Rakuten wird zukünftig eine wesentliche Rolle im Deutschen E-Commerce spielen

rakuten-expo-2013Das steht für mich fest. Die Frage ist nur welche Produkte wir dort kaufen und wer eigentlich der relevante Rakuten Wettbewerb ist. Von Amazon über Dawanda bis hin zu eBay sind sehr verschiedene Unternehmen die Hauptwettbewerber von Rakuten – je nach Sichtweise. Diskussionen unter Fachleuten bezüglich Rakuten führen fast immer zu ähnlichen Feststellungen. „Wir können uns nicht vorstellen bei Rakuten zu kaufen, wenn Sie Amazon preislich nicht schlagen können.“ Diese Art der Argumentation ist in etwa die Moses Illuison des E-Commerce. Preisführerschaft und Onlineerfolg bei Handelsgeschäftsmodellen sind in unseren Gehirnen schon fast untrennbar verknüpft.  Bei der diesjährigen Rakuten Expo habe ich die Gelegenheit wahrgenommen mal etwas genauer auf dieses Unternehmen zu schauen, was recht selbstbewusst seine Stellung als drittes großes E-Commerce Unternehmen hinter Amazon & eBay unterstreicht und Amazon als seinen klaren Wettbewerber definiert hat. Nach der Übernahme der Marktplatz- und Shopsoftware Tradoria.de von dem japanischen Megakonzern in 2011, verfolge ich sehr gespannt die Ambitionen des Unternehmens Marktanteile von Amazon abzujagen. Nachdem Yatego seit einiger Zeit spürbar schrumpft und Hitmeister bisher eher verhalten agiert, bleibt nur noch Rakuten als spannende Option übrig, um von Amazon & Co. relevante Marktanteile zu erobern.

Rakuten

Im letzten Jahr habe ich hier schon von dem etwas misslungenen Versuch berichtet den bis dato recht unabhängigen Händlern eine neue Kundenkontenregelung aufzuzwingen schmackhaft zu machen. Beate Rank und ihr Team waren nach eigener Aussage selber überrascht von dem heftigen Gegenwind der Händler, so dass letztendlich die betroffene Änderung wieder rückgängig gemacht wurde, obwohl sie strategisch mE durchaus nachvollziehbar war. Strategie und Händlerinteressen sind also nicht immer auf einer Linie.

Die Eindrücke von der Expo

Bevor ich zu einer kurzen Analyse komme, finden sich in der folgenden Übersicht meine eher generellen Notizen aus den ersten Vorträgen der Expo:

  • Der CEO Mikitani positioniert Rakuten sehr offensiv gegen Amazon. Aus seiner Sicht ist Amazon ein einziger großer Händler, der es dritten Anbietern erlaubt ohne direkten Kundenkontakt Produkte auf Amazon einzustellen. Rakuten hingegen ist ein reiner Marktplatz bei dem Rakuten nur die Technologie stellt und der komplette Kundenkontakt über die Händler läuft
  • Rakuten legt großen Wert darauf seine Händler mit einem sehr großen Expertenteam zu unterstützen. Jeder Händler hat einen festen Ansprechpartner im Unternehmen, der ihm hilft seinen Shop zu optimieren. Sie auch den passenden Beitrag dazu bei Jochen Krisch.
  • Bei Rakuten.de wurden bereits über 202 Mio. Superpunkte gesammelt (1 Superpunkt = 1 Cent).
  • Der mobile Traffic bei Rakuten wächst sehr stark. Mikitani rechnet bereits für 2014 mit einem Anteil des mobilen Traffics von über 50% vom Gesamttraffic.
  • Die Wunschfeatures der Händler haben oft nichts mit den gelernten Online Shop Best Practices zu tun. Ein sehr oft gewünschtes Feature ist z.B. eine Art Urlaubsmodus für den Shop, wenn die Händler mal länger nicht erreichbar sind. Das klingt beim ersten Zuhören für normale E-Commerce Leute erst einmal hanebüchend, ist aber tatsächlich sinnvoll, wie das letzte Video erklärt.
  • Rakuten.de bildet bisher nur einen eher kleinen Teil der Rakuten Idee ab. Viele Ideen, Funktionen und ggf. sogar Plattformen müssen erst noch in die Deutsche Gesellschaft übertragen werden. Der Start einer eigenen Logistik ist dabei nur ein Teil von vielen.
  • Rakuten hat nach meiner Beobachtung eine sehr starke persönliche Bindung zu seinen Händlern aufgebaut und wird als fairer und verlässlicher Partner wahrgenommen. Das zumindest schließe ich aus den Gesprächen auf der Expo.
  • Bei jeder Gelegenheit wird das Rakuten Mantra „Shopping Experience“, „Happy Commerce“ aka „der kleine Laden von nebenan“ betont. Auf diesen Kern lässt sich die Rakuten Positionierung zusammenfassen. Aufgeweicht wird dieser Kern lediglich durch die Zielsetzung auch große Marken & Händler auf der Plattform aufzunehmen (Zugpferde).
  • Neben der Raktuten Plattform experimentiert und investiert das Unternehmen noch bei diversen anderen Plattformen, wie z.B. Stylife um sein Shoppinguniversum auszubauen. Diese Aktivitäten lasse ich in der folgenden Bewertung unbetrachtet. Das meiste davon befindet sich mE noch in einem sehr frühen Experimentierstadium.

Auf den ersten Blick ist das alles sehr positiv und das Wachstum auf 8.000 Händler (6.500 davon aktiv) lässt sich durchaus sehen. Und trotzdem komme ich immer wieder zu der Frage zurück was denn genau der USP dieses „Happy Commerce“ ist? Warum kaufen die Kunden da? Ist der japanische Erfolg nicht doch ein kaum zu wiederholender Sondereffekt? Stimmt diese Geschichte mit dem kleinen Laden von nebenan, bei der die stationären Nischenläden „empowered“ werden?

So will Rakuten Amazon schlagen

Hiroshi Mikitani ist sich sicher, dass Rakuten kein weiteres Onlinekaufhaus ist. Es kann und will nicht über den Preis konkurrieren und trotzdem sollen die Kunden an Rakuten denken, wenn Sie online shoppen wollen. Er vergleicht Rakuten mit einem Bazar, während Amazon nur ein schnödes Kaufhaus ist, bei dem die Shopping Experience keine Rolle spielt. Aus meiner Sicht ist „Shopping Experience“ aber schwer beschreibbar. Es erscheint mir eher das Ergebnis einer Positionierung zu sein und nicht der USP an sich. Was genau macht Rakuten also dann anders? Was macht es langfristig erfolgreich? Müssen wir warten bis das komplette japanische Modell in den deutschen Markt übertragen ist, damit wir es verstehen? Ist die Salatsauce skalierbar?

So interessant ich Rakuten auch finde, so schwer fällt es mir doch diese Fragen klar zu beantworten. Sogar Hiroshi Mikitani (siehe Video) findet dazu keine klare Antwort. Solange Rakuten aber weitere Händler überzeugen kann auf die Plattform zu kommen und ggf. sogar starke Marken gewinnt, mache ich mir über das Geschäftsmodell erst einmal keine Sorgen. Und darin genau liegt aktuell ein großes Plus von Rakuten. Die Händler stehen dort tatsächlich im Mittelpunkt. Für viele Amazon Händler, die eben doch „nur“ auf den Amazon Traffic aus sind, ist das wahrscheinlich nicht wichtig, aber es wird sicherlich tausende Amazon Händler geben, die Amazon aus verschiedenen Gründen verlassen wollen und nur nach der passenden Gelegenheit dafür suchen. Wenn ein Händler mehrmals die Erfahrung gemacht hat, dass seine „Top Seller“ von Amazon selber verkauft werden, überlegt sich sehr schnell ob er kurzfristig erzielbaren Umsatz gegen ein ggf. langfristig verteidigbares Geschäftsmodell austauschen kann, wenn er sich für die Inszenierung seiner Produkte begeistern kann.

Ohne die Inszenierung von Produkten können Händler auch mit dem Rakuten System kaum Erfolg haben. Auf einem Marktplatz ist nun mal der lauteste Schreihals der Umsatzkönig. Das muss Händlern, die das alte Tradoria System „nur“ als E-Commerce Software genutzt haben natürlich schonend beigebracht werden. Jochen Krisch bezeichnet das in seinem Podcast als die Rakuten Eigenmarkenstrategie. Händler als Eigenmarken – kluger Gedanke. Das ist so ziemlich das Gegenteil der Amazon Händlerlogik und vor dem Hintergrund der zunehmend schlechteren Amazon Konditionen für Händler eine beachtenswerte Strategie. Langfristig könnte Rakuten sogar mit den teilw. noch aufzubauenenden Services (Logistik, ggf. Payment…) mehr Geld verdienen als mit den Händlergebühren.

Aus Händlersicht erscheint die Rakutenstrategie also schlüssig. Das erklärt aber noch lange nicht warum Endkunden bei Rakuten kaufen sollen. Ich zähle mich, wie viele andere Marktbeobachter wahrscheinlich auch, zu den Smart Shoppern (preissensibel, nicht händlergebunden….) und aus dieser Sicht lässt sich die Frage kaum beantworten. Wenn allerdings wie in Japan 40.000 kleine superspezialisierte Händler vom Bioei bis zur Salatsauce über 100.000.000 verschiedenen Produkte anbieten (Status Quo in Japan), dann kann ich mir zumindest vorstellen, dass dieses System genügend Kunden an sich bindet, die über diverse Kundenbindungsmaßnahmen (z.B. Superpunkte) immer wieder zum Kauf bei Rakuten animiert werden. Smart Shopper wie ich denken in Handelssuperlativen. „Das Beste“, „Das billigste“, „Das schnellste“…. Diese Denkweise lässt sich aber nicht auf Rakuten anwenden, weil sie Vergleichbarkeit voraussetzt. Die „coolen“, „einzigartigen“… Produkte bei Rakuten, die mich ggf. zukünftig dort kaufen lassen sind aber subjektiv bewertet.

Der Chef, die Chefin und eine Händlerin

Hiroshi Mikitani hat mir während der Expo in Bamberg ein paar der o.g. Fragen beantwortet. Er kann es selber kaum erwarten bis wir alle das japanische Rakuten Einkaufserlebnis auch in Deutschland spüren.

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Die Rakuten Deutschland Chefin Beate Rank nimmt auch differenziert Stellung zur Rakuten Positionierung und berichtet von der Herausforderung in so einem riesen Projekt alle Händler gut mitzunehmen.

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Die Händlerin Manuele Glage berichtet von ihrem Rakutenshop time2order.de in dem sie Zucker und Verpackungen verkauft. Sehr interessant zu hören! Sie möchte auch noch mit dem folgenden Absatz zitiert werden, der aus ihrer Sicht nicht genügend im Video zu Geltung kam. Sie ist wirklich eine überzeugte und überzeugende Rakuten Händlerin.

„Die Neuerungen bei Rakuten (Storefront, Produktvideos…) bieten für uns tolle Möglichkeiten zur Verbesserung mit Erläuterungen und Hilfe.“

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Rakuten gewinnt. Das zeigt insbesondere das Händlervideo sehr deutlich. Ich habe sogar schon kurzzeitig überlegt mein „Extrem gutes Fleisch“ Geschäftsmodell auf Rakuten zu verlagern, aber ich bin noch etwas unentschlossen.

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