Früher hat man ja als Hersteller etwa an Obi verkauft und wusste, wie viele Filiale, wie viele Regalmeter und so ungefähr wie viel Umsatz das bedeutete. Das geht halt jetzt nicht mehr, weil man im Zweifel auf einem Marktplatz wie Amazon nach zweieinhalb Sekunden nicht mehr in der Buy-Box ist, sondern ein anderer. Dadurch kommt es tatsächlich häufiger zu Überbestand.

Der andere stete Treiber hinter dem Wachstum ist das Geschäft mit Retourware, weil jeder, der mit Ware handelt, üblicherweise dieselben drei Herausforderungen hat: Von den guten Artikel hat er zu wenig; von den schlechten hat er zu viel; und jeder, der was versendet, bekommt auch mal was zurück. Und genau diese Retouren werden immer mehr. Eigentlich haben wir immer 10.000 bis 20.000 Retourpaletten – allein von Amazon!

(Alex ist erstaunt und lässt sich erklären, was eine Retourpalette ist. Dabei stellt er fest: So viel Ware kann Amazon nicht vernichten, wie in der Frontal21-Berichterstattung vom ZDF suggeriert wurde. Es folgt ein Gespräch zu dieser (Nicht)Enthüllungsgeschichte und die Rolle von Stefan darin als gefragte Experte für diverse Medien. Amazon sei eigentlich vorbildlich in Bezug auf Retourenhandling, weil der Konzern den Graumarkt nicht behindere. Einige Hersteller – vor allem im Bereich Textilien – ließen aus Marken- und Margenschutz keine Zweitverwertung zu: Designer-Kleidung werde geschreddert, bevor es auf dem Zweitmarkt landen könne.)

13:05

Alex: Bei mir im Dorf gibt es eine Restposten-Filiale von Krümet. Wächst denn auch der stationäre Handel in diesem Bereich, weil es immer mehr Überbestände gibt?

Stefan: Nein. Der Gipfel wurde schon in den 90ern überschritten. Damals ist der Zahl der Restpostenmärkte explodiert. Dann gab es aber immer genauere Disposysteme und die Händler wurden immer weniger frei mit dem Verkauf von Überbeständen.

(Während Alex überlegt, ob er sich verfahren hat, erzählt Stefan aus dem Gedächtnis etwas zu der Firma Krümet und die Hochzeiten des stationären Restpostenhandels.)

Alex: Aber das kriege ich nicht ganz zusammen: Der Markt an Restbeständen wächst doch insgesamt. Es geht zwar vieles ins Ausland, aber wie kommt denn das Ganze heutzutage an den Endkunden? Landet es alles bei eBay?

Stefan: Tatsächlich fließt vieles in den E-Commerce und nicht mehr in den stationären Handel. Es ist aber nach Produktbereich anders. Wenn eine Drogeriekette die Verpackung oder das Parfum ihres Duschgels ändert, dann gibt es 5-10-20 Sattelzüge der alten Produktversion, die nicht mehr in die SB-Märkte ausgeliefert werden kann, weil sie die neue Version kriegen sollen. Das sind so Posten, die verwertet werden müssen – aber leise, bitte. Das heißt: Nicht in den Online-Handel, nicht mit Streichpreisen irgendwo beworben. So werden sie an Restpostenhändler wie etwa den Dobelmann verkauft, der sie eher still absetzt.

(Auf Anfrage von Alex dekliniert Stefan dann den stationären Restbestand-Handel durch: Paar andere große Händler gebe es, gefolgt von einer großen Zahl an kleinen, eher inhabergeführten Sonderpostenketten mit bis zu 10 Märkten. Lange wurden Restpostengeschäfte per Handschlag gemacht. Heutzutage seien diese Unternehmer eher Restposten.de-Mitglieder.)

18:05

Alex: Dann der Kassenzone-Dreiklang: Wo kommen den Neukunden für Restposten.de her? Wie treu sind sie? Und wie groß ist ein Warenkorb? Letzteres haben wir eigentlich schon beantwortet.

Stefan: Genau. Durch das Abo-Modell bezahlen bei uns sowohl Käufer als auch Verkäufer Gebühren, die aber nicht von der Warenkorbgröße abhängen…

Alex: Da kommen wir schon an: Kalifornien!

Stefan: Sehen wir denn jetzt auch Filmstars?

Alex: Kann schon passieren!

Stefan: So, wo waren wir denn? Ja, Abo-Gebühren: Einkäufer bezahlten 99 Euro im Jahr und können damit unbegrenzt Ware über unseren Marktplatz beziehen. Und weil jeder Händler selber mal Restbestände hat, können sie auch Angebot reinstellen, haben aber keinen Shop-Auftritt bei uns. Professionelle Verkäufer zahlen dafür etwas mehr, aber auch das ist eine Flatrate. Sie bekommen dann auch einen eigenen Shop auf dem Marktplatz, auf den sie auf ihren Webseiten verlinken können, und eine Warenkorbfunktion (die allerdings relativ selten benutzt wird).

Die am Häufigsten benutzte Funktion bei uns ist übrigens der Call-Button auf der Produktdetailseite. Wir haben mittlerweile 56% mobile Zugriffe, was heißt: Man sitzt im Auto oder ist im Musterzimmer bei irgendeinem und dann schnell die Kaffeetassen doch bei jemandem anderes kauft… Die Kunden sind zum großen Teil kleinere Online-Händler sowie stationäre Einzelhändler – sowohl welche, die sonst ein anderes Geschäft betreiben und nur Aktionsartikel suchen (Klassiker: Messerhändler kauft Restbestand an Holzbrettern) als auch welche, die sich auf Sonderposten spezialisiert haben.

Alex: Stichwort Schneidebretter: Jedes Mal, dass ich was über Restpostenmärkte sehe – zum Beispiel den SpiegelTV-Bericht über den Dobelmann –, sehe ich Holzbretter. Wer um Himmels Willen produziert denn so viele davon?

Stefan: Diese Frage musst du dem Produzenten stellen. Ganz grundsätzlich ist es so: Es gibt im Handel immer einen Umsatzerwartung. Und wer um 20% zu wachsen gedenkt, muss 20% mehr einkaufen. Dann stimmt aber die Absatzentwicklung nicht immer mit den eigenen Vertriebszielen überein. Folge: Man hat 10.000 Schneidebretter mehr, als geplant, die aber wegmüssen, weil dann andere Ware kommt, der den Lagerplatz beansprucht. Das Schlimmste an Restposten ist ja immer: Lagerplatz, Liquidität. Wenn die Ware liegt, nutzt sie keinem was. So muss sie schnell – auch mit ordentlich Rabatten – wiederverwertet werden.

(Die beiden bebildern einen solchen Fall anhand des vorhergehenden Energy-Drink-Beispiels. Das sei ein klassischer gescheiterter Versuch, ein neues Produkt im großen Stil in einem schwer umkämpften Markt zu etablieren, so Stefan. Aus Händlersicht müsse die Ware dann nur noch weg, zumal sie schlecht wird. Alex finde, gibt er zu, solche Posten immer verlockend. Er sei schon ein wenig wie der Loriotsche “Papa ante portas“ mit dem Senf.

Am Ende vom Ort Kalifornien angekommen wechselt Alex das Thema. Er bringt in Erfahrung, warum es eine Aktions- und Importwarenmesse gibt und was dort verhandelt wird. Es handele sich um Brancheninformation und Kontaktpflege, sagt Stefan. Verkäufer – oft Markenhändler – träfen dort auf Käufer, also Restpostenhändler. Deals würden da auch geschlossen.)

26:35

Alex: Angenommen, ich wollte ins Restpostengeschäft einsteigen und habe irgendwo eine große Halle, die ich gewerblich benutzen darf. Gehe ich dann auf die Messe und sage: „So, ich brauche 30 Koffer. Kannst du mir einen guten Preis machen?“ Oder ab welchen Volumina fängt das an?

Stefan: Es gibt sicherlich den einen oder anderen kleinen eBay-Händler, der 30, 50 oder 100 Koffer kauft. Aber in der Regel sprechen wir über mehrere Paletten oder gar Sattelzüge. Dabei nutzt dir deine Halle in dem Fall gar nichts. Was du brauchst, ist Bauchgefühl. Denn das was heute im Einkauf trainiert wird, ist Expertenwissen in einzelnen Segmenten und Sortimenten. Restpostenhändler müssen Generalisten sein, die heute Kaffeetasse und morgen…

Alex: Strandkörbe handeln! Guck mal, da sind welche. Ich habe gesehen, dass es die bei Alibaba für 60 Dollar das Stück gab. Bei Sky und Rewe sehe ich die dann für 199 Euro im Angebot. Ist das ein guter Preis?

Stefan: Der Strandkorb für 60 Dollar bei Alibaba? Da wünsche ich dir viel Spaß beim Import! Da könnten wir einen ganzen Podcast über Produktsicherheit, CE-Komformität usw.

Alex: Stand „CE-inklusive“. Habe ich darauf geachtet!

Stefan: Das Drucken von einem CE-Etikett ist doch einfach. Beim Sicherstellen der tatsächlichen Einhaltung kommen dann die Probleme. Wie gesagt, über die Gefahren von Sourcing außerhalb Europas könnten wir einen oder zwei Podcasts dazu aufnehmen.

Alex: Aber was ist mit den „Werde schnell reich auf Amazon“-Foren?

Stefan: Sind einzig dazu da, dass der Forum-Betreiber schnell reich wird! Wie gesagt, du musst Generalist sein, der bald Kaffeetassen, bald Damenpumps kaufen kann und weiß, worauf zu achten ist.

(Die beiden kommen in Brasilien an. Alex fragt Stefan dabei über Damenpumps aus. Einkaufspreis als Restposten? Verkaufspreis an den Endkonsument? Stefan schildert, wie schwierig es sei, auf stationäre Fläche die Schuhe gewinnbringend loszuwerden – selbst bei Spottpreisen im Einkauf. Online sei es etwas einfacher, aber man brauche auf alle Fälle neben Bauchgefühl Kapital, denn es werde immer in großen Mengen per Vorkasse gekauft. Die beiden unterhalten sich wieder über den Dobelmann-Beitrag. Zwei andere wichtige Qualitäten, so Stefan: Schnelligkeit und Entscheidungsfreude. Deswegen laufe der Call-Button auf Restposten.de so gut: Der kluge Restpostenhändler schlage sofort zu, wenn was Ansprechendes reinkomme.)

32:35

Alex: Aber Stefan, mal ganz ehrlich: sechzig – sechs-zig – Dollar auf AliBaba. Unverbraucht. CE-konform. Kannst dir die Farbe noch aussuchen…

Stefan: Alex, nur weil einer sagt, es ist CE-konform, ist es das lange noch nicht. Da muss man mit der Ware diverse Prüfungen durchlaufen, usw. 60 Dollar ist auch nicht unbedingt der Preis für verkehrsfähige Ware. Wir haben ja auf Restposten.de 13 verschiedene Warenzustände, von „1A“ bis „Geprüft: defekt“. Die Ware geht dann in den Wertstoffkreislauf. Da geht es zum Beispiel darum, aus Elektrogeräten Stoffe herauszuholen, die recycelt werden können, oder Ersatzteile zu gewinnen, mit denen man dann andere Artikel wieder reparieren kann.

Dabei heißt „Geprüft: defekt“ in der Regel: Der Artikel ist reparabel, wurde nur noch nicht repariert. Habe ich den Platz und eine Aufbereitungsmöglichkeit, so kann ich beispielsweise Kühlschränke ankaufen und sie dann als reparierte Ware auf den Markt bringen.

Alex: Okay, aber noch einmal zu den Strandkörben: Wenn sie bei eBay oder Rewe für 200-300 Euro als Restware zu haben sind, was war denn der Einkaufspreis?

Stefan: Selbst für einen Aktionsartikel bezahlt man da rund 200 Euro. Da ist eine extrem niedrige Marge daran. Die Zeit, in der man mit solchen schwer umkämpften Artikel von einer Aktion eine Marge von 100% erzielen konnte, ist vorbei! So etwas kleineres wie die Tennis-Sets, der der Dobelmann in dem SpiegelTV-Bericht abverkauft, mögen zwar so gewinnbringend sein. Aber so ein Strandkorb – auf wenn du als Nordlicht finden magst, er gehöre in jeden Garten – ist sperrig und verkauft sich auch relativ schleppend…

(Stefan geht etwas näher auf die Nachteile von Strandkörben als Ware ein, bis Alex ihn fragt, welche Artikel denn gut funktionierten. Er wolle seine Halle ja befüllen. Trendiges Kinderspielzeug wie Fidget Spinner? Da rät Stefan mal wieder ob CE-Konformität zu ganz besonderer Vorsicht. Am besten komme Alex auf die Aktions- und Importwarenmesse vom 19.-21. September. Da habe Stefan eine E-Commerce-Arena und biete Vorträge mit 18 Referenten an. Und zur nächsten Messe im Februar werde Amazon-Optimierungsexperte Christian Otto Kelm sprechen. Aber wie wolle Alex überhaupt verkaufen?)

38:00

Alex: Sagen wir, ich mache bei mir im Dorf nach der Frisörsalon-Logik direkt neben Krümet auf, weil ich weiß, dass da schon Nachfrage ist. Dann baue ich einen Restposten-Eldorado auf. Was soll ich da kaufen?

Stefan: Erst einmal: Erfahrungsgemäß ist es keine Idee, sich neben einen richtig gut etablierten Händler zu setzen! Aber wo du wenig falsch machen kannst: Drogerieware. Wo du aber aufpassen musst, wenn du stationär verkaufen willst, ist Schuh- und Textilienüberhänge – selbst A-Markenware. Denn du hast in einem normalen Textillot wenig kleine und große Größen, dafür viele mittlere Größen. Im Restpostenhandel ist das aber genau umgekehrt! Du hast dann wenig von den gutgehenden mittleren Größen.

Alex: Dann mache ich einen Restpostenmarkt für Kleine und Dicke.

Stefan: Aber dann brauchst du genug Durchlauf! Oder du verkaufst online.

Alex: Willst du etwa sagen, hier ist nichts los?

Stefan: Ja, ich komme aus dem Rheinland. Da haben wir alle 10 Meter einen Bäcker. Hier bin ich heute Morgen von Fehmarn aus eine Stunde zehn Minuten gefahren und habe eine einzelne Tankstelle gesehen… Für deinen Restpostenmarkt brauchst du extrem viel Frequenz und Laufkundschaft, die du hier nicht hast. So wirst du deine kleine und große Größen nicht abverkauft und dann dreht sich dein Sortiment nicht.

Deswegen würde ich sagen: Verkaufe online! Verkaufe ruhig auch offline, mache gern Multichannel – Genau dein Thema, nicht wahr? Dann kannst du deine Sondergrößen online verkaufen und deine Schnelldreher wie Markendrogerie, Lebensmittel und andere Ware, die du online auch gar nicht verkaufen darfst, wirst du stationär los.

Alex: Restpostenhandel ist also zum Multichannel-Geschäft geboren?

Stefan: So ist es. Dobelmann verkauft etwa auch online unter Posten-Börse. Dabei haben viele der Händler noch keine eigene Online-Kompetenz, um das umzusetzen. Wir haben auch mal Probleme, CSV-Dateien von einzelnen Mitgliedern zu bekommen, damit alle Warenbestände aktuell sind. Da ist noch ein bisschen weg zu gehen.

(Die zwei biegen auf einen Platz ein, von dem man die Ostsee sehr gut sehen kann und besprechen den Handel mit Überhängen von asiatischen Herstellern. Da gebe es für Marktkenner WhatsApp-Gruppen und geschlossene Facebook- oder LinkedIn-Gruppen. Problematisch sei aber oft, dass asiatische Hersteller in Auftrag produzieren und somit Markenbestände hätten, an denen man aber als Dritter keine Rechte habe.)

43:40

Alex: Letzte Frage: Was kommt 2019 an Trends im Bereich Restpostenhandel?

Stefan: Bei uns ist es das Thema Mobile, das uns technisch beschäftigt: mobil einen Restbestand kaufen, abfotografieren und reinstellen. Da wollen wir unseren Eingabeprozess verkürzen. Was den Markt generell betrifft: Ich glaube, wir werden mehr Graumarkt sehen. Man hat am Amazon-Beispiel gemerkt, wie schnell einen die Presse niederprügeln kann, wenn man als Hersteller oder Händler Ware vernichtet.

Amazon kam mit einem blauen Auge davon – und der Fall war ohnehin anders gelagert. Wer aber als Hersteller dabei auffliegt, im großen Stil Sachen zu schreddern, wird davon einen erheblichen Schaden für die Marke davontragen. Deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass wir mehr Graumarkt bekommen werden.

(Alex bedankt sich für den Ausblick, bevor die beiden auf einen Kaffee mit Ostsee-Blick aussteigen.)

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