Amazon ist mittlerweile zum allgegenwärtigen Angstgegner geworden – für Händler, für Hersteller, für Hosting Anbieter, für Tablet Produzenten und für jeden Teilnehmer der irgendwie von der Wertschöpfungskette Amazons beeinflusst wird, abgesehen von den Kunden. Es bilden sich nach meiner Beobachtung zunehmend Urban Legends um Amazon, weil niemand so genau absehen kann wohin die Reise des bereits heute mächtigsten Handelsunternehmens der Welt noch hinführen wird. Mit Urban Legends lässt es sich aber schwer arbeiten, weshalb ich für jede fundierte Analyse zu Amazon dankbar bin. In den nächsten Tagen gibt es dazu sicherlich wieder Futter bei amazonstrategies.com.

Mit „Mr. Amazon“ ist nun seit einigen Monaten ein Buch über Amazon verfügbar, das sich zumindest der Anfangszeit von Amazon im Detail widmet und (relativ oberflächlich) die Puzzelteile um die Gründungsjahre von Amazon bis 2010 zusammenfasst und mit einer leicht negativen Schreibe unterlegt. Man erfährt darin wenig über die aktuelle IT und Produktstrategie und fast gar nichts über die Unternehmenskultur. Die recht zahlreichen negativen Kommentare der englischen Ausgabe sind daher durchaus berechtigt. Für die deutsche Ausgabe finden sich ausschließlich sehr positive Kommentare. Das mag daran liegen, dass die meisten Inhalte des Buches noch nicht in klassischen Medien in Deutschland publiziert wurden und daher neu und inspirierend wirken. Ich finde das Buch trotz seiner Schwächen sehr hilfreich, um zu verstehen wie Amazon „tickt“. Es tut auch gut zu lesen, dass der Erfolg von Amazon zum Status Quo auch nicht selbstverständlich ist und es durchaus diverse Situationen in der Amazon Geschichte gab, bei der das Unternehmen hätte pleitegehen können. Der absolute Fokus auf „Das Beste für den Kunden“ ist allerdings Basis für all diese Experimente und Fehlschläge. Und das bedeutet im Fall von Amazon, dass Mitarbeiter, Handelspartner und auch alle sonstigen Beteiligten (z.B. Autoren) hinter diesem Interesse zurückstehen müssen. Was das im Detail heißt, kann jeder erfragen, der mit Mitarbeitern oder Handelspartnern von Amazon redet. Von denen fühlt sich kaum jemand auf Händen getragen.

Nun könnte man meinen, dass das auch eine potentielle Schwäche von Amazon ist und mittel- bis langfristig zu einem Kollaps führen könnte. Nur wenige Analysten fühlen sich darin bestätigt und führen die schwache Ertragslage von Amazon ins Feld, die bereits seit dem ersten EBIT positiven Jahr von Amazon so schwach ist. Amazon nimmt auf seinen Profit keinerlei Rücksicht. Sie investieren alles in den Service am Kunden, in neue Produkte oder in wettbewerbsführende Produktpreise. Und an der Börse wird das in Summe absolut positiv bewertet. Dem Kurs-Gewinn-Verhältnis unterliegt immer noch eine mächtige Wachstumsphantasie. Sollte Amazon nicht über seine sehr hohen IT Investments bzw. Produktinvestments stolpern, dann erwarte ich, dass ein großer Teil des E-Commerce Wachstums in den nächsten Jahren bei den Amazon Umsätzen wiederzufinden ist. Dazu wäre mal eine genaue Aufschlüsselung der Vielbesteller aus der aktuellen Acta Studie interessant.

Zurück zum Buch. Obwohl es in Summe eher oberflächlich geschrieben ist, halte ich es für einen lohnenswerten Einstieg für einen Blick hinter die Amazon Kulissen der vergangenen Jahre.

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