goldene_schweineIn der letzten Woche hat Josh Hannah auf Pandodaily einen sehr zeitgemäßen Artikel über die Renditeerwartung von E-Commerce Modellen geschrieben. Er trug den spöttischen Titel „That’s a nice little $40M ecommerce company you have there. Call me when it scales“ Im Kern beschreibt er, dass Umsatz bei “normalen” E-Commerce Modellen keinen echten Wert mehr besitzt, und aus seiner Sicht nur wenige E-Commerce Modelle das Potential haben ordentliche Renditen zu erwirtschaften. Er nennt ausschließlich vertikale Handelsmodelle wie justfab als hoffnungsvolle Beispiele. Für den Rest, wie z.B. das gehypte Overstock.com, hat er folgende Bewertung:

Much more common is a fate like Overstock.com. It grew revenues 18 percent last year (to $1.3 billion) – about the rate of overall e-commerce growth – but to do that, it spent 46 percent more on marketing than the year before. The result, excluding a one-time tax gain, is $16 million in profit (roughly 1 percent margin). That’s a lot of work to sell stuff for a buck that costs you 99 cents, and hence a market cap of 0.4-times-sales, compared to Zulily’s seven-times ratio.
I fear this fate is in store for many popular e-commerce businesses today who are hoping their curation of distinctive products and the brand are enough to lock their customers in. Retail customers are fickle and forgetful. They will find other merchants they like, and even if they continue to like your business, they will forget to come back to shop. That is, unless you create a systematic method of re-engagement with no marginal cost.

Im Grunde genommen funktionieren Zalando.de und Otto.de auch wie Overstock.com. Sie handeln vorrangig mit Marken die ihnen nicht gehören und müssen den Kunden zunehmend aufwändiger zum wiederholten Kauf animieren. Wirklich loyale Kunden die sich in einem Onlineshop wohlfühlen und immer (kostenfrei) wiederkommen gibt es zunehmend weniger.


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Ich hatte in einigen älteren Beiträgen schon geschrieben, dass ich diese Art von Geschäftsmodellen im E-Commerce für kaum noch zukunftsfähig halte. Sie sind eine Art „Karstadt online“ und diese „Alles unter einem Dach“ Strategie geht nur noch für Marktführer (Amazon, eBay) oder für Nischenführer (etsy…) auf. Der Rest ist zur Vertikalisierung verdammt. Als Berater lassen sich dann sehr einfach solche Sätze wie „Emotionalisieren Sie Ihre Webseite.“ oder „Werden Sie eine Marke.“ sagen. Nicht zu unrecht setzt es dann als Antwort einen Satz Backpfeifen.

Nicht-Vertikale E-Commerce Modelle sind aus meiner Sicht kaum in der Lage sinnvolle Renditen zu erzielen, insofern halte ich die Abschöpfungsstrategie bei otto.de für absolut sinnvoll. Otto wird hier zwar selber nicht von einer Abschöpfungsstrategie sprechen, aber sie wachsen ja wenn überhaupt mit dem Markt und nicht über den Markt und versuchen möglichst rentabel zu wirtschaften. Zalando wiederum setzt auf eine deutlich aggressivere Wachstumsstrategie, die ihnen das Ergebnis verhagelt. Hinsichtlich der wiederholt proagierten Börsenstrategie ist das allerdings auch nachvollziehbar.  Solange sie das Geld dafür haben ist doch alles fein.

Diese Option haben die meisten E-Commerce Modelle aber nicht und im Fall von getgoods.de kann man sehen, dass reiner Umsatz wirklich kaum etwas zählt und ich bin wirklich gespannt auf die nächsten Quartale der Börsenneulinge wie Boohoo, die mit einem stark vertikalisierten Modell (Design, Produktion, Vertrieb) bisher recht ordentliche Renditen erwirtschaften. 10% Rendite in Handelsmodellen scheint die neue Messlatte zu sein. Ich meine sogar eine gewisse Resignation im Markt zu beobachten bei der oft das Wort „Konsolidierung“ fällt. Das bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass viele E-Commerce Modelle kurz- bis mittelfristig ihre Pforten schließen müssen, weil sie entweder nicht in die schwarzen Zahlen kommen und/oder kein weiterer Investor bereit ist einzusteigen.

Es gibt aber durchaus Gründe für und gegen die riskante Wachstumsstrategie. Die Gründe dagegen sind für rationale Kassenzone.de Leser leicht zu erraten:

  • In Zeiten der Marktkonsolidierung muss Geld verdient werden. Der Markt wächst langsamer als die Wettbewerbsintensiät.
  • Wenn es keine klare Strategie gibt wie ein größerer Umsatz in Zukunft zu höheren Renditen führen soll, dann muss auch ein geringerer Umsatz ausreichen.
  • Das Geld für E-Commerce Modelle ist begrenzt. Niemand ist (aktuell) bereit in klassische Handelsmodelle zu investieren.
  • Usw.

Ehrlicherweise bin ich auch eher bei diesen Argumenten anzusiedeln. Vielleicht bin ich aber auch schon zu risikoavers und nicht bereit genug auf die Argumente der Wachstumsverfechter einzugehen. Die lesen sich u.a. wie folgt:

  • Der E-Commerce Markt steckt noch in seinen Kinderschuhen. Wer jetzt nicht wächst bzw. etwas riskiert, der scheidet morgen ohnehin aus dem Markt aus.
  • Wenn in normalen E-Commerce Modellen (Handelsmodellen) nur 2-3% Marge möglich sind, warum sollte man dort verharren?
  • Alle heute erfolgreichen E-Commerce Modelle haben gezeigt, dass eine gewisse Investitionsphase überbrückt werden muss. E-Commerce ist kaum planbar. Große Visionen gewinnen.

Die Argumente haben durchaus Charme. Risikoaverse Menschen lassen sich davon natürlich nicht überzeugen und der Markt gibt ihnen meistens Recht. Von den „riskanten“ Modellen überleben nur 1-3%. Dann haben die Kritiker in 97-99% der Fälle also Recht gehabt. In den „sicheren“ Modellen hingegen überleben 20-60% für eine gefühlt lange Zeit.

Ich sehe das mittlerweile etwas differenzierter. In Modellen die heute schon kaum funktionieren, wie z.B. die Ansätze der großen Kaufhäuser, bringt es gar nichts auf Sicherheit zu spielen. Da muss viel innovativer (riskanter) agiert werden. Das gilt natürlich auch für Zalando. Für Modelle mit ausreichender Größe, die eine höhere Zahlungserwartung aus der sicheren Strategie haben, wie z.B. otto.de, bringt die Risikovariante zu wenig. Für beide Ansätze aber gilt: Umsatz ohne Rendite ist wertlos. In dem Punkt behält Josh Hannah also Recht.

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