Falsche RechnungAls ich 2005 im E-Commerce „angefangen“ habe, waren die Regeln noch ganz trivial. Im ersten Schritt muss man Traffic auf die Webseite bringen und im zweiten Schritt muss man dort dafür sorgen, dass der Kunde dort kauft. Kostenlosen Traffic besorgen war & ist noch immer eine große Kunst. Die Akquise von bezahltem Traffic wurde 2009 von Zalando auf ein neues Niveau gehoben und permanent weiterentwickelt, was es für neue Nachfrager schwer macht. Die Konversionoptimierung des Traffics auf der eigenen Seite allerdings umschwebt seit Jahren eine pseudowissenschaftliche Aura, die jedem halbwegs gebildeten Statistiker bei der Nennung des Begriffs „A/B Test“ den Kaffee auf der Tastatur verschütten lässt. Kaum eine Branche in der nicht täglich neue „Standardkonversionraten“ gesetzt werden und kaum ein Bereich eignet sich für so überzogene Aussagen. „Stellen Sie sich vor, nur jeder 50 Kunde (2% Konversion) kauft etwas in Ihrem Laden. Dann machen Sie doch einen schlechten Job, oder?“ Kann man so sagen, hört man dauert, aber leider macht es das nicht besser. Irgendwann auch jemand angefangen die Worte Usability und Konversion gleichzusetzen. Das macht die Sache nicht einfacher. 

Auf dem Plentymarkets Kongress in Kassel habe ich vor drei Jahren einen Amazonvertreter den folgenden Satz sagen hören: „Wissen Sie, bei uns ist die Konversion 100%. Irgendwann kauft jeder.“  Zu dem Thema habe ich mich nun mit dem Konversionpapst André Morys ausgetauscht und herausgekommen ist für mich unter anderem die Erkenntnis, dass Digitalisierung = Konversionoptimierung ist. André sucht übrigens auch noch ganz viele Mitarbeiter und ganz nebenbei betreibt er mit seiner Firma eines der erfolgreichsten Corporate Blogs in Deutschland.

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Conversion-Optimierung mit André Morys, Gründer von konversionsKRAFT

„Conversion-Papst“ André Morys widmet sich seit 15 Jahren einer Sache: Er hilft Unternehmen, online mehr zu verkaufen. Der von ihm gegründete Dienstleister konversionsKRAFT füllt Lücken an Erfahrung und Wissen im Beriech E-Commerce-Optimierung – und stellt dabei mehr als nur technische Fähigkeiten zur Verfügung. Mit Alex spricht er über die Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte.

 

„Wenn es zwei Prozent mehr sind, machen wir ein Fass auf!“  

4:00

Alex: Euer Blog über E-Commerce-Optimierung gehört für mich zu den besten deutschsprachigen Auftritten. Kannst du mir mal erzählen, wie es dazu kam?

André: Also, ich bezeichne uns immer als „Opfer des Content-Marketing“? Warum? Weil das zu einer Dissonanz führt: Einige sagen „Das ist der André von Web Arts“, andere dafür „Das ist der André von konversionsKRAFT“. Wir haben vor 20 Jahren als stinknormale Interaktiv-Agentur mit UX-Designern und Backend-Entwicklern. Bis um die Jahrtausendwende sich die Erkenntnis durchsetzte, dass es nicht so sehr darum geht, gut auszusehen, sondern dass das Ganze auch betriebswirtschaftlich gut funktioniert. 2008 haben wir dann unser Blog gestartet und feiern im Sommer 10-Jähriges…

Alex: … wie Kassenzone!

André: Mensch! Dann fing das um 2011 oder 2012 damit an, dass ich als „der André von konversionsKRAFT“ vorgestellt wurde. Dann habe ich gemerkt, dass unser Blog-Name eine viel stärkere Brand war als die unserer Firma, Web Arts. Denn „Konversions-Kraft“ drückt das, was wir machen, tatsächlich viel besser aus. So nennen wir uns nur noch konversionsKRAFT jetzt.

Alex: Lass uns also durch die Geschichte der Conversion-Optimierung gehen. Mir ist das Thema damals 2005 erstmals begegnet, als es bei Otto darum ging, wie man teuren Traffic dann auch konvertiert. Dann kamen Richtwerte auf wie: „Ein Händler muss 2-4% der Besucher konvertieren, um profitabel zu arbeiten.“ Wie ist das eigentlich so von 2005 bis heute aus deiner Sicht gewesen?

André: Damals hatte man ganz andere Hebel zur Skalierung: AdWords war einer davon. So war die Optimierung durch UX oder gar Konsumpsychologie war am Anfang gar nicht nötig. Wir waren mit Usability-Themen gefühlt das fünfte Rad am Wagen in der ersten Dekade des Jahrtausends: Das Thema wurde stiefmütterlich behandelt. Wir sind damals bei Pitches durchgerasselt, als es auf Kundenseite hieß: „Methodik? Data-driven? Was ist‘n das für‘n Scheiß?“ Da kamen Scholz-&-Friends-mäßige Teams mit Flash-Intros: „Bäm!“ Da war jeder Marketingchef beeindruckt. So hat das Thema lange gebraucht, denn die Traffic-Skalierung musste erstmal an ihre Grenzen kommen, damit Unternehmen verstehen, dass sie auch betriebswirtschaftlich optimieren müssen.

7:30

Alex: Und das hat im Handel angefangen? Marktteilnehmer wie Otto versenkten damals monatlich Millionen in AdWords und bauten Blog-Netzwerke auf, um SEO-Traffic abzugreifen – bis man festgestellt hat, dass von 1000 Leute, die auf die Website kommen, nur 40 was kaufen…

André: 40 wäre gut! Wobei die Konversionsrate ist schwierig, weil einfach nicht geeignet als Benchmark. Gibt es doch viel zu viele Effekte, die sie beeinflussen. Wir haben es nämlich als Maßstab abgeklopft: Es gab 2010eine Studie von uns mit dem Titel „Konversionsraten deutscher Online-Shops“. Das Ziel war, die volle Bandbreite und Varianz von Konversionsraten zu vermitteln, anstatt mit dem Finger auf denjenigen zu zeigen, der nur 1,8% hinkriegt und den hochzuloben, der mit 2,9% dabei ist. Das war intensive Aufklärungsarbeit.

Alex: Wie geht ihr denn heute in Projekte rein? Kommt ein Shop zu euch – sagen wir im hartumkämpften Segment Consumer-Electronics – der eigentlich alles richtig macht: Produkttexte, Bilder, Kundenbewertungen, Quick-Checkout – alles da. Sagt der: „Herr Morys, wenn Sie uns bei der Konversionrate nur noch ein halbes Prozent rausholen könnten…“

André: Klar, genau solche Händler kommen zu uns. Nicht nur Traffic-, sondern auch Retourkosten drücken nämlich am meisten im B2C-Handel auf den Deckungsbeitrag. Da sagen wir: No pain, no gain. Da wo der Schmerz am heftigsten ist, setzen wir an – nämlich bei der Frage, wie man mehr Menschen zum Kauf anregt, wo kaum noch Alleinstellungsmerkmale da sind.

Meine Antwort ist immer, dass gutes Verkaufen letztlich immer Psychologie ist. Das muss man verstehen und beherrschen – und genau das fehlt vielen digitalen Menschen. Sie gucken auf Analytics-Daten und Zahlenkolonnen, aber wirklich konsumorientiert zu verstehen, warum kaufen Menschen hier (und da nicht) und die Prinzipien dahinter anzuwenden, fällt vielen sehr schwer.

10:55

Alex: Bleiben wir also bei unserem beispielhaften Elektronik-Händler, der – setzen wir mal an – rund 100 Millionen Umsatz macht. Würdest du sagen: „Da wird eigentlich jeder was finden?“

André: Ja, man findet immer was. Und ich eröffne immer Kundenworkshops mit der Frage: „Warum sollte ich bei dir kaufen?“

Alex: Was sagt denn unser klassischer Händler? Die meisten, denen ich diese Frage stelle, können das nicht beantworten.

André: Das ist tatsächlich die erste Hürde. Gehst man aber in die Tiefe und sprichst mit Mitarbeitern aus Kundenservice oder mit Einkäufern, nennen die einem eine ganze Reihe von Gründen – von denen man die Hälfte wiederum streichen kann, weil sie keine Alleinstellungsmerkmale darstellen: „Im Kundenservice versuchen wir immer, die letzte Meile zu gehen…“ Die sind zwar redlich bemüht, aber wo spürt das denn der Ottonormalverbraucher, der nur vier Sekunden auf dem Shop unterwegs ist? Gerade da sieht es meistens dünn aus. So kommen Kaufentscheidungen entweder rein zufällig zustande. Oder sie sind komplett preisgetrieben. Und das ist das Teuerste, was dir passieren kann.

(Alex fragt daraufhin, ob die Problembeschreibung so auf alle Branchen und Segmente zutrifft. Für André ist das zwar oft eine Frage von der Unternehmensreife im Digitalen, aber die Herausforderungen seien dabei doch überall dieselben. Viele nähmen sich ehrgeizige Ziele – wollten wir AirBnB oder Uber sein – und die Frage sei dann: „Wie schlecht starten sie?“

Danach erwähnt Alex nach Hotelbuchungswebseiten und die dunklen Künste der Verkaufspsychologie: „Letztes Zimmer zu diesem Preis!“ Habe Zalando nicht vor paar Jahren eine Abmahnung wegen künstlicher Verknappung kassiert, erwidert André.)

15:00

André: Das ist das Spannende, wenn man das untersucht: Hotelzimmer sind tatsächlich von Natur aus knapp. Und auch im Tourismus ist der Margendruck hoch. Deswegen haben Branchenpioniere – in diesem Fall Booking.com – ganz früh agile Optimierungsteams mit Data- und UX-Experten aber auch Psychologen zusammengestellt. Zudem kenne ich viele Conversion-Spezialisten, die dort arbeiten und weiß also, wie gut die aufgestellt sind. Die machen das eben den anderen vor. Jede Branche hat so ihren Primus.

Alex: Warum lernen aber andere Branchen nicht daraus? Sei es Zalando oder Fahrrad.de. Gibt es doch genug Modelle, die mit Verknappung erfolgreich arbeiten: Brands4Friends beispielsweise. Zugegebenermaßen ist das auch deren ganzes Geschäftsmodell…

André: Geh eine Ebene tiefer: Was sind die universellen psychologischen Prinzipien meiner Branche und meines Business-Models? Was passt zu meiner Marktpositionierung und zu dem, was ich verkaufe? Klar, man kann sich fragen, was der Handel vom Tourismus lernen kann. Aber manche Sachen sind naturgemäß knapp, andere nicht. Plumpe Versuche, was von Booking.com einfach zu nachzumachen, stellen für meine Begriffe große Fehler dar. Besser als die Website kopieren ist nämlich, die Organisation dahinter, die Teamstruktur, zu kopieren. Selber Pyschologen, Data-Scientists und UX-Experten anheuern! Seinen eigenen Weg finden!

17:20

Alex: Meinst du nicht, sämtliche Seiten würden nach einer gewissen Zeit alle gleich aussehen?

André: Eben nicht! Denn zur Zeit werden Sachen oft übernommen, ohne das zu hinterfragen. Kaum hat irgendein Versandhändler mal so einen Slider auf seine Website gehabt, fanden das alle schick und wollten dann auch einen. Niemand hat aber wirklich getestet, ob das gut funktioniert! Das Problem der angeblichen „Best Practices“ ist, dass sie nur „Common Practice“ sind.

Alex: Das stimmt! Ein Kollege von mir bei Otto sagt, sie hätten oft geguckt, was alle andere so machten. Sie versuchten möglichst viel davon umzusetzen, auch wenn das lange dauerte oder nicht alles zur Template passte. Dann ging er bei Otto weg und arbeitete als freier Berater für einen anderen Online-Händler. Da stellte er fest: Sie schielten ihrerseits auf Otto. So schließt sich der Kreis!

André: So ist es. Jeder guckt auf den anderen, aber keiner hat wirklich datengetrieben getestet, ob es denn nun wirklich besser funktioniert!

(Alex spricht André daraufhin auf Statistik an. Was sei die beste Vorgehensweise, um an zuverlässige Daten zu kommen? Das Thema sei komplex, antwortet André, da Auffassungen von Statistiken innerhalb eines Unternehmens oft weit auseinandergingen. Der oft begangene Kardinalfehler: Es prescht einer bei der Optimierung mit viel Geld vor, aber Kollegen kaufen ihm die Ergebnisse nachher nicht ab. Denn sehr oft spiele hier was aus der Psychologie mit rein: der Confirmation-Bias – die Suche nach der Bestätigung der eigenen These. Eine statistische Grundausbildung sei vonnöten, die André gern im Blog und in E-Books vermittle, damit er nicht immer wieder dieselben Grundfragen zu Statistik beantworten müsse.)

22:35

Alex: Ich versuche mich gerade daran zu erinnern, wie das 2005 war, als ich anfing. Da gab es schon so eine Usability- und UX-Team.

André: Ja, die gab es damals. Aber sie waren nicht datengetrieben. Das war alles bloß qualitative Forschung. Sie führten Nutzerrecherche durch, hatten Labs…

Alex: … Wieso gilt ein Lab nicht als data driven? Guckt man doch 50 Usern über die Schulter, wie sie auf der Seite unterwegs sind!

André: Die kurze Antwort: Lies mal unseres E-Book zu Statistik durch! Aber ich würde jetzt an der Stelle sagen: Wenn du 2000 durch hattest, dann können wir anfangen, zu quantifizieren. Davor ist das Kaffeesatzleserei.

Man kann das mit Jakob Nielsen sagen: fünf Probanden reichen aus, um 80% der Fehler auf einer Webseite aufzudecken. Das ist das Pareto-Prinzip. Aber um eine Webseite so zu gestalten, dass sie besser verkauft, setzen wir Dinge um, die vielleicht ein halbes Prozent mehr Umsatz generieren sollen, oder ein Prozent. Wenn es zweieinhalb Prozent mehr sind, machen wir ein Fass auf! Aber – und da kannst du mal rückwärtsrechnen – um diese zweieinhalb Prozent nachzuweisen, braucht man eine fünfstellige Menge an Probanden.

Der Vorteil eines A/B-Tests ist dabei: Der User auf der Seite weiß nicht, dass er in einem Test ist. Deshalb ist für mich User-Research schön und gut, aber qualitativ. Bis man die Erkenntnisse, die man dort durchaus gewinnen kann, qualitativ validiert hat, bleiben das Ideen, Hypothesen.

(Vor 15 Jahren sei noch alles bloß qualitativ gewesen. Alle hätten vom Buch Don’t Make Me Think geschwärmt. Der Hype lag zwar in der Einschätzung richtig, dass einfaches Design immer alles andere übertrumpfe, führte aber dazu, dass nie in Richtung datengetriebenen Ansatz weitergedacht wurde. Den Effekt von Usability-Vorhaben mit Zahlen belegen zu können, sei der Schlüssel.)

26:10

Alex: Im Vorgespräch hast du gesagt: Digitalisierung sei eigentlich das Gleiche wie Conversion-Optimierung.

André: Wenn man sich anguckt, was sich in den letzten 15 Jahren geändert hat: Früher wurden Marketing-Manager beauftragt, jetzt ist das ein C-Level-Job. Wie du es richtig sagst, es geht darum, die gesamte betriebswirtschaftliche Situation eines Unternehmens zu verändern. Und wir merken, wenn wir solche Aufträge bekommen, wie schnell traditionellere Unternehmen an ihre Grenzen kommen. Denn Conversion-Optimierung ist eine relativ agile Disziplin. Wer nicht von der Denke her agil ist, wird damit scheitern. Das Gleiche gilt für Kundenzentriertheit. Wer nicht wirklich kundenzentrisch denkt, wer nicht weiß, was Market-Fit und MVP usw. heißt, wird doppelt scheitern. Viele optimieren noch „in der Rille“, optimieren irgendwelche Templates und testen die gegeneinander. Aber wenn du willst, dass es was bringt, musst du Kundenentscheidungen verändern. Es geht letztens um Mindset.

(In traditionellen Unternehmen, führt André fort, seien oft Regeln wichtiger als Wachstum. Entscheidungsschleifen gerieten dann ins Endlose. Daraufhin stellt Alex eine Frage aus der WhatsApp-Gruppe: Was könnte man kundenseits vorbereiten, um besser mit UX-Dienstleistern zu arbeiten? Dann möchte Alex wissen, wie stark das konversionsKRAFT-Blog konvertiert: Gar nicht, kommt die Antwort. Das sei aber nicht Sinn der Übung, zumal sie sie jetzt schon 1000 Anmeldungen für 500 Plätze in ihren Webinars hätten.)

32:30

Alex: Nächste Frage: Gab es in den letzten 12 Monaten Conversion-Trends, die man unbedingt mitgemacht haben muss, um keinen Traffic und Umsatz zu verschenken?

André: Es gibt immer wieder solche Trends. Vor zwei Jahren fing das mit den exit intent pop-ups, die erscheinen, wenn man nach oben links wandert und einem einen Gutschein anbieten – sozusagen als „Geh nicht!“-Geste. Aber das hat sich totgelaufen. Nachdem alle damit angefangen haben, waren die Nutzer irgendwann genervt und der Effekt war weg. Deswegen hechele ich den nicht den neuen Trends hinterher. Und so lange an der Basisarbeit noch so viel zu tun ist, brauchen die Leute nicht mit irgendwelchen oberflächlichen Sachen anzufangen.

(Daraufhin will Alex wissen, was André seinen Kunden konkret anbietet. Es gehe vorrangig darum, einen Optimierungskreislauf beim Kunden aufzubauen: Hypothesen in Alleinregie aufstellen, testen, ggf. umsetzen – und dann die nächste Runde. Und die nächste. So würden die Unternehmen immer reifer und übernähmen immer mehr selbst. Deshalb arbeite konversionsKRAFT nicht auf Projektbasis, sondern nur langfristig mit seinen Kunden. Nur Unternehmen, die wirklich nicht verstanden haben, wie wichtig das Thema Kundenerlebnis ist, um etwas zu verkaufen, seien grundsätzlich nicht zu helfen. Erste Aufgabe also: Verstehe das Customer Experience – und warum du es besser machen musst. Zweite Aufgabe: Nutze Technologie, um das zu skalieren. Technologie helfe ohne Wissen um den Kunden nicht weiter. Umgekehrt könne man ohne Technologie sein Wissen nicht umsetzen.)

36:00

Alex: Hat dabei UX einen anderen Index-Wert als die bloße Konversionsrate? Gibt es Webseiten, die eine super Customer Experience anbieten, aber nur schwach konvertieren?

André: Nein, das korreliert sehr hochgradig. Ein Fehler ist es allerdings, Customer Experience mit Nutzerzufriedenheit gleichzusetzen. Da wird nämlich viel falsch gemessen. Denn gutes Verkaufen macht die Leute nicht unbedingt glücklich. Klar, am Ende sollen sie ein gutes Gefühl haben, aber wenn wir jetzt zurück zu Booking.com gehen: Ich frage das immer in Vorträgen: „Wen nervt das mit der Verknappung dort?“ 80% der Hände gehen in die Luft. „Und wer kauft da trotzdem?“ Alle Hände noch oben. Man muss sich nicht immer wohlfühlen, um was zu kaufen.

38:00

Alex: Dabei gibt es abgesehen vom Desktop immer mehr Kundenschnittstellen, die optimiert werden müssen: Mobile, Voice, Car. Das ist eigentlich die Hölle für Unternehmen, oder?

André: Und deshalb ist es so wichtig, das Prinzip zu verstehen und nicht einfach seine Wettbewerber zu kopieren. Wenn man kundenpsychologisch begriffen hat, was zu tun ist, kann einem selbst über alle diese Devices nichts mehr passieren. Das ist das Problem damit, auf der Oberfläche zu bleiben: „Gibt es noch einen Tipp, wie ich auf dem Desktop meinen Warenkorbwert erhöhen kann?“ Wenn ich das gefragt werde, sage ich immer: „Ich gebe dir mal einen Tipp: Hör deinem Kunden besser zu.“

Dann frage ich immer: „Wie viele Vollzeitkräfte beschäftigen sich bei euch mit Data Analytics?“ Die sagen dann 18 Leute, denn die sind ja so data driven. Dann frage ich: „Und wie viele FTEs hast du, um herauszufinden, wie deine Kundenrealität aussieht?“ Da haben sie keine Antwort.

Alex: Oder: „Wir führen einmal im Jahr eine Marktforschung durch“.

André: Auch schön: „Wir haben da so einen Panel…“ Oh Gott, nee!

39:25

Alex: Aber kann denn jemand, der bislang Warenkorboptimierung betrieben hat, sich nach vorne raus beispielsweise um Voice-Optimierung kümmern? Also, ich stelle mir mal so Fragestellungen vor wie: „Wie schnell antwortet das Gerät? Wann soll das Gerät Rückfragen stellen?“

André:  Na klar! Wenn du deinen Verkaufsprozess verinnerlicht hast, wirst du kein Problem haben, daraus eine Voice-Schnittstelle zu bauen. Wer weiß, wie verkaufen funktioniert, kann nächstes Jahr seine App auch auf den Bildschirm eines Teslas bringen. Es ist doch so: Den Desktop muss man noch im Griff haben – und niemand sagt, es ist falsch, seine Warenkörbe zu optimieren – aber das wichtigste ist die Grundlage, von der man das ableitet. Das lässt sich auf alles übertragen, was es sonst noch in Zukunft so geben wird.

(Danach stellt Alex eine weiter Frage aus der WhatsApp-Gruppe: André soll doch bitte gute A/B-Test-Tools beim Namen nennen, um Orientierung im Wust derer anzubieten. Er verweist auf einen entsprechenden Artikel bei konversionsKRAFT, womit sich Alex nur schwer zufrieden gibt. Bestimmt habe er doch ein Lieblingstool. Nichts da, eher umgekehrt, sagt André – und verweist auf einen weiteren Text zum Thema, warum A/B-Test-Tools generell mit Vorsicht zu genießen seien.

Alex will wissen, ob Optimierungs-Learnings aus B2C auf B2B übertragbar seien. Klar: Alles sei letztendlich Mensch-zu-Mensch-Marketing, antwortet André. Auch jemand, der einen Traktor kauft, agiere auch emotional. Nur seien Prozesse komplizierter und Unternehmen versuchten, das Menschliche zu minimieren. Was aber nicht gelinge. Solange man nicht direkt über eine beim Kunden im SAP integrierte Schnittstelle verkaufe – also Maschine-zu-Maschine – seien die Prinzipien der Verkaufspsychologie letzten Endes dieselben wie im Einzelhandel.)

44:20

Alex: Neue Interfaces versuchen ja, die ganzen Customer-Journey-, UX, und Branding-Themen rauszukürzen. Alexa sagt im Grunde genommen: „Willst Windeln? Kriegst die, die du immer gekauft hast.“ Gefährden solche Schnittstellen nicht die Conversion-Optimierung?

André: Auch hier wäre meine Antwort, dass man nur die Prinzipien verstehen muss. Gefährden tun Alexa & Co. das also nicht – maximal verändern sie, wie Conversions zustande kommen. Auch wir beschäftigen uns seit zwei Jahren mit Conversational UI, haben aber die Prinzipien, die wir daraus abgeleitet haben, auch auf grafischer Ebene umgesetzt – was ja gut funktioniert hat. Denn ein universelles Prinzip spielt da rein, von dem man immer ausgehen kann: Der Mensch ist grundsätzlich faul. Deshalb werden Voice-Schnittstellen meiner Meinung nach sehr wichtig werden.

45:05

Alex: Dann noch eine Frage aus der WhatsApp-Gruppe: Was war das Coolste, was du im letzten Jahr in Sachen UX gesehen hast. Nicht Tools, sondern Seiten, bei denen du sagst: „Vieles richtig gemacht.“ Außer dem Tesla, den du ja immer wieder lobst…

André: Mist! Denn: Wenn du nach einer Probefahrt wieder in den Tesla-Showroom angekommen bist, steigst du aus – und da ist ein Konfigurationsbildschirm vor deiner Nase! Das ist wirklich UX, clever durchdacht…

Alex: … Aber jetzt ein weltliches Beispiel, bitte!

André: Was mich sehr geprägt hat, war eine Webseite zum Thema Kreditoptimierung, die komplett dialogisch aufgezogen war. Sonst haben Versicherungsvergleichsportale und Ähnliches immer ganz lange Formulare, die du ausfüllen musst. Die haben aber das, was ich gerade erwähnt habe, gemacht: Conversational UI auf die grafische Ebene übertragen. Die Webseite fragt dich: „Na, was willst du denn finanzieren?“ Du schreibst „Haus“. Nächste Frage: „Wie groß?“ Dann hast du einen Schieberregler. Zack, zack, zack! Das hat man so schnell beantwortet und hat Spaß dabei.

Das ist so ein Ding, das schon etwas leicht Disruptives hat: Das Customer Experience ist einfach so signifikant besser, das du auf einmal keine Lust mehr hast, klassische Interfaces zu benutzen. Es macht einfach einen Ticken mehr Spaß. Es ist 10% besser – was als Wettbewerbsvorteil ausreicht.

(Im Anschluss stellt Alex eine letzte Frage aus der Gruppe: Wenn Änderungen klein sind – etwa Buttonbeschriftung – ergibt es trotzdem Sinn, die zu testen? Das hänge in erster Linie von der Zahl der Bestellungen ab, antwortet André. Erst bei der Größe Amazon oder Booking.com lohne es sich, solche Kleinigkeiten groß zu testen. Darunter fehle vor allem die statistisch relevante Masse. Die Gefahr, sich in solchen Details hineinzusteigern – „Optimieren in der Rille“ – und nicht mehr groß zu experimentieren, sei hoch. So ein Button-Text spiele eben eine viel zu kleine Rolle im Bestellungsprozess.

Danach will Alex wissen, ob 2018 große Änderungen oder Neuigkeiten im Bereich UX anstehen. Der Fokus würde auf Bestellung per Chat liegen, sagt André, und erklärt, warum die Tendenz dazu hingehen werde, beispielsweise Flüge per WhatsApp buchen. Auch das komme unweigerlich durch die naturgemäße Faulheit des Menschen.

Zum Schluss hin geht es wieder darum, warum man im Bereich UX und Conversion so schlecht vergleichen kann. Wie wolle man benchmarken, ob eine Seite verkaufspsychologisch besser aufgebaut ist, als eine andere, fragt André rhetorisch. Was man tun könne: Sich über die Experimentierfreudigkeit und das Tempo seiner Mitbewerber informieren. Abschließend resümiert Alex das Gespräch. André gibt den Hörern mit auf den Weg, dass – aufgrund von Komplexität und Größe – jedes Unternehmen auch in Zukunft immer irgendetwas besser wird tun können, als ein Amazon.)

54:45

Alex: Beenden wir mal den Podcast mit einer ganz einfach Frage: Wie definiert man, welche Elemente wo richtig sind? Oder, noch einfacher: Button oben links, oder Button oben rechts?

André: Mach‘ einen A/B-Test! Dann weißt du es.

Alex: Aber mit welchem Tool denn…

André: Ich sag‘ ja immer: Das Tun kommt vor dem Tool!

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