Seit 2011 begleite ich sehr aktiv die Entwicklung von netshops.de. Angefangen als Shopwareagentur mit dem Traum ganz große E-Commerce Projekte zu machen bis hin zur heutigen Ausrichtung als UX Partner mit E-Commerce Fokus. Netshops war im Zusammenspiel mit netimpact.de eine der ersten Agenturen die sich auf die Shopentwicklung mit Shopware konzentriert hatte und „dachte“ damals, dass man mit viel Liebe zu Commerce, Content & Co. den Shopagenturmarkt aufmischen kann. Es ist etwas anders gekommen und darüber spreche ich mit dem Gründer und Geschäftsführer Stefan Luther. 

Die kleinen und großen Agenturen werden vom Markt stärker als jemals zuvor gefordert. Technologien verändern sich („Was macht eigentlich Spryker Systems„), die Kundenanforderungen verändern sich oft sogar während der Projekte, und die Ausschreibungsverfahren um überhaupt große Projekte zu akquirieren sind oft eine Farce. Am Ende suchen viele Kunden „nur“ einem Partner dem sie vertrauen können, aber wie sollen sie das machen? Auch darüber sprechen wir im Interview. Für mich war das eine schöne Gelegenheit darüber zu sprechen, was „damals“ unsere Gründungshypothesen waren und was dann am Ende doch alles nicht oder anders passiert ist. Heute fokussiert netshops.de sich auf keine Shopsysteme mehr, sondern steigt eine Stufe früher in Projekte ein, indem es Kunden dabei hilft über die richtigen Anforderungen nachzudenken und sinnvolle UX Konzepte zu entwickeln. Viel Spass beim Interview.

 

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E-Commerce-Agenturen mit Stefan Luther, Gründer und Geschäftsführer der Netshops Commerce GmbH in Hamburg.

Netshops versteht sich als Partner vor allem für B2C-Commerce im Netz. Die Dienstleistungspalette reicht von klassischen Webshops über mobile Applikationen bis hin zu neuen Feldern wie Voice Commerce. Namenhafte Kunden sind unter anderem der Online-Shop der ZEIT, Möbelhersteller Vitra, und ATP Autoteile. Dieses Interview knüpft an den Podcast zu Spryker Systems mit Boris Lokschin an.

1:50

Stefan: Netshops ist eine E-Commerce-Agentur, die Ende 2012 gestartet ist. Unser Pitch war früher „Wir bauen Onlineshops“, aber das hat sich stark weiterentwickelt. Wir sind 20 Leute in einer alten Schokoladenfabrik und betreuen primär Markenhersteller, die wir in den E-Commerce bringen, haben in den letzten Jahren aber auch viele andere Projekte gemacht. Wir haben das technologisch hauptsächlich auf der Basis von Shopware umgesetzt, entwickeln uns aber stark in Richtung UX, Kundenbedürfnisse und Beratung.

(Alex erzählt, dass er oft gefragt wird, ob Netshops Projekte von Spryker zugeschanzt bekommt und was die Firmen überhaupt machen. Er erklärt, dass Spryker damals als Schwesterprojekt von NetImpact gestartet wurde, sich die damaligen Pläne aber weiterentwickelt haben. Alex sagt, er habe durch NetImpact viel über den Markt und über Agenturen und Kunden gelernt. Dann gibt er einen Ausblick auf die Themen des heutigen Podcasts und merkt an, dass er und Stefan zusammen schon über zehn Jahre Erfahrung verfügen.)

3:50

Alex: Wie ist Netshops entstanden?

Stefan: Ungefähr 2011 haben Tarek Müller, Torben Dieckmann und Eri Preusker in Tareks Agentur Netshops NetImpact als Abteilung aufgebaut, die Shops gebaut hat. 2012 bin ich dazugestoßen. Als Tarek Collins aufgebaut hat und wir gemeinsam E-Tribes ausgegliedert haben, haben wir parallel dazu die Netshops Commerce GmbH gegründet. Wir hatten damals nämlich eine bestehende Kundenbeziehung mit der Bauer Verlagsgruppe und eine startende Kundenbeziehung mit dem Möbelhersteller Vitra aus der Schweiz.

(Stefan erzählt, das Vitra durch ein Interview mit Tarek im Spiegel auf sie aufmerksam geworden ist und Netshops für den Möbelhersteller nach zwei Jahren Strategieberatung mit fünf Leuten innerhalb von sechs Monaten einen Shop aufgebaut hat. Die Möbelindustrie sei damals verwirrt gewesen, dass Vitra plötzlich Direct Sales über B2C macht. Stefan habe dabei viel über Marke und Hersteller gelernt. Alex ergänzt, dass damals neben Tarek auch Rainer Hillebrand von Otto interviewt wurde und dass der Artikel „Mensch gegen Maschine“ hieß, da es auch um Amazon ging. Dadurch seien viele große Kunden auf NetImpact und Netshops aufmerksam geworden.)

5:45

Alex: Was lautete damals der Plan für eine Shopagentur?

Stefan: Der lautete „Netshops 360°“, wir wollten also den ganzen Service abdecken, von der Frage „Macht E-Commerce überhaupt Sinn?“ über Konzeption, Gestaltung, Programmierung, Projektmanagement, Logistik, Payment, Onlinemarketing bis hin zum Hosting. Wir waren etwas naiv, haben aber schnell gelernt, dass das unheimlich viele Disziplinen sind.

(Stefan erzählt, dass die Naivität aber auch geholfen hat, weil er und sein Team einfach losgelegt haben und so z. B. mit dem Lead Designer von Vitra, der nichts von Webdesign hielt, trotzdem alles umsetzen konnten.)

Stefan: Die erste Idee war also, Markenhersteller in den B2C zu bringen und sich zu überlegen, wohin sich der E-Commerce in den nächsten fünf Jahren entwickelt. Wir haben also damals schon das Riesenpotenzial von Markenherstellern entdeckt, die noch nicht im Direct-Vertrieb waren.

(Alex merkt an, dass der 360°-Pitch auch auf der Netshops-Website stand und aus der Mentalität von NetImpact stammte. Er meint, dass viele kleine Agenturen in diese Falle getappt seien, alles selbst machen zu wollen, weil sie Erfahrung mit einem eigenen Shop hatten. Bei Tarek sei das ein Wasserpfeifen-Shop gewesen.)

8:00

Alex: Was waren damals die Vorbilder für dich?

Stefan: Im Agentur-Ranking sind SinnerSchrader ganz oben, und natürlich will man auch mal 400 Leute beschäftigen und so viele Projekte haben wie sie. SuperReal aus Hamburg sind wie wir sehr stark auf Marke gegangen. Da haben wir gesehen, dass die unseren Fokus, UX, UI und cooles Design mit dem E-Commerce-Einmaleins, also Payment und transaktionsorientierten Geschäftsmodellen zusammenzubringen, ganz gut umgesetzt haben. Aber wir haben anders als sie ganz früh herausgearbeitet, was unsere Kunden und die Marke wollen und wie man das rausbekommt.

Früher hatte ich die Illusion, dass wir einen Projektmanager auf zehn Softwareentwickler brauchen. Aber E-Commerce-Projekte sind viel betreuungsintensiver. Man muss die Kunden aufklären, Projekte durchplanen und mit allen Drittdienstleistern sprechen. Man braucht also auch Konzepter und Webdesigner und muss sich um das Hosting kümmern. Und Onlinemarketing ist so komplex, dass wir mit unseren 20, 25 Leuten immer noch keine Abteilung dafür haben, weil man dafür mindestens die gleiche Stärke an Leuten braucht.

(Stefan erklärt, dass sein Team im Laufe der Zeit immer besser erkannt hat, was es gut kann, was die Kunden wollen und was der Kundenfokus ist. Er war dankbar, dass sich vor etwa zwei Jahren alle Konferenzen mit dem Thema „Kunde im Fokus“ beschäftigt haben, also damit, welche Probleme eine hoffentlich kaufende Kundschaft lösen will, wie man seine Kundschaft identifiziert und wie man seine Themen priorisiert. Er sagt, er beginnt inzwischen erst ein Projekt, wenn das alles geklärt ist. Alex ergänzt, dass man eine 360°-Kette inklusive HR vielleicht für ein eigenes Projekt abdecken kann, aber nicht als mittelständische Agentur.)

11:55

Alex: Wo steht ihr heute?

Stefan: Unsere Marke wechselt gerade. Wir sind nicht mehr zu 100 % Shopware-Agentur, sondern eine E-Commerce-Agentur für Markenkunden-Einkaufserlebnisse. Wir setzen also nicht mehr ein fertiges Konzept oder Design um, sondern beschäftigen uns mit der früheren Phase, also mit der Frage „Für welchen Endkunden muss ich welchen Service schaffen?“ und mit der Konzeption, Priorisierung und zeitlichen Abfolge von Frontend, also UX und UI. Aktuell machen wir das primär noch für den klassischen Onlineshop, auch wenn ich glaube, dass der immer weiter an Bedeutung verliert, sei es im Rahmen der ganzen Marktplätze, von Voice Commerce, Chatbots oder von Virtual Reality. Ich glaube, dass der Onlineshop, auf den alle Marketingkanäle abzielen, bald nicht mehr existiert. Social Media finde ich extrem interessant. Dezentrales Kaufverhalten also.

(Stefan führt aus, dass Kunden heutzutage ein kanalübergreifendes Markenerlebnis und eine Motivation für ihren Kauf wollen. Er glaubt, dass sein Team im Bereich Vorkonzeption, Gestaltung und Hineindenken in die Kundschaft durch seine bisherigen Projekte, Besuche in UX-Laboren und Kundeninterviews viel gelernt hat. Netshops setzt Konzepte inzwischen weniger technologisch um und ist damit viel flexibler aufgestellt als früher, auch wenn Stefan immer Softwarentwickler behalten will, weil er von ihnen lernt und viele Projekte bei ihm von Fachleuten für Design, Konzeption, Softwareentwicklung und Projektmanagement gemeinsam entwickelt werden.)

15:15

Alex: 2011 hat man sich über jedes Projekt gefreut, das fünfstellig war. Jetzt müsst ihr aber neben UX noch andere Agenturen einbinden, die den Echobot oder den Magento-Shop konzipieren. Könnt ihr mittelständischen Unternehmen für 50.000 Euro überhaupt helfen?

(Stefan beschreibt, dass er Anfragen von zwei Arten von Kunden bekommt: Die eine, die nicht weiß, was E-Commerce kostet und bei der 50.000 Euro sogar ein großes Budget ist, und die andere, die Leute hat, die selbst aus dem E-Commerce kommen.)

Stefan: Mit 50.000 Euro kommen wir heutzutage einfach nicht mehr hin. Ob wir mit 100.000 oder 150.000 Euro hinkommen, hängt davon ab, ob der Shop national oder international ist, ob man nur den einen Onlineshop hat, welche Drittsysteme man anbietet, was der richtige Technologie-Stack ist und wie viel in Marke und Design fließen soll. 50.000 Euro heißt, man hat 60 Manntage in einem Zeitraum von fünf, sechs Monaten. Wenn man das mal auf die einzelnen Personen runterbricht, heißt das, ein Team von fünf Leuten hat zwölf Tage zur Verfügung. Was will man da umsetzen?

(Stefan erzählt, dass Netshops mal für Die Vogelvilla einen Onlineshop für Vogelhäuser im niedrigen fünfstelligen Bereich gemacht hat, den der Kunde im Weihnachtsgeschäft in zwei Wochen wieder eingenommen hatte. Das gehe nicht mehr. Alex gibt zu bedenken, dass 20.000 oder 50.000 Euro für Mittelständler, die an B2B- oder B2C-Kunden verkaufen, viel Geld ist, und fragt, ob man solchen Kunden lieber zum Relaunch der Corporate-Seite, zum Einstellen von Artikeln bei Amazon, zu SEO oder zu einem Shopify- oder ePages-Shop raten soll.)

18:55

Stefan: Es wird immer Agenturen geben, die auch für günstigere Preise komplette Shoplösungen aufbauen. Außerdem bringen Shopsysteme wie Shopware, Oxid und Shopify ja out of the box viele Sachen mit. Das macht den Einstieg natürlich viel leichter. Viele Kunden, mit denen wir vor drei, vier Jahren gesprochen haben, sind so in den Markt gestartet und haben sicher damit Umsatz gemacht. Aber wenn es sie heute noch gibt, überlegen sie jetzt, wie sie sich professionalisieren können.

(Stefan bemerkt, dass er auch so gestartet ist und mit fünf, sechs Leuten für ein kleines Budget E-Commerce-Lösungen aufgebaut hat. Er erzählt, dass viele Leute nicht wissen, was sie haben wollen, aber fragen, was es kostet. Gleichzeitig möchten sie kein konkretes Budget nennen, weil sie nicht wissen, was sie dafür bekommen. Stefan sagt, idealerweise steigt man mit der Beratung früh ein und das Unternehmen kann klar benennen, was es vorhat und wie es E-Commerce nutzen will.)

Stefan: Dann kann man überlegen, wie es sich am besten aufstellt. Ist das ein Markenhersteller, der eh schon viel Traffic auf seiner Seite hat, einfach einen Warenkorb und Kauffunktionen hinzufügen und Käufe generieren will, ohne dass er viel mehr machen muss? Oder ist das ein neuer Eintritt in den Markt mit neuer Marke und neuem Geschäftsmodell, und er muss erst mal dafür sorgen, dass die Leute ihn wahrnehmen? Oder will er etablierte Onlinehändler herausfordern? Denn dann muss man überlegen, was die anderen tun und wie man selbst besser sein kann.

(Stefan erklärt, dass Kunden heutzutage anspruchsvoll sind. Vor drei Jahren hat er noch zur besten Zahlungsart beraten, aber heute reicht das nicht mehr, denn man muss in allen Disziplinen perfekt sein. Wenn das geschafft ist, muss man sich über Marke, Grafik, Prozesse oder Services differenzieren. Identifiziert man bei Vorgesprächen dieses Alleinstellungsmerkmal, hat man schon viel erreicht. Die technische Umsetzung durch Drittdienstleister oder Externe ist für Stefan dann erst der nächste Schritt.)

Stefan: Ein Einstieg mit wenig Budget ist also durchaus möglich, aber man muss sich bewusst sein, dass E-Commerce komplex, aufwändig, geld- und zeitintensiv ist und man sich dann jeden Tag überlegt, ob diese Lösung aktuell sinnvoll ist und wo man hinwill, dass man also kontinuierlich optimiert und sich am Ende doch flexibler aufstellt.

23:25

Alex: Arbeitest du dann lieber mit Kunden zusammen, die mit E-Commerce Erfahrung haben? Oder ist die Zusammenarbeit mit Mittelständlern interessanter, die zum ersten Mal damit zu tun haben?

Stefan: Beides hat Vor- und Nachteile. Ich bin viel mit Möbelherstellern im Gespräch, weil wir vor vier Jahren Vitra gebaut haben und das immer noch als der große Hersteller angesehen wird, der es geschafft hat, einen guten B2C aufzubauen.

(Stefan beschreibt, dass Möbelhersteller noch Angst davor haben, in den E-Commerce-Markt zu gehen, weil sie vom Handel ausgelistet werden könnten. Er erklärt, dass er von den unerfahrenen Leuten also viel über den Handel lernt, sie aber auch offener sind als noch vor vier Jahren. Schnellere Ergebnisse erzielt man jedoch mit E-Commerce-erfahrenen Kunden. Alex merkt an, dass Unternehmen, die jetzt 50.000 Euro investieren, zehn Jahre gar nicht investiert haben, also nichts über Onlinemarketing, die nötige Infrastruktur und Agenturen gelernt haben. Sie machen zum Onlineshop dann vielleicht kein Onlinemarketing und damit wächst der Umsatz nicht. Er bezweifelt darum, dass kleine Unternehmen den Anschluss schaffen. Onlineshops seien kein Payback-Investment, sondern es gehe darum, neue Kanäle aufzubauen, zu denen auch ein Echobot oder eine App gehört. Alex bemerkt, dass Erwartungsmanagement neben Projektmanagement das Wichtigste sei.)

26:45

Alex: Netshops hat ja das Tambini-Projekt inkubiert. Macht es Sinn, sich als Agentur auf Corporate Incubation zu spezialisieren?

Stefan: Tambini war das erste eigene E-Commerce-Start-up von Gruner + Jahr, die als großes Verlagshaus ein Start-up im E-Commerce-Bereich gründen und Kindergeburtstags-Mottoboxen verkaufen wollten. Dann haben sie jemanden gesucht, der ihnen operativ diesen Shop einrichtet und ihnen parallel dazu hilft, dieses Start-up aufzubauen. Corporate Incubation bedeutete dann: Die Projektleiterin ist zu uns in die Büros gezogen, wir haben mit ihr zusammen Personal gesucht, Produkte besorgt, genau überlegt, wann man was macht, den Logistiker gesucht, Payment aufgebaut und parallel den Shop erstellt. Wir haben also so getan, als wäre das unser gemeinsames Start-up, nur dass wir trotzdem im Dienstleisterverhältnis standen. Wir hatten ein festes Team, das auf einer Fläche gearbeitet, sich jeden Tag gesehen und an dem Projekt gearbeitet hat. So haben wir das Projekt sehr schnell umgesetzt. Eigentlich waren wir nach vier Monaten fertig. Dann gab es noch eine vom Vorstand getriebene Designabstimmung, durch die es sich noch einen Monat verzögert hat.

(Stefan beschreibt, dass man so stark zusammenwächst und nicht nur darauf achtet, möglichst viele Manntage zu verkaufen. Zwischenmenschlich sei es allerdings schwierig, wenn getrennte Firmen jeden Tag zusammensitzen. Er befürworte aber, beim Kunden in-house Kompetenzen aufzubauen, sodass ein mittelständisches Unternehmen, das anfangs nur jemanden fürs E-Commerce-Management hat, am Ende über ein Marketing-Team und eine/n Software-EntwicklerIn verfügt, um den Shop eigenständig weiterzuentwickeln. Kunden sollten also vom Know-how und Prozesswissen der Agenturen lernen, auch wenn die Agenturen dann den Kunden verlieren. Die Aufgabe von Agenturen sei es, Kunden immer ein paar Schritte voraus zu sein.)

30:35

Stefan: So gehen aber nur wenige Unternehmen vor. Unternehmensberatungen gehen ein bisschen in die Richtung. Große Agenturen setzen dabei auf Body Leasing, schicken also ein Team zu den Unternehmen. Aber ich kenne wenige Projekte, die Incubation hinbekommen haben. Wir haben schon zwei Projekte so gemacht, und das waren positive Erfahrungen.

31:25

Alex: Gibt es den klassischen Magento-, Shopware- oder Oxid-Agentur-Markt gar nicht mehr?

Stefan: Shopsysteme wird es immer geben, weil es ein natürlicher Prozess ist, dass jüngere Leute, die selbst mal an etwas gearbeitet haben, eine Agentur mit drei bis zehn Leuten gründen. Dann kommt aber der Moment, in dem sie erkennen, dass E-Commerce-Unternehmen, die richtig Geld verdienen, keine Standardsoftware oder diese nur in stark individualisierter Form anbieten. Dann stellen sie sich technologisch und prozessual anders auf und suchen sich ihre eigene Nische. Oder sie wachsen auf 100, 200 oder 500 Leute, sodass sie die nötige Professionalität leisten können.

(Stefan glaubt, dass jede Agentur mit 15 bis 40 Leuten zwar gern spezialisiert ist, aber weiß, dass die Unternehmen, die im E-Commerce eine Rolle spielen, erwarten, dass man viele Disziplinen abdeckt, weshalb Agenturen stark wachsen müssen. Kleine Agenturen werden aber immer nachkommen, da es auch immer Kunden gibt, die einen günstigen Einstieg ins E-Commerce brauchen.)

34:25

Alex: Auf dem YouTube-Kanal von Kassenzone fragt Dola672: „Hast du einen guten Tipp, wie man als kleine Firma eine gute Agentur für einen Online-Auftritt und -shop findet, ohne dass man sich selbst im Fachgebiet auskennt?“

Stefan: Sie sollte das tun, was sie schon macht, also Leute fragen. Vielleicht auf einer Konferenz, bei einem Gründerstammtisch oder in einer Usergroup. Sie sollte ein Gefühl dafür entwickeln, was die anderen Gründer und Shopbetreiber für Erfahrungen gemacht haben. Jede Agentur hat auf der einen Seite einen Superruf, auf der anderen aber immer auch einen schlechten Ruf, weil Projekte eben mal gegen die Wand fahren. Berater sagen zwar, sie beraten objektiv, sind aber wie Agenturen und haben ihre eigenen Interessen. Sie kann sich auch immer bei Systemen wie Shopware oder Oxid umschauen, aber sie wird nicht darum herumkommen, sich mit 10, 15 Agenturen hinzusetzen.

(Alex fasst zusammen, dass Dola672 also nicht über eine/n BeraterIn gehen soll, sondern statt Geld lieber eine Woche Nettozeit investieren sollte, um u. a. Referenzen zu prüfen, was wenige machen. Er kündigt an, Dola672 zu antworten, dass sie sich dieses Interview anschauen soll. Anschließend umreißt Alex grob noch mal das bisher Gesagte.)

38:15

Alex: Wo steht ihr in drei Jahren?

Stefan: Ich glaube, dass wir dann immer noch dasselbe machen wie jetzt, aber noch nicht wissen, für welche technischen Geräte. Und dass wir uns neben UX-Design weiter Richtung Beratung entwickeln.

(Stefan führt aus, dass Netshops inzwischen 50 Projekte verschiedener Größenordnungen betreut hat und die gesammelten Erfahrungen gern weitergibt. So würde er Dola672 auch Kunden nennen, bei denen Projekte funktioniert und nicht funktioniert haben. Er erwartet, auch in drei Jahren noch etwas im Bereich E-Commerce, Digital Commerce und Social Commerce zu machen und will den Kundenfokus behalten. Stefan erzählt, dass er gern mit Produkten arbeitet, die er mag. Darum würde er den Schraubenhändler Würth nicht bei einer B2B-Integration betreuen.)

Stefan: Wir werden sicher weiterhin etwas mit Markenherstellern machen. Darauf freue ich mich, weil sich die Devices und das Marktumfeld ändern. Wir werden auf jeden Fall mit Unternehmen zusammenarbeiten, die das ernstnehmen, die selbst coole Teams aufbauen und richtig was reißen wollen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es schade ist, wenn wir einen Kunden nach einem One-Shop-Projekt nie wiedersehen, weil wir davon profitieren zu sehen, wie sich die Projekte und die Zahlen entwickeln. Daher hoffe ich, dass wir in drei Jahren immer noch viele Kunden von denen betreuen, die wir jetzt schon haben.

40:00

(Alex erzählt, dass er gerade viele Anfragen von Automobilherstellern und der Luftfahrtindustrie bekommt, die transaktionale Lösungen über z. B. klickbare Displays im Auto haben wollen.)

Alex: Passt da die Shopmentalität, aus der ihr kommt?

Stefan: Die passt gut auf transaktionsorientierte Geschäftsmodelle, weil wir uns ja fragen, was der Nutzer will, also was für ein Bedürfnis er hat.

(Stefan erläutert, dass das im Lebensmittelbereich sein kann, dass man Milch nachbestellen muss und das über eine App, einen Laden oder einen Aboservice tun kann. Das Bedürfnis kann aber auch Beschäftigung sein oder die Kundschaft hat zu viel Geld und will in Luxusgüter investieren. Die Kundenbedürfnisse ändern sich dabei mehrmals täglich.)

Stefan: Gleichzeitig hat das immer mit kaufen zu tun. Dabei gibt es rationale und emotionale Entscheidungsprozesse, bei denen das Frontend mit Produktauswahl, Erklärvideos und bunten Bildern helfen kann. Und dann hat es ja meist mit bezahlen zu tun, also mit einem Account und hinterlegten Daten, automatischer Abbuchung oder bezahlen von Hand.

Die Metriken eines Kaufprozesses sind aber auch schon vor ein paar hundert Jahren gleich gewesen: Ich habe ein Bedürfnis, habe die Möglichkeit, etwas zu kaufen, tue das auch, und die Ware wird geliefert oder ich kann sie bei digitalen Gütern direkt konsumieren. Wenn man sich aus dieser Metaebene so einen Kaufvorgang anguckt, dann wird der noch viele Jahre gleich bleiben. Aber ob die Ebene darunter im Auto, im Flugzeug, vor dem Computer oder mit dem Smartphone stattfindet oder ich sogar nur an den Kauf denken muss, wird sich ändern. Darum setzen wir uns intensiv mit diesen Grundmetriken auseinander und lernen jedes halbe Jahr um, um uns auf neue Szenarien einzustellen und coole Kauferlebnisse zu schaffen.

(Alex fasst zusammen und bemerkt, dass Netshops also keine Spryker-Projekte unter der Hand bekommt. Er weist darauf hin, dass er 2013 mit Stefan Sobczak ein Interview über Shopware und Bepado gemacht hat, das jetzt Shopware Connect heißt, und verspricht, sich des Themas E-Commerce bald wieder anzunehmen. Er beglückwünscht Stefan zu seinen Projekten und bedankt sich.)

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