Senior zählt sein KleingeldIm April 2014 haben Holger Schneider und ich unser erstes kleines Paper zum Thema „Evil Commerce“ herausgebracht, um den damals grassierenden Thesen rund um den E-Commerce („Multichannel is the winning model“) etwas entgegenzustellen. Seitdem sind viele weitere eTribes Paper erschienen, die alle einer sehr ähnlichen Struktur folgen und Fragen zur Digitalisierung einzelner Industrien aufwerfen. Anstatt sich lange mit, aus meiner Sicht sinnlosen, Kundenbefragungen aufzuhalten, werden in den Unterlagen die gängigen Marktzahlen gespiegelt und Experteninterviews geführt, um einen Überblick der Branchenherausforderungen zu bekommen. Dabei entstehen durchaus spannende Thesen zur Zukunftsfähigkeit diverser analoger Modelle, die der Leser sehr frei auslegen kann.

Eine Zeit lang haben sich Retailbanken aufgrund der niedrigen Zinslage darum gekümmert die teuren stationären Vertriebskanäle zu reduzieren. Nun steht das komplette Bankgeschäft auf der Kippe und Cryptowährungen beschleunigen die Diskussion enorm, sind aber ganz sicher nicht Ursprung der vielen Probleme analoger Banken. Dieses Thema wird im neusten Paper „Knut zahlt bar“ diskutiert.

Kürzlich hat die Commerzbank mitgeteilt ihre Digitalisierungsprojekte auf Eis zu legen, weil es an Erträgen mangelt, um diese zu finanzieren. Das ist die Kapitulation in Bezug auf die Digitalisierung. Und so entwickelt sich die Bank zum Übernahmekandidat für erfolgreichere Wettbewerber aus dem europäischen Ausland. Die deutsche Bankwirtschaft befindet sich auf dem historischen Tiefpunkt und muss sich neben Niedrigzinsen der fortschreitenden Digitalisierung stellen. Diese wird von vielen Banken nicht als Chance begriffen, sondern als lästige Notwendigkeit, die veraltete IT-Infrastruktur zu modernisieren. Kundenzentrierung war nie die Stärke der Banken hierzulande. In diese Lücke stoßen agile Fintech Unternehmen und machen sich dieses Defizit zu nutzen. Und auch die GAFA(P) Unternehmen haben immer mehr Angebote, die traditionell Banken vorbehalten waren. Die digitale Finanzwirtschaft wird zukünftig von zwei Modellen dominiert sein: Spezialbanken und Plattformenbanken werden entweder spezielle Lösungen anbieten, oder diese von diversen Anbietern für ihre Kunden integrieren. Hier entscheidet sich wer erfolgreich neue Geschäftsmodelle bauen kann und wer in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird.

Auch in dieser Diskussion wird deutlich, dass es vielen Marktteilnehmern vor allem darum geht ihr Geschäft zu erhalten anstatt es konsequent zu verändern. Und wie bei allen anderen Diskussionen zur Plattformökonomie wird auch hier deutlich, das durchaus noch großer Bedarf an klassischen Bankservices besteht, aber die Refinanzierung der Services komplett auf den Kopf gestellt wird. Die Banken die nun anfangen ihren Kunden für die Nutzung der Überweisungsfunktion einen Betrag x abzunehmen, haben die Plattformökonomie genausowenig verstanden wie stationäre Handelsketten die ihre Beratung nicht mehr unentgeltlich anbieten wollen. Das Problem wir zunehmend klarer, die Lösungen damit aber nicht einfacher. Das haben die beiden Autoren des Papers, Jonas Piela und Clas Beese hervorragend herausgearbeitet. Das Paper ist kostenlos als Download verfügbar.

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