Audi-Tesla-klein

Ich ticke wie viele Menschen in Deutschland zum Thema Auto. Sie faszinieren mich seitdem ich klein war. Eigentlich faszinieren mich sogar alle fahrenden Maschinen, inklusive unserem Rasentrecker (Husqvarna Rider) mit Mittellenkung, aber bei dem ist seit diesem Sommer mein Sohn der Hauptnutzer. In den letzten 20 Jahren hat sich beim Thema Auto aus meiner sehr subjektiven Sicht nicht viel getan. Wenn ich mal mit einem neuen Ford, BMW, xyz per Mietwagen unterwegs bin, frage ich mich was die Innenraumdesigner eigentlich den ganzen Tag machen. Insofern bin ich persönlich bei einem W124 E320 („Vollausstattung“) hängen geblieben und freue mich über den Youngtimerstatus. Ein neuer Mondeo? Wozu? Ein 5er mit xyz-tronic? Wer hat denn danach gefragt? Nun ist durch Tesla und dessen sehr progressiver Ausrichtung beim Thema autonomes Fahren etwas Bewegung in die Branche gekommen und mit Hilfe von Design Labs, Innovation Centern und Co. wollen auf einmal alle analog geprägten Hersteller die richtigen Antworten finden.

Laut Sascha Pallenberg (ehemals Mobilegeeks, nun PR Mann bei Mercedes) wird bei Mercedes schon lange an den richtigen Antworten gebastelt und der Tesla Hype ist so oder so gar nicht gerechtfertigt. Vielleicht stimmt das sogar aus technischer Sicht (glaube ich persönlich nicht), aber die Diskussion wird sehr stark über die Themen Technologie bzw. elektrifizierter Antrieb geführt.

Ich halte diese Diskussion für irreführend, weil es mE den Kunden am Ende fast egal ist wie das Auto angetrieben wird. Es muss halt fahren, je nach Einkommen möglichst ökologisch sein und ein sinnvolles Preis-Leistungsverhältnis für den gewünschten Einsatzzweck mitbringen. Den viel spannenderen Teil von Tesla sehe ich beim Thema „Connected Car“ oder „Car Commerce“. Spannend genug auf jeden Fall, um darüber mit meiner Spryker Kollegin Loana Junge mal ein kleines Whitepaper zu dem Thema zu schreiben.

Im Paper wird die Argumentation etwas besser hergeleitet, aber in Kürze sehe ich zwei spannende neue Phasen beim Automobil auf uns zukommen, die meinen W124 wirklich alt aussehen lassen werden.

Phase 1: Service Geschäft

Inspiriert durch das folgende Bild muss man sich noch mal klar zu machen wie das bisherige Geschäftsmodell der Automobilindustrie ausgesehen hat. Es ging bisher darum Autos zu bauen und mit einem Profit zu verkaufen. Das Geschäft mit den Kunden wurde an Händler/Werkstätten ausgelagert, die noch mit einer kleinen Marge aus dem Verkauf rechnen konnten, die aber im Gegenzug den Kundenkontakt kontrolliert haben. Eine Situation die jeder Hersteller nun verändern möchte, dabei aber leider keine (Überlebens-) Alternativen für die Händler aufzeigen kann. Im Service Geschäft geht es gar nicht mehr darum das initale Produkt mit Profit zu verkaufen, ggf. kann man damit sogar Verlust machen, weil das echte Geschäft erst zur Nutzungszeit des Autos gemacht wird, indem dort neue Services eingekauft werden können. Das Cockpit des Tesla 3 macht diesen Wandel besonders deutlich.

Audi-Tesla

Ich will gar nicht die UX der beiden Cockpits vergleichen. Vielleicht ist das Audi Modell sogar besser, aber im Fall von Tesla kann man sich viel einfacher vorstellen wie das Servicegeschäft der Zukunft aussehen kann, weil man alle Sensoren, Module und auch den Antrieb in Häppchen anbieten kann. Die Szenarien liegen für mich auf der Hand:

  • Möchten Sie 100 PS zusätzlich kaufen für die nächsten beiden Stunden Fahrt auf der Autobahn? 5,99€ (inklusive Versicherung)
  • Möchten Sie die Parksensoren monatlich (4,99€/Monat) oder nutzungsabhängig (0,10€ pro Vorgang) aktivieren?
  • Wollen Sie ihr Auto dem Tesla Premiumpool an Ihrem Wohnort zur Verfügung stellen (99€/ Monat) oder alternative Pools nutzen (ggf. kostenpflichtig)?
  • …..

In dieser Phase könnte sich das Geschäftsmodell bereits erheblich wandeln. Wir das Auto selbst zahlt man ggf. noch 15.000€ initial, aber pro Jahr werden dann noch 2.000 – 5.000€ für die Services fällig, was sich für den Hersteller auszahlen wird. Dafür nötig ist eigentlich nur eine ordentliche Verbreitung der Plattform, was „eigentlich“ klar für VW spricht. Wenn ich mir dann aber die Fähigkeiten der Multimediasysteme bei VW anschauen oder auch das was mir BMW als Innovation andienen möchte, ist mir unklar, ob den Herstellern das Thema so bewusst ist. Vielleicht sehen sie das aber auch ähnlich, sind aber gefangen in den Handelsstrukturen, langsamen Produktzyklen und der Dominanz der Hardware Ingenieure. Aus meiner Sicht ist Phase ein nichts was von Tesla getrieben werden müsste. Das könnte jeder andere Hersteller auch. Sicherlich sind einige Themen in einem Auto mit Elektroantrieb schöner lösbar als bei den Verbrennern.

Phase 2: Autonome Autos

Die Gehversuche von Tesla, Mercedes & Co. beim autonomen fahren sind sehr löblich, aber mich interessiert das Thema eigentlich erst dann, wenn gar kein Fahrer mehr nötig ist. Autonomes Fahren in der aktuellen Form zwingt mich ja trotzdem noch zum Kauf eines Autos und ich muss der Fahrt selber Aufmerksamkeit schenken. Das will ich ja gar nicht. Ich würde sogar soweit gehen, dass sich die Technik soweit entwickeln muss, dass ich dafür bezahlen werde selber zu lenken und Gas zu geben. Dafür werden die Versicherungen in Zukunft wahrscheinlich Geld verlangen, weil es risikobehafteter ist als der autonome Modus. Was passiert aber mit dem Phase 0 (heute) und Phase 1 (siehe oben) Geschäftsmodell? Nun ja, in diesem Fall würde ich davon ausgehen, dass der Besitz eines Autos nur noch in Ausnahmefällen Sinn macht. Die Kriterien für eine mobile Nutzung verändern sich dann wie folgt:

  • Art des Fahrzeuges (Familie, Luxus, egal…)
  • Verfügbarkeit (Jetzt, in 5min, in 15min…)
  • Strecke (lang, kurz, mit hoher Nachfrage, niedriger Nachfrage)
  • Rückfahrkonditionen (Zeit zur Verfügbarkeit, Ziel,….)
  • Preis

Das ist 100% ein Plattformmodell welches wahrscheinlich nicht von einem Hersteller betrieben wird. Die üblichen Verdächtigen sind zurzeit Uber, mytaxi, Google, Facebook usw., aber damit diese Plattformen wirklich funktionieren braucht man autonome Fahrzeuge. Ohne diese bleibt der Faktor Mensch (als Fahrer) im Auto und damit werden die Modelle nicht skalierbar. Wenn man sich diese Phasen genauer anschaut und die hinreichenden Bedingungen, die für jede Phase erfüllt sein müssen, bekommt man ein Gefühl unter welchem Druck die Hersteller stehen. Und dieser Druck hat aus meiner Sicht gar nichts mit einem elektrischen Antrieb zu tun. Ohne in diesem Thema Experte zu sein, ist mein W124 mit knapp 3.000km pro Jahr wahrscheinlich noch für lange Zeit das ökologischste Auto für mich. Aber das ist ein anderes Thema.

Das Whitepaper, inkl. Interviews mit Porsche, Shell & SMMT,  hilft hoffentlich dabei diese Diskussion zu fördern und ein paar neue Ideen zu triggern. Und ich hoffe sehr für die deutsche Automobilindustrie, dass sofort damit aufgehört wird superalte Medien-/Navigationsysteme (aus UX Sicht) in die Autos zu bauen. Was soll das? Ich denke auch, dass das Paper dabei hilft die Spryker Sicht etwas besser zu verstehen. Für uns ist das Display im Auto einfach nur noch ein Interface, dass neben der Suche eines Radiosenders zunehmen für transaktionale Modelle genutzt wird und dafür haben wir Spryker entwickelt. Und es ist ein Interface bei dem weder Google, noch Facebook oder Amazon bisher eine dominante Position aufbauen konnten. Wenn die Voice Fähigkeiten der aktuellen Mercedes & BMW Modelle allerdings den letzten Stand deutscher Ingenieurskunst darstellen, dann mache ich mir ernsthaft Sorgen. Wie VW daran etwas verändern will, erfährt man gerade im New Work Podcast mit JJ (Johann Jungwirth) dem CDO von Volkswagen. Auch sehr spannend.

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