hemdSchon als Schüler, bei der Vorbereitung zum Abiball, bin ich am Hemdenhandel geradezu verzweifelt. Mit knapp 2m Körpergröße, langen Armen dabei aber nicht besonders dick, scheine ich für die (Konfektions-) Hemdenindustrie eine Art Alien zu sein. Auf jeden Fall war ich spätestens zum ersten Studentenpraktikum (in einer Bank) sehr froh einen Anbieter (Dolzer) gefunden der Hemden in der passenden Größe herstellen konnte. Richtig schick hat das auch nicht ausgesehen, aber auf jeden Fall besser als die Konfektionshemden von P&C die nur knapp über den Ellenbogen gereicht haben. Irgendwann im Jahr 2015 habe ich, dank eines Gutscheins, den Anbieter Tailorjack entdeckt, der mich persönlich direkt mit der ersten Hemdenlieferung überzeugt hat. 2015 war ein schwieriges Jahr für den (Online-) Maßhemdenhandel, weil sich im Februar 2015 der hoch finanzierte Anbieter YouTailor mit einem lauten Knall vom Markt verabschiedet hat. Tailorjack ist dieses Schicksal allerdings erspart geblieben und als mich der Geschäftsführer Tobias Wulf vor kurzem kontaktiert hat, war das für mich ein willkommener Anlass all meine Fragen zu diesem Geschäftsmodell loszuwerden.

Es geht im Gespräch darum wie groß dieser Markt für Maßhemden überhaupt ist (> 1 Mrd. Euro pro Jahr in Deutschland), was man mit dem Modell überhaupt verdienen kann, wenn man Hemden ab 39€ anbietet, warum es viele Wettbewerber nicht geschafft haben und wie Tailorjack in Zukunft wachsen könnte. Da haben wir ein paar spannende Ideen entwickelt (Stichwort Kassenzone Influencer). Natürlich geht es auch um den potentiellen Wettbewerb mit Amazon und um die Frage warum man bei Tailorjack bestellen sollte und nicht beim Wettbewerb. Einen kleinen Anreiz hat Tobias mitgegeben.  Mit dem Gutscheincode „GRAF10“ könnt ihr ein paar Euro sparen. Hier geht es zur Webseite von Tailorjack.

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Die Kassenzone Interviews sind verfügbar bei:
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PODCAST & Interview Transkription – für alle Leser, die Audio & Video nicht so gerne konsumieren. Die Transkription wird gesponsert vom führenden Loyalty Anbieter PAYBACKhier mehr erfahren und App herunterladen.

 

Online-Maßhemden mit Tobias Wulf, Geschäftsführer von tailorjack

Auf www.tailorjack.de stellen Kunden ihre persönlichen Kleidungsstücke nach Wunsch zusammen. Jeder User ist sein eigener Designer und kann mit Zugriff auf rund 500 verschiedene Stoffe individuelle Hemden, Blusen und Anzüge entwerfen. Danach nehmen Kunden die eigenen Maße auf oder gehen zu einem Vermessungspartner, damit das fertige Kleidungsstück dann passgenau sitzt. Sie dürfen aber auch dem tailorjack Algorithmus vertrauen und nur Eckdaten wie Größe und Gewicht nennen.

 „Bei uns kommen manchmal abenteuerlich konfigurierte Hemden raus“         

2:50

Alex: Lass uns anfangs über den Markt insgesamt reden. Wie vermutlich viele Zuhörer habe ich zur Konfirmation oder zum Abitur mein erstes Hemd gekauft. Da ging ich ganz normal zu Peek & Cloppenburg und das Hemd passte mir gar nicht, weil ich relativ breite Schulter und lange Arme habe. Über was für einen Markt reden wir hier?

Tobias: 2016 umfasste der gesamte Hemdenmarkt in Deutschland rund 2,9 Milliarden Euro Umsatz. Dabei werden Blusen gesondert erfasst: Der Umsatz bewegt sich hier bei 3,3 bis 3,4 Milliarden. Dann kommen Anzüge für rund 400 Millionen dazu. Accessoires wie Einstecktuch, Krawatten usw. runden das mit ungefähr 90 Millionen ab.

Alex: Und wieviel davon ist maßgeschneiderte Ware?

Tobias: Das ist schwierig zu sagen. Beim Keyword „Hemd“ haben wir rund 22.000 Suchbegriffe monatlich: „Maßhemd“ ist nicht viel mehr als ein Zehntel davon. Dabei müsste der Markt an sich für Maßhemden sogar noch kleiner sein. Aber Details weiß ich da leider keine.          

Alex: Gibt es denn große Hemdenmarken? Ich habe letztens Werbung von Olymp wahrgenommen…

Tobias: Ja, Olymp gehört neben Seidensticker und Eterna zu den Größten im Markt. Sie bieten konfektionierte Hemden an: Man kauft also nach Kragengröße und wählt dann – in deinem Fall – extralange Arme, Passform usw.. Dann gibt es Hersteller wie Hugo Boss und Tommy Hilfiger, aber keine dieser Marken bietet maßgeschneiderte Ware an, wie wir es tun.

Alex: Gibt es denn von Olymp, Eterna & Co. keine Sparte, die auch Maßhemden macht?

Tobias: Sie gehen ein wenig in diese Richtung, aber da hat man ja nur die Möglichkeit zu sagen: „Ich möchte den Kragen und würde dann die Größe damit verbinden.“ Das ist leichte Individualisierung. Das, was wir anbieten, ist aber Maßschneidern.

6:00

Alex: Als ich damals mein erstes Praktikum bei der Comdirect-Bank machte, hatte ich es satt mit den kurzen Armen und fuhr zu Dolzer nach Hamburg. Sie bieten Maßkonfektion an: Ist das etwas ähnliches?

Tobias: Das geht in dieser Richtung. Aber der Unterschied zu Maßschneidereien ist: Bei Maßkonfektion gibt es das Kleidungstück schon. Es ist bereits in der normalen Konfektionsgröße vorhanden – beim Anzug 46 oder 48 beispielsweise, beim Hemd 40 oder 42 oder nach Kragenweite – und hier und da können kleine Änderungen vorgenommen werden. Dann wird eben ein 44-er Hemd genommen und die Ärmel einen Tick kürzer oder länger gemacht. Das ist ein Baukastensystem…

Alex: … eine Mischung aus Konfektionshemd und Maßhemd.

(Alex rekapituliert die Entwicklungen am Markt bislang: maßgeschneiderte Hemden waren lange um ein vielfaches teurer als Konfektionsware. Disruption und Disintermediation im Netz ermöglichten es, sie viel günstiger an den Mann zu bringen – und so starteten viele damit online: YouTailor etwa, rund 2008 gegründet, rasant gewachsen und später insolvent. Ein paar andere finden Erwähnung.)

9:00

Alex: Jetzt der dritte Schritt in meiner persönlichen Hemd-Evolution: Studienfreunde kamen nach Sabbaticals und Auslandsjahren aus Asien zurück und meinten: „Alex, da können die einem einen Maßanzug für 99 Euro schneiden. Wir müssen hier in Deutschland dieses Business aufbauen!“ Ein klassisches EBS-WHU Geschäftsmodell also, das es – glaube ich – immer noch gibt. Seid ihr auch so entstanden?

Tobias: Ich selber bin ja nicht der Gründer. Aber früher ist tatsächlich hier in Hamburg so ein Inder mit den ganzen Stoffen durch die Büros getingelt und hat die Leute abgemessen, dann ist er nach Hause nach Thailand geflogen, um die Kleidungsstücke auch zu produzieren. Sechs Wochen später hatten die Kunden ihre Hemden. Dieser Mann hieß Jack. So sind der Name und die Firma entstanden.

Alex: Es verlief also etwas organischer als in so einer klassischen Start-up-Geschichte.

Tobias: Genau!

(Alex und Tobias erörtern, wann und wie Alex Kunde bei Tailorjack wurde und wie es dadurch zu dem jetzigen Gespräch kam.)

12:10

Alex: Erzähl mal ein bisschen, wie ihr heute aufgestellt seid. Wie viele Mitarbeiter habt ihr denn jetzt gerade?

Tobias: Wir sind seit 2011 am Start und haben ein kleines Team von fünf Leuten. Wir wollen auch klein bleiben und langsam wachsen. Hätten wir auf einem Schlag 20.000 Bestellungen, müssten wir sie nämlich auch abarbeiten. Da müssten wir uns im Vorfeld darauf vorbereiten, mit den entsprechenden Lieferanten sprechen – und das dauert alles.

Alex: Aber ihr fünf sind nicht diejenigen, die die Hemden nähen, oder?

Tobias: Nein. Das sind einige mehr, die für eine Produktion arbeiten, mit der wir kooperieren. Wir haben keine In-House-Produktion also. Je nach Bestellungslage beschäftigen wir dann in der Produktion mal 10, mal 20 Schneider. Im Sommer ist auch bei uns weniger los. Jetzt im Winter wird es ein bisschen mehr.

Alex: Und bei euch kriegt man ein Hemd ab 39 Euro, richtig?

Tobias: 38,90€! Unser teuerstes Hemd kostet dann 89,90€: beste Qualität, reine Baumwolle, usw. Dazwischen gibt es zwei Stufen: 50 und 70 Euro.

(Bei der Gelegenheit gibt Alex seine Präferenz für die Kategorie 50 Euro und die Gründe dafür preis. Dann geht es um die zahlreichen Kofigurationsmöglichkeiten: Knöpfe, Kragen, Taschen. Von der Ärmelknopfleiste bis zu Kontrastkragen im Sinne des „Wall-Street-Hemden“ ließe sich alles entscheiden. Zudem erzählt Tobias nebenbei, dass die Webseite spätestens Anfang nächsten Jahres gerelaunched wird.)

15:40

Alex: Muss aber jeder alles immer konfigurieren, oder bietet ihr auch Standardkonfigurationen in Basisfarben wie Schwarz, Weiß usw.an? So für diejenigen, die ein gut sitzendes Maßhemd wollen, dabei aber nicht über die Manschetten-Innenfarbe entscheiden mögen oder können… Anfangs habe ich mir nämlich bei euch was zusammengestellt – bis meine Frau kam und sagte: „Das sieht Kacke aus!“ Jetzt habe ich’s raus, wie ich es konfiguriere, damit es halbwegs sinnvoll aussieht…

Tobias: Bei uns kommen auf jeden Fall manchmal abenteuerlich konfigurierte Hemden raus! So haben wir ein paar vorkonfigurierte Modelle: Wir haben uns überlegt, was so ein klassisches Businesshemd ausmacht. Meistens weiß, meistens mit Kent- oder Haifisch-Kragen, mal mit Umschlagmanschette. Aber prinzipiell geht es darum, dass der Kunde selber sagen soll, wie er es haben möchte – und dann so bekommt.

Alex: Und was macht ihr fünf, die hier in Hamburg sitzen?

Tobias: Das ist unser Service-Team. Einmal die Woche haben wir zudem hier zum Vermessungstermin „Tag der Offenen Türen“…

Alex: … mit dem alten Jack noch?

Tobias: Ich glaube, den gibt’s sogar noch. Wir kümmern uns ebenfalls um Logistik-Themen: Alle Hemden kommen nämlich bei uns an. Die gucken wir uns an und verpacken sie kundenfertig. Denn bei manch anderem Anbieter, der Maßhemden online verkauft, kommt die Ware direkt aus China angeliefert und der Kunde muss unter Umständen selber noch zum Zoll. Bei uns übernehmen wir das für den Kunden – und führen bei der Gelegenheit selber eine Qualitätskontrolle durch. Anzüge bügeln wir dabei noch auf, damit sie möglichst vernünftig beim Kunden ankommen.

18:00

Alex: Seid ihr damit direkte Wettbewerber des alten Maßschneiders, dessen Werkstatt noch nach Stoff reicht? Verliert er Kunden an euch oder gewinnt ihr Neue für das Thema?

Tobias: Bei den Hemden sind wir dem alten Maßschneider auf jeden Fall ebenbürtig. Bei den Messpunkten, die wir abfragen, kann man nicht mehr viel optimieren. Zum alten Maßschneider geht man eher noch für Anzüge: Nach dem ersten Termin, bei dem die Maße genommen werden, wird der Anzug gefertigt. Dann geht man noch einmal zum Anpassen hin und es sind manchmal drei bis vier solche Fittings, bis der dann auch wirklich sitzt. Das können wir leider nicht anbieten.

Alex: Habt ihr denn keine Partnerschneider? Ich glaube, bei Mister Spex gibt es so ein Netzwerk von stationären Optikern…

Tobias: Das haben wir nicht. Was wir allerdings anbieten, ist eine Passgarantie. Sagen wir mal, du kommst aus München und hast ein Hemd und einen Anzug bestellt – die dann nicht passen. Dann darfst du dich gern an uns wenden und, sofern das kleinere Korrekturen sind – Ärmellänge kürzen oder Anzug ein wenig dazutaillieren –, übernehmen wir da die Kosten von der Kleinschneiderei um die Ecke. So kommt man schnellstmöglich wieder an seine Kleidungsstücke. Für den Fall, dass es gar nicht hingehauen hat, weil man sich zum Beispiel eklatant vermessen hat, umfasst unsere Passgarantie übrigens eine zweite Anfertigung. Du als Kunde schickst uns ein paar Bilder und wir sagen dann, wo was geändert werden muss. Das klappt immer sehr gut.

20:15

Alex: Bei euch sind die Retourenrechte wahrscheinlich ohnehin etwas anders gelagert als sonst in der Modebranche, oder? Man kann das als Kunde schlecht zurückschicken mit der Begründung, dass einem die selbst ausgewählten Farben nicht gefallen…

Tobias: Der Gesetzesgeber sieht für maßgefertigte Ware in der Tat kein Rückgaberecht vor. Deswegen haben wir eben unsere Passgarantie, damit der Kunde ein Gefühl von Sicherheit hat.

Alex: Wie oft vermisst sich ein Kunde so wirklich daneben? Oder plötzlich merkt, dass er doch zugenommen hat…?

Tobias: Bei den Hemden haben wir eine – wie wir es nennen: – „Reklamationsquote“ von ca. 4%, was ich sehr gut finde. Bei den Anzügen sind es ca. 10%.

(Danach geht Tobias auf Anfrage auf das Verhältnis zu den Partnern in Asien ein. Das sind eher kleinere Schneidereien, die allerdings nicht komplett durch tailorjack ausgelastet werden. Alex stellt dann eine Frage aus der WhatsApp-Gruppe nach dem spezifischen USP von tailorjack im Vergleich zu anderen ähnlichen Anbietern.)

22:45

Tobias: Die anderen großen Online-Anbieter von Maßhemden sitzen gar nicht in Deutschland. Bei uns kannst du anrufen, wenn du eine kleine Frage hast. Da wir ein Produkt anbieten, das für den einen oder anderen erklärungsbedürftig ist, stellt das einen Vorteil dar. Darüber hinaus sind wir preislich trotz Serviceangebots in Deutschland ein bisschen günstiger als die anderen. Und bei uns fällt kein Zoll nachträglich an, wie das bei anderen Anbietern vorkommen kann, deren Namen ich allerdings nicht nenne… Dann gibt es die Passgarantie. Die kommt nach und nach bei den anderen, aber sie hilft uns.

Zudem haben wir unseren Algorithmus. Du gibst zwei-drei Angaben ein – ich bin 1,80 groß, wiege 70kg, usw. – und sagst auch noch Besonderheiten durch wie „Ich habe fallende Schultern“. Der Algorithmus macht daraus dein Maßprofil für einen Anzug. Wir sind gerade noch am Perfektionieren, aber wir werden dann mit diesem „jackfit für Anzüge“ auch eine Passgarantie geben können.

Alex: Und wie ist die Reklamationsquote bei Hemden, die mit dem Algorithmus gemacht wurden, im Vergleich zu denen, für die sich die Leute vermessen haben?

Tobias: Auch da sind wir bei rund 4%.

(Daraufhin möchte Alex wissen, wie die Kundenakquise läuft: Früher tingelte ja der tailorjack durch die Büros. Jetzt geschehe das Ganze online, antwortet Tobias. Kunden kämen hauptsächlich über SEO, weil sie „Maßhemden online“ oder ähnliches gegoogelt hätten. Weil die Hemden gut säßen und die Kunden ohnehin ihre Maßen gespeichert hätten, sei die Wiederkaufrate hoch.

Alex sagt, Anzüge seien was anderes als Hemden: Ein richtiges Investitionsgut, das über 500 Euro koste und das man gern mal in Echt gesehen haben möchte. Ähnlich gehe es ihm bei den Schuhen von Shoepassion. Brauche man dann nicht etwas stationäres? Und seien es nur mobile Stände wie bei The Outfittery?)

28:10

Alex: Warum funktioniert denn kein stationäres Konzept für euch? Ist es dermaßen viel teurer, einen Neukunden über so einen Kanal zu akquirieren?

Tobias: Ja. Das ist das Learning aus den letzten Jahren. Im Maßhemden- und -anzugmarkt sind derartige Margen nicht vorhanden, dass man zehn Leute in Fünf-Sterne-Hotels durch Deutschland schicken kann, um Kunden zu vermessen.

Über einen eigenen Store haben wir uns zwar auch Gedanken gemacht, aber wenn man sich die Läden anderer Anbieter – wie beispielsweise Dolzer – anguckt, ist da einfach relativ wenig los. Dabei muss man Miete und Gehälter zahlen. Das ist eine Rechnung, die nicht aufgeht.

(Alex stellt Überlegungen an, wo es sich als Pop-up für tailorjack vielleicht lohnen könnte – etwa im Start-up-Village auf der OMR – und wundert sich, dass der Markt und die Margen es wirklich nicht hergeben, dass man eine stationäre Fläche betreibt. Vor allem Maßanzugskunden brauchten vielleicht doch noch den Ladenbesuch. Tobias stimmt zu, dass es in diesem Segment eine Hürde darstellen könnte. Komplett ausschließen tue er zwar nichts, aber erst einmal müsse die Profitabilität stimmen. Die sei online gesichert.)       

31:20

Alex: Wir haben mal über das Thema Influencer-Marketing ein bisschen rumgespaßt: Trage ich doch auch eure Hemden und bin überall auf Konferenzen und Podien unterwegs. Anders etwa als Eterna habt ihr auch keine Kennzeichnung auf euren Hemden. Warum habt ihr denn kein Logo? Ihr könntet ja damit eine Marke bilden, weil die Hemden ohnehin besser sitzen als Konfektionsware und sich die Leute bestimmt fragen: „Was ist das eigentlich für ein Hemd?“

Eure Marke habe ich bislang nicht wahrgenommen. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bestelle mein Hemd bei tailorjack, aber das ist kein tailorjack-Hemd!

Tobias: Das sehen wir auch so. Unser Name steht derzeit für das Drumherum: Für das Selber-Designen, für die Maßen-Abspeicherung. tailorjack ist also die Plattform, nicht das Produkt. Wir haben uns hierzu Gedanken gemacht und sind uns ehrlich gesagt noch nicht ganz schlüssig, wie wir mit dem Thema umgehen.

(Alex erklärt sich halb im Spaß, halb im Ernst dazu bereit, als Influencer in der Sache von tailorjack tätig zu werden. Ein cooler Affiliate-Link wäre es allemal. Daraufhin erkundigt sich Alex nach der Marge pro Hemd und nach der genauen Wiederkaufsrate. Auch interessiert ihn, ob Rabattaktionen was bringen.)

34:25

Tobias: Bei Neukunden wollen wir an der Erstbestellung gar kein Geld verdienen. Da kann es nämlich am ehesten sein, dass es nicht passt: Da haben wir häufiger Änderungskosten oder Kosten in der Neuproduktion – und die Akquisitionskosten sowieso. Aber aufgrund des Treuefaktors ist das nicht weiter schlimm. Schließlich haben die Leute bei uns dann ihre Maßen gespeichert und sind mit Stoff, Verarbeitung und allem anderen zufrieden. Dann kommen sie in vielen Fällen wieder.

Alex: Das ist fast die Vorstufe zu einem Abo-Modell. Die Kunden müsst ihr nicht immer wieder über Facebook oder Google gewinnen: Sie kommen direkt zu eurer Seite, vergleichen nicht weiter… So läuft es jedenfalls bei mir!

(Alex gibt weitere Auskünfte über sein Hemdkaufverhalten. Lediglich wünsche er sich mal andere Stoffe. Das einzige, was ihn manchmal von einer Bestellung abhalte: Die Lieferzeit von 4-6 Wochen. E-Commerce-Kunden seien Next-Day-Delivery gewohnt. Ihm falle die nötige Planung manchmal schwer. Könne man es nicht beschleunigen? Deswegen, antwortet Tobias, führe man eine Express-Option gegen Aufpreis ein. Alex verrät dann seine Zahlungsbereitschaft für das superschnelle Maßhemd.)

37:30

Alex: Und ihr bietet ebenfalls Blusen an. Ist das Geschäft damit anders? Schwieriger? Sind Frauen auch so treue Kundinnen?

Tobias: Was wir in den letzten Jahren auf jeden Fall gelernt haben: Es ist aufgrund der Anatomie deutlich leichter, für einen Mann ein Hemd herzustellen, als für eine Frau eine Bluse. Da gibt es ein paar Sachen mehr, die man berücksichtigen muss: Ein paar mehr Maße müssen aufgenommen werden zum Beispiel. Wir bekommen das zwar sehr gut hin, aber die Reklamationsquote ist bei Blusen höher. Das liegt vermutlich an diesen Schwierigkeiten – und vielleicht daran, dass Ansprüche bei Frauen anders sind als bei Männern.

Alex: Gibt es auch Konfektionsblusen? Ich gehe gerade gedanklich durch ein Peek-&-Cloppenburg-Geschäft und sehe da nur zusammengefaltete Hemden…

Tobias: Das Angebot ist für Frauen nicht allzu groß. Im Business-Bereich tragen dann Frauen auch öfter Blusen, die vielleicht ein bisschen weiter sind und im Zweifelsfall gar nicht so eng anliegen, wie ein Hemd. Viele tragen auch Kleider. Kann man doch als Frau mehr variieren.

(Alex fasst das Gelernte über das Geschäftsmodell von tailorjack zusammen: Marge, Akquise, Kundentreue. Dann möchte er wissen, was für die Zukunft geplant ist.)

40:15

Alex: Wollt ihr dann über neue Märkte wachsen? Oder eher über Sortimentserweiterungen?

Tobias: Wir wollen auf jeden Fall in der oberen Preiskategorie mehr anbieten. Wir haben gemerkt, dass es Kunden gibt, die nach anderen, etwas feineren Stoffen fragen: Wir sprechen von besonderen Webarten oder von Zusammensetzungen, beispielsweise Stoffen mit einem kleinen Stretch-Anteil. Beim Anzug verhält es sich genauso: Wir haben hier Luft nach oben, wenn wir das Sortiment erweitern.

Dann kommen die „rund-um“ Geschichten: Gute Pullover zu einem guten Preis, das vernünftige T-Shirt für drunter… Solche Sachen könnten wir dann eventuell auch auf Plattformen anbieten – was mit unseren Maßhemden natürlich überhaupt nicht möglich ist.

(Alex will wissen, warum genau das nicht bei Amazon geht. Andere Maßsachen müsse man bei Amazon schließlich konfigurieren, technologisch gehe das also. Zudem hörten viele von Amazon den Podcast… Tobias sei dafür offen. Alex sagt, es würde dann auf Business-Ebene darum gehen, wer ‚die Maßen ownt‘.

Danach geht es um die neue Website und die Bedeutung von Mobile für tailorjack, die etwas geringer als in anderen Segmenten ausfalle, weil der Kunde, der gerade in der Bahn übers Handy akquiriert wurde und der Algorithmus nicht trauen mag, sich zu Hause noch abmessen muss.

Zum Schluss geht es um die Möglichkeiten der Internationalisierung sowie der Influencer-Marken. Beispiel: „Graf-Hemden powered by tailorjack?“ Das würde sich Alex zwar noch nicht ganz zutrauen, aber die Idee sei nicht schlecht… Seine Affiliate-Influencer-Karriere beginnt Alex dann damit, dass er Tobias einen Rabattcode für Zuhörer rausgeben lässt.)

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