Electronic boardVerbundgruppen über fast alle Branchen hinweg stehen vor einem kaum lösbaren Problem. Der Umsatz der angeschlossenen stationären Händler schrumpft wegen Amazon & Co., aber wettbewerbsfähige Lösungen als Antwort darauf scheitern an internen oder rechtlichen Strukturen. Verbundgruppen können keine teuren und leistungsfähigen Onlineshops betreiben, weil das wider den Interessen der Mitglieder läuft (Kannibalisierung) und i.d.R. keine Umsetzungskompetenz vorhanden ist, aber gängige Konzepte für die Stärkung des stationären Handels laufen meistens auch ins Leere, weil den Kunden Multichanneltheorien ziemlich egal ist. Wenn sie online einkaufen, dann meistens bei Amazon und eBay – vollkommen egal wo sie sonst stationär einkaufen. Es ist daher interessant zu beobachten wie sich die Elektronik Verbundgruppen in diesem Bereich aufstellen und die Meldungen von Expert geben in diesem Fall zu denken. Matthias Hell dokumentiert bei Channelpartner seit langem die Krise von Electronicpartner und Euronics. In seinem aktuellen Kommentar zur Entwicklung von expert kommt er zu einem neutralen bis positiven Urteil. Ich bin da skeptischer, weil expert mE die gleichen Fehler macht wie seine erfolglosen Wettbewerber. Vor zwei Jahren noch habe ich expert hier bei Kassenzone sehr positiv bewertet, weil die Onlinemaßnahmen in vielen Ansätzen schlüssig waren:

Expert.de hat sich in seinem Online Auftritt gegen einen “normalen” Shop entschlossen und bewusst für ein System entschieden, dass vor allem mehr Kunden zu den lokalen Händlern führt. Zum Background: Expert ist gemessen am Außenumsatz die Nr. 2 in Deutschland hinter Mediamarkt und noch dezentraler organisiert als sein Hauptkonkurrent, was zentrale Online Konzepte ähnlich schwierig macht wie bei Mediamarkt. Der Vorstand Stefan Müller sagt in einem Interview mit der ecommerce-vision dazu:

 

Wieso startet ihr neues Shop-Konzept nur mit einem Produkt. Wie sieht die Strategie dahinter aus – kurz- und mittelfristig? Seit Beginn der Überlegungen zur Erschließung des Online-Kanals wurde bei expert größten Wert auf die Interessen der Gesellschafter gelegt. Der Verkauf ist nicht das Hauptziel, es geht vielmehr um einen Online-Auftritt, der das lokale Geschäft in den Vordergrund stellt. Der Verkauf der Jubel-Angebote bietet hierfür die Basis und gewährleistet im ersten Schritt den Gleichklang von stationärem Fachhandel und Online-Geschäft. Nach und nach werden dann weitere Produktgruppen online verfügbar sein.


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In der aktuellen Pressemeldung von expert sieht die Welt (leider) wieder anders aus. Der Gesamtumsatz der Gruppe ist um 1,5% gestiegen, allerdings ist die Fläche von 397.000qm auf 445.000qm gewachsen, was nach meiner Rechnung einen (netto) Umsatzrückgang von 9,4% bedeuten würde. ((397*1,015)/445-1). Das ist zwar nicht so schlecht wie bei den Wettbewerbern, aber isoliert betrachtet doch ein Desaster. Das angepeilte Flächenwachstum („Langfristiges Ziel der Expansion ist das Erreichen einer bundesweiten Flächendeckung“) ist für mich so nicht nachvollziehbar. Wenn der Flächenproduktivität sinkt, was hat Expert dann davon außer geringfügig verbesserten Einkaufskonditionen? Noch größere Fragen wirft für mich die Onlinestrategie auf. Das man bisher nur wenige Produkte auf der Webseite als Teaser verwendet hat, um die Leute in den Laden zu locken leuchtete mir ein. Nach E-Commerce Maßstäben war es zwar dilettantisch umgesetzt, aber aus Kundensicht immerhin schlüssig. Nun ist aber Folgendes geplant:

Die nächste große Weiterentwicklung des Online-Shops steht im Spätherbst 2014 an. Ab dann werden expert Kunden das gesamte Fachmarktsortiment mit mindestens 50.000 Artikeln online abrufen können. Somit erhält der Kunde die Möglichkeit, sich online umfassend über das Angebot seines expert Händlers zu informieren und Artikel direkt zu reservieren. „Mit dieser Erweiterung unseres Online-Angebots haben wir eine wichtige Lücke geschlossen. Wir bieten unseren Kunden eine verlässliche Informationsquelle und somit noch größeren Service an. Wir sind uns sicher, dass sich damit die Attraktivität der Marke expert – online wie auch offline – nochmals deutlich erhöht“, freut sich Dr. Stefan Müller, Vorstand der expert AG.

Man zeigt also alle Artikel an, ggf. je nach Standort mit unterschiedlichen Preisen, und sperrt die Bestellfunktion. Das ist aus Händlersicht nachvollziehbar, weil man keinen Umsatz in der Filiale verlieren will, aber aus Kundensicht ist es extrem unbefriedigend, weil ein Medienbruch erzwungen wird. Das macht aus meiner Sicht wenig bis gar keinen Sinn und mir erschließt sich nicht wie man damit ein Umsatzwachstum im annähernd zweistelligen Prozentbereich erreichen will, außer man expandiert im deutlich zweistelligen Prozentbereich in der Verkaufsfläche. Es ist einfach das Vorgehen von expert zu kritisieren. Unternehmen mit diesen Voraussetzung und Strukturen haben enorme Schwierigkeiten am Markt zu bestehen und genau deshalb lassen sich wirklich gute Konzepte auch nur schwer finden. Was würdet ihr an der Stelle von expert tun?

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