Was wird eigentlich aus den vielen Ladengeschäften, wenn das E-Commerce Wachstum weiterhin anhält? Wo arbeiten dann die Leute? Am E-Commerce beißen sich aktuell viele stationäre Händler die Zähne aus und so langsam kann man anfangen sich ernsthaft die o.g. Fragen zu stellen. Schließlich können nicht alle stationären Konzepte durch Handy-Shops und 1-Euro-Läden ersetzt werden. Es gibt aktuell keine guten Antworten auf diese Fragen. Deshalb freue ich mich umso mehr, wenn mein geschätzter Kollege Marcel in der Shopanprobe seine Sicht der Dinge mit uns teilt.

….Lange Zeit, bedingt durch die Anfänge des eCommerce, waren diese USP’s unantastbar und garantierten den Händlern die benötigten Margen. Doch inzwischen geraten diese USP’s in Gefahr. Dank Long Tail ist die reine Sortimentszusammenstellung irrelevant, die Kaufberatung übernehmen guter Content , intelligente Features oder werden einfach durch wahllose Auswahlbestellungen ersetzt. Sofortige Verfügbarkeit im Geschäft verliert ihren Charme, wenn sie durch lange Anreisen in ein Geschäft erkauft wird, zumal die Lieferzeiten rapide sinken und sich die Branche einer Same-day-delivery-Lösung zumindest nähert.

Für den stationären Handel, insbesondere für kleinere Aktivitäten, ist daher so langsam aber sicher die Pest oder Cholera-Zeit angebrochen. Entweder, stationäre Händler suchen ihr Heil im eCommerce und schaufeln ihrem Standbein Ladengeschäft das Grab, oder sie verweigern sich dem neuen Geschäft und gehen noch schneller Pleite……

Nun kann man sicherlich viele Argumente als Schwarzmalerei abtun, aber das strategische Dilemma von Buchläden und Technik-Händler ist mE nur der Anfang. Ich habe wirklich keine Ahnung welcher Kunde in 5-10 Jahren noch im Matratzenladen, Malergeschäft,  Bastelzubehörladen… einkaufen soll. Diese Läden machen aber viel aus im Stadtbild, beschäftigen viele Mitarbeiter, mieten Flächen und zahlen Gewerbesteuer. Eine kleine Hoffnung besteht sicherlich darin, dass auch diverse E-Commerce Konzepte zunehmend stationäre Präsenz brauchen, um ihre Produkte attraktiv/greifbar zu machen. Eher aus einer Showroom Logik heraus, also zum Marken schaffen und nicht primär für den Verkauf. Das wäre schon sehr interessant, weil sich dann ca. der folgende Entwicklungspfad abzeichnet: (in Phasen)

  1. E-Commerce wird vom stationären Handel nur als „Visitenkarte“ wahrgenommen und vom Distanzhandel belächelt
  2. E-Commerce wird zunehmend der wichtigste Kanal für Distanzhändler
  3. Kataloge werden Teil des Marketingmixes von stationären Händlern und E-Commerce Händlern, als attraktive Kundenakquisitions bzw. -aktivierungsmaßnahme
  4. E-Commerce hat viele Distanzhändler ersetzt und bedroht nun verstärkt stationäre Modelle (heute)
  5. Stationäre Geschäfte werden zunehmend als Showroom von dominanten Onlinehändlern bzw. Herstellern finanziert, um deren Waren stationär zu präsentieren.

Das ist tatsächlich, um es mit dem Titelwort von Marcel zu sagen,  „disruptiv“ und (leider) viel krasser als sich das viele Marktteilnehmer heute vorstellen können. So ähnlich stelle ich mir den industriellen Wandel in der Landwirtschaft vor, der über 95% der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft ersetzt hat. Damals kamen durch neu geschaffene Industrien, der Entwicklung der Konsumgesellschaft und der Dienstleistungsfokussierung sehr viele neue Jobs in den Markt. Das steht uns auch noch bevor, allerdings kann aktuell niemand beantworten wohin dieser Weg führt. In letzter Zeit wird u.a. die Ausrichtung auf die Dienstleistungsindustrie hinterfragt und wieder mehr Produktion gefordert.

Die Frage „Was kommt nach dem Acker und dem Laden?“ müssen aber nicht nur die Fachverkäuferinnen beantworten. Ein ähnlich gelagertes Problem haben auch viele Banker, Versicherungsverkäufer und Nachrichtenredakteure.

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