StonehengeIn meinem Artikel „Handel 2025: Welcher Handel?“ habe ich darüber sinniert, warum es bald keine auf Handel basierenden Geschäftsmodelle mehr geben könnte. Über die Frage der zukünftig benötigten konkreten Fähigkeiten und Services im Vergleich zu den nicht so konkreten „Soft Skills“ kann man trefflich diskutieren. Ich selbst würde der konkreten Fähigkeit „Handelskompetenz“ demnach keinen hohen Wert mehr beimessen und vor allem versuchen die Soft Skills eines Unternehmens zu optimieren. Konkrete Fähigkeiten führen immer zu Legacy (dazu gleich mehr), indes könnte der Soft Skill „Veränderungsfähigkeit“ entscheidend sein, um sich schnellstmöglich auf neue Marktanforderungen einstellen zu können. Ich habe gelernt, dass die meisten Unternehmen sich ihr Leben sehr schwer dabei machen „veränderungsfähig“ zu werden. Warum?

Sie bewerten den IST Zustand in Ihrem Unternehmen (Mitarbeiter, IT, Daten…) und leiten den SOLL Zustand dann von dem gefühlten Marktführer ab (Zalando, Google, Amazon,…). Das könnte man machen, wenn die Marktführer sich nicht schnell weiterentwickeln würden. Im Ergebnis steht dann oft ein halbgares und ggf. verschlechtertes Kerngeschäft und meist kein nachhaltiges digitales Neugeschäft. Viele Unternehmen sagen sich: „Das was wir heute haben ist nicht zukunftsfähig. Wir müssen uns verändern.“ Tja, das sagen sich Google, Amazon und Zalando aber auch. Insofern sind die meisten Unternehmen bereits in derselben Position wie die ach so mächtigen Marktführer. Die Fragestellung die analogen und digitalen Unternehmen so schwerfällt, und die mittlerweile wohl zur prägendsten Herausforderung in Vorstandsetagen geworden ist, ist die Frage nach dem Umgang mit der Legacy. Wann baut man auf? Wann schreibt man ab? Das Wort wird in verschiedenen Zusammenhängen genutzt, deshalb schauen wir uns mal einen Auszug aus Wikipedia an, der sich mit Legacy im IT Umfeld beschäftigt.

The first use of the term legacy to describe computer systems probably occurred in the 1970s. By the 1980s it was commonly used to refer to existing computer systems to distinguish them from the design and implementation of new systems. Legacy was often heard during a conversion process, for example, when moving data from the legacy system to a new database.

While this term may indicate that some engineers may feel that a system is out of date, a legacy system may continue to be used for a variety of reasons. It may simply be that the system still provides for the users‘ needs. In addition, the decision to keep an old system may be influenced by economic reasons such as return on investment challenges or vendor lock-in, the inherent challenges of change management, or a variety of other reasons other than functionality. Backward compatibility (such as the ability of newer systems to handle legacy file formats and character encodings) is a goal that software developers often include in their work.

Even if it is no longer used, a legacy system may continue to impact the organization due to its historical role. Historic data may not have been converted into the new system format and may exist within the new system with the use of a customized schema crosswalk, or may exist only in a data warehouse. In either case, the effect on business intelligence and operational reporting can be significant. A legacy system may include procedures or terminology which are no longer relevant in the current context, and may hinder or confuse understanding of the methods or technologies used.

Für alle Leser mit Erfahrung aus großen IT Projekten ist das schmerzlich nachvollziehbar. Systeme die mit sehr klaren Anforderungen gebaut wurden, müssen aktuell zu sehr hohen Kosten gewartet werden. Die Systeme die man sich vor 2,4,8 Jahren für den Onlinehandel zugelegt hat sind bereits wieder obsolet und die Themen Big Data // CRM dümpeln seit Jahren ohne klaren Fortschritt vor sich hin, und die zwischenzeitlich eingeführten Lösungen haben sich schon wieder als „Legacy“ entpuppt.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten dieser Situation zu begegnen.  Die meistgewählte Variante #1 ist die des „jetzt aber richtig“ Variante in der versucht wird mit noch mehr Einsatz, noch mehr Investment, noch mehr Projektmanagement und noch mehr Powerpointcharts die Wende doch noch zu erzwingen. Die weniger gewählte Variante #2 ist es anzuerkennen, dass der Markt so ist wie er ist und sich zu sagen: Egal was man macht und worin man investiert, ab Tag 1 entsteht Legacy. Legacy Code, Legacy Strukturen, Legacy Organisation…. Usw. Beide Varianten sind aus Sicht der klassischen BWL nicht attraktiv, aber #2 führt nach meinen Beobachtungen zu besseren ROIs, gesünderen Organisationen und man erhöht die Chance auf Black Swan Events.

Eine Erkenntnis aus den meisten IT- und Digitalisierungsprojekten ist, dass man mit hybriden Modellen nicht in der Lage ist „disruptive“ Veränderungen zu begleiten. Steven Sinofsky hat diese Entwicklung in einem Blogbeitrag sehr schön hergeleitet:

There’s one word that sums up incumbent response to disruption — hybrid. The pattern is almost always the same, which is the new technology or approach that appears or threatens to disrupt an incumbent is best expressed by combining the new with the old. Time and time again, hybrid is the one thing that never works because you can never distill disruption down to a single attribute to be added to your existing business. More often than not, adding something also makes things worse in every dimension.

Retail shows this challenge in a very visible way today. Imagine you oversee a 1000’s of retail outlets (Gap, Walmart, anything). These stores are capital intensive and in need of constant nurturing. For example, the Gap business model requires inventory turnover and new displays every couple of weeks. Your whole model is based on the cycle of new merchandise, advertising that, attracting customers, then repeating that.

You have to find the capital to build out an entire “stack” to compete with the likes of Amazon. This includes merchandise that changes every minute, not every two weeks. It includes items you don’t normally carry. You might price things to match entire baskets of multiple brands and items rather than the commitment to specific line. You need to promote what is being bought by consumers, not what you committed to promote based on shelf-space deals or what you acquired. You pay employees for the code they write and data they analyze, not the in-store presence.

Bleiben wir doch mal bei dem Gedanken von Steven, dass man analoge Modelle nicht vollständige digitalisieren kann, weil die Wertschöpfung in beiden Modellen zu unterschiedlich ist. Kann dann ein Mediamarkt gar nicht mit Amazon konkurrieren, egal wie intensiv dort digitalisiert wird? Aus meiner Sicht trifft das zu. Im Umkehrschluss gibt es aber keinen risikoarmen Weg, um dann doch auf der grünen Wiese 100%ig digital zu investieren, um Amazon auf diesem Spielfeld einzuholen. Da bleibt nur das permanente ausprobieren, wachsen, schließen und dann noch mal alles von vorne. Das gilt sowohl für Mediamarkt als auch für Zalando, Amazon & Co. Leider gilt das sogar für Kassenzone, auch wenn es sich hierbei nicht um ein Geschäftsmodell mit einem direkten Erlösmodell handelt. Ich weiß ehrlich gesagt nicht ob & wie der Kassenzone.de Content „morgen“ konsumiert wird und was für ein Content das überhaupt sein wird. Ich habe deshalb zu Weihnachten den Kassenzone Whatsappbroadcast erstellt und mir Gedanken über Instagram gemacht. Ob das aufgeht? Wer weiß das schon….

Um zu verstehen was das nun für bereits bestehende Digitalisierungsinitativen von großen Unternehmen bedeutet, kann man sich hervorragend den aktuellem OMR Podcast anhören, in dem Philipp Westermeyer zusammen mit Sven Schmidt und Jochen Krisch die Investitionsstrategien von Ströer, Springer und ProSiebenSat1 besprechen. Jochen sagt Springer eine Investitionslegacy nach, weil sie „nur“ in digitale Dinge investieren die so funktionieren wie das analoge Kerngeshchäft. Sehr spannend sind dabei die letzten 15 Minuten in denen es darum geht ob die getätigten Investments nun rückblickend schlau waren oder eben nicht. In dem Zusammenhang müssen auch Otto, Gruner und RTL als Beispiele herhalten. Da geht es heiß her und mir bleibt aus diesem Podcast eine Frage besonders im Gedächtnis: „Wenn es noch nicht mal Yahoo schafft mit viel Geld und Know How sein Geschäft auf die Zukunft auszurichten, wie sollen es dann Deutsche Handels- und Medienkonzerne schaffen?“ Denkt mal drüber nach.

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Die nächsten Möglichkeiten das Thema in informierter Runde zu diskutieren gibt es im ersten Halbjahr 2x in Hamburg und 1x in Berlin:

  • Onlinemarketingrockstars Expo (25.000 Teilnehmer) und Konferenz (5.000 Teilnehmer) am 2. und 3. März in Hamburg. Über die Spryker OMR Seite, könnt ihr euch kostenlos zur Expo anmelden!
  • Eine Ecke konkreter für Händler, Marken und Verlage geht es dann auf dem bereits fast ausverkauften Digital Commerce Day am 23. und 24. März in Hamburg zu. Unter dem Motto „Was ist die Alternative“ kommen u.a. Entscheider von Ströer, Otto, Mediamarkt und eBay zu Wort.
  • Das Handelshighlight setzt dann die K5 Konferenz am 22. & 23. Juni in Berlin mit bis zu 5.000 Gästen und diesmal auch mit einem ausgewachsenen Messeformat. Zur K5 kann man zurzeit noch vergünstigt Tickets kaufen.

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