MultitaskingJoel ist die treibende Kraft hinter dem Portal digital kompakt, was sich in den letzten 12 Monaten in jeder Hinsicht eindrucksvoll entwickelt hat. Jede Woche gibt es dort zwei bis vier Podcast Folgen zu verschiedenen Themen. Joel versteht sich als Journalist, muss aber einen großen Teil seiner Zeit auch Kaufmann sein. Aus meiner Sicht ist er damit einer der ersten, sehr modernen Fachjournalisten, deren Geschäftsmodell sich nicht nur trägt, sondern auch stark wächst. Das Interview mit ihm ist eine Fortsetzung der Diskussion mit dem OMR Macher Philipp Westermeyer (Fachverlag 2.0). Die klassischen Verlagsmodelle und damit auch die Arbeitsverhältnisse befinden sich gerade in einem starken Wandel und der Weg von Joel erscheint mir sehr nachahmenswert zu sein. 

Im Gespräch erklärt er ausführlich wie es nach Gründerszene.de und seinem Samwer Buch überhaupt zu Digitalkompakt gekommen ist, und warum er sich lieber als Mediemacher sieht und nicht so sehr als Journalist. Er bezeichnet Digitalkompakt als „Kompetenzzentrum zum Thema Digitalwirtschaft“, dem es darum gehe, Menschen mit sehr wenig Zeit tiefe Einblicke in diese Sphäre zu geben. Das gelingt ihm durchaus, Chapeau. Wenn ihr Joel unterstützen wollt, dann könnt ihr das bei www.patreon.com/dkompakt tun. Viel Spass mit dem Interview und euch allen einen guten Rutsch!

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Journalist 2.0 mit Joel Kaczmarek, Journalist, Autor, Podcaster

„Die große Kunst ist die Navigierbarkeit von Wissen“ 

2:40

Alex: Wie entstand damals das Medium „Gründerszene“ und was war der Anlass, es zu verkaufen? Und dabei würde mich auch interessieren, ob du dich überhaupt als Journalist siehst – oder als was anderes?

Joel: Den Begriff „Journalist“ hasse ich. Früher schwang da viel Anerkennung mit. Man war gut vernetzt und bespielt eine Öffentlichkeit. Heute ist der Journalist der Arsch vom Dienst. So nenne ich mich selber „Medienmacher“ oder „Medienunternehmer“. Denn, wenn ich mir meinen Tag so angucke, ein Teil davon ist Vertrieb, ein anderer Produktentwicklung und wiederum ein anderer Content.

Zur Entstehungsgeschichte von Gründerszene. Ich damals an der Design School of Thinking – einem von Hasso Platten finanzierten Institut an der Universität Potsdam – ein Zusatzstudium gemacht. In der Digitalisierung wird Design Thinking ja oft als Großes Neues Ding gehandelt. Das ist eine Kreativmethode, Konzepte zu entwickeln. Wir hatten da eine Geschäftsidee und bekamen über den Kursleiter den Kontakt zu einem der Gründer von StudiVZ vermittelt. Es handelte sich um Kolja Hebenstreit, einen Partner von Team Europe – das war ein Inkubator damals. Wir haben uns unterhalten und es war beeindruckend, wie er in 30 Minuten meine Idee auseinandergenommen hat. Wir hätten eigentlich wissen sollen, dass das gar nicht so sein Fall war…

In dem Zuge merkte ich, dass es so ein Blog namens Gründerszene gab, das der Lukasz Gadowski privat betrieb. Ich ging auf ihn zu und fragte, ob wir nicht was zusammenmachen wollten. „Was willst du machen?“ fragte er. „Internetunternehmen von hinter den Kulissen mal zeigen. Der Mechanik hinter der glattgeleckten Fassade nachgehen.“ So fing ich mit einem Interview mit Jörg Rheinboldt von der Spendenplattform Betterplace an. Dann fragte ich Lukasz, ob ich einen zweiten machen könnte. Er bot mir an, Chefredakteur zu werden – was ich vom Begriff her bizarr fand, weil das einfach nur ein Blog war. Aber so fing das an.

5:00

Alex: Hattet ihr damals schon Mitarbeiter?

Joel: Nein. Wir hatten einen Praktikanten und dann Ressortleiter, die im Prinzip Unternehmer waren, die sich auf dem Wege dann profilieren konnten. So hatte jeder Bereich jemanden Externen, der was zugeliefert hat. Im Prinzip bedeutete das also, einen oder zwei Fachbeiträge im Monat einsammeln. Ich habe da ohne Vorkenntnisse einfach angefangen, das Ganze ein bisschen magazinig zu machen: Wir haben auf einmal von uns in der dritten Person gesprochen, wir hatten dann bestimmte Formate und bauten nach und nach neue Features: Datenbank, Lexikon… So haben wir uns sukzessive professionalisiert.

Alex: So etwas wie Crunchbase in klein?

Joel: Ja, das war ein ziemlicher Magnet und heute noch halte ich es für einen schlauen Zug – aus SEO-Sicht vor allem. Woran es allerdings haperte: Die Wart- und Aktualisierbarkeit. Wir hätten da Prozesse aufstellen sollen, um sicherzustellen, dass wir die Inhalte auf dem Stand hielten. Aber der Gedanke, eine Art Handelsregister aufzubauen, in denen man einsehen kann, wer welche Anteile an welchen Gesellschaften hat – und dann mit einem Klick auch noch einsehen kann, was die Beteiligten sonst noch haben – war goldrichtig. Wenn du jetzt irgendeinem Gründer von irgendeiner Internet-Bude suchst, kommst auch heute noch dahin. Total Long-Tail zwar, aber wenn du mich heute googelst, kommt der Gründerszene-Eintrag als erstes Ergebnis.

(Alex googelt sich, um zu sehen, ob er es dorthin geschafft hat. Negativ. Joel führt weiter durch die Entwicklung von Gründerszene.)

7:05

Alex: Habt ihr euch damals denn im Wesentlichen von Anzeigen finanziert?

Joel: Der Großteil war anzeigenbasiert. Vor allem das Thema Jobs hat irgendwann richtig gezogen, was ja sehr dankbar ist: Relativ wenig Aufwand und vergleichsweise hohe Warenkorbwert bei starker Nutzung und überschaubaren, an Null grenzenden Ausgaben. Was auch immer mehr zunahm: Advertorials. Das ist journalistisch fragwürdig. Man geht zu einem Unternehmen hin und sagt: „Du zahlst mir x-Tausend Euro und dafür kriegst du einen Artikel, der so aussieht, wie ein redaktioneller Beitrag, der aber eigentlich Werbung ist.“

Alex: Das ist, glaube ich, ein sehr gefährliches Spiel, weil man damit seine Marke kaputtmachen kann. Ich kriege hier täglich Anfragen für Advertorials, aber ich finde es extrem schwierig, den Kassenzone-Kreis damit zu belästigen.

(Danach geht es um die Entstehung seines Buches über die Samwer-Brüder. Wegen Unstimmigkeiten unter den Gründerszene-Gründern suchte er schon vor dem Verkauf an Springer neue Betätigungsfelder. Das Buch war Teil einer Übergangsphase, damit sich das Team an das Unternehmen ohne hin gewöhnen konnte – und dazu ein Traumprojekt, das er gern umsetzte.

Er habe auch großes Glück gehabt, da das IPO von Rocket Internet kurz nach der Veröffentlichung erfolgte. Verkauft wurden zwischen 7.000 und 9.000 Exemplare: Auf Amazon belegte er zeitweilig Platz 30. Von Sachbüchern allein könne man aber nur leben, so Joel, wenn man mehrere im Jahr schreibt oder als Professor Lehrbücher erstellt. Runtergebrochen auf die Arbeitszeit habe er nämlich höchstens 1000 Euro brutto im Monat damit verdient. Zudem sei das Buch sehr aktualitätsgebunden gewesen. Nach einigen Spitzen flauten die Verkaufszahlen schnell ab. Alex stimmt ein: Er sei mit dem E-Commerce-Buch auf Platz 200 auf Amazon und trotz aller Erfolge könnte man wirklich nicht vom Erlös leben, wenn man das reine Autorendasein anstreben würde.)

12:40

Alex: Wir halten fest: Du hattest zwar Erfolg, aber noch nicht so viel, dass du heute nicht mehr arbeiten musst.

Joel: Das würde ich auch gar nicht wollen. Ich mache das aus Leidenschaft.

Alex: So bist du in den Journalismus reingerutscht und bist jetzt mit Digital kompakt im Journalismus 2.0 unterwegs: Du bist sowohl Journalist als auch Kaufmann. Aber dein Herz schlägt wohl noch eher für das Kreative, oder? Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass du liebend gern Cold-Calls mit potentiellen Anzeigekunden machst. Lass uns insofern erst einmal über Content reden und danach über Erlöse und ob sich das Modell auf andere Journalisten übertragen lässt.

Joel: Damals hatte ich eine Gründung SessionBird, mit der man online Meetings organisieren konnte. Das war eine Art „Skype trifft auf GoogleDocs“. So konnte man eine Telco abhalten und gleichzeitig am selben Dokument arbeiten. Ich habe festgestellt, dass das Konzept sehr erklärungsbedürftig war. Meine Lösung war, einen Video-Macher zu holen, der uns das in Bewegtbildern aufbereitet. Dabei hatte mich das Manager Magazin angesprochen, ob ich doch nicht eine Kolumne schreiben wollte. So dachte ich: Bieten wir denen mal eine Video-Kolumne an und die Zahlen mir den Typen.

Dazu kam, dass ich als Gründer von SessionBird merkte, wie viel Intransparenz es noch gibt: Welchen Steuerberater, welchen Anwalt brauche ich? Oder wie mache ich beispielsweise ein Data-Warehouse? So haben wir Videos aufgenommen – mit dem Manager Magazin, auch mit brand eins. Ich habe die sogar Gründerszene angeboten. Aber keiner hatte ein Model für die Refinanzierung gefunden.

So dachte ich: Was soll’s? SessionBird lief nicht, wie wir uns das vorgestellt hatten – und ich hatte im Journalismus Blut geleckt. Ich machte es also selber. Dabei wollte ich vom Anfang an kein klassisches Medienmodell aufbauen, sondern eher eine Community ins Leben rufen. Werbung sollte auch meiner Meinung nach nie das Rückgrat eines Magazins sein, sondern höchstens ein Standbein unter vielen. Mein Gedanke war vielmehr mithilfe einer Community Wissen zu vermitteln und darauf Services zu bauen.

15:20

Digital kompakt lässt sich mit dem Namen erklären: Wir haben Digital als Thema und versuchen das sehr tief zu betrachten. Im Handelsbereich ist man verwöhnt – Kassenzone, ExcitingCommerce, das eine oder andere Shop-Blog. Digital insgesamt ist dagegen sehr News-lastig: t3n, Deutsche Startups, Gründerszene, Berlin Valley, TechCrunch… Dabei haben Neuigkeiten in einer digitalen Welt und vor allem zu digitalen Themen keinen Wert. Hat eine Nachricht doch eine Halbwertszeit von höchstens fünf Minuten! Das Vakuum sehe ich darin: Wer erklärt, wie was funktioniert? Was ist ein Data-Lake? Wie kriege ich Rohdaten in mein Data-Warehouse? Und was ist Bitcoin nochmal ganz genau? Das machen wir alles – zweiter Teil des Namens – kompakt, damit das konsumierbar bleibt.

Dabei hat sich herauskristallisiert, dass Podcasts ein sehr gutes Format sind. Als Hörer kann man nämlich damit unproduktive Zeit produktiv machen: Auf dem Weg zur Arbeit, beim Putzen, beim Sport. Das verträgt sich sehr gut mit unserer Mission. So bieten wir 40-Minuten-Interviews mit schlauen Leuten an und vermitteln Inhalte.

(Alex erklärt, wie er anfangs den Podcast als Abfall vom Video ansah, bis er merkte, dass sich die Leute keine einstündige Videos von den Gesprächspartnern bei YouTube gucken wollten. Danach habe er einfach die Tonspur bei Soundcloud hochgeladen und, siehe da… Zumal, so Joel, gut produziertes Video richtig teuer sei. Podcasts könne man ohne annähernd so viel Aufwand in akzeptabler Qualität anbieten.)

19:40

Alex: Den Bedarf nach ausführlichen, hintergründigen in langen Texten und Podcasts aufbereiteten Informationen kann ich nachvollziehen. Hat doch die Komplexität im Digitalen extrem zugenommen, seitdem ich 2008 mit dem Bloggen anfing. Ich schätze, neue Leser auf Kassenzone und Hörer vom Podcast haben heute Schwierigkeiten, einzusteigen, weil ihnen oft der Kontext der letzten Jahre fehlt. Ich merke, da muss man wahnsinnig viel erklären – vom Grund auf, in langen Texten. Im Journalismus heutzutage ist das aber eigentlich genau umgekehrt. Es müssen immer mehr Klicks erzeugt werden – und da laufen kurze Texte, Bilderstrecken, Facticles und so weiter viel besser.

Eine andere Frage: Wie sieht ein durchschnittlicher Tag bei dir aus? Wie viel Zeit kannst du der Recherche deiner Podcasts und der Erstellung von Inhalten widmen? Und wie viel ist Verwaltungsarbeit und die Kommunikation mit Werbepartnern?

Joel: Das ist schwierig geworden. In viele Podcasts gehe ich jetzt unvorbereitet rein: Bei einigen muss ich vieles beitragen. Bei anderen bin ich wiederum lediglich der Stichwortgeber. Die Podcasts mit dir und Jochen Krisch sind beispielsweise immer sehr aufwändig in der Vorbereitung. Wenn ich nämlich mit euch etwa über das Geschäftsmodell von HelloFresh diskutiere, muss ich das sehr genau kennen. Bei anderen, generelleren Themen mache ich das relativ frei. Wenn ich mit Florian Heinemann was mache zum Beispiel, kann ich mich auf ihn und seine leicht professoriale Art verlassen. Da muss ich nur steuern!

(Daraufhin geht Joel auf die Geschichte seiner Podcasts detaillierter ein – angefangen bei der ersten Nummer mit Florian Heinemann. Er listet die als „Verticals“ beschriebenen Themenblöcke auf, zu denen er Podcasts produziert, und gibt Einblicke in die Produktion sowie die Vermarktung an Werbepartner. Alex gibt an dieser Stelle sein leicht modifiziertes Verständnis von die Eigenschaften des Podcasts als Werbemedium zu Protokoll: Er sei nicht – wie mal gedacht – konversionsstark, sondern als Markenwerbung und als Teil einer breiter angelegten Marketing-Strategie zu verstehen.

24:50

Das nimmt Joel zum Anlass, die Grundlagen der Podcast-Werbung zu rekapitulieren, um dann mit Alex übereinzustimmen: Podcastwerbung sei bestens geeignet für längerfristige Markenbekanntheit, aber funktioniere schlecht als Mittel für transaktionale Vermarktung. Was Werbepartner auf alle Fälle merkten: Nach einem Auftritt würden sich Kontaktanfragen intensiv häufen. Ein Buzz um den Teilnehmer und das Unternehmen wird erzeugt.)

27:40

Alex: Viele der Hörer von diesem Podcast werden Journalisten sein, die frei arbeiten und die sich fragen, ob es nach vorne raus noch reichen wird, mal für die Süddeutsche und mal für den Spiegel zu schreiben – oder ob sie doch nicht ihr eigenes Profil schärfen und einen unabhängigen Einnahme-Kanal aufbauen sollen. Wir wollen von dir hören, ob das geht? Schaffst du es mit Digital kompakt, so einen Erfolg wie Gründerszene nachzubauen? Oder ist das gar nicht dein Ziel?

Joel: Um mal auf die Verteilungsfrage zurückzukommen: Rund 50-70% meiner Zeit geht in die Content-Produktion und -Nachbereitung; 30% ist Vertrieb. Dann sind 10% übrig, die für eine Vielzahl von kleineren Themen draufgehen: Business-Development, Management im Team usw. Dabei muss man auch sagen, dass der Posten „Content Produktion und -Nachbereitung“ auch so etwas umfasst wie irrsinnige Terminabsprachen. Letztens brauchte ich beispielsweise sage und schreibe 56 Mails, um mich mit zwei Teilnehmern für einen Podcast zu verabreden.

Breiter geantwortet: Ich betrachte Digital kompakt eigentlich nicht als Medium. Klar, das ist eine Art Blog, wenn man das so sieht. Aber es ist vielmehr ein Mittel für einen höheren Zweck, der dann auch irgendwann folgen soll. Der Gedanke ist, immer tiefer in die Themen einzutauchen und die Vielfalt der Formate ständig zu erhöhen. Konkret heißt das: Man kann einen Podcast aufnehmen, da hat man Audio. Dann lässt man es transkribieren und hat eine Textebene. Dann erstellt man eine Executive Summary, also die Zusammenfassung. So kann sich der User entscheiden: „Ich möchte mich zum Thema Bitcoin informieren. Höre ich mir jetzt 40 Minuten Gespräche dazu an, währen ich im Fitnessstudio auf dem Laufband trainiere. Oder möchte ich lieber 15 Seiten Text dazu lesen, um zu sehen, was mich da wirklich interessiert? Oder nehme ich Geld in die Hand und kaufe mir die Executive Summary? Die große Kunst ist – und das hat meiner Meinung nach bislang kein Medium wirklich hingekriegt – die Navigierbarkeit von Wissen. Wir haben 130 Podcasts! Überlege dir mal, wie lange du darin wühlen müsstest, wenn dich ein bestimmtes Thema interessiert. Wenn ich dir das aber zugänglich mache und du dir aussuchen darfst, auf welche Weise du das konsumierst, biete ich dir eine wirkliche Dienstleistung an.

(Joel geht dann auf die zusätzlichen Services ein, die angeboten werden könnten: Vorschläge für Experten oder Beratung – zum Beispiel ein Wissens-Check mit Empfehlungen. Deswegen behandelt Joel Themen und Inhalte zeitlos: Es gehe darum, einen Fundus an Wissen aufzubauen, anstatt schnell auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.

Als genereller Ratschlag an Journalisten, die aus einem klassischen Medienumfeld kommen und sich online etablieren wollen, sagt Joel, es gehe nicht so viel um technisches Verständnis. Er beispielsweise habe keine Ahnung von PHP, könne aber schon Inhalte ins Netz hieven. Darauf komme es an. Wichtiger seien zwei Fragen: Wer ist mein Publikum und was wünscht es sich? Wie kann ich mich vom Markt abheben. Eine Differenzierung erreiche man durch Tiefe und durch Personalisierung – letztere sowohl in dem Sinne, dass man selber als Person sichtbar wird, als auch durch das Zuschneiden von Inhalten auf Nutzer.)

34:20

Man darf auch nicht das Geschäftsmodell außer Acht lassen. Bei mir ist es folgendes: Ich erzeuge Tiefe und baue damit eine Community von Interessierten auf, die ich dann monetarisieren kann, indem ich Services baue. Bis ich allerdings dahinkomme – Stichwort: Henne und Ei – setzte ich auf den Klassiker Werbung. Dabei ist das Thema relativ egal. Man könnte dieselbe Strategie auf Ernährung anwenden. Dann geht es darum, dass ich erst einmal versuche, das Geld von Nestlé und Coca Cola einzusacken, weil sie sich gerade einen gesunden Anstrich verpassen wollen. Nach hinten raus will ich aber eigentlich Diätprogramme verkaufen.

(Alex verliert ein paar lobende Worte für das schlanke Design und die technische Eleganz von Digital kompakt. Im Vergleich sehe es bei Kassenzone nicht so schick aus. Seine Leser und Hörer seien mehrheitlich aus dem Bereich B2B. Er möchte wissen, wie der Zielleser von Joel aussieht. Auch seine Leserschaft komme eher aus der Branche, verrät Joel: 60% Digitalentscheider mit Personal- und Budget-Verantwortung. Die andere 40% stelle sich aus Junior-Manager ohne Verantwortung sowie Agenturen, Gründer und sonstige.

37:00

Auf Alex Anfrage, was ein Leser in der Akquisition koste, kann Joel keine genaue Zahlen nennen. Wissen tue er allerdings, welche Kanäle in der Zuführung von neuen Lesern besonders effektiv seien und welche nicht. Auf Xing etwa habe er zwar 25.000 Fans, aber das generiere keine Reichweite. Bei Facebook seien es dahingegen nur 3.000 Follower, wovon aber 1.500 mehr Traffic bringen als 15.000 bei Xing. Allerdings funktioniere die gezielte Werbung von Inhalten bei Facebook überhaupt nicht. Das habe er gemerkt, als er versucht hat, einen Podcast darüber zu bewerben: Die Costs-per-play seien astronomisch gewesen. Reichweite zu akquirieren sei sehr teuer. Generell seien die drei wichtigsten Kanäle für Joel Facebook, WhatsBroadcast und Newsletter. Alex stimmt zu und gibt Zahlen: WhatsBroadcast sei der beste Kanal für Kassenzone. Auch E-Mail-Newsletter würden konvertieren.)

44:10

Alex: Hast du beim Newsletter eine hohe „churn rate“ – also viele, die sich nach einer Zeit wieder abmelden?

Joel: Wir haben einen sehr geringen Churn. Ein Malheur haben wir aber definitiv: Traffic auf der Website. Wir sind irgendwann dazu übergangen, viele Podcasts zu produzieren. Aber mir fehlt die Zeit, auch Analysen zu schreiben, wie du das machst. Ich bewundere dich immer, dass du das hinkriegst! Denn ohne Text wachsen einem die Probleme. So wollte ich zum Beispiel Jobs als zweite Einnahmequelle neben Anzeigen etablieren. Aber dann habe ich festgestellt: Meine Reichweite ist zwar sehr gut, aber sie ist überall in Apps und Podcasts verstreut.

Alex: Jobs kann man schon in Podcasts bewerben! Ich mache das…

Joel: Klar, aber dann hat man einen Medienbruch: „Hey! Wenn ihr bei Spryker arbeiten und euch in Hamburg eine goldene Nase verdienen wollt, dann geht mal auf digitalkompkat.de/jobs/spryker“ oder so… Das finde ich schwierig.

Alex: Wie viel Traffic kommt denn auf deine Website?

Joel: Ich könnte es dir nicht genau sagen. Daran merkst du, wie wenig aufmerksam ich da arbeite. Grobe Nutzerzahlen sind 12-15.000 User, die im Monat auf die Seite kommen. Dafür, dass wir wenig machen, finde ich das gar nicht so schlecht…

Alex: Das ist sogar sehr gut. Bei Kassenzone sind die Traffic-Daten öffentlich und werden auf Basis von Analytics aktualisiert. Wen das also interessiert, der kann sich das immer angucken. Normalerweise sind es um die 500 bis 3000 Unique Visitors. Aber ich arbeite ja nicht nach TKP, also gucke ich da nicht so darauf.

Ich sehe, allerdings was du meinst. Du hast vermutlich 1.000 bis 2.000 Sessions am Tag auf deiner Seite und das ist zu wenig, um dort ein Job-Portal nach vorne zu bringen.

Joel: Ja, ich habe mich zwar sehr aktiv versucht, mehrere Player zusammenzuschrauben – also mit Magazinen geredet, die in ihren speziellen Segmenten Spitze sind: VentureTV, Deutsche Start-ups, VR Nerds, Gründermetropole, Funpreneur. Wir hatten einen gemeinsamen Ticker gebaut, um Neuigkeiten in konsumierbarer Form zu präsentieren, und mein Gedanke war, das mit Stellenannoncen zu koppeln, damit die Angebote auf fünf Plattformen erscheinen. Aber da braucht man Reichweite. Darauf gucken Werbetreibende. Und man tritt damit in Konkurrenz zu Jobbörsen, die die Inserierung sehr billig anbieten. Oder Jobbörsen, denen umgekehrt die Leute eine Heidenkohle hinterherwerfen – und dafür mit einem superhohen Streuverlust belohnt werden. Da staunt man teilweise!

Unsere inhaltliche Tiefe ist daher schon eine Stärke und ich würde daher einen signifikanten dreistelligen Preis pro Annonce erzielen wollen. Aber dann muss schon was beim Werbetreibenden ankommen, sonst ist er ja unzufrieden. Dabei ist ein Ziel von mir immer die richtigen Leute auf Digital kompakt zu haben und nicht möglichst viele. Aber das sollten trotzdem ein paar mehr Richtige sein.

(Im Anschluss listet Joel auf, was er alles vorhat, um 2018 den Traffic auf Digital kompakt zu erhöhen. Alex betont, wie wichtig die Experimentierfreudigkeit ist, wenn man als Journalist neu mit einem eigenen Portal startet. Er selber habe Glück gehabt: Die neuen Kanäle wie Podcasts kamen nach und nach dazu, als er schon mit Kassenzone online war. Heute müsse man vieles davon auf einmal lernen. Es habe beispielsweise – und hier pflichtet ihm Joel bei – mehrere Iterationsschleifen bedurft, bis er sauber Ton aufnehmen konnte. Danach schwelgen die beiden in Erinnerungen an ihren ersten hässlichen, hastig mit Handy-Kamera gemachten Videos.)

49:45

Alex: Nach dem Erfolg der Podcasts: Gibt es denn nach vorne raus Kanäle, die für dich vielversprechend sind? Ein Snapchat-Zehnsekünder etwa?

Joel: Kann man beispielsweise machen. Ist immer nur die Frage, wer deine Zielgruppe ist. Wenn man wirklich Entscheidungsträger haben will, sind sie meistens 30 plus und daher nicht sonderlich Snapchat-affin. Aber will ich Studenten ansprechen will, die in fünf Jahren vielleicht an einer leitenden Stelle sind, dann klar.

Was wir auf jeden Fall gerade tun: Wir fangen gerade eine Kampagne auf Patreon an. Und ich glaube das ist ein gutes Schlusswort für deine Zuhörer, die fragen: „Was kann ich als Journalist tun?“

(Daraufhin stellt Joel die Crowd-Spendenplattform Patreon vor. Das sei ein gutes Umfeld, um mit einer Vision und einem Versprechen eine Community aufzubauen und schnell regelmäßige Einnahmen zu erzielen. Zum Ende des Podcasts gibt Joel detailliert Auskunft darüber, was Digital kompakt auf Patreon Abonnenten anbietet und stellt die Aussichten vor. Er schließt mit einer Anekdote ab: Ein Student habe letztens 5 Euro im Monat über Patreon zugesagt, weil das, was er in 5-6 Stunden Podcasts bei Digital kompakt lerne, als Vorbereitung auf die Arbeitswelt nützlicher sei, als 15-16 Stunden Uni. Dafür zahle er aber 15.000 Euro. Der Journalist 2.0 sei in der Hinsicht jemand, der einen klaren USP hat – inhaltliche Tiefe oder Zugang zu etwas Brandneuem – und das im Netz verfügbar zu machen versteht.)

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