Man with beard and mustache holds box with tasty fresh hot pizza. Food delivery concept. Macho in classic clothes hungry, holds slice of cheese pizzaIn der 174. Ausgabe des Kassenzone Podcasts spreche ich mit dem Lieferando Gründer Christoph Gerber über die Marktaussichten der Lieferdienste und über sein neues B2B Produkt Talon.One, mit dem man ihn nun auch auf den einschlägigen E-Commerce Veranstaltungen treffen kann. Der Lieferdienstmarkt war & ist weiterhin Bestandteil diverser Panel und Podcasts. Es gibt verschiedene Sichten darauf, ob es ein „Winner takes it all“ Markt ist oder wie & ob sich die einzelnen Dienste noch stärker voneinander differenzieren können. Genauso spannend sind die Optionen der „betroffenen“ Pizzamacher, die bisher nicht in der Lage waren unabhängige Lösungen zu entwickeln. 

Mit Talon.One hat Christoph ein Produkt entwickelt, dass er bereits bei Lieferando gebraucht hatte und welches nun auch von seinen ehemals größten Wettbewerbern eingesetzt wird. Dabei geht es um die Verwaltung von Gutscheinen, die im E-Commerce für die Neukundengewinnung und Bestandskundenaktivierung immer wichtiger werden. Dabei reichen die Verwaltungsmöglichkeiten bei Standardshopsystemen schon längst nicht mehr aus, so dass sich viele Unternehmen dazu bereits proprietäre Lösungen gebaut haben. Das bestätigt eine generelle Beobachtung die wir mit Spryker machen. Der Markt der 3rd Party Anbieter im E-Commerce wächst sehr schnell, weil analog zu Talon.One immer neue Speziallösungen für E-Commerce Herausforderungen gebraucht werden, die sich nicht mehr im Rahmen eines „Standards“ abbilden lassen. Eine gute Nachricht für Betreiber von E-Commerce Messen :-).

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Lieferdienste und Gutschein-Systeme mit Christoph Gerber von Talon.One

mitgründer von Lieferando Christoph Gerber nahm sich nach dem Zusammenschluss mit TakeAway und dem Börsengang im September 2016 eine (ausgesprochen kurze) Auszeit, bevor er im B2B-Markt mit Talon.One neu durchstartete. Über den Lieferdienst-Markt und über seine Neugründung spricht er in diesem Podcast mit Alex.

 „Da findet eine extreme Überhöhung des Begriffes ‚Gründer‘ statt“

2:45

Alex: Beim Thema Lieferdiensten bin ich draußen: Ich fahre selber zur Pizzeria im Dorf und hole die Sachen ab.

Christoph: Und ich habe selber eigentlich nie bei Lieferando bestellt!

Alex: So kann ich das aus Kundenperspektive nie nachvollziehen. Ich gucke mir das nur aus Geschäftsmodellperspektive an: Irgendwann war Pizza.de ganz groß in Deutschland. Dann kam irgendjemand auf die Idee, dass man diese Lieferdienste größer aufstellen kann – während eurer Gründungsphase. Dann stellte sich raus, dass es sich um einen „Winner takes all“-Markt handelt beziehungsweise es bleibt am Ende immer nur einer profitabel über. Stimmt diese Wahrnehmung?

Christoph: Als wir gegründet haben, war es 2007 oder 2008 und ich war im vierten Semester meines Studiums. Über einen Freund kam der Kontakt zum Mitgründer Jörg zustande, der meinte, in USA würde alle Essen bestellen. Jörg war Investment-Banker. Dirk meinte: „Lass uns das mal in Berlin, in Deutschland machen“. Überzeugt war ich noch nicht. Es war eben eine Möglichkeit für mich, aus dem Studium rauszukommen. Eine große Strategie – „Hier ist der Markt, so gewinnen wir ihn“ – war da nicht. Wir haben das Ganze total blauäugig aufgezogen. Die Thematik, dass es nur funktioniert, wenn wir 100% des Marktes haben, haben wir nicht mal angedacht.

Alex: Wie habt ihr angefangen? Seid ihr persönlich auf Pizza-Dienste zugegangen?

Christoph: Am Anfang waren wir zu fünft. Einer meiner besten Freunde, der jetzt Lehrer ist, hat während seiner Semesterferien mitgearbeitet. Wir sind wirklich mit dem Fahrrad zu den Lieferservices gegangen und haben gesagt: „Mit uns wird alles besser!“ Wir hatten derartig wenig Ahnung, dass auf den ersten Bestellungen nicht mal die Telefonnummern der Kunden drauf waren!

Pizza.de hatte zu dem Zeitpunkt vermutlich 80-90% Marktanteil. Dazu gab es viele regionale Kleinanbieter, die jeweils in Berlin oder München sehr stark waren: BringButler, Deliver24, usw. Aber wir haben überhaupt keine Marktrecherche gemacht. Wir haben einfach losgelegt. Und keiner der bestehenden Player – nicht mal Pizza.de – hatte die nötige Aggressivität, gegen uns vorzugehen.

6:20

Alex: Weil sie schon zu lange am Markt gewesen und zu bequem geworden waren?

Christoph: Der Pizza.de-Gründer, Jochen Grote, ist – ohne ihm nahegehen zu wollen – Mitte 50. Er kam aus einer Agentur und hatte paar andere Firmen, aus denen er immer gut Geld rauszogen. Er belächelte uns immer, war arrogant. Und den Jungs von Deliver24 haben wir zu einem Zeitpunkt 2-3 Millionen für ihr Geschäft angeboten. Sie haben abgedankt: „Nee, nee, wir sind viel größer.“ Ich verfolge das nicht, aber ich weiß nicht, ob der Laden überhaupt noch läuft. Das war also ein Markt, in dem man den bestehenden Teilnehmer durch Investitionen gut Anteile abnehmen konnte.

Zum Thema, ob es sich um einen „Winner takes all“-Markt handelt: Es hängt sehr davon ab, was du in einem Markt wie Deutschland mit jetzt zwei großen Playern überhaupt willst. Ich glaube, Delivery Hero bzw. Lieferheld und Lieferando könnten beide sehr gut Geld verdienen, wenn sie aufhören würden, in Marketing zu investieren. Lieferando hat letztes Jahr 50 Million Euro – netto – für die Vermarktung in Deutschland ausgegeben.

Alex: Führt das dazu, dass ohnehin lieferaffine Kunden ständig zwischen Anbietern wechseln, weil sie überall Gutscheine bekommen?

Christoph: Gut, solche Kunden hast du in jedem Geschäft. Aber ein Großteil der Bestellungen findet nicht über Leute statt, die Gutscheine benutzen – wenn sie einmal da sind. Es geht bei den Riesen-Spends einfach um Marktanteile. Kann man doch schließlich immer noch sehr viele Neukunden gewinnen. Als Faustregel gilt: Jeden Tag könnten potenziell rund 15 Millionen Deutsche zu Essen bestellen. Das errechnet man nach Ballungsräumen, in denen geliefert werden kann, sowie Familienstruktur und Einkommensklassen. Dann gibt es jeden Tag zwei Bestellungen – also 30 Millionen am Tag. Im Monat gäbe es also theoretisch bis zu 900 Millionen Bestellungen. Davon haben aber Delivery Hero und Lieferando erst rund 2.5 Millionen.

Alex: In anderen Industrien führt die Konkurrenzsituation zu Vertikalisierung: Vor allem Modeanbieter wie etwa Schuhhändler versuchen, mit Eigenmarken das Sortiment exklusiv zu machen…

Christoph: Wir haben tatsächlich ein paarmal eigenes Essen überlegt. Lieferdienste wissen nämlich ganz genau wo es welchen Bedarf an welchen Produkten gibt.

(Alex erfragt Details dazu: Christoph erzählt von der verschiedenen Nachfrage in verschiedenen Stadtvierteln und wie das mit soziodemografischen Kennzahlen zusammenhängt. Durchschnittsbons variierten etwa stark nach Postleitzahl.

Danach listet Christoph die Nachteile einer Vertikalisierung auf. Man würde das Vermittlungsgeschäftsmodell mit Lieferketten usw. unnötig verkomplizieren. Und unterhalb des höherpreisigen Segments – Foodora & Co. – würde sich kein Anbieter auf nur einen Lieferdienst als Exklusivpartner einlassen. Er erzählt von gescheiterten Versuchen damals, Pizzerien u. Ä. exklusiv zu binden. Wie könne man überprüfen, ob zigtausend Kleinrestaurants doch nicht einfach beim anderen Lieferdienst mit einem leicht abgeänderten Namen auftauchen? Zumal manche kleinere Läden ungefähr jede dritte Woche den Besitzer wechseln würden.)

13:10

Alex: Aber es gibt auch die kleinen Läden, die Gutscheine beilegen und direkte Bestellungen wollen, um sich die 10-15% Provision des Lieferdienstes zu sparen…

Christoph: Da denkst du vom wirtschaftlichen Verständnis her einen Schritt zu weit. Da gibt es zwar örtliche Ketten mit 4-5 Läden sowie die Joeys und Dominos, die ja ganz anders aufgestellt sind: Aber die meisten kleinen Anbieter sind nur damit beschäftigt, an Tag Eins genug Geld zu verdienen, um an Tag Zwei wieder Zutaten einkaufen zu können.

Alex: Da sitzen also keine Denker, die sich überlegen, wie sie aus der Abhängigkeit von Lieferando & Co. hinausfinden?

Christoph: Das ist eine „love-hate relationship“.

Alex: Aber ich glaube, Zalando, Otto & Co. ist eigentlich auch zu doof, Marken produzieren zu müssen. Sie würden am liebsten auch einfach als Händler Produkte gegen Geld an Kunden vermitteln. Nur geht das nicht auf.

Gibt es denn wirklich keinen Lieferdienst weltweit, der sich so etwas wie Domino’s anguckt und sagt: Das übernehmen wir jetzt einfach mal! Die Marke und Lieferkette sind schon vorhanden. Das gibt es jetzt nur noch exklusiv bei uns.

Christoph: Der Kunde will Auswahl. Der durchschnittliche User bestellt in drei verschiedenen Restaurants. Und was man an den Bewertungen schnell merkt: Für den einen ist eine geile Pizza so eine vor Fett triefende Deep-Pan-Nummer, für den anderen so dünn und knusprig, dass der Rand Blasen wirft.

(Es wird kurz über Pizza-Möglichkeiten gefachsimpelt. Dann steht wieder für Christoph die Erkenntnis fest: Der Liefermarkt ist so groß genug und Vertikalisierung verkompliziert das Geschäftsmodell unnötig. Im Anschluss geht er kurz auf das Restaurant-reichweitenvergrößerndes Container-Modell von Deliveroo in London ein.

Obwohl er beim Börsengang ausstieg, verfolge er durchaus noch das Geschehen am Markt, antwortet Christoph auf Nachfrage. Berichte der Unternehmen verstünde man ohnehin eigentlich erst mit viel Kontext. Lieferando habe durch das höchstprofitable holländische Geschäft viel Geld, Lieferheld dagegen die schiere Größe. Clever wäre es daher, beide Brands zusammenzubringen. Die andere Möglichkeit: Markt vom jeweils anderen kaufen – was keiner tun will. Er wisse nicht, wie man in nächster Zeit in Deutschland Geld verdienen wolle, sagt Christoph abschließend zum Thema.)

19:20

Alex: Nachdem du ausgestiegen bist, kam dieser Artikel bei Spiegel Online und die Geschichte mit Talon.One. Was hat dich denn motiviert, noch einmal was aufbauen zu wollen?

Christoph: Ich wurde nicht deswegen Unternehmer, weil ich das Ziel hatte, Unternehmer zu werden. Ich war nie so: „Ich will Gründer werden!“ Was heißt denn „Gründer“? Für mich ist jeder Imbiss- und Späti-Besitzer ein Gründer. Da findet eine extreme Überhöhung des Begriffes statt. Ich wollte halt immer irgendetwas machen. Ich habe Spaß, Sachen zu schaffen. Und ich bin nicht so kompatibel mit gesetzten Organisationen.

Alex: Und den ganzen Tag gar nichts mehr machen: Das ging auch nicht?

Christoph: Das habe ich zwei Wochen lang probiert. Dann habe ich meinem besten Freund, dem Lehrer, vorgeschlagen, dass wir am Nachmittag einfach mal segeln gehen. Es war ja Sommer. Er meinte: „Bist du völlig bekloppt? Ich muss hier meinen Unterricht vorbereiten!“ Meine Freundin danke ebenfalls ab: „Hast du die noch alle? Ich muss hier arbeiten.“ Daran merkst du, dass bei den einzigen Leuten, mit denen du tagsüber abhängen kannst, der einzige gemeinsame Nenner in einem schönen Kontostand besteht.

21:25

Alex: Also hast du mit Talon.One angefangen. Erzähl mal bitte, was das ist und welches Problem ihr löst.

Christoph: Wir haben ja eingangs darüber geredet, ob Leute über Gutscheine Anbieter wechseln – und bei Lieferando war das Thema Gutscheine superrelevant. Wir sind dabei immer an Grenzen gekommen und haben viel Geld für schlechte Promotions ausgegeben.

Alex: Was ist eine schlechte Promotion?

Christoph: Beispiel: 10€-Gutscheine ohne Neukundenvalidierung. Oder mit einer Validierung, die nur über eine E-Mail läuft.

Alex: Also Umsatz, denn du auch ohne Gutschein generiert hättest?

Christoph: Oder den du gar nicht haben wollen würdest, weil die Leute nur wegen des Gutscheins kommen. Dabei sind Gutscheine und Aktionen an und für sich kein schlechter Kanal, wenn sie nur richtig gesteuert werden. So haben wir bei Lieferando, wo ich ja für Produkt und Marketing zuständig war, so eine Art Talon.One-Beta gebaut. Damit konnten wir beispielsweise Gutscheine erstellen, die auf Postleitzahl-Basis funktionierten und für verschiedene Viertel verschiedene Werte hatten – denn der Customer-Lifetime-Value in einigen Vierteln rechtfertigt einen höheren anfänglichen Rabatt.

Dann hatten wir mit Lieferheld über einen Merger gesprochen. Da saßen wir mit deren Marketing- und Produktmanagern zusammen, um Synergien zu erörtern, und die meinten: „Ach, so macht ihr das mit den Gutscheinen? Ist ja geil!“ Sonst habe ich gemerkt, dass das nicht funktionieren würde.

Dann bin ich bei Lieferando raus und hatte noch Bock, was zu machen. Aber das B2C-Geschäft hatte mich zuletzt extrem genervt: Das war ein „super fast-moving consumer goods“-Markt, in dem blitzschnelle Kaufentscheidungen getroffen wurden – im Durchschnitt waren Kunden von Seite-Ansteuern bis Kaufen zwei bis drei Minuten bei uns. Da hatte ich den Ehrgeiz, was völlig anderes zu machen, in dem ich mich noch nicht auskannte – und bin deswegen von blitzschnellen Konsumentscheidungen direkt zum anderen Ende der Skala: „super slow-moving B2B decision-making.“ Das kennst du bestimmt von Spryker auch…

26:25

Alex: Nee! Bei uns fallen die Kaufentscheidungen immer sehr schnell!

Christoph: Für mich war es auf jeden Fall eine neue Erfahrung. Du kannst im B2B auch nicht mit einem Produkt raus, das noch halbgar ist. Da sagen dir die Kunden: „Was kommst du denn hier mit so einem Scheiß an?“ So mussten wir fast zwei Jahre entwickeln, bis wir zufrieden waren. Das muss man auch erst einmal finanzieren. Bei Lieferando hatten wir nach zwei Monaten schon einen funktionierenden Prototyp. Hier musste ich durchhalten und Ruhe bewahren. Für mich war dabei der Treiber: Ich wollte etwas machen, was es so noch nicht gab.

Alex: Wer sind denn eure Kunden?

Christoph: Witzigerweise gehört Delivery Hero zu unseren größten Kunden. Sie haben in einigen Ländern ihre komplette Promotion-Infrastruktur auf uns umgestellt. Denn Talon.One ersetzt ja die interne Voucher-Logik.

(Daraufhin möchte Alex verstehen, genau wie Talon.One eingebunden wird. Christoph erklärt, wie Vouchers as a microservice funktioniert und geht mit Alex diverse Möglichkeiten durch, die Partnerunternehmen dadurch in der Promotionssteuerung bekommen. Dabei nennt er einen weiteren Kunden: Matratzen-Onliner Casper, zum Beispiel.

Die Integration von Talon.One an der Stelle bislang benutzte Lösungen könne schnell gehen: Bei Delivery Hero funktionierte es schon nach vier Tagen. Wer wie Casper Solid UX benutze, das Talon.One zufälligerweise als Testsystem verwendet, bekommt die Integration sogar teilweise in zwei Tagen hin. Dabei sei die Basis-Logik von Talon.One auch nicht so viel anders als in herkömmlichen Voucher-Systemen: Ein Gutschein wird erstellt und eine Reihe von Parametern benutzt, um zu ihn bei der Einlösung zu validieren. Ab welcher Umsatzgröße sich den Einsatz von Talon.One lohne, hänge zwar von vielen Faktoren ab, antwortet Christopher auf eine Frage von Alex, aber wer Promotions als integralen Bestandteil einer Wachstumsstrategie auffasst, bereits 20-30 Millionen Euro Umsatz macht und das Thema nicht mehr technisch anfassen mag, sei mit Talon.One richtig.)

31:50

Alex: Wie ist euer Modell? Basiert das auf abgerechnete Gutscheine – also API?

Christoph: API-basiert hatten wir uns am Anfang überlegt, aber dann fangen die Leute an rumzurechnen, wie sie es integrieren sollen – anstatt eine Vollintegration zu machen und das Produkt wirklich zu nutzen. Bei uns läuft das über die Zahl der Instanzen und Endpunkte: Mit wie vielen Shops bist du dran? Wie viele Support-Hours willst du haben? Wie viele Applikation brauchst du integriert? Wie viele Kampagnen und Validierungen? Man kann ja auch nicht nach Warenkorbwerten abrechnen: Bei den Margen von Delivery Hero beispielsweise täte es der Firma extrem weh, weil 2% vom Warenkorbwert 20% vom Bruttoertrag bedeuten.

Alex: Aber für einen 50-Millionen-Euro Online-Shop, dass 10% seiner Neunkunden über Gutscheine gewinnt…?

Christoph: Macht Talon.One auf jeden Fall Sinn. Das kleinste Paket, das wir anbieten, kostet monatlich 3.500 Euro. Unser größte Kunde – den ich hier nicht nennen darf – zahlt über 40.000 Euro im Monat für die Nutzung.

Wir hatten einen potenziellen Kunden im Beauty-Bereich. Das ist ein Marketplace mit extrem hohen Neukunden-Werten, bei dem man sich alles sehr einfach ausrechnen kann. Einer unserer Mitarbeiter von uns geht alle zwei Monate zum Friseur und bekommt jedes Mal den gleichen Neukunden-Gutschein: Der kostet jedes Mal 15 Euro. Bei uns im Paket würden diese Gutscheine eher 5 Euro kosten: Es sind dabei rund 400 Leute im Monat in Europa, die diesen Gutschein benutzen. Da hätte es sich also für die Firma schon gelohnt. Aber sie wollten nicht.

Dann gibt es Fälle, in denen die Firmen lieber die Einnahmen verbuchen, um diese als Revenue an die Investoren berichten zu können. Da betrügt man sich selber, aber das sehen sie als notwendiges Übel an, um die von den Geldgebern gesteckten Ziele zu erreichen. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns: Einige wollen verarscht werden.

35:00

(Alex unterstreicht, dass es im E-Commerce immer für Firmen mit solchem spezifischen Domäne-Wissen immer eine Rolle geben wird – weswegen Spryker gerade über die Integration von Talon.One nachdenke. Besser könne Spryker es selber wohl nicht machen.

Danach lassen die beiden Dampf über die Unwägbarkeiten der Kundenakquise im B2B ab. Von mehreren Entscheidern hänge eine Kaufentscheidung oft ab. Dabei würden einige sich sperren und andere unpassend krank werden: Themen könnten sich über Monate hinziehen. Christoph packt aus, warum die Akquise von Casper zwei Jahre dauerte. Erstaunt sei er zudem manchmal über die Pflichten- und Lastenheften, die Kunden nur für die Funktionalität Gutschein erstellten: sechs Leute sechs Monate lang beschäftigt! Da hätte man für das Geld einfach direkt Talon.One nehmen können.)

37:35

Alex: Wie viele seid ihr denn mittlerweile?

Christoph: Um die 14 Mitarbeiter gerade.

Alex: Und kann man sich das als SaaS-Lösung vorstellen?

Christoph: Genau. Aufgrund der Kundengröße läuft jeder auf eigenen Instanzen ohne Shared-Services. Sie haben eigenen Datenbanken usw. Wir haben also einen Customer-Access-Manager, zwei Account-Manager – und der Rest arbeitet am Produkt.

Alex: Wir sehen das bei Spryker: Viele Kunden wollen die komplette Kontrolle über den eigenen Code haben. Das heißt: Keine Shared Services, möglichst wenig SaaS. So spielen bei uns die Leute bis auf die unterste Code-Ebene mit allen Sachen rum. Die Developer wollen sich ja austoben.

Christoph: Das lasen wir nicht zu.

Alex: Aber bei euch würde das ja auch keinen Sinn ergeben. Bietet ihr das doch schließlich als Service an. Andere Frage: Finanziert ihr denn alles noch selber? Und was ist euer Ziel?

Christoph: Zum Teil finanziere ich das und zum Teil haben wir einen Investoren aus Australien. Dabei begreifen uns nicht als typisches Berliner Start-up…

Alex: Was ihr aber seid.

Christoph: Naja, dann sind wir wieder bei der Definitionsfrage: Jeder Imbiss ist auch ein Start-up…

Alex: Aber ihr seid doch ein junges Unternehmen aus Berlin im Tech-Sektor!

Christoph: Ja, aber die Szene feiert sich selber zu doll. Wir sagen: „Wir sind ein Unternehmen aus Berlin, das Technologie für Shop-Systeme baut“. Unser Ziel ist es ein sehr, sehr gutes Produkt zu bauen – ohne in so ein Sprint-Marathon-Rennen zu geraten wie bei Lieferando mit fünfmal hart an der Insolvenzverschleppung vorbei… Wir wollen nur über die Qualität verkaufen. Ich weiß zwar, dass das unrealistisch ist – ganz ohne Marketing geht es nie. Aber ich will ein produktfokussiertes Unternehmen aufbauen.

Wir müssen von mir aus auch keine zwei Milliarden Market-Capitalisation an der Börse erreichen. Es geht mir nicht mehr ums Geld. Was mich reizt: Früher bei Lieferando war Delivery Hero unser größter Konkurrent; jetzt integrieren sie Talon.One über alle Länder hinweg. Oder Casper: Sie haben über eine organische Google-Suchanfrage zu uns gefunden.

Alex: Ohne Witz? Über welchen Begriff?

Christoph: „Promotion management“ oder so ähnlich. Delivery Hero übrigens auch! Das war die südamerikanische Division von Delivery Hero, die uns über so ein Kontakt-Formular angeschrieben hat. Im nächsten Schritt waren es dann die Tschechen – auch über die Contact Form. Da habe ich gesagt: „Eure Südamerikaner laufen ja auch auf uns“ – und die so: „Witzig. Wussten wir nicht. Wir haben euch einfach ergoogelt.“

41:50

(Die Takkt-Gruppe aus Stuttgart sei auch übers Info-Formular zu Spryker gekommen, ergänzt Alex, weil ein Vorstand ein Tech-Blog von Fabian Wesner gelesen hatte. Talon.One setze auch auf solche Inbound-Leads und mache keine Selbstvermarktung, sagt Christoph. Große Sprünge wolle er ohnehih nicht machen, sondern ein bis zwei Neukunden im Monat haben und den Fußabdruck schrittweise vergrößern. Wenn VCs bei ihm anklopften und Geld reinpumpen wollten, sage Christoph immer, er sei mit dem derzeitigen Wachstum zufrieden. Seine Devise: „Wir werden kein Milliarden-Unternehmen werden.“)

44:00

Alex: Wer sind eure Mitbewerber.

Christoph: Ganz klar: interne Lösungen.

Alex: Da gibt es nichts Vergleichbares von so einem Adobe…?

Christoph: Kleine Anekdote: Ich war eine Woche, nachdem wir mit Casper unterschrieben haben, über einen privaten Kontakt mit dem CTO essen. Er war halt in Berlin zu Besuch und wir haben einen gemeinsamen Freund. Da meinte ich: „Wir wollen zwar heute Abend nicht über Geschäftliches reden, aber: Wer waren denn die Mitbewerber, als ihr damals zu uns meintet, ihr würdet alle auswerten, bevor ihr euch entscheidet?“ Da hat er eingestanden, dass das ein Bluff war, um den Preis zu drücken. Es gab nämlich keine!

Daher merken wir auch, dass es sich hierbei um so ein tiefes Produktthema handelt, dass es uns auch gar nichts bringen würde, Kunden mit Verkäufern anzusprechen. Wir müssen vielmehr zur Stelle sein, wenn die Leute merken, dass das Thema relevant wird. Und das erste, was Firmen dann machen, ist googeln, was es so gibt.

45:55

(Alex sagt, er wolle nachher im Selbstversuch nach Gutschein-SaaS googlen – und würdigt die Pionier-Leistung von Talon.One. Auch eine eigene Programmiersprache – Talang – habe die Firma entworfen, um die passenden Regelsätze besser abzubilden. Das Thema wird von Christoph vertieft, bevor es zum Schluss hin um folgendes Paradox geht: Je größer der Kunde, desto einfacher die Cases.)

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