slr cameraDas Verhältnis von Herstellern zum Onlinehandel war schon immer etwas schwierig, aber die Entscheidung von Sony den eigenen Onlineshop in Europa vorerst einzustellen hat mich in den letzten beiden Wochen schon sehr zum Nachdenken gebracht. Bei Kassenzone gab es schon einige Artikel zum Thema Hersteller und Direktvertrieb und grundsätzlich gehe ich auch immer noch davon aus, dass sich Hersteller digital viel stärker aufstellen müssen, als sie es bisher getan haben. Matthias hat sich bei Channelpartner ebenfalls die Entscheidung von Sony angesehen und kommt zu einer bemerkenswerten Aussage: 

Wie viele Hersteller hat Sony seinen Onlinestore bisher vor allem zur Präsentation des eigenen Produktportfolios genutzt. Richtig konkurrenzfähig waren die Preise in dem Onlineshop nie.

Wenn das stimmt, dann kommt die Schließung nicht überraschend. Angeblich hat sich Sony zu diesem Schritt entschlossen, um den Wünschen all seiner Kunden besser nachzukommen. Die einzigen Kunden von Sony die allerdings den Wunsch nach der Einstellung des Direktvertriebs haben könnten, sind Sonys Handelspartner wie z.B. Mediamarkt oder Conrad. Ob sich ein Hersteller mit zweistelligen Umsatzmrd. wirklich vom Handel vorschreiben lässt, wie er seine Produkte zu verkaufen hat, ist schwer zu glauben, aber nach allem was ich in den letzten 12 Monaten an Hersteller-Planlosigkeit gesehen habe, würde ich das auch nicht ausschließen. Wenn das so ist, und Sony + der Handel mit dieser Strategie versuchen, die sterbenden Handelsrolle am Leben zu erhalten, dann wäre das strategisch ein Desaster.

Zwei Gründe würde ich allerdings gelten lassen, falls Sony von diesen betroffen ist. Der erste Grund basiert (wie so oft) auf dem schon beängstigend dominanten Niveau von Amazon, das in Deutschland sicherlich über 50% aller Onlinebestellungen beeinflusst (direkt und indirekt). Wenn Sony in seine Onlineauswertungen schaut, dann wird auch dort Amazon für mehr als jeden zweiten Euro Umsatz verantwortlich sein (mit steigender Tendenz) und das Wachstum des eigenen Onlineshops hält trotz aller Bemühungen nicht mit. Dann gehe ich durchaus mit in der Argumentation, dass man alle Online-Ressourcen darauf verwendet erfolgreicher bei Amazon zu werden und seine unterlegene Onlinestrategie entsprechend aufgibt. Der zweite noch wichtigere Grund wäre aus meiner Sicht zu sagen, dass der eigene Onlineshop keinen USP bieten kann – z.B. exklusive Produkte, Services, Vorordermöglichkeiten. Nichts davon habe ich bei Sony erkennen können. In diesem Fall macht es dann durchaus Sinn all sein Geld in die Produktentwicklung zu stecken, wobei das in den letzten Jahren leider nicht so gut funktioniert hat bei Sony. Aber ok, da lasse ich mich auch vom Gegenteil überzeugen.

Auf jeden Fall ist die Situation bei Sony ein schöner Anlass für Hersteller über ihre gängigen Digitalisierungsstrategien nachzudenken. Bisher war die Kausalkette noch recht überschaubar:

  • Der stationäre Handel verliert an Umsatz = ich als Hersteller verliere Sichtbarkeit und Umsatz
  • Mein Umsatzanteil bei Amazon steigt, also muss ich mehr in das Umsatzmanagement dort investieren = Großhändlerverträge kündigen, Produkttracking, Service Center…
  • Um mehr Kontrolle über meinen Umsatz in Zukunft zu gewinnen muss ich selber digital aktiv werden (Onlineshop), um so auch die Abhängigkeit von Amazon zu senken

Unabhängig davon, dass ein großer Teil mir bekannter Hersteller alle drei Punkte in Frage stellen würde, reicht noch nicht mal das aus, weil eine wesentliche Frage nicht beantwortet wird. Was hat der Kunde davon? Ich weiß, das klingt nun super generisch und nach Berater bla bla, aber diese Frage in Gegenwart aufwändiger digitaler Maßnahmenkataloge bei Herstellern kann sehr oft nicht gut beantwortet werden. Sonys digitale Realität im Onlinehandel sieht nun so aus:

Sony-Amazon

Ob das so im Interesse der Endkunden ist wird die Umsatzauswertung beantworten. Im Interesse des Sony Vertriebs wird das sicherlich nicht sein, so dass die Frage nach dem „Was & wie machen wir online?“ weiter im Raum steht. Ein Quick Win fällt mir auch nicht ein, aber bis zum nächsten Digital Commerce Day im April haben wir sicherlich ein Panel zusammengestellt, um die gängigen Direktvertriebsstrategien der Hersteller kritisch zu beleuchten.

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