Beim Handelskongress in Berlin vor zwei Wochen, haben sich wie gewohnt viele analog geprägte Unternehmen aus Deutschland getroffen, um über ihre glorreiche Vergangenheit zu reden. Ein paar Digitalisierungsansprachen gab es auch, aber einer der Höhepunkte war sicherlich das Interview mit dem Amazon Deutschland Chef Ralf Kleber, der von der Moderatorin Dunja Hayali befragt wurde. Leider konnte er auf die Frage zum Thema Steuer & Amazon nichts kluges antworten, was laut einem welt.de Artikel zu höhnischem Gelächter im Saal geführt hat. Auf diese Frage keine gute Antwort zu haben, ist aus Amazon Sicht fahrlässig, darüber als betroffener Händler oder Hersteller zu lachen ist allerdings nicht besser. 

„Das ist ein schwieriges Thema, weil es so viele Aspekte hat“, druckste der sonst so beredte und selbstbewusste Manager auf eine Frage von Moderatorin Dunja Hayali herum. Es handele sich übrigens generell um eine „angeregte Diskussion“, die man „mit Spannung“ verfolge. Im Publikum höhnisches Gelächter, vereinzelt Pfiffe, knapp vorbei am Affront.

Der Artikel beschreibt darüber hinaus noch recht nüchtern wie stark die bestehende Handelsstruktur durch Amazon unter Druck gerät und am Ende gewinnt Ralf Kleber in dem Artikel die Meinungshoheit:

Kleber: Einer der wichtigsten Grundsätze laute, Fehler als Bestandteil der Innovationskultur zu akzeptieren und Erfolgversprechendes auszuprobieren wie den Lebensmittellieferdienst Fresh, den Amazon in Deutschland derzeit im Raum Berlin/Potsdam, Hamburg und neuerdings München anbietet. „Wir versuchen, einen Mehrwert zu schaffen“, sagte Amazons Deutschland-Statthalter. „Wenn es geht, sind wir da, wenn nicht, sind wir weg.“ So einfach ist das. Und doch so schwierig.

Was sagen nun aber die Kunden zu der Kritik. Dank der über 300 Kommentare unter dem welt.de Artikel kann man das im Detail nachlesen. Das hat sich bereits bei anderen welt.de Artikel bewährt (Amazon ist doof) & (Die Innenstadt stirbt). Nicht umsonst ist der Artikel in der Rubrik Wirtschaft mit dem Label „heftige Kritik“ eingeordnet. Das schreit ja nur nach Kommentaren. Damit ihr nicht alle 300 Kommentare lesen müsst, haben wir die wichtigsten Meinungen in einem einfach zu verdauenden Tortendiagramm zusammengefasst.

  • „Wer will heute noch in die Stadt shoppen?? Ist doch nur Zeitverschwendung. Eine beliebige Kette nach der anderen. Die Städte haben es versäumt, den Einkauf attraktiv zu gestalten. Und die Händler haben fleissig mitgespielt.“
  • „Das ganze Drumherum interessiert die Kunden nicht. Die sehen den Preis und die schnelle Lieferung, die Auswahlmöglichkeiten und die Garantie.“
  • „Der Kunde muss König sein! Liebe Händler: Schneidet Euch mal eine Scheibe bei Amazon ab, dann klappt es auch mit dem Verkaufen… „
  • „Die Steuervermeidungsdiskussion in diesem Zusammenhang ist nahezu lächerlich und damit typisch für deutsche Politikdarsteller: Nicht Amazon macht die Steuergesetze, aber natürlich wird das kaum thematisiert. Wir Kunden allein entscheiden, wo sie einkaufen.“
  • „Alles Jammern hilft nichts. Wenn Amazon den besten Service, die beste Logistik und einen fairen Preis bietet, dann gewinnen die eben und wer das nicht bietet, der bleibt auf der Strecke.“

Spannend an den Kommentaren ist, trotz der sehr negativen Prägung des Artikels, dass Amazon in Summe in Schutz genommen wird. Deutlich über 50% der Kommentatoren nehmen eher den analogen Handel in die Pflicht und von den ca. 40% negativen Kommentaren kaufen wahrscheinlich auch 70% bei Amazon, mangels Alternativen. Vielleicht sollte man beim nächsten Handelskongress einfach mal 100 Kunden einladen. Das dürfte sehr spannend sein.

Amazon-ist

In die Auswertung sind die letzten 200 Kommentare eingeflossen und wir haben versucht die Kommentare inhaltlich übereinander zu bringen. Kommentare die z.B. lediglich für „unmoralisch“ gestimmt haben, sind so auch mit den Kommentaren zusammengefasst, die für „unmoralisch und ich vermeide dort zu kaufen“ gestimmt haben.

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