Im August habe ich das Interview „Was bedeutet die Blockchain für den Handel?“ veröffentlicht und ein paar Folgeausgaben dazu sind in der Vorbereitung. In den letzten drei Monaten hat allerdings die Manie um Bitcoin und Co. so zugenommen, dass ich mich manchmal schon frage, ob ich hier etwas Grundlegendes übersehe. Auf der einen Seite scheint eine Cryptowährung wie Bitcoin für spezielle Use Cases sehr spannend zu sein, auf der anderen Seite vernebeln die ICOs mit ihren Fantastillionen Bewertungen den Leuten das Hirn. Nicht nur denjenigen die darin investieren, sondern auch diejenigen die solche ICOs lancieren dürften oft Schwierigkeiten haben zu erklären was sie da eigentlich tun. Das erinnert mich in all seinen Facetten an klassische Schneeballsysteme, die spätestens seit Adele Spitzeders Guldenschneeballsystem auch durch Wissenschaftler untersucht wurden.  Aber vielleicht übersehe ich ja was. Vielleicht sollte ich blind investieren und darauf hoffen, dass es gut geht. So viele anderen scheinen ja auch damit Erfolg zu haben. In dieser Situation trifft das Twitter Bild von @AltsBryan den Nagel auf den Kopf. Es fehlen uns (mich eingeschlossen) Muster, um Bitcoin & Co. zu verstehen.

Wir sind in diesem Punkt noch immer in einer Phase wie 2007 in Bezug auf Twitter („Das ist SMS für Online“) oder 1990 in Bezug auf das Internet („Hey, wichtig ist das Internet Protokoll „IP“, um sich eigene, private Netze zu schaffen und so das offenen (kriminelle) Netz draußen zu lassen“). Nun hat mir ein langer medium.com Post von Adam Ludwin  sehr dabei geholfen das Blockchain und insbesondere das Bitcoin Thema besser zu verstehen. Der Artikel selbst + die sehr lange Diskussion ist sehr empfehlenswert, aber ich versuche ein paar Punkte zusammenzufassen. Er sagt im Grunde, dass Bitcoin & Co. dezentrale Währungen sind, die für dezentrale Anwendungscases geschaffen wurden, von denen wir heute viele noch nicht kennen. (Siehe Frühphase Internet und Twitter). Dezentralität, die vor allem unabhängig von einer kontrollierenden Instanz machen kann, muss aber nicht für jeden Case vorteilhaft sein. Er sagt:

In fact, on almost every dimension, decentralized services are worse than their centralized counterparts:

  • They are slower
  • They are more expensive
  • They are less scalable
  • They have worse user experiences
  • They have volatile and uncertain governance

[…] Sure, you can make decentralized applications more efficient and user friendly by, for example, centralizing users’ cryptographic signing keys (i.e., control of their coins) with a trusted entity. But then we’re mostly back to square one and would be better off using a service that is centralized. Thus, bitcoin, for example, isn’t best described as “Decentralized PayPal.” It’s more honest to say it’s an extremely inefficient electronic payments network, but in exchange we get decentralization. Bottom line: centralized applications beat the pants off decentralized applications on virtually every dimension.

Der Trade Off bei Bitcoin wird zunehmend sichtbar, und möglicherweise lachen wir in ein paar Jahren darüber, dass Leute im Jahr 2017 wirklich mit Bitcoin ihren Kaffee bezahlen wollten. Das wäre so, als würde man versuchen das gleiche mit Goldmünzen zu tun. Vielleicht lachen wir aber auch nicht und das macht super viel Sinn und es ist vielleicht wirklich so wie in der Sendung mit der Maus erklärt wird. Wenn man den Text von Adam auf sich wirken lässt, dann bin ich recht zuversichtlich, dass sich Bitcoin & Co. für viele neue Anwendungen durchsetzen kann und das mögliche Bitcoin Verbot (Handel, Besitz, Wandel in $…) durch staatliche Stellen lediglich eine temporäre Abwertung zur Folge haben dürfte. Adam fasst seine Kernthesen wie folgt zusammen:

  • Cryptocurrencies (which I prefer to call crypto assets) are a new asset class that enable decentralized applications

  • Decentralized applications enable services we already have today, like payments, storage, or computing, but without a central operator of those services

  • This software model is useful to people who need censorship resistance which tend to be people that are either off the grid or who want to be off the grid

  • Most everyone else is better off using normal applications because they are 10x better on every other dimension, at least for now

  • In the long-run, the value of a crypto asset will rise and fall in proportion to the use of the decentralized application it enables

  • Many sellers of new crypto assets aren’t actually building decentralized applications but are instead shoe-horning an ICO into their service because of the market mania; that doesn’t mean decentralized applications are bad, it just means people are capitalizing on the confusion and are probably themselves confused

  • Don’t bet against crypto assets in the long-run: as we approach the 10 year anniversary of the Bitcoin paper it is clear that they aren’t going anywhere and that decentralized applications may very well find an important place alongside all the other forms of organization we have come to take for granted.

Die Kommentardiskussion ist fast genauso spannend wie der Artikel selbst. Ed Masters merkt z.b. an:

Enabling private blockchains may turn out to be an awesome business model, for a period of time anyway. But if past is prologue, companies will connect their “blockchain extranets” to public blockchains — like Bitcoin — or they’ll go away. Will the companies that embrace open blockchains rather than fight or avoid them have an advantage over laggards? Who knows — but it seems like those who waited out the Internet are the those who are being, as they say, disrupted.

Wenn das so ist, dann muss ich unseren Blockchain Podcast noch mal überdenken, weil Michael & ich dort zu dem Schluss gekommen sind, dass man z.B. eine „private“ Blockchain für die Kontrolle von BIO Lebensmitteln aufbauen kann. Man kann das auch alles für albern halten, aber diejenigen die das tun, wie z.B. der JPMorgan CEO Jamie Dimon, haben wenige oder keine Argumente die halbwegs stabil sind. Ich denke über diese Art von Interview werden wir in ein paar Jahren wirklich lachen:

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Damit niemand von euch so ein dummes Interview geben muss, lest den Text von Adam.

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