Perspektive ApfelEin Gastbeitrag von Paul Verfechter: „Der Onlinemarkt wächst.“ „Der stationäre Handel stirbt aus.“ „Die Kunden wollen immer und überall bedient werden.“ Die Aussagen der Onlinelobby sind genauso vorhersehbar wie die Titel der Bildzeitung. Oberflächlich betrachtet stimmt einiges davon. Die wachsenden Onlineumsätze, schön sichtbar im Chart des E-Commerce Gurus Jochen Krisch, sind nicht wegzudiskutieren. Die Gründe dafür und die Schlussfolgerungen allerdings schon.

E-Commerce Wachstum

Bei all dem E-Commerce Enthusiasmus bleiben für mich ein paar kritische Themen leider außen vor. Das wären u.a.:

  • Der stark wachsende Onlineumsatz zeigt sich nicht auf der EBT-Seite. Bedeutet: Viel Umsatz, aber kein Profit. Die 40-50 Mrd. Euro Onlineumsatz bisher kompensieren gerade mal 5-15 Mrd. Euro stationären Umsatz, wenn man nur die Profitabilität betrachtet. Um das zu beweisen reicht es aus die Geschäftsberichte der 10 größten E-Commerce Unternehmen/Händler mal im Detail zu lesen.
  • Die Finanzierung des Umsatzwachstums ist in einem erheblichen Ausmaß fremdkapitalgetrieben. Anders ist das überproportionale Wachstum der meist defizitären Pure Player nicht zu erklären. Das Geld für das Wachstum kommt aus anderen Branchen, aber nicht aus dem Handel selbst.
  • Zalando, Amazon & Co. können bisher nicht glaubwürdig aufzeigen, dass sie in der Lage sind das Geld der Fremdkapitalgeber ordentlich zu verzinsen, zumindest wenn man nur die Handelsaktivitäten betrachtet.

Wie lange soll das noch gutgehen? Ich bin offen für Veränderungen, schließlich kaufe ich Batterien mittlerweile auch bei Amazon, aber ich habe noch keinen einzigen Onlineshop gesehen, der auch nur ansatzweise an das Einkaufserlebnis eines guten stationären Stores herankommt. Wo ist die Inspiration, die Lust sich mit neuer Ware auseinanderzusetzen, die kleinen Dinge, die zum Wiederkommen animieren….?

Auch im stationären Handel war es nie der bloße „Verkauf“ von Ware, der Kunden und Geld gebracht hat. Es war & ist die Fähigkeit mit geeigneten Ladenkonzepten die Kunden zu inspirieren und zum Kauf zu bewegen. Es war & ist die Fähigkeit Marken zu entwickeln. Während online nur Eigenmarken „mitverkauft“ werden, gibt es stationär die Chance neue Marken zu schaffen. Hugo Boss & Co. sind stationär entstanden und nicht online. Marken verstehen das und werden deshalb auch langfristig die großen WKZ-Anteile für stationäre Händler bereitstellen und nicht für alberne Shop in Shop Landingpages bei Zalando, Otto & Co.

Natürlich gibt es Ausnahmen. Spezialisierte Anbieter wie mytheresa.com, asos.de, oder viele andere. Die wachsen profitabel aus ihrem Eigenkapital und die Kunden kommen von selbst wieder. In der Summe wächst der Markt aber durch die ganz großen Player wie Amazon und Zalando. Und die verbrennen Geld bzw. verdienen kaum Geld. Wenn nun ein paar schwach positionierte Shops in den Randlagen der Städte schließen müssen ist das eine Sache, aber die Zukunft des Handels liegt trotzdem in den Läden. Online ist im besten Falle nur ein effizienter Verkaufskanal – mehr nicht.

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